Samstag, 2. Dezember 2023
Keltische Druiden -05
Am folgenden Tag bleibt Rigani im Haus zurück. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass Drystan, der Hausherr, verletzt auf einem Krankenlager liegt. Rigani wird ihn pflegen, während wir anderen in aller Frühe aufbrechen, um meiner Familie die letzte Ehre zu erweisen.

Wir sind gegen Mittag an der Unglücksstelle angelangt und der Kian -weise Mann-, ein umherwandernder Druid -Wissender-, reinigt den Ort mit dem entsprechenden Ritual, wobei er spricht:

"Wind des Nordens, Wind des Südens,
Wind des Ostens und Wind des Westens.
Schützt mit euren Winden die Kinder des Lichts,
die zusammenkommen um ihren Ahnen zu huldigen.
Schütze uns vor allen bösen Mächten,
doch die Guten lasse herein, solange wir hier sind."

Nun baut er eine Verbindung zur Anderswelt auf, nachdem die jungen Männer ein Feuer angezündet haben. Da hinein lässt er eine Räuchermischung rieseln. Moja, die währenddessen leise geklagt hat, nimmt mich beiseite, stellt sich hinter mich und legt mir ihre Hände auf die Schultern. Als der Kian -weise Mann- nun die Arme gen Himmel hebt, seinen Stab in der rechten Hand haltend, beginnt sie laut zu klagen. Der weise Mann spricht:

"Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Kommt, denn es ist bereit.
Sprecht, denn wir sind bereit.
Wir öffnen uns, so öffnet euch.
Wir zeigen uns, so zeiget mir:
Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Wir sind euch ergeben
Zeiget euch! Öffnet euch!"

Ich fühle ein Kribbeln und meine, dass irgendetwas, ein Luftzug vielleicht, über meinen Kopf streicht. Meine lieben Eltern und Geschwister sind bei mir! Meine Mamaí -Mama- ist mir nah! Moja gibt mir einen kleinen Schubs. Ich gehe auf das Feuer zu und werfe eine Opfergabe hinein. Danach bedankt sich der Kian -weise Mann- bei den Geistern und schließt das Totenritual. Wir setzen uns und essen die mitgebrachten Speisen. Anschließend machen wir uns auf den Rückweg.

*

Ich fühle mich sehr geehrt, dass der weise Mann -Kian- mich zu seinem Chihn -Schüler- erwählt hat. Normalerweise hätte ich, Erin, auf dem Hof des Drystan arbeiten sollen bis ich im heiratsfähigen Alter bin. Danach wäre ich auf Brautschau gegangen und hätte mit der Erlaubnis des Gebietsherrn, eines Capallan -Reiter/Ritter-, den elterlichen Hof wieder aufgebaut.

Dadurch dass der Kian aus dem Stand der Druidi mich als sein Schüler auserkoren hat, kann ich im Laufe der Jahre zu einem Druid werden. Ob ich dann, wie der weise Mann als Wander-Druid zu den Olkani -Bauern- gehen werde oder in einem Dorf sesshaft werde, steht heute noch in den Sternen.

Der Kian ist etwa drei Wochen im Haus des Drystan geblieben, bis der Bauer sich auf seinem Stock fortbewegen konnte. Auch der Abszess seines Capall -Gaul- ist in der Zeit verheilt. Schon in dieser Zeit habe ich meine Augen und Ohren offengehalten. Diese Bedingung hat der weise Mann mir gestellt: Ich soll zuschauen und zuhören bei allem, was er macht, und das alles auswendig lernen.

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