Sonntag, 29. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 16
Ein Yuddh Haathee der Aggressoren mit besonderer Rüstung und geschütztem Korb wird von dessen Mahut -Elefantenführer- seitwärts vom Schlachtfeld weggelenkt. Unsere Reiterei setzt nach. Ravi schickt auch ein paar Löwenmännchen hinterher. Ich lasse den Haathee über einen Stein stolpern. Der Yuddh Haathee -Kriegselefant- fängt sich zwar mit dem Rüssel ab, aber da ist unsere Reiterei schon heran.

Nun passiert etwas Merkwürdiges. Unsere Reiterei schießt ihre Pfeile in die Luft. In diesem Korb auf dem Yuddh Haathee muss sich wohl eine Person befinden, die ebenfalls Verbindung zu Prana aufnehmen kann.

'Das muss einer der Saadhu -Mönche- sein, die im gegnerischen Königreich diese Irrlehre verbreiten,' kommt mir ein Gedanke.

Ich achte darauf, dass dieser Mann mit der Beeinflussung unserer Soldaten vollauf beschäftigt ist und stärke das Prana unserer Männer. Gleichzeitig lässt Ravi die Löwen auf den Rücken des Haathee -Elefanten- springen und in den Korb eindringen.

Kurz darauf sind unsere Soldaten wieder Herr über ihr Prana. Die feindliche Beeinflussung hat aufgehört. Ich lasse den Haathee sich hinlegen und die Soldaten nehmen einen verletzten Mann in prunkvoller Rüstung fest. Die beiden anderen Männer im Korb, der Mahut -Elefantenführer- und ein Mann in schwarzer Kesa -Mönchskleidung- mit golddurchwirkter Borte, sind von unseren Löwen zerfleischt worden.

Als unser Raaja -König- den Ort des Geschehens erreicht, wird ihm der Herrscher des feindlichen Königreichs als Kriegsbeute präsentiert. Er lässt unsere Soldaten sich sammeln und befiehlt einer kleinen Gruppe aus allen Waffengattungen den Rückmarsch zur Hauptstadt. Sobald sie im Triumphzug dort ankommen, will er dem gegnerischen Raaja die Friedensbedingungen diktieren. Die Hauptmacht unserer Streitkräfte soll unter dem Befehl seines Bruders als Oberbefehlshaber in die feindliche Hauptstadt einmarschieren und sie unter Kontrolle bringen.

*

Wir drei steigen von den Felsen herab, nachdem der Weg zu unserem Ashram frei von Soldaten ist. Ich gehe zu dem toten Yuddh Haathee -Kriegselefanten- und schaue mich im Korb um. Den feindlichen Saadhu -Mönch- zerren wir gemeinsam ins Freie. Ich nehme ihm seine Kesa ab und die geflochtene Gürtelschnur. In einer Tasche finden wir seine Reisschale. Auch seine anscheinend bewusst einfach gehaltenen Grassandalen nehme ich an mich.

Dann sammeln wir Feuerholz und verbrennen seinen Leichnam. Die Asche kehren wir zusammen und geben sie in einen Leinenbeutel. Seine Knochen vergraben wir an Ort und Stelle.

Danach machen wir uns auf den Weg in unser Ashram -Einsiedelei-. Gegen Abend erreichen wir den Fluss, der den Felsen umfließt, auf dem unser Ashram liegt. Wir schütten die Asche des feindlichen Saadhu -Mönchs- in den Fluss bei buddhistischen Gebeten.

Danach legen wir uns schlafen, denn wir wissen das bei Sonnenaufgang zwei, der hier verbliebenen Brüder, zum Fischen kommen und ein Boot vom Strand in den Fluss schieben.

So setzen wir am Morgen darauf auf die andere Flussseite über und erklettern den Felsen zu unserem Ashram. Dort erwarten wir die Fischer mit ihrer morgendlichen Beute und frühstücken danach. Dabei berichten wir unseren hiergebliebenen Brüdern vom Verlauf der Schlacht.

Die persönlichen Gegenstände des gegnerischen Saadhu -Mönches- lasse ich im nächsten Dorf vervielfältigen. Die golddurchwirkte Borte, soll der Darzi -Schneider- abtrennen und kann er als Lohn für seine Arbeit behalten, erkläre ich ihm. Die originalen Gegenstände soll er mit einer versteckten Markierung versehen. Nachdem er den Auftrag erledigt hat, segne ich sein Haus und das ganze Dorf, denn auch Drechsler, Färber, Seiler und Schuster haben an dem Auftrag mitgewirkt. Die Gegenstände hole ich zurück in unser Ashram und verwahre sie fürs Erste gut.

Amal fragt mich interessiert:
"Du willst die Wiedergeburt des Saadhu -Mönches- suchen? Was hast du vor?"

Ich bestätige ihm seine Annahme:
"Ja, Amal. Ich will dem Flusslauf gegen die Strömung folgen und die Dörfer besuchen, in denen wir den Menschen schon vor vielen Jahren von Buddha erzählt haben. Wenn ich die Stelle erreiche, an der mich der Bauer über die Mönche in der Stadt informiert hat, will ich mich über die aktuelle Lage in dem Nachbarkönigreich informieren und auch den Leuten dort von Buddha erzählen.
Nebenbei will ich nach einem kleinen Jungen Ausschau halten, der neuneinhalb Monde nach dem Todestag geboren wurde. Diesem Jungen möchte ich die Gegenstände zeigen. Wählt er die Richtigen aus, möchte ich den Jungen hier unterrichten."

"Du gehst also davon aus, dass die schwarzen Saadhu -Mönche- nicht von Grund auf böse sind."

"So ist es. Ich weiß nicht, wie sie zu ihrer Philosophie gekommen sind und was die Ursache gewesen ist - und darum werde ich vorsichtig vorgehen. Aber jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient."

"Das sehe ich auch so! Vielleicht arbeitet er sich dann näher an das Nirvana heran."

"Je nach seinem Lebenswandel. Wir verstehen uns," antworte ich lächelnd.

"Was machst du aber, wenn du in einem Dorf unterwegs angesprochen wirst? Wenn ein Junge mehr über die Regeln Buddhas erfahren will?"

"Ich möchte den Jungen keiner Gefahr aussetzen. Da wir nicht wissen, was uns im Nachbarkönigreich erwartet, wäre es gut, wenn wir uns zu zweit auf den Weg machen. Möchte ein Junge Shishy -Schüler- werden, geht mein Begleiter mit ihm hierher zurück und überlässt ihn der Obhut eines anderen Bruders hier. Anschließend kommt er wieder zu mir zurück und umgeht dabei die Dörfer, die wir bis dahin gemeinsam besucht haben. So ist er schneller wieder bei mir."

"Okay, an wen hast du denn gedacht, ehrenwerter Mahant -Klostervorsteher-?"

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