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Dienstag, 8. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -15
mariant, 11:38h
Ich soll nun die Bilder mit dem Bild der Umgebung meines früheren nepalesischen Klosters vergleichen, wie ich es in Erinnerung habe. Das ausgesuchte Gebirgstal will die Immobilienfirma des Freundes von Herrn Li erwerben und ein buddhistisches Kloster hineinbauen.
Nach einigem Hin- und Herblättern zeige ich auf ein weites Tal, in dem sich eine Bundesstraße an einer Steilwand entlang schlängelt. Ich frage den Mann:
"Wie weit außerhalb der nächstgelegenen Ortschaft liegt dieses Tal?"
Der Mann schaut mich verständnislos an und antwortet:
"Dieses Tal ist etwas abgelegen. In beiden Richtungen der Bundesstraße kommen kleine Dörfer in dreißig bis fünfzig Kilometer Entfernung. Die nächste größere Stadt liegt 200 Kilometer entfernt."
Ich lächele ihn an und sage:
"Dann ließe sich dort eine Raststätte mit großem Parkplatz an der Bundesstraße bauen. Dahinter, in den Hang hinein käme dann das Kloster mit Ställen und anderen Wirtschaftsgebäuden. Hinter dem Eingangsgebäude befände sich ein Innenhof mit Säulengängen am Rand und ein hinterer Gebäudeteil mit einem Stupa."
"Ah," lächelt der Mann, "Sie bevorzugen die ganz große Lösung!"
Ich lächele zurück und meine:
"Wir wollen weitgehend autonom leben, unsere Nahrungsmittel und Energie selbst erzeugen. Die Straße ermöglicht den Gläubigen, das Kloster einfach mit dem Auto zu erreichen. Der Rastplatz mit Gästezimmern im Komfort einer Jugendherberge ermöglicht es ihnen, erst am nächsten Tag die möglicherweise weite Heimreise anzutreten. Das Restaurant des Rastplatzes kümmert sich um ihr leibliches Wohl.
Natürlich darf der Rastplatz jedem Vorbeifahrenden offenstehen, der Hunger verspürt oder eine Pause braucht!"
Der Mann nickt. Nach einer Gedankenpause meint er:
"Beim Kloster selbst bevorzugen Sie also ebenso die große Lösung?"
"Jaein," meine ich. "Schaf-, Ziegen- und Hühnerställe, sowie Weiden und Felder - Metzgerei und Mühle sollten im Untergeschoß vorhanden sein, um autark sein zu können. Eine Näherei... Darüber eine Klosterschule mit Schulhof. Räume für die Gläubigen und die Mönche. Nicht ganz so groß wie in Nepal, da hier nicht so viele Schüler, Mönche und Nonnen leben werden."
Wieder nickt der Mann. Er macht sich Notizen. Anschließend verabschiedet er sich von uns und gibt bekannt, dass er darüber mit seinem Chef reden will.
In den folgenden zwei Jahren ist in dem ausgesuchten Tal ein neues Kloster entstanden. Den alten Standort unseres Klosters haben wir an einen sozialen Verein übergeben, der die Fahrradwerkstatt mit übernehmen will. Außerdem soll dort eine Nahrungsmittel-Ausgabestelle eingerichtet werden und Schlafplätze für Obdachlose.
Die Näherei meiner Mutter ist komplett an den neuen Standort umgezogen. Für die Landwirtschaft und die Herberge haben wir Lamas aus einem Kloster nahe Straßburg zugewiesen bekommen, mit dem wir schon länger einen losen Kontakt pflegen.
Inzwischen haben wir der Immobilienfirma fast ein Drittel der Kosten in Raten zurückzahlen können. Bankzinsen fallen nicht an, da die Firma sie uns spendet.
Und noch etwas ist geschehen: Nach der Rückkehr in Deutschland und mit Beginn des neuen Schuljahres bricht der Kontakt zu Noah ab. In Gedanken wünsche ich ihm alles Gute für sein Leben. Sein Vater hat es mir wohl übelgenommen, ihn und Noah in das Hongkong-Abenteuer hineingezogen zu haben.
Im Kloster Ryumon Ji in Weiterswiller, fünfzig Kilometer nördlich von Straßburg lehrt Seine Heiligkeit Trülku Khön Dungsay, das Oberhaupt der Sakya-Schule des tibetischen Buddhismus. Er hat zwei Söhne Lama Khön Trizin und Lama Khön Gyana.
Die Sakya Schule, eine der vier Schulen des tibetischen Buddhismus, lehrt nicht die sexuelle Enthaltsamkeit für Mönche, wie die anderen drei Schulen, da ja auch die Familie Khön seit 900 Jahren den Trülku stellt, der dieser Schule vorsteht. Wir haben vereinbart, dass wir untereinander Lehrer austauschen und im ständigen religiösen Dialog bleiben.
*
Jetzt, nach sieben Jahren ohne Kontakt zu Noah, und nach dem Umzug unseres Klosters in einen zentraleren Bereich Deutschlands, der von den Medien begleitet worden ist, erhalte ich einen Brief. Noah, inzwischen 19 Jahre alt, fragt an, ob er eine Zeitlang das Klosterleben kennenlernen darf. Er hat die Schule beendet und auf einem Berufskolleg das Abitur gemacht.
Nun wäre es an der Zeit, sich um eine Ausbildung zu kümmern. Er aber hat sich beim Bundesfreiwilligendienst gemeldet und will die Zeit in unserem Kloster verbringen, um sich in dieser Zeit über Verschiedenes klarzuwerden, wie er schreibt.
Nach einigem Hin- und Herblättern zeige ich auf ein weites Tal, in dem sich eine Bundesstraße an einer Steilwand entlang schlängelt. Ich frage den Mann:
"Wie weit außerhalb der nächstgelegenen Ortschaft liegt dieses Tal?"
Der Mann schaut mich verständnislos an und antwortet:
"Dieses Tal ist etwas abgelegen. In beiden Richtungen der Bundesstraße kommen kleine Dörfer in dreißig bis fünfzig Kilometer Entfernung. Die nächste größere Stadt liegt 200 Kilometer entfernt."
Ich lächele ihn an und sage:
"Dann ließe sich dort eine Raststätte mit großem Parkplatz an der Bundesstraße bauen. Dahinter, in den Hang hinein käme dann das Kloster mit Ställen und anderen Wirtschaftsgebäuden. Hinter dem Eingangsgebäude befände sich ein Innenhof mit Säulengängen am Rand und ein hinterer Gebäudeteil mit einem Stupa."
"Ah," lächelt der Mann, "Sie bevorzugen die ganz große Lösung!"
Ich lächele zurück und meine:
"Wir wollen weitgehend autonom leben, unsere Nahrungsmittel und Energie selbst erzeugen. Die Straße ermöglicht den Gläubigen, das Kloster einfach mit dem Auto zu erreichen. Der Rastplatz mit Gästezimmern im Komfort einer Jugendherberge ermöglicht es ihnen, erst am nächsten Tag die möglicherweise weite Heimreise anzutreten. Das Restaurant des Rastplatzes kümmert sich um ihr leibliches Wohl.
Natürlich darf der Rastplatz jedem Vorbeifahrenden offenstehen, der Hunger verspürt oder eine Pause braucht!"
Der Mann nickt. Nach einer Gedankenpause meint er:
"Beim Kloster selbst bevorzugen Sie also ebenso die große Lösung?"
"Jaein," meine ich. "Schaf-, Ziegen- und Hühnerställe, sowie Weiden und Felder - Metzgerei und Mühle sollten im Untergeschoß vorhanden sein, um autark sein zu können. Eine Näherei... Darüber eine Klosterschule mit Schulhof. Räume für die Gläubigen und die Mönche. Nicht ganz so groß wie in Nepal, da hier nicht so viele Schüler, Mönche und Nonnen leben werden."
Wieder nickt der Mann. Er macht sich Notizen. Anschließend verabschiedet er sich von uns und gibt bekannt, dass er darüber mit seinem Chef reden will.
In den folgenden zwei Jahren ist in dem ausgesuchten Tal ein neues Kloster entstanden. Den alten Standort unseres Klosters haben wir an einen sozialen Verein übergeben, der die Fahrradwerkstatt mit übernehmen will. Außerdem soll dort eine Nahrungsmittel-Ausgabestelle eingerichtet werden und Schlafplätze für Obdachlose.
Die Näherei meiner Mutter ist komplett an den neuen Standort umgezogen. Für die Landwirtschaft und die Herberge haben wir Lamas aus einem Kloster nahe Straßburg zugewiesen bekommen, mit dem wir schon länger einen losen Kontakt pflegen.
Inzwischen haben wir der Immobilienfirma fast ein Drittel der Kosten in Raten zurückzahlen können. Bankzinsen fallen nicht an, da die Firma sie uns spendet.
Und noch etwas ist geschehen: Nach der Rückkehr in Deutschland und mit Beginn des neuen Schuljahres bricht der Kontakt zu Noah ab. In Gedanken wünsche ich ihm alles Gute für sein Leben. Sein Vater hat es mir wohl übelgenommen, ihn und Noah in das Hongkong-Abenteuer hineingezogen zu haben.
Im Kloster Ryumon Ji in Weiterswiller, fünfzig Kilometer nördlich von Straßburg lehrt Seine Heiligkeit Trülku Khön Dungsay, das Oberhaupt der Sakya-Schule des tibetischen Buddhismus. Er hat zwei Söhne Lama Khön Trizin und Lama Khön Gyana.
Die Sakya Schule, eine der vier Schulen des tibetischen Buddhismus, lehrt nicht die sexuelle Enthaltsamkeit für Mönche, wie die anderen drei Schulen, da ja auch die Familie Khön seit 900 Jahren den Trülku stellt, der dieser Schule vorsteht. Wir haben vereinbart, dass wir untereinander Lehrer austauschen und im ständigen religiösen Dialog bleiben.
*
Jetzt, nach sieben Jahren ohne Kontakt zu Noah, und nach dem Umzug unseres Klosters in einen zentraleren Bereich Deutschlands, der von den Medien begleitet worden ist, erhalte ich einen Brief. Noah, inzwischen 19 Jahre alt, fragt an, ob er eine Zeitlang das Klosterleben kennenlernen darf. Er hat die Schule beendet und auf einem Berufskolleg das Abitur gemacht.
Nun wäre es an der Zeit, sich um eine Ausbildung zu kümmern. Er aber hat sich beim Bundesfreiwilligendienst gemeldet und will die Zeit in unserem Kloster verbringen, um sich in dieser Zeit über Verschiedenes klarzuwerden, wie er schreibt.
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