Freitag, 18. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -25
In den Tälern des Landesinneren beobachten wir einige endemische Vogelarten, so die Hawaiikrähe, die Hawaiiente, der Hawaiibussard und die Laysanente. Außerdem besiedeln viele Spinnen- und Insektenarten die Insel, erklärt der Gärtner.

Er sagt, die Staatsblume von Hawaii sei der Hibiskus, von dem es hier sieben verschiedene Arten gibt. Ausschließlich auf Hawaii kommt die Vulkanpalme vor. Sie kann bis zu fünf Meter hoch wachsen und klammert sich mit ihren Wurzeln an Basaltklippen in Meeresnähe.

Zurück bei Honolulu führt der Highway durch einen üppigen Regenwald. Ein Weg führt durch den Wald zu einem Wasserfall. Dort lässt Yong Tai halten. Der Fahrer holt eine Decke und einen großen Korb aus dem Kofferraum. Yong Tai dirigiert ihn damit auf eine Wiese neben der Straße. Ich helfe dem Mann, das Picknick vorzubereiten. Anschließend verzieht er sich mit einem Lunchpaket hinter das Steuer des Wagens.

Wir sitzen alleine auf der Decke, zwischen uns der Korb. Ich bin erstaunt, dass Yong Tai mich bedient. Sie fragt nach meinen Wünschen und lädt danach meinen Teller voll. Höflich warte ich, bis auch sie sich bedient hat.

Im folgenden Smalltalk fragt sie mich, wie es mir in den vergangenen Jahren ergangen ist. Ich erzähle ihr, dass mein Vater mir nach dem Hongkong-Abenteuer verboten hat, das Kloster noch einmal zu betreten.

"Das kann ich gut nachvollziehen!" meint sie. "Zum einen warst du in einem Alter, indem die Schule das Wichtigste für dich sein sollte. Zum anderen wird er befürchtet haben, dass es vielleicht zu weiteren Abenteuern dieser Art hätte kommen können."

Auch ich bin neugierig auf Yong Tais bisheriges Leben. Irgendwann im Gespräch erzählt sie mir von einer Schwärmerei im Alter von 12 Jahren. Davon ermutigt, spreche ich an, dass auch ich im Alter von 13Jahren einmal in ein Mädchen verliebt gewesen bin, die allerdings keine Notiz von mir genommen hat.

Innerlich warte ich auf eine Gelegenheit, den kleinen Jungen in mir heraus zu lassen.

*

Heute haben wir eine Erkundung der Insel geplant. Unser Gärtner, ein native Hawaiian, wird den Wagen fahren und uns die Gegend und deren Tiere und Pflanzen erklären. Von unserer Köchin habe ich einen Picknick-Korb füllen lassen für eine Pause unterwegs. Ich habe da eine Wiese an einem Wasserfall im Blick. Den Platz habe ich in der Ausbildung oft mit anderen Mädels aufgesucht. Es ist ein romantischer Ort.

Nach der ausgiebigen und lehrreichen Tour fährt der Mann in an den von mir bezeichneten Platz im Regenwald. Bald hält er an der Wiese mit dem wildromantischen Wasserfall im Hintergrund. Während sich der Gärtner diskret ins Fahrzeug zurückzieht, beginne ich mit Noah unbeschwerten Smalltalk.

Als wir den Picknick-Korb weitgehend geleert haben, steht Noah plötzlich auf und läuft in Richtung des Wasserfalles davon. Ich schüttele den Kopf. Mal wieder einer dieser spontanen Einfälle, die ich trotz allem an ihm so sehr liebe!

Ihm hinterher schauend sammele ich schon einmal das Geschirr und Besteck ein. Plötzlich breitet er die Arme aus und fällt vornüber ins hohe Gras. Er bewegt sich kurz und bleibt dann auf dem Bauch liegen.

Besorgt springe ich auf und laufe zu ihm. Schon von unterwegs rufe ich ihm zu:

"Noah! Noah, ist alles in Ordnung?"

Bei ihm angekommen, knie ich mich neben ihn und drehe ihn auf den Rücken. Lachend greift er nach mir und zieht mich zu sich herunter. Leicht verärgert rolle ich mich weg. Er macht die Rolle mit und so wälzen wir uns wie zwei Kinder lachend im Gras. Schließlich kommen wir atemlos zur Ruhe.

Nun liege ich auf ihm. Ich stemme mich hoch und schaue in sein glückliches Gesicht. Irgendwie fühle ich mich wie damals, als ich im Alter von zwölf Jahren für einen Jungen geschwärmt habe. Noah hat es geschafft, mein rationales Gedankenkonstrukt zu durchbrechen, das meine Gefühle eingesperrt gehalten hat. Ich beuge mich zu ihm hinunter und küsse ihn auf die Stirn. Dann springe ich auf und laufe mit wehenden Haaren lachend zum Wagen zurück.

Er rappelt sich auf und folgt mir. Beim Picknick-Korb erreicht er mich. Nun umfasst er meine Schultern von hinten und legt seine Wange an meine. Dabei flüstert er:

"Wie gut du riechst!"

Gemeinsam packen wir die Sachen zusammen und tragen sie zum Wagen zurück. Die Rückfahrt zur Villa verbringen wir nebeneinandersitzend auf der Rückbank. Als wir am Abend beim Kaminfeuer sitzen, beichtet mir Noah, meine Hand haltend:

"Seit den Tagen damals auf der Yacht gab es nicht einen einzigen Tag, an dem ich nicht an dich gedacht habe. Nun, da ich dir wieder nahe bin, schmerzt es sehr. Je näher ich dir bin, desto schlimmer wird es. Bei dem Gedanken, nicht bei dir sein zu können, kann ich nicht atmen. Ich werde verfolgt von dem Kuss, den du mir nie hättest geben sollen, wie du sagst. Mein Herz schlägt schneller, in der Hoffnung, dass dieser Kuss keine Narbe hinterlassen wird."

Während er spricht, rückt er näher an mich heran. Ich winde mich innerlich wie äußerlich. Er sieht es und fragt:

"Was kann ich tun? Ich werde alles tun, worum du mich bittest!"

Ihn offen anschauend, sage ich:
"Du darfst nichts erzwingen wollen, Lieber! Gib der Liebe Zeit zu wachsen. Es ist nicht einfach! Wir leben in einer harten Welt. Du bist auf dem Weg ein Lama zu werden, ein Erleuchteter, ein spiritueller Lehrer. Ich bin im gehobenen Management eines weltweit agierenden Unternehmens. Wenn du deine Gedanken ganz zu Ende denkst, dann führen sie uns zu einem Ort, an den wir nicht gehen dürfen... Unabhängig davon, was wir füreinander empfinden."

"Dann empfindest du genauso?" fragt er.

"Ich lasse nicht zu, dass du deine Zukunft für mich aufgibst!" sage ich mit fester Stimme und rücke ein paar Zentimeter ab.

"Du verlangst von mir, vernünftig zu sein. Das kann ich in deiner Nähe nicht!" antwortet er und schaut mich flehend an.

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