Dienstag, 15. März 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -50
mariant, 10:47h
Mit neuer Zuversicht versehen fahre ich nach Paris zurück und fliege nach Hawaii. In den folgenden zehn Monaten bin ich für 'meine' Kinder als Vertrauenslehrerin aktiv. Dann stehen die Sommerferien in Frankreich an. Gyana und Andrea erlauben mir, mich mit Thaye zu beschäftigen und ihm auch das deutsche Kloster zu zeigen. Ich lege Daddys Reisschale und seinen Mönchshut zu den anderen Sachen in meinen Koffer.
In Weiterswiller gehe ich zuerst zu seinem Lehrer und höre eine sehr gute Beurteilung aus dessen Mund. Stolz auf meinen jungen Neffen steigt in mir auf. Anschließend lasse ich mich zu seinem Schlafraum führen. Dort finde ich Thaye im angeregten Gespräch mit seinen Zimmergenossen. Schon auf dem Gang hört man sie lachen. Ich denke, die meisten der Kinder werden von ihren Eltern abgeholt und sind schon in Ferienstimmung.
Als ich in der Tür des Schlafraumes erscheine, schauen zwei oder drei der Jungs auf, darunter auch Thaye. Mein Neffe strahlt über das ganze Gesicht und erhebt sich aus dem Schneidersitz. Er kommt auf mich zugelaufen und versucht mich mit seinen Ärmchen zu umfangen.
"Tante Anne! Du hier?"
"Ja, Thaye," sage ich lächelnd. "Ich habe gehört, dass dein Lehrer dich sehr lobt. Deshalb habe ich gedacht, wir machen eine Reise."
"Fliegen wir nach Hawaii?" fragt der Junge freudestrahlend.
"Nein," dämpfe ich seinen Optimismus. "Wir wollen in den Fußspuren deines Großvaters wandeln. Dazu müssen wir erst einmal mit dem Zug nach Cologne fahren und dort umsteigen."
"Mein Großvater... Das war doch Lama Kyobpa. Hat er in Allemagne gelebt, bevor er nach Hawaii kam?"
"Genauso ist es, Thaye."
*
Wir nehmen in der Herberge vor dem deutschen Kloster ein Zimmer und essen im Restaurant. Anschließend suchen wir unser Zimmer in den oberen Etagen. Thaye erobert sogleich das Obere des Etagenbettes und platziert den Drachen, den ich ihm aus Hawaii mitgebracht habe auf dem Kopfkissen. Ich nehme eine Handtasche mit geheimnisvollem Inhalt aus dem Koffer und sage zu Thaye:
"Komm, wir besuchen als erstes das Kloster!"
Wieder äußere ich dort den Wunsch, den Khenchen Lama zu sehen.
"Es ist Essenszeit," wird mir geantwortet. "Es wird etwas dauern bis er Audienzen macht."
"Ich warte gerne," erwidere ich.
In einem Nebenraum des großen Foyers lasse ich mich in den Schneidersitz nieder und sage zu Thaye:
"Komm zu mir, Thaye. Lama Rinpoche wird bald Zeit für uns haben."
Der Junge setzt sich eine Weile neben mich, dann hält es ihn aber nicht mehr an seinem Platz. Ich erlaube ihm, im Innenhof mit den hiesigen Schülern Ball zu spielen. Ich sehe durch die Tür des Besucherraums noch, wie er Gebetsmühlen dreht und dann durch die Tür zum Innenhof hinausläuft.
Vielleicht eine Viertelstunde später kommt der Gelong zu mir, der für die Besucher zuständig ist und sagt, dass Seine Heiligkeit inzwischen in seinen Privatgemächern weilt. Ich bin kurz in eine leichte Meditation versunken und erhebe mich nun.
Mit einem Riesenschreck muss ich feststellen, dass Thaye fehlt. Sofort laufe ich hinaus auf den Innenhof. Die Jugendlichen dort sagen mir, dass ein Junge, auf den meine Beschreibung passt, kurz da gewesen ist. Dann ist er aber wieder ins Gebäude zurückgegangen.
Der Gelong beruhigt mich:
"Hier im Kloster geht niemand verloren! Ich bringe Sie zu Seiner Heiligkeit und schaue mich danach nach ihrem Jungen um."
Also folge ich dem Gelong. Im Wohnraum Seiner Heiligkeit finde ich dann Thaye im Lehrgespräch über die mönchischen Tugenden mit dem Khenchen Lama. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Nachdem ich seine Heiligkeit mit einer tiefen Verbeugung begrüßt habe, wende ich mich Thaye zu:
"Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, Thaye! Du warst plötzlich verschwunden. Was hätte ich deinen Eltern sagen sollen, wenn dir ein Unglück geschehen wäre?"
Thaye erhebt sich und umarmt mich.
"Aber Tante Anne, hier bin ich im Haus meines Großvaters. Was soll mir hier schon passieren?"
Ich schüttele gequält lächelnd den Kopf, ob solcher Einfalt, die sicher seinem kindlichen Alter geschuldet ist. Seine Heiligkeit fragt nun:
"Sei gegrüßt, meine Tochter. Hast du die Gegenstände in deiner Tasche, von denen wir bei deinem letzten Besuch gesprochen haben?"
In Weiterswiller gehe ich zuerst zu seinem Lehrer und höre eine sehr gute Beurteilung aus dessen Mund. Stolz auf meinen jungen Neffen steigt in mir auf. Anschließend lasse ich mich zu seinem Schlafraum führen. Dort finde ich Thaye im angeregten Gespräch mit seinen Zimmergenossen. Schon auf dem Gang hört man sie lachen. Ich denke, die meisten der Kinder werden von ihren Eltern abgeholt und sind schon in Ferienstimmung.
Als ich in der Tür des Schlafraumes erscheine, schauen zwei oder drei der Jungs auf, darunter auch Thaye. Mein Neffe strahlt über das ganze Gesicht und erhebt sich aus dem Schneidersitz. Er kommt auf mich zugelaufen und versucht mich mit seinen Ärmchen zu umfangen.
"Tante Anne! Du hier?"
"Ja, Thaye," sage ich lächelnd. "Ich habe gehört, dass dein Lehrer dich sehr lobt. Deshalb habe ich gedacht, wir machen eine Reise."
"Fliegen wir nach Hawaii?" fragt der Junge freudestrahlend.
"Nein," dämpfe ich seinen Optimismus. "Wir wollen in den Fußspuren deines Großvaters wandeln. Dazu müssen wir erst einmal mit dem Zug nach Cologne fahren und dort umsteigen."
"Mein Großvater... Das war doch Lama Kyobpa. Hat er in Allemagne gelebt, bevor er nach Hawaii kam?"
"Genauso ist es, Thaye."
*
Wir nehmen in der Herberge vor dem deutschen Kloster ein Zimmer und essen im Restaurant. Anschließend suchen wir unser Zimmer in den oberen Etagen. Thaye erobert sogleich das Obere des Etagenbettes und platziert den Drachen, den ich ihm aus Hawaii mitgebracht habe auf dem Kopfkissen. Ich nehme eine Handtasche mit geheimnisvollem Inhalt aus dem Koffer und sage zu Thaye:
"Komm, wir besuchen als erstes das Kloster!"
Wieder äußere ich dort den Wunsch, den Khenchen Lama zu sehen.
"Es ist Essenszeit," wird mir geantwortet. "Es wird etwas dauern bis er Audienzen macht."
"Ich warte gerne," erwidere ich.
In einem Nebenraum des großen Foyers lasse ich mich in den Schneidersitz nieder und sage zu Thaye:
"Komm zu mir, Thaye. Lama Rinpoche wird bald Zeit für uns haben."
Der Junge setzt sich eine Weile neben mich, dann hält es ihn aber nicht mehr an seinem Platz. Ich erlaube ihm, im Innenhof mit den hiesigen Schülern Ball zu spielen. Ich sehe durch die Tür des Besucherraums noch, wie er Gebetsmühlen dreht und dann durch die Tür zum Innenhof hinausläuft.
Vielleicht eine Viertelstunde später kommt der Gelong zu mir, der für die Besucher zuständig ist und sagt, dass Seine Heiligkeit inzwischen in seinen Privatgemächern weilt. Ich bin kurz in eine leichte Meditation versunken und erhebe mich nun.
Mit einem Riesenschreck muss ich feststellen, dass Thaye fehlt. Sofort laufe ich hinaus auf den Innenhof. Die Jugendlichen dort sagen mir, dass ein Junge, auf den meine Beschreibung passt, kurz da gewesen ist. Dann ist er aber wieder ins Gebäude zurückgegangen.
Der Gelong beruhigt mich:
"Hier im Kloster geht niemand verloren! Ich bringe Sie zu Seiner Heiligkeit und schaue mich danach nach ihrem Jungen um."
Also folge ich dem Gelong. Im Wohnraum Seiner Heiligkeit finde ich dann Thaye im Lehrgespräch über die mönchischen Tugenden mit dem Khenchen Lama. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Nachdem ich seine Heiligkeit mit einer tiefen Verbeugung begrüßt habe, wende ich mich Thaye zu:
"Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, Thaye! Du warst plötzlich verschwunden. Was hätte ich deinen Eltern sagen sollen, wenn dir ein Unglück geschehen wäre?"
Thaye erhebt sich und umarmt mich.
"Aber Tante Anne, hier bin ich im Haus meines Großvaters. Was soll mir hier schon passieren?"
Ich schüttele gequält lächelnd den Kopf, ob solcher Einfalt, die sicher seinem kindlichen Alter geschuldet ist. Seine Heiligkeit fragt nun:
"Sei gegrüßt, meine Tochter. Hast du die Gegenstände in deiner Tasche, von denen wir bei deinem letzten Besuch gesprochen haben?"
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