Dienstag, 8. März 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -43
mariant, 11:42h
Ich lächele fröhlich, lege Andrea meine Hand auf ihre und sage:
"Es ist wunderbar, die Worte aus dem berufenen Munde eines hohen Lamas zu hören, dessen Bruder der Führer einer der Hauptschulen des tibetischen Buddhismus ist. Genau diese Worte habe ich gegenüber Yong Tai damals gebraucht, als ich noch den Rang eines Klosterschülers innehatte."
Andrea lächelt und sagt:
"Wir haben uns gegenseitig mit Essen gefüttert, als wir auf der Wiese saßen. Es war wunderschön. Lama Gyana ist so respektvoll. Dann bin ich spontan aufgestanden und zum Abhang gelaufen, in Richtung des Wasserfalles. Da das Gras und die Kräuter hochgestanden sind, habe ich ihn nicht mehr gesehen, als ich mich ins Gras gesetzt habe. Ich habe das Gras durch Drehen auf dem Boden etwas platt gewalzt und bin dann auf den Bauch liegen geblieben."
Sie macht eine Atempause und schaut mich erwartungsvoll an. Ich mache große Augen. Ich bin sprachlos. Solche Einzelheiten zu meinem Picknick mit Yong Tai habe ich meinen Mädchen nie erzählt. Ein Gedanke steigt in mir auf:
'Die Geschichte wiederholt sich immer wieder...'
Stattdessen frage ich nun interessiert:
"Und wie hat Lama Gyana reagiert?"
"Er hat nach mir gerufen und ist mir schließlich hinterhergelaufen. Bei mir angekommen, hat er mich auf den Rücken gedreht und zuerst meine Knöchel abgetastet, dann meine Unterschenkel und Knie. Er hat beruhigend auf mich eingesprochen, wie man das gegenüber einer verletzten Person macht. Als er sich dann über mich gebeugt hat, habe ich ihn zu mir heruntergezogen und ihn geküsst. Dabei sind wir eine kurze Strecke den Abhang hinuntergerollt, bis er die Drehbewegung gestoppt und sich neben mich gekniet hat.
Er ist dann aufgestanden, hat sich zu mir heruntergebeugt und mich auf seine starken Arme genommen. So hat er mich zum Picknickkorb zurückgetragen. Und dort auf meine Füße gestellt."
Ich beuge mich über den Tisch und lege Andrea meine Hände auf die Schultern.
"Ich wünsche euch beiden alles Glück dieser Welt, mein Mädchen! Du weißt, was du als nächstes tun solltest. Ich bin für jeden Rat zu haben! Frage alles, was dich bewegt. Aber jetzt geh! Es ist bald Essenszeit."
Wir erheben uns und ich bringe sie zur Tür. Dort umarme ich sie kurz, ohne etwas zu sagen. Dann gehe ich zurück an meinen Platz, um kurz noch in mich hinein zu horchen.
Ich setze mich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden, lege meine Hände mit den Handflächen nach oben auf die Oberschenkel und schließe die Augen. Nun versuche ich zu entspannen und zu schauen, welche Bilder in meinen Gedanken erscheinen.
*
Als ich meine Meditation beendet habe, ist draußen eine sternklare Nacht. Ich schalte das Deckenlicht ein. Auf dem Tisch vor mir steht ein Abendessen, das bestimmt Anne dort für mich zurückgelassen hat, bevor sie schlafen gegangen ist.
Das Essen ist zwar inzwischen kalt geworden, aber ich esse die Schale trotzdem leer. Anschließend spüle ich sie und baue meine Couch zum Bett um.
Am Morgen des nächsten Tages werde ich früh wach und mache mich in aller Ruhe frisch. Das Bett ist schnell zur Couch umgebaut.
Anschließend gehe ich zum Speisesaal des Führungspersonals. Er ist eingerichtet wie der Thronsaal eines Klosters, nur dass der erhöhte Sitz für den Chef des Hauses fehlt. Ich sehe mich als Lama und damit als Erster unter Gleichen. Meine Mädchen haben vor Jahren bei der Einrichtung stattdessen durchgesetzt, dass die Tische U-förmig aufgestellt wurden. Mein Platz ist nun in der Mitte der einen Schmalseite.
Ich setze mich und wenig später trifft ein Lama und Gelong nach dem Anderen ein, um ihre Plätze einzunehmen. Anne kommt ebenfalls, setzt sich lächelnd links neben mich und bald werden von den Bediensteten die Speisen und Getränke hereingetragen.
Anne ist etwas unruhig und macht mich schließlich auf das Fehlen von Andrea und Lama Gyana aufmerksam. Sie will gerade den jungen Mann, der die große Schale Reis vor uns gestellt hat, beauftragen, nach Lama Gyana zu sehen.
Ich schüttele verhalten den Kopf und lege Anne beschwichtigend meine linke Hand auf ihre Rechte. Zu dem jungen Mann sage ich:
"Es ist alles in Ordnung. Geh weiter deiner gewohnten Arbeit nach, mein Sohn."
Nachdem er den Raum verlassen hat, wende ich mich Anne zu und flüstere:
"Vielen Dank, dass du dich um deine Schwester sorgst. Wenn du jetzt nicht genug Ruhe zum Frühstücken hast, geh in dich und horche auf deine Gefühle. Ich bin mir sicher, dass die gemeinsame Abwesenheit von Lama Gyana und Andrea nur einen Grund hat: Sie werden zu zweit frühstücken wollen und dabei intime Gespräche führen. Ihre aufkeimenden Gefühle füreinander wollen artikuliert und ausgetauscht werden.
Gestern sagte ich schon einmal: Alles wiederholt sich.
Doch jetzt wollen wir den alten Texten lauschen und frühstücken!"
Die Gelong lesen reihum jeder eine Passage aus den tibetischen Übersetzungen des Gandhara, während wir essen.
*
"Es ist wunderbar, die Worte aus dem berufenen Munde eines hohen Lamas zu hören, dessen Bruder der Führer einer der Hauptschulen des tibetischen Buddhismus ist. Genau diese Worte habe ich gegenüber Yong Tai damals gebraucht, als ich noch den Rang eines Klosterschülers innehatte."
Andrea lächelt und sagt:
"Wir haben uns gegenseitig mit Essen gefüttert, als wir auf der Wiese saßen. Es war wunderschön. Lama Gyana ist so respektvoll. Dann bin ich spontan aufgestanden und zum Abhang gelaufen, in Richtung des Wasserfalles. Da das Gras und die Kräuter hochgestanden sind, habe ich ihn nicht mehr gesehen, als ich mich ins Gras gesetzt habe. Ich habe das Gras durch Drehen auf dem Boden etwas platt gewalzt und bin dann auf den Bauch liegen geblieben."
Sie macht eine Atempause und schaut mich erwartungsvoll an. Ich mache große Augen. Ich bin sprachlos. Solche Einzelheiten zu meinem Picknick mit Yong Tai habe ich meinen Mädchen nie erzählt. Ein Gedanke steigt in mir auf:
'Die Geschichte wiederholt sich immer wieder...'
Stattdessen frage ich nun interessiert:
"Und wie hat Lama Gyana reagiert?"
"Er hat nach mir gerufen und ist mir schließlich hinterhergelaufen. Bei mir angekommen, hat er mich auf den Rücken gedreht und zuerst meine Knöchel abgetastet, dann meine Unterschenkel und Knie. Er hat beruhigend auf mich eingesprochen, wie man das gegenüber einer verletzten Person macht. Als er sich dann über mich gebeugt hat, habe ich ihn zu mir heruntergezogen und ihn geküsst. Dabei sind wir eine kurze Strecke den Abhang hinuntergerollt, bis er die Drehbewegung gestoppt und sich neben mich gekniet hat.
Er ist dann aufgestanden, hat sich zu mir heruntergebeugt und mich auf seine starken Arme genommen. So hat er mich zum Picknickkorb zurückgetragen. Und dort auf meine Füße gestellt."
Ich beuge mich über den Tisch und lege Andrea meine Hände auf die Schultern.
"Ich wünsche euch beiden alles Glück dieser Welt, mein Mädchen! Du weißt, was du als nächstes tun solltest. Ich bin für jeden Rat zu haben! Frage alles, was dich bewegt. Aber jetzt geh! Es ist bald Essenszeit."
Wir erheben uns und ich bringe sie zur Tür. Dort umarme ich sie kurz, ohne etwas zu sagen. Dann gehe ich zurück an meinen Platz, um kurz noch in mich hinein zu horchen.
Ich setze mich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden, lege meine Hände mit den Handflächen nach oben auf die Oberschenkel und schließe die Augen. Nun versuche ich zu entspannen und zu schauen, welche Bilder in meinen Gedanken erscheinen.
*
Als ich meine Meditation beendet habe, ist draußen eine sternklare Nacht. Ich schalte das Deckenlicht ein. Auf dem Tisch vor mir steht ein Abendessen, das bestimmt Anne dort für mich zurückgelassen hat, bevor sie schlafen gegangen ist.
Das Essen ist zwar inzwischen kalt geworden, aber ich esse die Schale trotzdem leer. Anschließend spüle ich sie und baue meine Couch zum Bett um.
Am Morgen des nächsten Tages werde ich früh wach und mache mich in aller Ruhe frisch. Das Bett ist schnell zur Couch umgebaut.
Anschließend gehe ich zum Speisesaal des Führungspersonals. Er ist eingerichtet wie der Thronsaal eines Klosters, nur dass der erhöhte Sitz für den Chef des Hauses fehlt. Ich sehe mich als Lama und damit als Erster unter Gleichen. Meine Mädchen haben vor Jahren bei der Einrichtung stattdessen durchgesetzt, dass die Tische U-förmig aufgestellt wurden. Mein Platz ist nun in der Mitte der einen Schmalseite.
Ich setze mich und wenig später trifft ein Lama und Gelong nach dem Anderen ein, um ihre Plätze einzunehmen. Anne kommt ebenfalls, setzt sich lächelnd links neben mich und bald werden von den Bediensteten die Speisen und Getränke hereingetragen.
Anne ist etwas unruhig und macht mich schließlich auf das Fehlen von Andrea und Lama Gyana aufmerksam. Sie will gerade den jungen Mann, der die große Schale Reis vor uns gestellt hat, beauftragen, nach Lama Gyana zu sehen.
Ich schüttele verhalten den Kopf und lege Anne beschwichtigend meine linke Hand auf ihre Rechte. Zu dem jungen Mann sage ich:
"Es ist alles in Ordnung. Geh weiter deiner gewohnten Arbeit nach, mein Sohn."
Nachdem er den Raum verlassen hat, wende ich mich Anne zu und flüstere:
"Vielen Dank, dass du dich um deine Schwester sorgst. Wenn du jetzt nicht genug Ruhe zum Frühstücken hast, geh in dich und horche auf deine Gefühle. Ich bin mir sicher, dass die gemeinsame Abwesenheit von Lama Gyana und Andrea nur einen Grund hat: Sie werden zu zweit frühstücken wollen und dabei intime Gespräche führen. Ihre aufkeimenden Gefühle füreinander wollen artikuliert und ausgetauscht werden.
Gestern sagte ich schon einmal: Alles wiederholt sich.
Doch jetzt wollen wir den alten Texten lauschen und frühstücken!"
Die Gelong lesen reihum jeder eine Passage aus den tibetischen Übersetzungen des Gandhara, während wir essen.
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