Dienstag, 3. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 03
mariant, 11:50h
"Niemals darfst du angreifen, Kiron! Damit ginge ja das erste Leid von dir aus. Du brauchst dich aber auch nicht töten lassen, sondern du darfst dich verteidigen. Wenn der Gegner aber übermächtig ist, und du sterben solltest... Habe keine Angst! Der Tod ist nicht das Ende. Du wirst wiedergeboren und der Kreislauf des Lebens beginnt für dich erneut. Das geschieht so oft, bis du ein Leben zu führen verstehst wie Buddha. Dann erreichst du auch das Nirwana."
"Kennst du einen Weg, der mich die Angreifer überwinden lässt, Paramapaavan -deine Heiligkeit-?"
"Warum fragst du, Kiron?"
"Ja, zum einen habe ich oft bei kindlichen Streitereien den Kürzeren gezogen. Das Gefühl der Ohnmacht sitzt tief. Zum anderen mag ich nicht so schnell sterben, wenn sich mir Bewaffnete in den Weg stellen."
"Du darfst dich nur verteidigen, Kiron. Etwas anderes ist es, wenn du eine hilflose Person antriffst, der ein Bewaffneter das Leben nehmen will. Hier musst du abwägen. Stirbt die hilflose Person, wird sie wiedergeboren. Der Tod hat seinen Schrecken verloren! Bist du dir aber sicher, die hilflose Person retten zu können, darfst du sie verteidigen."
"Und wie geht das, diese Verteidigung? Klappt das auch, wenn der andere ein Messer hat?"
"Wenn das Überraschungsmoment auf deiner Seite ist, klappt das auch, wenn der Andere bewaffnet ist. Du musst eben zuerst danach trachten, ihn zu entwaffnen, um ein Gleichgewicht herzustellen."
Meine Gegner in der Kindheit sind eigentlich nie bewaffnet gewesen. Sie sind entweder kräftiger gewesen oder flinker als ich.
Ehe ich weitere Fragen in dieser Richtung stellen kann, redet der Guru weiter:
"Die Lebensregeln der Anhänger Buddhas sind in einem achtfachen Pfad zusammengefasst. Befolgen die Menschen sie genau, so überwinden sie die Habgier und können zur wahren Erkenntnis aller Dinge gelangen. Sie führen den Menschen auf einen Mittelweg zwischen einem Leben in Luxus und einem Leben des Verzichts. Willst du allerdings ein Guru werden, sollte dir der Verzicht zur Lebensaufgabe werden."
"Der achtfache Pfad? Davon habe ich noch nie gehört. Was besagt er, Paramapaavan -deine Heiligkeit-?"
"Erstens, bemühe dich um Weisheit und verhalte dich immer richtig... Zweitens, sei gütig und friedfertig... Drittens, lüge niemals... Viertens, tue keinem Lebewesen Böses an und stehle nicht... Fünftens, schade niemandem und zerstöre die Natur nicht... Sechstens, gib dir Mühe und erfülle deine Pflichten... Siebtens, sei achtsam, denke und handele stets besonnen... Und schließlich achtens, konzentriere dich, denke nach und meditiere."
Ich höre meinem Guru -spirituellen Lehrer- zu und werde sprachlos dabei. Erst nach einer ganzen Weile antworte ich mit hängendem Kopf:
"Das sind schwierige Regeln!"
Paramapaavan -seine Heiligkeit- schaut mich von der Seite an und meint:
"Sei nicht so schnell entmutigt, Kiron! Alles braucht seine Zeit. Du bist ja auch erst seit heute mein Shishy -Schüler-. Denke dich einmal fünf oder zehn Jahre weiter! Dann hast du diese Regeln verinnerlicht und lebst sie. Menschen sind nun einmal nicht perfekt! Aber sie müssen perfekt werden wollen, dann schaffen sie vieles."
*
Nun ziehe ich schon zwei Jahre mit dem Guru über das Land. Ich bemühe mich, mein Leben nach den Regeln der Anhänger Buddhas auszurichten, die mir mein Lehrer vorlebt.
Er bringt mir den Dharma, die Lehren Buddhas, auf mündlichem Wege bei. Allmählich trage ich sie in meinem Herzen und in meinem Geist. Sie geben mir eine gewisse mentale Stärke.
Daneben hat er begonnen, mir das Dhyana - Meditieren- beizubringen. Anfangs habe ich immer gedacht, er setzt sich hin, um über irgendetwas nachzudenken. Dann hat er sich entschlossen, mich darin zu unterweisen.
Dazu soll ich mich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden setzen und die Augen schließen, damit die Einflüsse der Umwelt weitestgehend ausgeschaltet sind. Anschließend soll ich mich entspannen und beginnen, meinen Gedanken zuzuhören, als wäre nicht ich derjenige, der da denkt. Wie mein Lehrer sagt, entdecke ich oft einen Disput zwischen meiner rationalen und der emotionalen Seite. Ich lasse dann meinen Gedanken ihren freien Lauf und beobachte sie. Ich versuche, ihnen passiv zuzuhören.
Dabei merke ich, dass ich mich trotzdem in alle Gedanken irgendwie einmische. Den Einen bevorzuge ich. Einen anderen verwerfe ich. Mein Lehrer hat das als das 'kritische Bewusstsein' bezeichnet. Verschiedene Wünsche, Hoffnungen, Pläne usw. kristallisieren sich heraus und der innere Kritiker bewertet sie.
"Kennst du einen Weg, der mich die Angreifer überwinden lässt, Paramapaavan -deine Heiligkeit-?"
"Warum fragst du, Kiron?"
"Ja, zum einen habe ich oft bei kindlichen Streitereien den Kürzeren gezogen. Das Gefühl der Ohnmacht sitzt tief. Zum anderen mag ich nicht so schnell sterben, wenn sich mir Bewaffnete in den Weg stellen."
"Du darfst dich nur verteidigen, Kiron. Etwas anderes ist es, wenn du eine hilflose Person antriffst, der ein Bewaffneter das Leben nehmen will. Hier musst du abwägen. Stirbt die hilflose Person, wird sie wiedergeboren. Der Tod hat seinen Schrecken verloren! Bist du dir aber sicher, die hilflose Person retten zu können, darfst du sie verteidigen."
"Und wie geht das, diese Verteidigung? Klappt das auch, wenn der andere ein Messer hat?"
"Wenn das Überraschungsmoment auf deiner Seite ist, klappt das auch, wenn der Andere bewaffnet ist. Du musst eben zuerst danach trachten, ihn zu entwaffnen, um ein Gleichgewicht herzustellen."
Meine Gegner in der Kindheit sind eigentlich nie bewaffnet gewesen. Sie sind entweder kräftiger gewesen oder flinker als ich.
Ehe ich weitere Fragen in dieser Richtung stellen kann, redet der Guru weiter:
"Die Lebensregeln der Anhänger Buddhas sind in einem achtfachen Pfad zusammengefasst. Befolgen die Menschen sie genau, so überwinden sie die Habgier und können zur wahren Erkenntnis aller Dinge gelangen. Sie führen den Menschen auf einen Mittelweg zwischen einem Leben in Luxus und einem Leben des Verzichts. Willst du allerdings ein Guru werden, sollte dir der Verzicht zur Lebensaufgabe werden."
"Der achtfache Pfad? Davon habe ich noch nie gehört. Was besagt er, Paramapaavan -deine Heiligkeit-?"
"Erstens, bemühe dich um Weisheit und verhalte dich immer richtig... Zweitens, sei gütig und friedfertig... Drittens, lüge niemals... Viertens, tue keinem Lebewesen Böses an und stehle nicht... Fünftens, schade niemandem und zerstöre die Natur nicht... Sechstens, gib dir Mühe und erfülle deine Pflichten... Siebtens, sei achtsam, denke und handele stets besonnen... Und schließlich achtens, konzentriere dich, denke nach und meditiere."
Ich höre meinem Guru -spirituellen Lehrer- zu und werde sprachlos dabei. Erst nach einer ganzen Weile antworte ich mit hängendem Kopf:
"Das sind schwierige Regeln!"
Paramapaavan -seine Heiligkeit- schaut mich von der Seite an und meint:
"Sei nicht so schnell entmutigt, Kiron! Alles braucht seine Zeit. Du bist ja auch erst seit heute mein Shishy -Schüler-. Denke dich einmal fünf oder zehn Jahre weiter! Dann hast du diese Regeln verinnerlicht und lebst sie. Menschen sind nun einmal nicht perfekt! Aber sie müssen perfekt werden wollen, dann schaffen sie vieles."
*
Nun ziehe ich schon zwei Jahre mit dem Guru über das Land. Ich bemühe mich, mein Leben nach den Regeln der Anhänger Buddhas auszurichten, die mir mein Lehrer vorlebt.
Er bringt mir den Dharma, die Lehren Buddhas, auf mündlichem Wege bei. Allmählich trage ich sie in meinem Herzen und in meinem Geist. Sie geben mir eine gewisse mentale Stärke.
Daneben hat er begonnen, mir das Dhyana - Meditieren- beizubringen. Anfangs habe ich immer gedacht, er setzt sich hin, um über irgendetwas nachzudenken. Dann hat er sich entschlossen, mich darin zu unterweisen.
Dazu soll ich mich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden setzen und die Augen schließen, damit die Einflüsse der Umwelt weitestgehend ausgeschaltet sind. Anschließend soll ich mich entspannen und beginnen, meinen Gedanken zuzuhören, als wäre nicht ich derjenige, der da denkt. Wie mein Lehrer sagt, entdecke ich oft einen Disput zwischen meiner rationalen und der emotionalen Seite. Ich lasse dann meinen Gedanken ihren freien Lauf und beobachte sie. Ich versuche, ihnen passiv zuzuhören.
Dabei merke ich, dass ich mich trotzdem in alle Gedanken irgendwie einmische. Den Einen bevorzuge ich. Einen anderen verwerfe ich. Mein Lehrer hat das als das 'kritische Bewusstsein' bezeichnet. Verschiedene Wünsche, Hoffnungen, Pläne usw. kristallisieren sich heraus und der innere Kritiker bewertet sie.
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