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Freitag, 17. November 2023
Neue Heimat L98 59b (95)
mariant, 09:34h
So heißt unsere Tochter Schachan -Wasserfall- und unser Sohn Nganurr -ruhig, entspannt-. Damit können unsere Kinder sowohl bei den Menschen, als auch bei den Ngachi leben.
*
Ich freue mich über die Geburt unserer Kinder und habe Ckilorr gleich nach Feierabend besucht. Sie muss leider noch ein paar Tage in der Krankenstation bleiben, bis die Wunde am Unterleib verheilt ist. Man hat sich wegen der Zwillinge für den Kaiserschnitt entschieden.
Als sie schließlich nachhause darf, soll sie gut 20 Stunden pro Tag liegen, um sich um die Kleinen zu kümmern. Sie schlafen viel, sind aber sofort wach, wenn man sich nur irgendwie dreht. Die Babys sind sehr nähebedürftig.
Darum habe ich mir in der Hochschule frei genommen. Papa übernimmt meine Studenten in der Zeit mit. Ich versorge nun ‚Ckilorr‘ und bringe ihr alles, was sie für die Babys braucht. Nach einem halben Jahr etwa setzt sie die Kleinen in ein Tuch, dass sie sich überkreuz über die Schultern schlingt. Nun sitzen die Kleinen auf ihren Hüften und können jederzeit trinken, wenn sie durstig sind.
Als die ersten Zähnchen durchbrechen, weinen sie viel. Aber nach einer Weile haben wir auch diese Hürde gemeistert. Nur eins beginnt mir Sorgen zu machen:
Es ist nicht das Essen oder die in Ckilorrs Augen moderne Technologie, sondern das Fehlen enger Beziehungen. Anscheinend können wir Menschen ihr nicht das bieten, was sie von den Ngachi gewohnt ist. Sie liebt mich zwar und hat meine Eltern gern, aber bei den Ngachi ist der Tag angefüllt mit ständigen Besuchen von Verwandten, Freunden und Nachbarn. Auch Ckilorr geht von einem zum anderen. Sie reden und lachen miteinander.
Hier in Eseís lebt sie alle Tage in der Wohnung, abgeschnitten von der Gesellschaft. Wenn sie vor die Tür geht, dann zum Einkaufen und dort spricht sie nur das Nötigste. Ihre Laune hebt sich immer dann, wenn sie Mama mit den Kindern besucht. Aber das ist nicht vergleichbar mit dem Heimatbaum. Auch sind die Männer dort nur bis in den Vormittag zum Jagen fort. Hier in Eseís kommen wir erst am späten Nachmittag nachhause.
Sie hat nicht die Möglichkeit mit ihrer Familie und ihren Freundinnen zu tratschen, wann immer sie Lust darauf hat.
Zusammen mit einem Co-Autor schreibe ich meine Erinnerungen an das Leben bei den Ngachi als Roman. Er verkauft sich gut und ich werde mit ihr ins TV eingeladen. In den Nachrichten sind danach Artikel erschienen wie 'Zwei Welten: Eine Liebe'. Dadurch kommt Ckilorr viel herum, aber all das ist nicht dasselbe wie der Heimatbaum. Ihre Hautfarbe wird zunehmend bleicher. Ich kann nicht unterscheiden, ob sie ein körperliches oder seelisches Problem plagt.
Wir lassen uns mit den Kindern als kleinen Urlaub zum Heimatbaum fliegen. Eine Drohne einer wissenschaftlichen Redaktion begleitet uns. Dort sehe ich, wie Ckilorr aufblüht. Als ich später einmal den Film zu sehen bekomme und auch Ckilorr mit den Kindern zuschaut, sehe ich Momente, wie sich Schachan mit Nganurr um ein schweres Bündel Uchumochi -Kochbananen- streitet.
Weiter enthält der Film einige freudige Momente, in denen Ckilorr die Kleinen ihrer Schwester vorführt und wie sie wieder in den Wasserläufen auf Krabbenfang geht. Dennoch ist ihre Haut oft schwarz. Sie erzählt mir niedergeschlagen, dass die Anderen zu ihr sagen, sie sei eine Vchhtep -Himmelswesen- geworden.
Sie sind natürlich neugierig gewesen und Ckilorr hat ihnen berichtet:
"Ich lebe an einem Ort, an dem ich kein Holz sammele und niemand jagt. Die Frauen sprechen mich dort nicht an, um gemeinsam Fische fangen zu gehen. Es ist nicht, wie im Weltenwald. Die Menschen leben getrennt und allein. Manchmal bin ich wütend auf meinen Mann, die Geschäfte, und schaue mir Kleidung an. Damit kann ich mich etwas beruhigen, denn mein Mann kann nichts dafür, dass ich wütend werde und niedergeschlagen. Er liebt mich."
Ein paar Monate nach den Dreharbeiten hat sich Ckilorr entschieden, im Wald zu bleiben. Also habe ich Papa über den Kommunikator kontaktiert und gesagt, er solle meine Angelegenheiten in Eseís regeln, ich würde nicht zurückkommen. Die Kinder würden im Wald aufwachsen, denn Ckilorr ist es unmöglich, ihnen in Eseís beizubringen, was einen Ngachi in seiner Seele ausmacht.
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Ich freue mich über die Geburt unserer Kinder und habe Ckilorr gleich nach Feierabend besucht. Sie muss leider noch ein paar Tage in der Krankenstation bleiben, bis die Wunde am Unterleib verheilt ist. Man hat sich wegen der Zwillinge für den Kaiserschnitt entschieden.
Als sie schließlich nachhause darf, soll sie gut 20 Stunden pro Tag liegen, um sich um die Kleinen zu kümmern. Sie schlafen viel, sind aber sofort wach, wenn man sich nur irgendwie dreht. Die Babys sind sehr nähebedürftig.
Darum habe ich mir in der Hochschule frei genommen. Papa übernimmt meine Studenten in der Zeit mit. Ich versorge nun ‚Ckilorr‘ und bringe ihr alles, was sie für die Babys braucht. Nach einem halben Jahr etwa setzt sie die Kleinen in ein Tuch, dass sie sich überkreuz über die Schultern schlingt. Nun sitzen die Kleinen auf ihren Hüften und können jederzeit trinken, wenn sie durstig sind.
Als die ersten Zähnchen durchbrechen, weinen sie viel. Aber nach einer Weile haben wir auch diese Hürde gemeistert. Nur eins beginnt mir Sorgen zu machen:
Es ist nicht das Essen oder die in Ckilorrs Augen moderne Technologie, sondern das Fehlen enger Beziehungen. Anscheinend können wir Menschen ihr nicht das bieten, was sie von den Ngachi gewohnt ist. Sie liebt mich zwar und hat meine Eltern gern, aber bei den Ngachi ist der Tag angefüllt mit ständigen Besuchen von Verwandten, Freunden und Nachbarn. Auch Ckilorr geht von einem zum anderen. Sie reden und lachen miteinander.
Hier in Eseís lebt sie alle Tage in der Wohnung, abgeschnitten von der Gesellschaft. Wenn sie vor die Tür geht, dann zum Einkaufen und dort spricht sie nur das Nötigste. Ihre Laune hebt sich immer dann, wenn sie Mama mit den Kindern besucht. Aber das ist nicht vergleichbar mit dem Heimatbaum. Auch sind die Männer dort nur bis in den Vormittag zum Jagen fort. Hier in Eseís kommen wir erst am späten Nachmittag nachhause.
Sie hat nicht die Möglichkeit mit ihrer Familie und ihren Freundinnen zu tratschen, wann immer sie Lust darauf hat.
Zusammen mit einem Co-Autor schreibe ich meine Erinnerungen an das Leben bei den Ngachi als Roman. Er verkauft sich gut und ich werde mit ihr ins TV eingeladen. In den Nachrichten sind danach Artikel erschienen wie 'Zwei Welten: Eine Liebe'. Dadurch kommt Ckilorr viel herum, aber all das ist nicht dasselbe wie der Heimatbaum. Ihre Hautfarbe wird zunehmend bleicher. Ich kann nicht unterscheiden, ob sie ein körperliches oder seelisches Problem plagt.
Wir lassen uns mit den Kindern als kleinen Urlaub zum Heimatbaum fliegen. Eine Drohne einer wissenschaftlichen Redaktion begleitet uns. Dort sehe ich, wie Ckilorr aufblüht. Als ich später einmal den Film zu sehen bekomme und auch Ckilorr mit den Kindern zuschaut, sehe ich Momente, wie sich Schachan mit Nganurr um ein schweres Bündel Uchumochi -Kochbananen- streitet.
Weiter enthält der Film einige freudige Momente, in denen Ckilorr die Kleinen ihrer Schwester vorführt und wie sie wieder in den Wasserläufen auf Krabbenfang geht. Dennoch ist ihre Haut oft schwarz. Sie erzählt mir niedergeschlagen, dass die Anderen zu ihr sagen, sie sei eine Vchhtep -Himmelswesen- geworden.
Sie sind natürlich neugierig gewesen und Ckilorr hat ihnen berichtet:
"Ich lebe an einem Ort, an dem ich kein Holz sammele und niemand jagt. Die Frauen sprechen mich dort nicht an, um gemeinsam Fische fangen zu gehen. Es ist nicht, wie im Weltenwald. Die Menschen leben getrennt und allein. Manchmal bin ich wütend auf meinen Mann, die Geschäfte, und schaue mir Kleidung an. Damit kann ich mich etwas beruhigen, denn mein Mann kann nichts dafür, dass ich wütend werde und niedergeschlagen. Er liebt mich."
Ein paar Monate nach den Dreharbeiten hat sich Ckilorr entschieden, im Wald zu bleiben. Also habe ich Papa über den Kommunikator kontaktiert und gesagt, er solle meine Angelegenheiten in Eseís regeln, ich würde nicht zurückkommen. Die Kinder würden im Wald aufwachsen, denn Ckilorr ist es unmöglich, ihnen in Eseís beizubringen, was einen Ngachi in seiner Seele ausmacht.
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