Montag, 25. April 2022
Lama Rinpoche -30
mariant, 11:46h
Er bedankt sich, auch in Vertretung der beiden Genannten und fragt zum Abschied noch:
"Lama Rinpoche, darf ich fragen, ob Ihr bei der Hochzeit zugegen sein möchtet?"
Ich sage gerne zu.
Ungefähr ein halbes Jahr später erhalte ich schriftlich die Einladung zur Hochzeit von Seiner Eminenz Khön Gyana mit Gelongma Andrea Mann in Honolulu, Hawaii. Nun bestimme ich einen Lama, meine Vertretung zu übernehmen und buche für den angebotenen Termin einen Linienflug.
Dort angekommen werden wir alle in Gästezimmern der Schule untergebracht. Es dauert etwa einen Tag bis die Gäste vollzählig sind. Am Tag der Hochzeit fahren wir in einer Wagenkolonne zum Ala Way Community Park. Dort hat das Brautpaar ein erstes Foto-Shooting. Bunte Gebetsfahnen flattern im Wind und bilden den bunten Hintergrund in der grünen Landschaft, während das Brautpaar in Gold und Weiß gekleidet ist.
Anschließend spazieren wir gemeinsam zum Wasser hinunter. Auf dem Ala Way Canal liegt ein Motorboot bereit. Nach und nach wird die Hochzeitsgesellschaft auf die andere Kanalseite übergesetzt. Drüben, auf dem Ala Way Boulevard, steht eine Wagenkolonne bereit.
Während das Brautpaar mit dem Motorboot weiterfährt, folgen wir dem Boot auf dem Boulevard, bis das Boot anlegt. Das Brautpaar steigt nun in ein weißes, amerikanisches Caprio um. Unter Gehupe erreicht die Kolonne schließlich das Morimoto Asia Waikiki in der Kalakaua Avenue. Zuerst steigen die Verwandten des Bräutigams mit dem Bräutigam aus, damit sie die Braut und deren Verwandten im Restaurant begrüßen können, das jetzt die Funktion des Hauses des Bräutigams übernimmt, in das die Braut symbolisch einzieht.
Nachdem wir einige Minuten gewartet haben, betreten wir das Morimoto Asia und werden vom Restaurantpersonal in den Raum geleitet, indem die Zeremonie stattfinden soll. Hier herrscht bereits eine festliche Stimmung. Wunderschöne bunte Blumen stehen in Vasen, die mit Goldfolie aufgewertet worden sind. Die Wände wurden mit bunten Tüchern verkleidet. Ein fast zwei Meter hoher Buddha thront auf einem Podest.
Seine Heiligkeit Trülku Khön Sakya Trizin leitet die Zeremonie. Anne übersetzt seine Worte Satz für Satz ins Deutsche. Andrea, die Gelongma, und seine Eminenz Lama Khön Gyana bekommen vor dem goldenen Buddha von Seiner Heiligkeit die Ringe, um sie dem Partner auf den Finger zu schieben.
Anschließend treten die Gäste mit weißen Hadas -Schals- in der Hand vor. Sie legen dem Brautpaar je einen um. Danach werden die Gäste an die Tafel geleitet, wo das Brautpaar die Hochzeitstorte anschneidet und jedem ein Stück auf einem Teller reicht. Während die Gäste essen, stehen Lama Kyobpa und ich, Lama Rinpoche, nacheinander auf, um dem Brautpaar in kurzen Reden Glück für die gemeinsame Zukunft zu wünschen.
Danach startet Lama Kyobpa -Noah- die Musikanlage und bittet die Gesellschaft zum Tanz. Ich muss grinsen: Ob Noah will oder nicht, jetzt ist er dran! Seine beiden Zwillinge führen ihn nacheinander über die Tanzfläche.
Draußen ist es schon dunkel, als das Festessen serviert wird. Daher wird es gegen Mitternacht, als wir das Restaurant verlassen und die Gäste zu ihren Zimmern zurückgebracht werden.
Durch unsere seelsorgerische Arbeit in Deutschland bin ich schon eine Menge Hochzeiten gewohnt, aber jede sticht mit irgendeinem Detail aus der Menge heraus. Hier ist es natürlich die geballte Anwesenheit hoher buddhistischer Würdenträger.
Ich fliege wieder nach Deutschland zurück in dem befriedigenden Gefühl, dass hier der Grundstein zu einer weiteren Dynastie gelegt worden ist. Gyana und Andrea haben aus Liebe geheiratet und kennen Strategien, durch Gespräche Unstimmigkeiten im Lauf des Lebens zeitnah aus der Welt zu schaffen. Mein Kontakt mit Noah -Lama Kyobpa- reißt nicht ab. So bekomme ich mit, wie der Lehrkörper des Internats wächst.
Neun Jahre nach der Hochzeit melden sich sogar die ersten Ehemaligen bei Noah, um Mönch zu werden. Nun übergibt Noah die Leitung der Foundation schrittweise an Seine Eminenz. Da ist es ein Segen, dass er nun Schüler bekommt, denen er die buddhistische Philosophie, das Meditieren und Kungfu näherbringen kann.
Dann bricht die Verbindung für Jahre ab. Gut 15 Jahre nach der Hochzeit in Honolulu schlage ich nach einer Meditation meine Augen auf und sehe die Gelongma Anne mir gegenüber auf der anderen Seite meines Tisches sitzen. Ich freue mich über den Besuch und strecke ihr beide Arme über den Tisch entgegen. Sie ergreift sie beide und drückt sie lächelnd. Ich begrüße sie herzlich und zugleich neugierig:
"Sei gegrüßt, meine Schwester. Bringst du mir Neuigkeiten von Hawaii? Wie geht es Lama Kyobpa, deiner ehrenwerten Schwester und Seiner Eminenz Lama Khön Gyana?"
Sie druckst herum und bekommt Tränen in die Augen. Ich hole ein Tuch aus meiner Kesa -Mönchsgewand- und reiche es ihr. Dann seufzt sie und beginnt zu berichten:
"Der ehrwürdige Lama Kyobpa, mein geliebter Daddy, ist vor sechs Jahren heimgegangen. Er ist aus einer tagelangen tiefen Meditation nicht wieder erwacht..."
Ich lege ihr meine Hände tröstend auf die Unterarme und sage:
"Dein ehrenwerter Daddy lässt dich nicht im Stich, Anne oder Yong Tai. Er hat die Foundation vertrauensvoll in eure und die Hände Seiner Eminenz gelegt und dürfte irgendwo in deiner Nähe bleiben wollen. Habt ihr schon nach einer möglichen Wiedergeburt gesucht?"
Sie schüttelt den Kopf und erklärt mir:
"Seine Eminenz und meine verehrte Schwester hatten vor sechs Jahren Nachwuchs geplant, nachdem das Lehrerkollegium soweit angewachsen ist, dass sie in der Arbeit mit den Kindern kürzertreten können. Neun Monate nach Daddys Heimgang gebar Andrea einen süßen Jungen, dessen Patentante ich seitdem bin. Ich habe mich seither oft mit Thaye beschäftigt. Irgendwann hat er den alten Drachen entdeckt: Das Stofftier, dass Daddy in seiner Jugend Yong Tai geschenkt hat! Seitdem hat er es immer zum Einschlafen gebraucht. Letztes Jahr, als er zum ersten Mal in einem Schlafsaal mit Gleichaltrigen übernachten sollte, hat er es mir geschenkt, damit es ab jetzt 'auf mich aufpasst'. Nun bin ich mit Thaye nach Europa gekommen, weil seine Eltern entschieden haben, dass er die Klosterschule in Weiterswiller besucht. Nach den Feierlichkeiten bin ich nun zu Ihnen weitergereist, Eure Heiligkeit..."
"Du hast einen bestimmten Verdacht, meine Tochter," stelle ich fest.
Sie nickt.
"Meiner Meinung nach muss Daddy in Thaye aufgegangen sein."
"Hast du ihm einmal Dinge vorgelegt, die Lama Kyobpa gehört haben, ganz profane, wie seine Reisschale zum Beispiel?"
"Noch nicht," antwortet sie mir. "Ich will kein großes Aufhebens machen. Dass Thaye den Drachen entdeckt hat und nur mit ihm in seinem Bettchen durchschlafen konnte, ist in den Augen seiner Eltern kein Beweis. Sie wollen anscheinend keine alten Geschichten aufwühlen."
"Dir ist es aber wichtig genug, um mit dem Wissen wieder ruhig schlafen zu können. Du wärst innerlich befreit, dankbar und glücklich, wenn du in Thaye mehr als deinen Neffen sehen könntest?"
Sie lächelt mich befreit an.
"Lama Rinpoche, darf ich fragen, ob Ihr bei der Hochzeit zugegen sein möchtet?"
Ich sage gerne zu.
Ungefähr ein halbes Jahr später erhalte ich schriftlich die Einladung zur Hochzeit von Seiner Eminenz Khön Gyana mit Gelongma Andrea Mann in Honolulu, Hawaii. Nun bestimme ich einen Lama, meine Vertretung zu übernehmen und buche für den angebotenen Termin einen Linienflug.
Dort angekommen werden wir alle in Gästezimmern der Schule untergebracht. Es dauert etwa einen Tag bis die Gäste vollzählig sind. Am Tag der Hochzeit fahren wir in einer Wagenkolonne zum Ala Way Community Park. Dort hat das Brautpaar ein erstes Foto-Shooting. Bunte Gebetsfahnen flattern im Wind und bilden den bunten Hintergrund in der grünen Landschaft, während das Brautpaar in Gold und Weiß gekleidet ist.
Anschließend spazieren wir gemeinsam zum Wasser hinunter. Auf dem Ala Way Canal liegt ein Motorboot bereit. Nach und nach wird die Hochzeitsgesellschaft auf die andere Kanalseite übergesetzt. Drüben, auf dem Ala Way Boulevard, steht eine Wagenkolonne bereit.
Während das Brautpaar mit dem Motorboot weiterfährt, folgen wir dem Boot auf dem Boulevard, bis das Boot anlegt. Das Brautpaar steigt nun in ein weißes, amerikanisches Caprio um. Unter Gehupe erreicht die Kolonne schließlich das Morimoto Asia Waikiki in der Kalakaua Avenue. Zuerst steigen die Verwandten des Bräutigams mit dem Bräutigam aus, damit sie die Braut und deren Verwandten im Restaurant begrüßen können, das jetzt die Funktion des Hauses des Bräutigams übernimmt, in das die Braut symbolisch einzieht.
Nachdem wir einige Minuten gewartet haben, betreten wir das Morimoto Asia und werden vom Restaurantpersonal in den Raum geleitet, indem die Zeremonie stattfinden soll. Hier herrscht bereits eine festliche Stimmung. Wunderschöne bunte Blumen stehen in Vasen, die mit Goldfolie aufgewertet worden sind. Die Wände wurden mit bunten Tüchern verkleidet. Ein fast zwei Meter hoher Buddha thront auf einem Podest.
Seine Heiligkeit Trülku Khön Sakya Trizin leitet die Zeremonie. Anne übersetzt seine Worte Satz für Satz ins Deutsche. Andrea, die Gelongma, und seine Eminenz Lama Khön Gyana bekommen vor dem goldenen Buddha von Seiner Heiligkeit die Ringe, um sie dem Partner auf den Finger zu schieben.
Anschließend treten die Gäste mit weißen Hadas -Schals- in der Hand vor. Sie legen dem Brautpaar je einen um. Danach werden die Gäste an die Tafel geleitet, wo das Brautpaar die Hochzeitstorte anschneidet und jedem ein Stück auf einem Teller reicht. Während die Gäste essen, stehen Lama Kyobpa und ich, Lama Rinpoche, nacheinander auf, um dem Brautpaar in kurzen Reden Glück für die gemeinsame Zukunft zu wünschen.
Danach startet Lama Kyobpa -Noah- die Musikanlage und bittet die Gesellschaft zum Tanz. Ich muss grinsen: Ob Noah will oder nicht, jetzt ist er dran! Seine beiden Zwillinge führen ihn nacheinander über die Tanzfläche.
Draußen ist es schon dunkel, als das Festessen serviert wird. Daher wird es gegen Mitternacht, als wir das Restaurant verlassen und die Gäste zu ihren Zimmern zurückgebracht werden.
Durch unsere seelsorgerische Arbeit in Deutschland bin ich schon eine Menge Hochzeiten gewohnt, aber jede sticht mit irgendeinem Detail aus der Menge heraus. Hier ist es natürlich die geballte Anwesenheit hoher buddhistischer Würdenträger.
Ich fliege wieder nach Deutschland zurück in dem befriedigenden Gefühl, dass hier der Grundstein zu einer weiteren Dynastie gelegt worden ist. Gyana und Andrea haben aus Liebe geheiratet und kennen Strategien, durch Gespräche Unstimmigkeiten im Lauf des Lebens zeitnah aus der Welt zu schaffen. Mein Kontakt mit Noah -Lama Kyobpa- reißt nicht ab. So bekomme ich mit, wie der Lehrkörper des Internats wächst.
Neun Jahre nach der Hochzeit melden sich sogar die ersten Ehemaligen bei Noah, um Mönch zu werden. Nun übergibt Noah die Leitung der Foundation schrittweise an Seine Eminenz. Da ist es ein Segen, dass er nun Schüler bekommt, denen er die buddhistische Philosophie, das Meditieren und Kungfu näherbringen kann.
Dann bricht die Verbindung für Jahre ab. Gut 15 Jahre nach der Hochzeit in Honolulu schlage ich nach einer Meditation meine Augen auf und sehe die Gelongma Anne mir gegenüber auf der anderen Seite meines Tisches sitzen. Ich freue mich über den Besuch und strecke ihr beide Arme über den Tisch entgegen. Sie ergreift sie beide und drückt sie lächelnd. Ich begrüße sie herzlich und zugleich neugierig:
"Sei gegrüßt, meine Schwester. Bringst du mir Neuigkeiten von Hawaii? Wie geht es Lama Kyobpa, deiner ehrenwerten Schwester und Seiner Eminenz Lama Khön Gyana?"
Sie druckst herum und bekommt Tränen in die Augen. Ich hole ein Tuch aus meiner Kesa -Mönchsgewand- und reiche es ihr. Dann seufzt sie und beginnt zu berichten:
"Der ehrwürdige Lama Kyobpa, mein geliebter Daddy, ist vor sechs Jahren heimgegangen. Er ist aus einer tagelangen tiefen Meditation nicht wieder erwacht..."
Ich lege ihr meine Hände tröstend auf die Unterarme und sage:
"Dein ehrenwerter Daddy lässt dich nicht im Stich, Anne oder Yong Tai. Er hat die Foundation vertrauensvoll in eure und die Hände Seiner Eminenz gelegt und dürfte irgendwo in deiner Nähe bleiben wollen. Habt ihr schon nach einer möglichen Wiedergeburt gesucht?"
Sie schüttelt den Kopf und erklärt mir:
"Seine Eminenz und meine verehrte Schwester hatten vor sechs Jahren Nachwuchs geplant, nachdem das Lehrerkollegium soweit angewachsen ist, dass sie in der Arbeit mit den Kindern kürzertreten können. Neun Monate nach Daddys Heimgang gebar Andrea einen süßen Jungen, dessen Patentante ich seitdem bin. Ich habe mich seither oft mit Thaye beschäftigt. Irgendwann hat er den alten Drachen entdeckt: Das Stofftier, dass Daddy in seiner Jugend Yong Tai geschenkt hat! Seitdem hat er es immer zum Einschlafen gebraucht. Letztes Jahr, als er zum ersten Mal in einem Schlafsaal mit Gleichaltrigen übernachten sollte, hat er es mir geschenkt, damit es ab jetzt 'auf mich aufpasst'. Nun bin ich mit Thaye nach Europa gekommen, weil seine Eltern entschieden haben, dass er die Klosterschule in Weiterswiller besucht. Nach den Feierlichkeiten bin ich nun zu Ihnen weitergereist, Eure Heiligkeit..."
"Du hast einen bestimmten Verdacht, meine Tochter," stelle ich fest.
Sie nickt.
"Meiner Meinung nach muss Daddy in Thaye aufgegangen sein."
"Hast du ihm einmal Dinge vorgelegt, die Lama Kyobpa gehört haben, ganz profane, wie seine Reisschale zum Beispiel?"
"Noch nicht," antwortet sie mir. "Ich will kein großes Aufhebens machen. Dass Thaye den Drachen entdeckt hat und nur mit ihm in seinem Bettchen durchschlafen konnte, ist in den Augen seiner Eltern kein Beweis. Sie wollen anscheinend keine alten Geschichten aufwühlen."
"Dir ist es aber wichtig genug, um mit dem Wissen wieder ruhig schlafen zu können. Du wärst innerlich befreit, dankbar und glücklich, wenn du in Thaye mehr als deinen Neffen sehen könntest?"
Sie lächelt mich befreit an.
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