Donnerstag, 6. Oktober 2022
Aufbruch ins All -43
Nun spreche ich die Automatik noch einmal an:
"Delta-8a!"

"Kommandant?"

"Führe eine Analyse der Atmosphäre durch. Gibt es Anzeichen auf extraterrestrisches Leben in Form von Viren oder Bakterien, die mit uns an Bord gekommen sind?"

Es dauert eine Weile, in der wir einen Luftzug im Raumschiff spüren. Wir treten auch näher an die Lüftungsdüsen heran und drehen uns mit erhobenen Armen. Schließlich sagt die Automatik:

"Es wurden extraterrestrische Lebensformen entdeckt und eliminiert. Jetzt können Sie die Raumanzüge ablegen."

Also gehen wir in die Kabine, wo wir uns der Raumkombis entledigen. Zu Mirco sage ich:

"Die Raumanzüge wollen wir hermetisch verschließen! Nicht dass sich noch ein Virus in einer Falte festklammert."

Er grinst mich an, tut aber, was ich sage. Danach setzen wir uns in die Kontursessel und die Automatik löst das Raumschiff vom Marsboden. Dann zünden die Marschtriebwerke und wir streben dem Weltraum entgegen. Oben erkenne ich Master Dayaks Tanker, der sich nun auch aus der Umlaufbahn löst. Nachdem der Warp-Antrieb gestartet ist, steuern wir zuerst die Venus an. Master Dayak begleitet uns und lässt mich von meinem Aufenthalt auf der Venus berichten. Ich lasse unser Aufnahmegerät mitlaufen, damit ich den Bericht, so wie er ist, zur Erde senden kann.

Venus und Erde stehen relativ zum Mars im Moment auf der anderen Seite der Sonne. Mit nur einer leichten Kurskorrektur steuern wir die Erde an, nachdem ich sicher bin, dass dieses Manöver vom Mars aus nicht verfolgt werden kann. Dann entlasse ich die marsianischen Raumanzüge in den Weltraum, denn ich will keine Pandemie in der Heimat auslösen. Insgesamt brauchen wir acht Wochen, um hinter der Sonne auf die Erde zu gelangen. In Begleitung des Tankschiffes landen wir auf der Mondbasis.

Dort wird man das Raumschiff einer eingehenden technischen Prüfung unterziehen. Schließlich sind wir mit einem Prototyp mit modernster Technik geflogen. Die Wissenschaftler und Ingenieure sind ganz erpicht auf die Daten des Erstfluges. Wir fliegen dagegen mit dem nächstbesten Shuttle zur Orbitalstation, um dort in den 'Nurflügler' zur Erde umzusteigen, zusammen mit einer Reihe Touristen.

Nachdem der 'Nurflügler' auf dem Landefeld ausgerollt ist, werden wir von einem Mantelschrauber abgeholt und zum Jinja gebracht. Der Pilot des Fluggeräts, ein Chuhden -Fortgeschrittener- führt uns nach der Landung in den Besprechungsraum. Ich finde die Architektur immer wieder faszinierend. Mit seinen Rundbögen und Kuppeldecken hat man den Eindruck, der Raum befände sich in einem orientalischen Palast. Große Fenster lassen Licht herein und es scheint, als ob die Vegetation von draußen hereindrängen will.

*

Alle Chisei sind wieder anwesend, genau wie vor unserem Abflug. Fujiwara-Sensei, der Saikou Chisei -oberster 'Mann mit Geisteskraft'- lächelt uns entgegen und begrüßt uns:

"Aisatsu -Seien Sie gegrüßt-, Myers-San. Sie haben uns von unterwegs mit wertvollen Informationen beliefert. Nun sagen Sie, der Präsident des Mars hat einen besonderen Wunsch geäußert?"

Ich nicke ihm freundlich zu und berichte von den beiden Unterredungen im Präsidialamt. Als ich geendet habe, nickt Fujiwara-Sensei und spricht in seinen Kommunikator. Ein mir unbekannter Master betritt nun den Raum und überreicht mir den Mantel der Chisei. Damit bin ich offiziell in den Kreis der Männer aufgenommen die vor mir sitzen.

Danach wendet sich der Saikou Chisei an Mirco:
"Chuhden Myers, ihre Aufgabe ist ja die Erforschung des Weltraums. Sie werden sich mit Okuden al Tajir zusammensetzen und ihm von ihrer bisherigen Arbeit berichten. Später werden Sie mit ihm zur Mondbasis zurückkehren und die Delta-8a mit ihren Instrumenten wieder besetzen und weitermachen. Okuden al Tahir ist dann ihr Pilot und Kommandant."

"Ich werde mich der Aufgabe würdig erweisen!" verspricht Mirco.

Er wirft mir einen traurigen Blick zu.

Fujiwara-Sensei sieht nun wieder mich an.

"Ruhen Sie sich etwas aus. Dann kontaktieren Sie Sportmediziner und stellen ihre Fragen in Bezug auf den marsianischen Sportler. Zwei Okuden werden in den nächsten Tagen zu Ihnen stoßen, Chisei Myers. Sie werden dann zu Dritt zum Mars zurückkehren. Bauen Sie dort eine Schule nach dem Vorbild der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- in Ishtar City auf!"

"Das werde ich!" bestätige ich mit fester Stimme.

Anschließend sind wir entlassen. Wir verlassen den Besprechungsraum. Okuden al Tahir führt uns nun in den tieferliegenden Wohntrakt und weist mir mein Zimmer zu. Danach führt er Mirco weiter. In dessen Zimmer setzen sich die beiden dann zusammen und reden über den zurückliegenden Raumflug. Ich verlasse mein Zimmer kurz danach wieder und fahre zum Flugdeck hoch. Dort lasse ich mich von der Flugbereitschaft zu einem Sportmediziner in einer Universität bringen.

Ich breite vor einem der Professoren mein Problem aus. Er ist ebenfalls der Meinung, Ringen wäre besser geeignet als Boxen, um den Sportler wieder an die Weltspitze zurückzuführen. Danach lasse ich mich zu einer Sportschule bringen, die im Weltverband der Ringer organisiert ist. Ich beobachte das Training und lasse mir Lehrmaterial für angehende Lehrer im Ringersport geben. Leider sind es nur Faltblätter, die auf Gefahren aufmerksam machen.

Zum einen haben mir meine früheren Fechtlehrer gesagt, wer Meister werden will, muss dienen lernen. Zum anderen wird es sicher Lehrbücher zu kaufen geben, sage ich mir. Also melde ich mich zu einem Ringerkurs an. Ich vereinbare, dass ich täglich für zwei Schulstunden kommen möchte. Man ist gerne bereit, macht mich aber darauf aufmerksam, dass ich dann täglich wechselnde Sportlehrer habe. Damit erkläre ich mich einverstanden und gehe nun täglich in die Sportschule.

Nach etwas über vier Wochen, in denen ich an dem realen Training teilnehme und danach in meiner freien Zeit die E-Books zum Ringersport durcharbeite, erhalte ich Besuch von zwei Okuden -Meistern- in meinem Zimmer im Jinja -Schrein-. Wir machen uns miteinander bekannt. Ihre Heimat ist der Süden Afrikas, erzählen sie. Sie entstammen der Volksgruppe der Khoikhoi -wahre Menschen- und interessieren sich neben der Meditation und dem Ju-Jutsu für das Ringen.

"Dann können wir ja zum Mars starten," meine ich lächelnd.

Sie geben sich neugierig und wollen von mir alles wissen, was ich bei meinem Besuch dort erlebt habe. Nachdem sie gegangen sind, lasse ich mich mit der Mondbasis verbinden. Unsere Firma 'Lunar Ship Systems' hat gerade ein Raumschiff für vier Personen und einen Piloten frei. Ich miete das Raumschiff inklusive Pilot für den Flug zum Mars, mit einem Abstecher zur Venus, und vereinbare, dass das Raumschiff zum Mond zurückkehren soll, wenn man uns abgesetzt hat.

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Montag, 3. Oktober 2022
Aufbruch ins All -42
"Sie haben Recht. Man müsste diese Sportart nur in den Fokus des Publikums rücken! Könnten Sie einem Sportler, der nach einem Bodycheck nicht mehr beim Championship starten kann, zum Boxen oder Ringen raten?"

"Hm," mache ich. "Da bin ich überfragt. Da müsste ich einen unserer Sportmediziner fragen. Aber... Sie haben doch auch Sportmediziner! Was sagen diese Herren denn in dieser Frage?"

"Ich denke mir, dass bis jetzt noch nie jemand mit dieser Frage an einen dieser Herren herangetreten ist. Das lässt sich nachholen.
Ich habe da Zweierlei für Sie: Zum einen haben wir seit fast vier Marsjahren einen Erdling hier, der inzwischen eine Marsianerin geheiratet und ein Unternehmen in der Badtechnik gegründet hat. Er ist nun ein Marsianer. Dieser Mann ist seit ein paar Monaten Sponsor eines Sportlers, der bei einem dieser Läufe verunfallt ist.
Wenn Sie dem jungen Mann wieder eine Zukunft geben könnten, würden wir uns erkenntlich zeigen, Excellenz!"

"Ich will mein Möglichstes versuchen, Frau Ndluvo! Dazu müssten Sie mir die Leute irgendwie zuführen, für ein erstes Gespräch."

"Ich wusste, dass Sie das sagen würden, Excellenz. Das leitet nun sofort zum zweiten Anliegen über: Dem Präsidenten ist es eine Herzensangelegenheit, wenn Sie persönlich die Leitung dieses Sportclubs übernehmen würden. Dazu müssten Sie natürlich bereit sein, auf den Mars überzusiedeln."

"Ich bin bewegt, dass der Präsident soviel Vertrauen in mich setzt und werde alles tun, ihn nicht zu enttäuschen," antworte ich. "Dann muss ich aber zuerst zu unserer Organisation zurückfliegen und dort Bericht erstatten. Ich werde dort den Wunsch des Präsidenten des Mars vortragen und denke, dass man mich mit dem entsprechenden Auftrag zurücksendet!"

"Okay, dann starten Sie so bald wie möglich. Wenn Sie mit dem Auftrag zurückkommen, führe ich Sie mit dem Mann und seinem Sportler zusammen!"

"Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch mit dem guten Ergebnis!" antworte ich nun. "Sie werden uns sicher jemand senden, der uns zu unserem Landeplatz zurückbringt und unsere Raumanzüge zurückgibt."

Die Dame nickt lächelnd und erklärt: "Ich werde Sie in Ihr Hotel zurückbringen lassen. Sie können packen und morgen kommt jemand, der Sie an die Oberfläche zurückbringt. Ihre Raumanzüge, sowie ihre Unterkleidung, sind aber leider bei der Desinfektion zerstört worden. Sie werden von uns Ersatz bekommen!"

Damit sind wir wieder entlassen. Frau Ndluvo drückt einen Knopf und die junge Frau betritt das Zimmer, die uns schon einmal zum Hotel gebracht hat. Dort wandern wir zuerst unter der Balustrade im Innenhof an den Schaufenstern der Geschäfte entlang. Danach fahren wir hoch in unsere Suite und verbringen den restlichen Tag damit, dass ich mir die Regeln des Boxsports und des Ringens ansehe, wie sie hier auf dem Mars gelten. Ich denke, dass ich mich für das Ringen entscheiden würde. Aber da muss ich mich zuerst noch mit Sportmedizinern unterhalten.

Schließlich packen wir unsere wenigen Sachen in die Reisetasche und legen uns ein letztes Mal schlafen.

*

Am nächsten Morgen meldet sich ein uniformierter Mann bei uns. Major Khosa bringt uns zum 'Amt' zurück und fährt mit uns in den speziellen Haltepunkt der Rohrbahn. Drei Stunden später erreichen wir die Rohrbahnstation des Instituts 'Sanitarium Valetudinis Curandae', in deren Quarantäne-Station wir lange untergebracht gewesen sind.

Hier führt er uns in den Hangar mit dem Rover. Am Heck des Fahrzeuges sind zwei Raumanzüge befestigt, die uns hoffentlich passen. Jedenfalls sehen sie nicht so schlank und etwas kleiner als die marsianischen aus. Wir setzen uns in die Sessel und der Fahrer veranlasst über Funk die Öffnung des Schleusentores. Nachdem die Luft aus dem Hangar abgesaugt ist und sich das Tor geöffnet hat, startet Major Khosa das Fahrzeug und wir rollen in die Höhle.

Wenige Minuten später rollt der Rover ins Freie und der Major lässt den Autopiloten die Strecke an der Oberfläche zurücklegen, die wir gekommen sind. Nach einiger Zeit meldet sich unser Fahrer:

"Ihr damaliger Landepunkt ist erreicht, Herr Botschafter!"

"Okay, vielen Dank," gebe ich zurück. "Darf ich meinen Kommunikator hier benutzen? Damit rufe ich die Automatik meines Raumschiffes in der Umlaufbahn an und gebe ihr den Landebefehl."

Er nickt lächelnd, also nehme ich das Gerät aus der Tasche, schalte es ein und sende die Kennung an die 'Delta-8a'. Sie sollte sie sofort empfangen können, da sie sich in einer geostationären Umlaufbahn über dem Landepunkt befindet. Tatsächlich höre ich das 'Pling' als Bestätigung. Nun spreche ich in den Kommunikator:

"Delta-8a! Du verlässt umgehend die Umlaufbahn und kommst zu dem Landepunkt, an dem wir ausgestiegen sind. Wir werden zusteigen und sofort wieder starten!"

"Verstanden, Kommandant!" tönt es zur Antwort aus dem Gerät.

Ich verstaue es wieder und wende mich an den Major:
"Dann möchten wir uns gerne vorübergehend von ihnen verabschieden, Major Khosa. Vielleicht holen Sie uns ja in ein paar Wochen wieder hier ab?"

"Das ich das persönlich sein werde, halte ich zwar für unwahrscheinlich," entgegnet der Mann freundlich. "Aber man weiß nie..."

"Okay, dann werden wir mal in die Raumanzüge steigen," gebe ich lächelnd zurück. "Möge Ihre Lebenskraft Sie immer begleiten!"

Nun grinst der Mann breit. Sicher um seine Irritation in Bezug auf den Gruß zu überdecken. Er nickt uns zu und wir öffnen die Klappen in der Rückwand. Dann 'falten wir uns zusammen' und steigen in die Raumanzüge. Die Automatik verschließt sie im Rücken und löst sie vom Rover. Wir klettern die kurzen Trittleitern hinunter und betreten den Marsboden. Anschließend nehmen wir Abstand zu dem Rover und warten.

Eine halbe Stunde später sehen wir einen Feuerschweif am Himmel, der sich der Landestelle nähert. Major Khosa verharrt mit dem Rover an Ort und Stelle. Sicher will er Landung und Start miterleben, vielleicht mit der Außenbordkamera auch filmen. Ich sehe, dass er sie ausgefahren hat und noch suchend kreisen lässt.

Dann ist unsere Delta-8a heran. Sie landet die letzten Meter senkrecht und steht dann in der weiten Ebene. Keine Minute später fährt die Rampe aus und berührt den Marsboden. Wir steigen die Rampe hoch und bleiben in dem Raum hinter der Pilotenkanzel erst einmal stehen.

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Freitag, 30. September 2022
Aufbruch ins All -41
Ich nicke ihm zu und sage: "Okay, vielen Dank."

Er lässt uns eintreten. Wir stehen nun in einer Garderobe, von der mehrere Türen abgehen und eine Treppe nach oben führt. Thato betritt die Treppe nach oben und wir folgen ihm. Oben kommen wir in einen größeren Wohnraum mit Sitzgarnitur, Unterhaltungselektronik und einem Essplatz. Anschließend zeigt er uns noch zwei Schlafzimmer und ein Bad in der darüberliegenden Etage. Die Suite könnte auch eine Familie beherbergen. Platz genug wäre vorhanden.

Er erklärt uns noch die Armaturen im Bad und ich frage ihn nach Wassersparmöglichkeiten. Das erscheint mir wichtig auf dem Mars. Thato schüttelt lächelnd den Kopf und erklärt, dass das verbrauchte Wasser in Frischwasser umgewandelt und in den Wasserkreislauf zurückgeführt wird.

Danach gehen wir wieder hinunter in den Wohnraum. Der junge Mann zeigt uns eine Menükarte auf dem Esstisch und erklärt uns dazu:

"Wenn Sie in Ihrer Suite speisen möchten, dann suchen Sie sich einfach etwas daraus aus und informieren mit diesem Kommunikator die Rezeption. Sie wird alles weitere veranlassen!"

"Okay, vielen Dank!" antworte ich noch einmal und lächele ihn an.

"Darf ich mich dann jetzt zurückziehen?" fragt er nach.

"Aber gerne," bestätige ich lächelnd. "Möge Ihre Lebenskraft Sie immer begleiten!"

Thato verbeugt sich leicht und betritt die Treppe nach unten. Kurz darauf hören wir die Eingangstür leise ins Schloss fallen.

Ich gehe zur Sitzgruppe und nehme das Gerät auf dem Couchtisch in die Hand. Damit schalte ich den großen Bildschirm ein und schaue mir das Internetangebot und die Filmtitel an. Mirco setzt sich hinzu und schaut mir eine Weile zu. Plötzlich fragt er:

"Wie lange werden wir wohl hier auf eine Reaktion aus dem 'Amt' warten müssen?"

Ich wende mich ihm zu und sage:
"Sei gelassen und geduldig, Mirco. Zu gegebener Zeit werden wir es erfahren!"

"Aber nur untätig herumsitzen, möchte ich auch nicht. Wir befinden uns weder in Quarantäne noch im Gefängnis. Gibt es hier keine Ladenpassage, wo wir uns die Auslagen anschauen können? Die Läden werden sicher von Restaurants und Clubs aufgelockert. Auch Sportclubs würden uns das Warten verkürzen."

"Du magst dich in so einer Suite also nur zum Schlafen aufhalten? Statt dir das Internet-Angebot anzusehen, Dokus und Spielfilme anzuschauen, virtuell durch Ausstellungen zu schlendern, möchtest du lieber vor die Tür?"

"Ja, natürlich, Florian. Wir waren in der Quarantäne zur Bewegungslosigkeit verdammt. Das muss sich jetzt nicht hier fortsetzen!"

"Hier begegnen wir aber auch keinem Marsianer! Ich denke mal, nicht alle Menschen haben einen guten Charakter. Manche könnten sich Chancen ausrechnen, bei uns etwas abzustauben. Natürlich können wir uns wehren! Aber die Anderen haben den Vorteil, dass ihnen die geringere Schwerkraft vertraut ist. Uns kann die geringere Schwerkraft erst von Nutzen sein, wenn wir gelernt haben, damit umzugehen. Ich möchte nicht, dass die Regierung uns Wachen zur Seite stellt. Das würde zwielichtige Gestalten geradezu anziehen, die warten bis sie uns allein irgendwo antreffen."

"Und was ist mit Fujiwara-Sensei? Wir sind jetzt schon drei Wochen abgängig. Er wird sich fragen, was uns passiert ist. Nicht, dass eine Raumschiffflotte hier auftaucht und Aufklärung von der Regierung verlangt."

"Ach, Mirco! Jetzt fahr' aber mal 'runter! Du kannst in unserer Hierarchie nicht aufsteigen, wenn du keine Gelassenheit und Geduld zeigst! Möglicherweise ist Master Dayak inzwischen bei unserer 'Delta' angekommen und hat nachgetankt. Er wird nun dort draußen sitzen und meditieren. Vielleicht hat er uns schon gefunden und beobachtet uns. Er wird Fujiwara-Sensei im Jinja informieren und bestätigen, dass es uns wohlergeht."

Mirco schaut mich zweifelnd an, sagt aber nichts mehr. Wir schauen uns als erstes die kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, Ausstellungen und Museen im Internet an. Letztere können wir virtuell durchwandern, oder auch an einer 'Koje' stehenbleiben und uns das Ausstellungsstück genauer anschauen, bevor wir weitergehen.

In den nächsten Tagen haben wir nur Kontakt zu einem Zimmermädchen. Die Maid putzt, wischt, macht die Betten, bringt uns das bei ihr bestellte Essen, nimmt die Schmutzwäsche mit und bringt sie schrankfertig zurück.

*

Nach vier Tagen werden wir von der Rezeption benachrichtigt, dass die junge Frau aus dem Amt soeben eingetroffen ist, um uns wieder dorthin zu bringen. Wir verlassen unsere Suite und fahren mit dem Aufzug zum Foyer hinunter. Dort finden wir Amahle wartend in der Sitzgruppe vor. Ich begrüße sie herzlich, dann verlassen wir mit ihr das Hotel.

Zurück im 'Amt' führt sie uns in das Büro von Frau Ndluvo und zieht sich danach zurück. Frau Ndluvo begrüßt uns herzlich und bietet uns Sitzplätze am Konferenztisch an. Anschließend erhält jeder ein Getränk und Frau Ndluvo beginnt:

"Ihre Organisation, O-Chisei, möchte uns also vor einer neuerlichen Infiltration der Space Ressource Corporation mit aggressiver gewordenen Geschäftsmethoden schützen, sagten Sie bei unserem letzten Gespräch, Excellenz."

"Ja, ich habe mich in den letzten Tagen im Internet schlau gemacht. Ihre Sportvereine und -clubs bieten eine ganze Palette von Sportarten an. Die bei weitem publikumswirksamste Sportart bei Ihnen ist das Laufen. Es gibt hier zwei Arten. Einmal geht es darum, fair ins Ziel zu kommen. Bei der anderen Art zu laufen, bei dem Bodychecks erlaubt sind, kommt dagegen nicht jeder ins Ziel. Auf meinem Heimatplaneten würden sich nun Firmen bei den Sportlern als Sponsoren anbieten, damit diese der breiten Masse ihre Produkte anbieten, nach dem Motto 'Wenn ihr unsere Produkte kauft, werdet ihr selbst ein Star'. Was natürlich eine Werbelüge ist."

"Sie haben sich im Internet informiert! Dann wissen Sie auch, dass unsere Sportler ebenso Sponsoren bekommen."

Ich nicke und meine:
"Ja, nur bei Ihnen ist das ein wenig anders. Ihre Sponsoren sind zumeist Privatleute, die genug Geld fürs Sponsoring haben. Sie unterstützen die Sportler, um sich in deren Glanz zu sonnen. Zwischen Sponsor und Sportler baut sich oft eine romantische Beziehung auf. Sie mögen sich und zeigen das auch. Ich sagte romantische Beziehung, weil zwischen Sponsor und Sportler gibt es keinen Sex, nur eine enge Freundschaft."

"Das stimmt wohl," pflichtet die Dame mir bei. "Passt unser System denn in Ihr Konzept?"

"Nicht UNSER Konzept," korrigiere ich sie höflich. "Es ist das Konzept, wie es auf meinem Heimatplaneten, der Venus, praktiziert wird. Niemand will es dem Mars überstülpen! Ihr Konzept ist nicht gut geeignet, die Strahlkraft eines Gewinners, bei einem Lauf zum Beispiel, in der Öffentlichkeit auf den Sponsor überstrahlen zu lassen. Die Sponsoren werden wohl genannt. Man weiß von ihnen aber nur, wenn man das Profil eines Sportlers aufmerksam durchliest."

"Welchen Schluss ziehen Sie daraus für ihr Projekt?"

"Wenn ich die Charakteristik der SRC auf ihren Sport übertrage, denke ich, die aggressiveren Läufe, die mit Bodycheck, würde die SRC anziehen. Allerdings würden sie Läufern bald ihre Unterstützung entziehen, die statt ins Ziel, in die Sanitätsstation kommen.
Haben Sie keine Sportart, die ebenfalls viele Zuschauer anzieht und vor dem Bildschirm zuhause versammelt, die sich aber ein ähnlich strenges Regelwerk gegeben hat, wie zum Beispiel das Fechten?"

"Entschuldigung, Excellenz. Da muss ich noch Erkundigungen einziehen. Aber warum versuchen Sie denn nicht, das Fechten hier auf dem Mars populär zu machen?"


"Natürlich wäre das auch eine Überlegung wert. Ich sehe das Fechten aber eher als letzten Ausweg, wenn sich sonst gar nichts mehr findet. Eher präferiere ich eine Sportart, die so ganz anders ist, als in meiner Heimat. Mir fällt da spontan Boxen oder Ringen ein. Hier gibt es wieder ein Regelwerk. Wer sich aggressiv zeigt und die Regeln verletzt, um den Gegner zu besiegen, erhält Minuspunkte oder wird gar gesperrt."

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