Montag, 23. September 2024
Neue Philosophie -35
Dort haben Nabuh -Weiße- vor meiner Geburt ein Loch in den Urihi gegraben, um Erde herauszunehmen. Ich verstehe das Ganze zwar noch nicht richtig. Ich weiß nur, dass ihr Verhalten unseren Göttern und Geistern frevelt. Mit Hilfe der Besucher und der Waldgeister haben die Nabuh damals schließlich aufgegeben. Nun bin ich fast 18 Jahre alt, als Papa durch die Hornisse wieder Aktivitäten der Nabuh in dem Loch feststellt. Er hat ein dünnes flaches Teil, wie ein Stück Baumrinde in die Hand genommen, darauf herumgetippt und schließlich mit einem Geist in einer fremden Sprache gesprochen.

Etwa eine Woche später habe ich zwei Hwamape -Besucher- im Wald getroffen, von denen einer so alt wie der Häuptling aussieht. Schnell habe ich mich weggeduckt und bin zum Dorf zurückgeschlichen. Hier habe ich Papa von ihrem Kommen unterrichtet. Zwei Stunden später haben sie den Zeremonienplatz in der Dorfmitte betreten. Papa, Häuptling, Schamanin und der Chef der Jäger haben sie freudig begrüßt.

Danach sind sie zum Kochfeuer des Häuptlings geführt worden. Papa holt so ein Ding herbei, auf dem man Bilder sehen kann und zeigt ihnen, was die 'Hornisse' in der letzten Zeit im und um das Loch gesehen hat. Anschließend schließen die Besucher ihre Augen und bewegen sich eine Zeitlang nicht mehr.

Als sie dann die Augen wieder öffnen ist schon Essenszeit. Während des Essens berichten sie von dem Traum, den sie hatten, während sie geschlafen haben. Sie sagen, dass sich in dem Loch ein Shabono -Dorf- der Nabuh -Weißen- befindet. Man hat alles abgebaut, was seit 20 Jahren dort steht, und neues aufgebaut. Statt eigener Waipe -Krieger-, wie damals, hat man jetzt Yanomami-Waipe angeworben, die normalerweise südlicher siedeln. Sie würden auch die Kleidung der Nabuh tragen und kennen sich zudem mit den Waffen der Nabuh aus.

Der Häuptling und der Chef der Jäger entscheiden nun, dass sie ihre Henimou -Jagdexpeditionen in der anderen Richtung abhalten, um nicht mit den feindlichen Yanomami in Kontakt zu kommen. Die Entscheidung ist weise gewesen, denn wir treffen nun keine fremden Yanomami im Wald.

So bin ich recht unbekümmert in den Urihi hinausgegangen. Ich weiß, wie man sich lautlos im Wald bewegt. Außerdem habe ich meine Waffen dabei. Kein Yanomami würde waffenlos und lärmend durch den Wald tapsen, wie das die Nabuh tun - wie mir Mama erzählt hat. Ich habe mir eine Tasche umgehangen, um für die Schamanin spezielle Pilze zu sammeln und Kräuter für Mama.

Wo die Pilze wachsen, weiß ich. Dafür muss ich zwar ein kleines Stück in Richtung des Loches gehen, aber das traue ich mir zu. Eine Weile schleiche ich so im Wald herum und pflücke, was ich brauche, als ich von einem Pfeil gestreift werde. Erschrocken richte ich mich auf. Der Pfeil ist seitlich im Unterholz verschwunden. Ich schaue auf die Stelle, die schmerzt und sehe einen roten Streifen wie ein oberflächlicher Schnitt. Dann weiß ich nichts mehr.

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