Montag, 14. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -21
Am folgenden Morgen essen wir mit der verehrten Dame Li Yong Tai. Ihre Köchin hat das Frühstück zubereitet. Wir begegnen uns herzlich, aber auch höflich zurückhaltend. Danach fährt sie eine Etage tiefer in ihre Geschäftsräume. Dorthin begleiten wir sie und schauen uns alle Räume an. Dabei wechseln wir immer ein paar freundliche Worte mit den Angestellten.

Bis zum späten Nachmittag gibt es keine besonderen Vorkommnisse. Dann betritt ein Mann im Anzug und Aktenkoffer die Geschäftsräume, der durchaus ein Banker sein könnte. Die Rezeptionskraft bittet ihn, sich zu setzen und kurz zu warten. Er gibt sich sehr nervös. Irgendwann, als er sich unbeobachtet fühlt, öffnet er seinen Aktenkoffer und lässt ein Gerät wie einen Saugroboter frei. Er schaltet ihn ein und lässt ihn laufen.

Kurz darauf meldet er sich bei der Rezeptionskraft und meint:

"Ich denke, ich komme morgen wieder. Ich habe noch weitere Termine."

Sie lächelt ihn freundlich an und antwortet:
"In Ordnung, dann bis Morgen!"

Ich stoppe das Gerät, das der Mann zurückgelassen hat und drehe es um. Unten blinkt eine rote LED. Nun nehme ich es hoch und laufe damit zu dem Personenschützer.

"Das hat ein Besucher zurückgelassen!" sage ich gehetzt und bin schon am Aufzug.

Noah ist zur Stelle. Ich sage schnell zu ihm:
"Bleibe du hier! Ich folge einem Verdächtigen!"

Mit einem Spezialschlüssel nutze ich den Expressaufzug, der mich sofort nach unten bringt. Dort sehe ich den Mann gerade das Gebäude verlassen. Draußen wird es allmählich dämmrig.

Ich beeile mich, hinter ihm her zu kommen. Er will gerade in einen Wagen einsteigen, der in der Nähe geparkt ist. Dabei erkennt er mich, schlägt die Wagentür wieder zu und überquert die Straße. Schräg gegenüber liegt eine Bar. Ich gebe eine Beschreibung des Fahrzeugs und des Kennzeichens mit meinem Handy an den Personenschützer weiter und betrete die Bar.

Kurz orientiere ich mich, dann gehe ich zum Tresen und bestelle ein Getränk. Während ich mein Glas hebe, spüre ich eine Waffe im Rücken. Ich wirbele herum und schlage sie dem Mann aus der Hand. Sofort weichen andere Gäste an der Bar zurück. Der Mann taumelt rückwärts und ich setze sofort nach. Bald liegt er am Boden und ich fessele seine Hände auf den Rücken.

Jetzt ziehe ich den Mann auf die Beine und schaue mich suchend nach der Waffe um, aber sie ist verschwunden. Dem Barmädchen zunickend, verlasse ich mit dem Mann die Bar, um ihn unserem Sicherheitspersonal zu übergeben. Vor dem Eingang der Bar peitscht ein Schuss.

Ich spüre einen Schlag an der Schulter. Mein Gefangener sackt zusammen. Ihn auf beiden Armen über die Straße tragend, erreiche ich bald Li Yong Tais Geschäftshaus und fahre mit dem Expressaufzug hoch. Mit einiger Mühe betrete ich den Raum, der zum provisorischen Kontrollzentrum umfunktioniert worden ist. Der Mann hinter dem Laptop macht große Augen.

"Haben Sie...?" beginnt er.

Ich schüttele den Kopf und erkläre ihm:
"Wie könnte ich, ohne Waffe? Ich wollte ihn zur Befragung zurückbringen. Draußen auf der Straße peitscht plötzlich ein Schuss, streift mich und trifft ihn. Zu viele Zeugen. - Darum konnte ich ihn nicht liegenlassen. Nun werden wir der Polizei einiges erklären müssen."

"Womit Sie Recht haben!" meint der Mann.

Ich bin nun erst einmal in Hamburg gebunden. Also müssen wir uns aufteilen, überlege ich. Darauf spreche ich Noah an, der hinzugekommen ist:

"Noah, die ehrenwerte Dame muss sofort aus der Schusslinie! Die Gegenseite ist nervös geworden. Begleite Du sie zu ihren Eltern nach Frankfurt. Nimm den gepanzerten Wagen!"

Der Personenschützer hat soeben die Polizei von dem Vorfall informiert und sagt:

"Mein Kollege wird den Wagen fahren!"

Ich nicke. Noah zieht mich einen Schritt weg. Er hat etwas auf dem Herzen. Wir verlassen den Raum und gehen in Richtung Li Yong Tais Büro.

"Sie hat mich gestern bei der Ankunft fast nicht wiedererkannt, Tsopo -Meister-. Ich habe in der Vergangenheit jeden Tag an sie gedacht, seit unserem Abschied auf Hawaii - und sie hat mich vollkommen vergessen! Vergangene Nacht habe ich sehr unruhig geschlafen."

Ich schaue Noah an und entgegne ihm, während ich meine Hand auf seine Schulter lege:

"Du konzentrierst dich auf das Negative, Noah! Du musst als zukünftiger Gelong -Mönch- auf deine Gedanken achten! Sie WAR erfreut, dich zu sehen!"

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