Mittwoch, 30. März 2022
Lama Rinpoche -04
mariant, 11:50h
Der Raum ist angefüllt mit kahlgeschorenen rotgekleideten Männern, die auf dem Boden sitzen. Sie wiegen ihre Oberkörper und lassen diesen unheimlichen Gesang ertönen, der im Kehlkopf gebildet wird, wie man mir später erklärt. An der Außenwand sitzen die beiden Mönche, die wir schon kennen. Sie haben die Augen geschlossen. Unser Führer nähert sich ihnen und lässt sich neben dem nieder, der bei uns der Wortführer gewesen ist.
Nach einiger Zeit öffnet der Mönch die Augen. Der junge Mann, der uns hier hinaufgeführt hat, verbeugt sich leicht und hebt die gefalteten Hände. Dabei sagt er etwas. Der Mönch schaut durch die offene Zimmertür auf uns und erhebt sich leise. Ohne die Anderen zu stören kommen die Beiden zu uns heraus.
"Hallo, guten Tag," grüßt uns der Mönch ehrerbietig und fragt: "Sie haben in der Zwischenzeit eine Entscheidung getroffen?"
Ich nicke lächelnd und antworte:
"Guten Tag, Herr... Tobgyel. Ja, wir möchten Nepal kennenlernen!"
Seinen Namen habe ich von der Visitenkarte abgelesen. Er nickt, freundlich lächelnd, und fragt:
"Für kurz, also einen vielleicht zweiwöchigen Urlaub oder für länger?"
"Nun," meine ich. "Wenn es uns dort gefällt vielleicht für immer. Da wäre nur die Frage der Finanzierung von Flug und Unterkunft zu klären. Ich habe nämlich nicht viel Geld."
"Okay," sagt Lama Tobgyel. "Wenn Sie alle Brücken hinter sich abbrechen wollen, müssen Sie eine eventuelle Arbeitsstelle kündigen. Ihre Wohnung sollten Sie zum Ende ihrer Kündigungsfrist ebenfalls kündigen und alles einpacken, was Ihnen wichtig ist! Achten Sie bitte darauf, dass das nicht zu viel ist! Sie brauchen in Nepal keinen kompletten Hausstand, sondern nur Erinnerungsstücke, an denen Ihr Herz hängt. Die Ausreiseformalitäten erledigen wir dann gerne. Für den Flug geben Sie einfach, was Sie als Spende erübrigen können. Den Rest zahlt das Kloster."
Ich nicke und erkläre ihm:
"Ich bin ungebunden. Meine Freundin hier bekommt die Schlüssel und kann die Wohnung in meinem Auftrag auflösen. Also könnte es in den nächsten Tagen losgehen... Dennis muss ich noch in der Schule abmelden, wenn Sie mir den Flugtag sagen können. Nepal - Sie haben in Nepal doch eine Schule, die er besuchen kann?"
Lama Tobgyel nickt und antwortet beruhigend:
"Die haben wir! Zuerst erhält Dennis Sprachunterricht. Sie können gerne ebenfalls daran teilnehmen! - Gut, dann kümmere ich mich um den Flug. Lama Dorje und ein weiterer Gelong -Mönch- werden Sie begleiten. Sie können Englisch sprechen?"
"Ja," bestätige ich.
"Dann ist jedenfalls eine Verständigung möglich!" meint er und führt seine gefalteten Hände wieder an sein Kinn.
Er nickt uns freundlich zu. Damit sind wir fürs Erste entlassen und lassen uns zum Eingang zurückführen. Unterwegs tauschen wir noch die Handynummern für das Abstimmen der nächsten Termine.
*
Als das Kloster Bahn- und Flugkarten bereit hat und damit der Reisetermin feststeht, übergebe ich Alice die Wohnungs- und Autoschlüssel, sowie das Kündigungsschreiben und eine Vollmacht, meinen alten Mitsubishi in meinem Auftrag zu verkaufen.
Am Reisetermin sind Dennis und ich, Vanessa Bäcker, sehr aufgeregt. Meine Freundin Alice bringt uns zum Bahnhof, wo wir herumspazierend nach den Mönchen Ausschau halten. Bald darauf sehe ich sie die Bahnhofshalle betreten. Wir gehen auf sie zu und begrüßen sie. Sie lächeln uns zu, neigen den Kopf und führen die gefalteten Hände an die Lippen.
Höflich wiederhole ich die Geste. Vor uns steht Lama Dorje, der bisher immer so ruhig gewesen ist. Wahrscheinlich spricht er kein Deutsch. In seiner Begleitung befindet sich ein junger Mönch aus dem Kloster in unserer Stadt. Dieser ist von Geburt Deutscher, wie ich feststellen kann.
"Ein schöner Tag zum Reisen," beginnt der junge Mönch jetzt eine Konversation.
Ich pflichte ihm bei und bin erleichtert, bei der Reise in ein fremdes Land einen Dolmetscher dabei zu haben. Das vereinfacht uns den Einstieg in dem fremden Land.
Wir fahren mit dem Zug nach Frankfurt am Main und müssen dort noch etwa zwei Stunden im Abflugbereich des Flughafens auf unser Flugzeug warten. In dieser Zeit erledigt der junge Mönch die Reiseformaltäten. Ich trage mich schon eine ganze Zeitlang mit der Frage, wer eigentlich die Reisekosten aufbringt. Lama Tobgyel hat da etwas nebulös auf meine Frage reagiert. Er wollte uns sicher nur beruhigen. So frage ich Peter, den jungen Mönch:
"Wer bezahlt eigentlich die Reisekosten? Das ist bestimmt nicht wenig Geld..."
Peter antwortet lächelnd:
"Das organisiert immer das Kloster, von dem die Reise ausgeht. Unser Kloster lebt von Spenden und dem Verkauf der Handarbeiten der Mönche. Davon werden alle Ausgaben bestritten. Natürlich auch die Reisekosten. Dafür braucht es aber die Genehmigung des Abtes. Die bekommt man nur mit triftigen Gründen."
"Das kann ich verstehen," meine ich.
Nachdem wir endlich den Flieger besteigen können und wir unsere Sitzplätze gefunden haben, startet das Flugzeug in den Abendhimmel hinein. Der Pilot zieht die Maschine am Ende der Startbahn in einem irren Winkel hoch, bis wir wohl die Reiseflughöhe erreicht haben. Dabei werden wir in die Sitze gedrückt.
Als das Flugzeug wieder in die normale Lage gekippt ist, dürfen wir die Anschnallgurte lösen. Im Bildschirm, der in die Rückenlehne vor uns eingebaut ist, sehen wir uns einen Film über die Himalayaländer an und über die Menschen, die dort leben. Darüber schlafen wir ein.
*
Nach einiger Zeit öffnet der Mönch die Augen. Der junge Mann, der uns hier hinaufgeführt hat, verbeugt sich leicht und hebt die gefalteten Hände. Dabei sagt er etwas. Der Mönch schaut durch die offene Zimmertür auf uns und erhebt sich leise. Ohne die Anderen zu stören kommen die Beiden zu uns heraus.
"Hallo, guten Tag," grüßt uns der Mönch ehrerbietig und fragt: "Sie haben in der Zwischenzeit eine Entscheidung getroffen?"
Ich nicke lächelnd und antworte:
"Guten Tag, Herr... Tobgyel. Ja, wir möchten Nepal kennenlernen!"
Seinen Namen habe ich von der Visitenkarte abgelesen. Er nickt, freundlich lächelnd, und fragt:
"Für kurz, also einen vielleicht zweiwöchigen Urlaub oder für länger?"
"Nun," meine ich. "Wenn es uns dort gefällt vielleicht für immer. Da wäre nur die Frage der Finanzierung von Flug und Unterkunft zu klären. Ich habe nämlich nicht viel Geld."
"Okay," sagt Lama Tobgyel. "Wenn Sie alle Brücken hinter sich abbrechen wollen, müssen Sie eine eventuelle Arbeitsstelle kündigen. Ihre Wohnung sollten Sie zum Ende ihrer Kündigungsfrist ebenfalls kündigen und alles einpacken, was Ihnen wichtig ist! Achten Sie bitte darauf, dass das nicht zu viel ist! Sie brauchen in Nepal keinen kompletten Hausstand, sondern nur Erinnerungsstücke, an denen Ihr Herz hängt. Die Ausreiseformalitäten erledigen wir dann gerne. Für den Flug geben Sie einfach, was Sie als Spende erübrigen können. Den Rest zahlt das Kloster."
Ich nicke und erkläre ihm:
"Ich bin ungebunden. Meine Freundin hier bekommt die Schlüssel und kann die Wohnung in meinem Auftrag auflösen. Also könnte es in den nächsten Tagen losgehen... Dennis muss ich noch in der Schule abmelden, wenn Sie mir den Flugtag sagen können. Nepal - Sie haben in Nepal doch eine Schule, die er besuchen kann?"
Lama Tobgyel nickt und antwortet beruhigend:
"Die haben wir! Zuerst erhält Dennis Sprachunterricht. Sie können gerne ebenfalls daran teilnehmen! - Gut, dann kümmere ich mich um den Flug. Lama Dorje und ein weiterer Gelong -Mönch- werden Sie begleiten. Sie können Englisch sprechen?"
"Ja," bestätige ich.
"Dann ist jedenfalls eine Verständigung möglich!" meint er und führt seine gefalteten Hände wieder an sein Kinn.
Er nickt uns freundlich zu. Damit sind wir fürs Erste entlassen und lassen uns zum Eingang zurückführen. Unterwegs tauschen wir noch die Handynummern für das Abstimmen der nächsten Termine.
*
Als das Kloster Bahn- und Flugkarten bereit hat und damit der Reisetermin feststeht, übergebe ich Alice die Wohnungs- und Autoschlüssel, sowie das Kündigungsschreiben und eine Vollmacht, meinen alten Mitsubishi in meinem Auftrag zu verkaufen.
Am Reisetermin sind Dennis und ich, Vanessa Bäcker, sehr aufgeregt. Meine Freundin Alice bringt uns zum Bahnhof, wo wir herumspazierend nach den Mönchen Ausschau halten. Bald darauf sehe ich sie die Bahnhofshalle betreten. Wir gehen auf sie zu und begrüßen sie. Sie lächeln uns zu, neigen den Kopf und führen die gefalteten Hände an die Lippen.
Höflich wiederhole ich die Geste. Vor uns steht Lama Dorje, der bisher immer so ruhig gewesen ist. Wahrscheinlich spricht er kein Deutsch. In seiner Begleitung befindet sich ein junger Mönch aus dem Kloster in unserer Stadt. Dieser ist von Geburt Deutscher, wie ich feststellen kann.
"Ein schöner Tag zum Reisen," beginnt der junge Mönch jetzt eine Konversation.
Ich pflichte ihm bei und bin erleichtert, bei der Reise in ein fremdes Land einen Dolmetscher dabei zu haben. Das vereinfacht uns den Einstieg in dem fremden Land.
Wir fahren mit dem Zug nach Frankfurt am Main und müssen dort noch etwa zwei Stunden im Abflugbereich des Flughafens auf unser Flugzeug warten. In dieser Zeit erledigt der junge Mönch die Reiseformaltäten. Ich trage mich schon eine ganze Zeitlang mit der Frage, wer eigentlich die Reisekosten aufbringt. Lama Tobgyel hat da etwas nebulös auf meine Frage reagiert. Er wollte uns sicher nur beruhigen. So frage ich Peter, den jungen Mönch:
"Wer bezahlt eigentlich die Reisekosten? Das ist bestimmt nicht wenig Geld..."
Peter antwortet lächelnd:
"Das organisiert immer das Kloster, von dem die Reise ausgeht. Unser Kloster lebt von Spenden und dem Verkauf der Handarbeiten der Mönche. Davon werden alle Ausgaben bestritten. Natürlich auch die Reisekosten. Dafür braucht es aber die Genehmigung des Abtes. Die bekommt man nur mit triftigen Gründen."
"Das kann ich verstehen," meine ich.
Nachdem wir endlich den Flieger besteigen können und wir unsere Sitzplätze gefunden haben, startet das Flugzeug in den Abendhimmel hinein. Der Pilot zieht die Maschine am Ende der Startbahn in einem irren Winkel hoch, bis wir wohl die Reiseflughöhe erreicht haben. Dabei werden wir in die Sitze gedrückt.
Als das Flugzeug wieder in die normale Lage gekippt ist, dürfen wir die Anschnallgurte lösen. Im Bildschirm, der in die Rückenlehne vor uns eingebaut ist, sehen wir uns einen Film über die Himalayaländer an und über die Menschen, die dort leben. Darüber schlafen wir ein.
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