Samstag, 11. Mai 2024
Keltische Druiden -60
Ich höre, wie sie etwas auswringt. Danach wäscht sie die Blutspuren weiter von meinem Körper. Beiläufig fragt sie mich:

"Warum hast du dich statt meiner für die Folterung angeboten?"

"Ich hatte die Möglichkeit gesehen, etwas zu verändern," erkläre ich. "Der Ugrier hätte sowieso erhalten, was er haben wollte, aber du hättest die Folterung vielleicht nicht überlebt. Ich konnte dafür sorgen, dass dir nichts geschieht, liebste Meisterin."

"Ein Punkt hast du dabei nicht bedacht, Ceitidth. Ich bin zwar am Leben geblieben, weil sich der Feind mit dir beschäftigt hat. Doch du hast dafür die Bürde auf dich genommen."

"Die Schande der Entehrung, meinst du," präzisiere ich ihren Gedanken.

Sie schweigt.

"Es ist ganz einfach, ehrwürdige Lehrerin. Statt eines Druid überlebten wir beide. Das Wohl einzelner ist weniger wichtig als das Wohl vieler."

Ich spüre den sanften Druck auf meiner Haut, während sie meine Wunden wäscht. Dadurch wird in dem geschundenen Fleisch darunter ein stechender Schmerz hervorgerufen, der mir Tränen in die Augen steigen lässt.

Alba, meine Múinteoira -Lehrerin- führt mich danach in eine Heiltrance. Meine Arme, Hände und Finger haben zu kribbeln begonnen. Ich berühre meine Meisterin unsicher mit der obenliegenden Hand an ihrer Wange. Dabei spüre ich, wie meine Anam -Seele- sich von meinem Körper trennt und sich mit der Anam meiner Meisterin vereint.

Mein Körper fällt augenblicklich in einen komaähnlichen Schlaf und mein Gesicht zeigt einen friedlichen Ausdruck, der so entspannt wirkt, dass es beinahe einem Lächeln gleichkommt, wie ich durch die Augen meiner Meisterin sehen kann.

*

Mein Name ist Alba. Als sechsjährige Waise hat mich eine Druida im Wald gefunden, während sie heilende Kräuter gesammelt hat. Da habe ich wohl schon einige Jahre im Wald unter Phelan -Wölfen- gelebt, die mich ernährt und gegen Angriffe des Math -Bären- verteidigt haben. Sie haben mir auch gezeigt, wie man sich im Wald verhält und dass man sich von den Moan -Menschen- fernhalten soll.

Dennoch bin ich auf die Druida getroffen und sie hat mich bei sich aufgenommen. Sie hat mir gezeigt, wie man sich unter Menschen benimmt. Genauso hat sie mir beigebracht, dass man Vertrauen zu ihnen haben darf, wie auch zu den Ainithe -Tieren- des Waldes, wenn man sie genau wie die Tiere des Waldes respektiert und achtet.

Über die Lusani -Pflanzen- im Wald hat sie mir viel erzählt. So habe ich gelernt, welche davon essbar sind und welche heilen können. Sie hat mir erklärt, dass Menschen, Tiere und Pflanzen über das Atmen miteinander verbunden sind und dass alle Menschen, Tiere und Pflanzen eine Seele besitzen. Grob gesagt, würde es sich dabei um eine Zusammenballung von Odam -Lebensenergie- handeln.

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