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Samstag, 23. April 2022
Lama Rinpoche -28
mariant, 11:51h
"Ja," bestätigt er mir. "Ich habe zwei Zimmer in der Raststätte draußen gemietet."
Ich nicke lächelnd und antworte:
"Das wird das Beste für die Mädchen sein: Sie erst langsam daran gewöhnen, dass ihr Vater ein Mönch ist."
Nun schaut mich Noah prüfend an. Die Weihe zum Gelong -Mönch- fehlt ihm noch, denn bisher ist er erst Klosterschüler. Ich halte seinem Blick stand und zeige ihm ein feines Lächeln.
"Kommt Zeit, kommt Rat, Noah!" sage ich nur.
Wir gehen zu den Klosterschülerinnen zurück. Der Speisesaal ist inzwischen leer, aber eine Gelongma -Nonne- weiß, wo sich die beiden Mädchen aufhalten. Im Wohntrakt finden wir die Mädchen, wie sie von Hawaii schwärmen. Alle Klosterschülerinnen sind des Englischen mächtig. Nur bei einigen Ausdrücken hapert die Verständigung, aber darüber finden sie schnell hinweg. Hier trenne ich mich von Noah und gehe weiter zu meinem Zimmer.
Fast eine Woche später führe ich Noah mit den Mädchen zu Seiner Heiligkeit.
Als wir den Thronsaal betreten haben, sinkt Noah auf die Knie, hebt die gefalteten Hände an sein Kinn und neigt den Kopf. Er wartet, dass Seine Heiligkeit seine Stimme erhebt. Das Mädchen, das Anne heißt, macht die Geste nach, nur dass sie nur ein Knie beugt. Andrea an seiner anderen Seite schaut mit gerunzelter Stirn in die Runde und hebt nur kurz die gefalteten Hände an ihre Lippen. Dass sich die unterschiedlichen Charaktere so deutlich zeigen, lässt mich innerlich schmunzeln.
"Kommt näher!" fordert Seine Heiligkeit Noah nach einigen Sekunden auf.
Er erhebt sich und schiebt die Mädchen mit seinen Händen in ihrem Rücken näher an Seine Heiligkeit heran. Dieser blickt lächelnd von Anne zu Andrea, um dann zu fragen:
"How do you like your Dad?"
"He's a good man!" platzt Andrea heraus. Anne neigt den Kopf ein wenig und ergänzt: "We love Dad!"
Noah angelt nach seinem Taschentuch und schnäuzt hinein. Tränen füllen seine Augen. Seine Heiligkeit nickt, schaut ihn an und informiert ihn:
"Du bist in Weiterswiller willkommen, Bruder! Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft! Wie sieht bisher deine Planung aus?"
"Meine Mädchen werden dort die Klosterschule besuchen. Vielleicht entwickeln sich Freundschaften unter den Schülerinnen und sie werden eingeladen in deren Familien die Ferien zu verbringen. Dabei lernen sie die Lebensart der Leute kennen und nehmen sie vielleicht zum Teil an. Nach der Schule sollen sie hier in Deutschland studieren, um soziale Berufe ausüben zu dürfen. Danach gehen wir nach Hawaii zurück und reaktivieren Li Yong Tais Villa im Grünen. Sie soll ein Kinderheim für Straßenkinder werden, also für entwurzelte 5-16jährige etwa. Diese Kinder erhalten Unterricht und danach Bewerbungstraining."
"Und was tust du dort?" fragt er konkret.
"Nun, ich werde in Weiterswiller mein Finanzwissen anbieten, wo es gebraucht wird. Auf Hawaii werde ich in dieser Funktion sicher auch gebraucht," antwortet er. "Die Villa, und damit das Kinderheim, bekommt als Dach eine Foundation, die Li Yong Tais Erbe verwaltet."
Seine Heiligkeit nickt.
"Das ist ein guter Plan!" bestätigt er.
Nun schlägt der Khenchen Lama den Gong. Die Lamas dieses Klosters kommen herein und verteilen sich an den Wänden. Einige haben Instrumente dabei. Sie stimmen ein dumpf gesungenes Gebet an, begleitet von Trommel und Flötenmusik. Lama Rinpoche trägt die goldene Kanne mit geweihtem Wasser herein und ein weiterer Lama hat eine goldene Schale in der Hand.
Ich erinnere mich an Lama Rinpoches Prophezeiung vor einigen Tagen und bleibe auf den Knien, meine Mädchen im Arm haltend. Nun werden mir einige Tropfen des Wassers über die Stirn gegossen und mit der Schale wieder aufgefangen. Seine Heiligkeit beugt sich lächelnd vor und setzt mir einen Mönchshut auf.
"Sei gesegnet auf deinem weiteren Lebensweg, Gelong Noah!" sagt er dabei.
Ich werfe mich vor ihm zu Boden, wobei mir der Hut vom Kopf rutscht. Nach einigen Sekunden komme ich wieder hoch. Andrea hat sich nach dem Hut gebückt und reicht ihn mir jetzt. Ich setze ihn lächelnd auf und streiche ihr sanft über ihr Haar.
Nach der Zeremonie gehen wir zusammen in mein Zimmer. Dort breitet Noah seine Zukunftsgedanken vor mir aus:
"Ich bin jetzt 34 Jahre alt. Beim Schulabschluss der Mädchen werde ich also 44 Jahre alt werden. Wenn ich darf, würde ich mich die sechs Jahre bis sie ihre Studienabschlüsse in den Händen haben hier im Kloster nützlich machen. Meine Mädchen können am Studienort Appartements mieten und mich jederzeit hier besuchen. Anschließend gehen wir nach Hawaii zurück."
Ich nicke und meine:
"Genauso solltest du eure Zukunft angehen, Noah! Ich wünsche euch alles Gute dafür."
Tags darauf fahre ich sie zum Bahnhof, von wo sie ihre Reise nach Weiterswiller starten, 50 Kilometer nördlich von Straßburg.
*
Zehn Jahre sind inzwischen ins Land gegangen, als ich wieder Besuch von Noah und seinen Zwillingen Anne und Andrea bekomme. Anne soll die Wiedergeburt von Yong Tai sein und Andrea das Kind, das sie damals unter ihrem Herzen trug, als Yong Tai dem feigen Mordanschlag von chinesischen Agenten zum Opfer fiel. Nun haben sie die Klosterschule in Weiterswiller im Elsass erfolgreich durchlaufen. Auch über Noah höre ich Positives: Seine Heiligkeit, der Khenchen Lama in Weiterswiller hat ihn zum Dank für seine Mitarbeit zum Lama geweiht. Er darf sich jetzt Lama Kyobpa nennen, spiritueller Lehrer, Schützer / Verteidiger / Retter.
Ich freue mich über ihren Besuch und frage Noah:
"Was habt ihr als nächsten Schritt vor?"
"Anne und Andrea werden ihr deutsches Abitur an einem Berufskolleg in der Nähe machen," erklärt mir Noah. "Deutsch haben sie in den vergangenen Jahren durch mich gelernt, neben Französisch, dass sie im Elsass brauchten. Jetzt werden sie das Erlernte im Alltag anwenden und perfektionieren können. Danach wird Anne Kinderkrankenschwester und -pflegerin lernen, und Andrea ein Studium in Pädagogik beginnen für den Lehrerberuf."
"Also seid ihr mindestens noch sechs Jahre in Deutschland," schätze ich. "Wo wollt ihr da wohnen?"
"Wenn hier im Kloster für mich Platz ist, würde ich mich gerne in das Kloster integrieren wollen. So haben die Mädchen auch einen Bezugspunkt, der sie an Weiterswiller erinnert. Sie werden in der 80 Kilometer entfernten Kleinstadt eine gemeinsame Wohnung anmieten. Dort gibt es ein Berufskolleg. In zwei Jahren, nach dem Abitur, werden sie sich wohl neu orientieren müssen. Momentan werden die angestrebten Ausbildungen und Studiengänge in der 200 Kilometer entfernten Stadt angeboten. Ich denke, dass mich Anne und Andrea in den Semesterferien besuchen und ihren Dad nicht vergessen werden," antwortet er und zwinkert den Zwillingen zu, die sich an seiner Seite auf dem Boden niedergelassen haben.
Ich nicke lächelnd und antworte:
"Das wird das Beste für die Mädchen sein: Sie erst langsam daran gewöhnen, dass ihr Vater ein Mönch ist."
Nun schaut mich Noah prüfend an. Die Weihe zum Gelong -Mönch- fehlt ihm noch, denn bisher ist er erst Klosterschüler. Ich halte seinem Blick stand und zeige ihm ein feines Lächeln.
"Kommt Zeit, kommt Rat, Noah!" sage ich nur.
Wir gehen zu den Klosterschülerinnen zurück. Der Speisesaal ist inzwischen leer, aber eine Gelongma -Nonne- weiß, wo sich die beiden Mädchen aufhalten. Im Wohntrakt finden wir die Mädchen, wie sie von Hawaii schwärmen. Alle Klosterschülerinnen sind des Englischen mächtig. Nur bei einigen Ausdrücken hapert die Verständigung, aber darüber finden sie schnell hinweg. Hier trenne ich mich von Noah und gehe weiter zu meinem Zimmer.
Fast eine Woche später führe ich Noah mit den Mädchen zu Seiner Heiligkeit.
Als wir den Thronsaal betreten haben, sinkt Noah auf die Knie, hebt die gefalteten Hände an sein Kinn und neigt den Kopf. Er wartet, dass Seine Heiligkeit seine Stimme erhebt. Das Mädchen, das Anne heißt, macht die Geste nach, nur dass sie nur ein Knie beugt. Andrea an seiner anderen Seite schaut mit gerunzelter Stirn in die Runde und hebt nur kurz die gefalteten Hände an ihre Lippen. Dass sich die unterschiedlichen Charaktere so deutlich zeigen, lässt mich innerlich schmunzeln.
"Kommt näher!" fordert Seine Heiligkeit Noah nach einigen Sekunden auf.
Er erhebt sich und schiebt die Mädchen mit seinen Händen in ihrem Rücken näher an Seine Heiligkeit heran. Dieser blickt lächelnd von Anne zu Andrea, um dann zu fragen:
"How do you like your Dad?"
"He's a good man!" platzt Andrea heraus. Anne neigt den Kopf ein wenig und ergänzt: "We love Dad!"
Noah angelt nach seinem Taschentuch und schnäuzt hinein. Tränen füllen seine Augen. Seine Heiligkeit nickt, schaut ihn an und informiert ihn:
"Du bist in Weiterswiller willkommen, Bruder! Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft! Wie sieht bisher deine Planung aus?"
"Meine Mädchen werden dort die Klosterschule besuchen. Vielleicht entwickeln sich Freundschaften unter den Schülerinnen und sie werden eingeladen in deren Familien die Ferien zu verbringen. Dabei lernen sie die Lebensart der Leute kennen und nehmen sie vielleicht zum Teil an. Nach der Schule sollen sie hier in Deutschland studieren, um soziale Berufe ausüben zu dürfen. Danach gehen wir nach Hawaii zurück und reaktivieren Li Yong Tais Villa im Grünen. Sie soll ein Kinderheim für Straßenkinder werden, also für entwurzelte 5-16jährige etwa. Diese Kinder erhalten Unterricht und danach Bewerbungstraining."
"Und was tust du dort?" fragt er konkret.
"Nun, ich werde in Weiterswiller mein Finanzwissen anbieten, wo es gebraucht wird. Auf Hawaii werde ich in dieser Funktion sicher auch gebraucht," antwortet er. "Die Villa, und damit das Kinderheim, bekommt als Dach eine Foundation, die Li Yong Tais Erbe verwaltet."
Seine Heiligkeit nickt.
"Das ist ein guter Plan!" bestätigt er.
Nun schlägt der Khenchen Lama den Gong. Die Lamas dieses Klosters kommen herein und verteilen sich an den Wänden. Einige haben Instrumente dabei. Sie stimmen ein dumpf gesungenes Gebet an, begleitet von Trommel und Flötenmusik. Lama Rinpoche trägt die goldene Kanne mit geweihtem Wasser herein und ein weiterer Lama hat eine goldene Schale in der Hand.
Ich erinnere mich an Lama Rinpoches Prophezeiung vor einigen Tagen und bleibe auf den Knien, meine Mädchen im Arm haltend. Nun werden mir einige Tropfen des Wassers über die Stirn gegossen und mit der Schale wieder aufgefangen. Seine Heiligkeit beugt sich lächelnd vor und setzt mir einen Mönchshut auf.
"Sei gesegnet auf deinem weiteren Lebensweg, Gelong Noah!" sagt er dabei.
Ich werfe mich vor ihm zu Boden, wobei mir der Hut vom Kopf rutscht. Nach einigen Sekunden komme ich wieder hoch. Andrea hat sich nach dem Hut gebückt und reicht ihn mir jetzt. Ich setze ihn lächelnd auf und streiche ihr sanft über ihr Haar.
Nach der Zeremonie gehen wir zusammen in mein Zimmer. Dort breitet Noah seine Zukunftsgedanken vor mir aus:
"Ich bin jetzt 34 Jahre alt. Beim Schulabschluss der Mädchen werde ich also 44 Jahre alt werden. Wenn ich darf, würde ich mich die sechs Jahre bis sie ihre Studienabschlüsse in den Händen haben hier im Kloster nützlich machen. Meine Mädchen können am Studienort Appartements mieten und mich jederzeit hier besuchen. Anschließend gehen wir nach Hawaii zurück."
Ich nicke und meine:
"Genauso solltest du eure Zukunft angehen, Noah! Ich wünsche euch alles Gute dafür."
Tags darauf fahre ich sie zum Bahnhof, von wo sie ihre Reise nach Weiterswiller starten, 50 Kilometer nördlich von Straßburg.
*
Zehn Jahre sind inzwischen ins Land gegangen, als ich wieder Besuch von Noah und seinen Zwillingen Anne und Andrea bekomme. Anne soll die Wiedergeburt von Yong Tai sein und Andrea das Kind, das sie damals unter ihrem Herzen trug, als Yong Tai dem feigen Mordanschlag von chinesischen Agenten zum Opfer fiel. Nun haben sie die Klosterschule in Weiterswiller im Elsass erfolgreich durchlaufen. Auch über Noah höre ich Positives: Seine Heiligkeit, der Khenchen Lama in Weiterswiller hat ihn zum Dank für seine Mitarbeit zum Lama geweiht. Er darf sich jetzt Lama Kyobpa nennen, spiritueller Lehrer, Schützer / Verteidiger / Retter.
Ich freue mich über ihren Besuch und frage Noah:
"Was habt ihr als nächsten Schritt vor?"
"Anne und Andrea werden ihr deutsches Abitur an einem Berufskolleg in der Nähe machen," erklärt mir Noah. "Deutsch haben sie in den vergangenen Jahren durch mich gelernt, neben Französisch, dass sie im Elsass brauchten. Jetzt werden sie das Erlernte im Alltag anwenden und perfektionieren können. Danach wird Anne Kinderkrankenschwester und -pflegerin lernen, und Andrea ein Studium in Pädagogik beginnen für den Lehrerberuf."
"Also seid ihr mindestens noch sechs Jahre in Deutschland," schätze ich. "Wo wollt ihr da wohnen?"
"Wenn hier im Kloster für mich Platz ist, würde ich mich gerne in das Kloster integrieren wollen. So haben die Mädchen auch einen Bezugspunkt, der sie an Weiterswiller erinnert. Sie werden in der 80 Kilometer entfernten Kleinstadt eine gemeinsame Wohnung anmieten. Dort gibt es ein Berufskolleg. In zwei Jahren, nach dem Abitur, werden sie sich wohl neu orientieren müssen. Momentan werden die angestrebten Ausbildungen und Studiengänge in der 200 Kilometer entfernten Stadt angeboten. Ich denke, dass mich Anne und Andrea in den Semesterferien besuchen und ihren Dad nicht vergessen werden," antwortet er und zwinkert den Zwillingen zu, die sich an seiner Seite auf dem Boden niedergelassen haben.
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