Mittwoch, 1. Juni 2022
Kiron, der Sucher - 18
Zum Pratham Mantree gewandt, sage ich:
"In einem der Dörfer hat man mir gesagt, dass die schwarzen Saadhu aus dem Mandir Shahar -Stadttempel- bekehrte Dorfbewohner zu Dorfvorstehern gemacht haben, um ihre Mitmenschen zu unterdrücken. Nach dem Krieg hat man diese Leute aus den Dörfern gejagt und erfahrene Leute an deren Stelle gewählt.
Die davongejagten Leute vagabundieren jetzt durch die Gegend und nehmen sich von den Bauern zum Essen, was sie brauchen. Mit anderen Worten, sie stehlen, auch um sich zu bereichern, und töten, wer sich ihnen widersetzt.
Eine größere Gruppe dieser Leute lagert in der Nähe, um zu warten, bis die Soldaten schlafen und uns danach zu überfallen. Sie erhoffen sich eine wertvolle Beute."

"Woher hast du diese Information?" fragt der Pratham Mantree -Erster Minister- erstaunt.

"Wir sind in der Lage, während der Meditation Verbindung zu Prana aufzunehmen. So können wir sehen, was in unserer Nähe geschieht und erahnen, was die Wesen - Menschen oder auch Tiere - vorhaben.
Die Leute sind in der dreifachen Überzahl! Deine Wachen sind im offenen Kampf hilflos unterlegen. Lass sie später nach dem Kampf ausrücken und schauen, was noch zu tun ist."

"Nach welchem Kampf?" fragt der Beamte verständnislos. In seiner Stimme schwingt Furcht mit.

"Fürchte dich nicht, hoher Herr!" sage ich deswegen. "Wir haben Tiger und Löwen herbeigeführt. Einige Individuen umkreisen das Lager dieser Leute und lassen niemand entkommen. So kann auch keine Information nach außen dringen. Andere Tiere greifen in diesem Moment deren Lager von allen Seiten an."

Mich trifft ein undefinierbarer Blick des Beamten. Ich habe gegessen und schließe die Augen wieder. Kurz darauf regt sich Vinod und schlägt die Augen auf. Er sieht die volle Reisschale und das Wildbret. Sich lächelnd bedankend, beginnt er nun sein Abendessen.
Nachdem er seine Schale geleert hat und seinen Mund trockenwischt, hört man draußen das Brüllen eines Löwen. Der Beamte ist inzwischen von uns abgerückt und drückt sich an das Flechtwerk des Transportkorbes. Vinod lächelt den Mann an und beschwichtigt ihn:

"Hab keine Furcht, hoher Herr! Der Kampf ist vorbei. Lass deine Soldaten mit Fackeln in die Richtung ausrücken, aus der gerade das Brüllen des Löwen zu hören war. Sollten deine Soldaten im Dunkeln nicht den richtigen Weg zum feindlichen Lager finden, wird der Löwe noch einmal sein Brüllen hören lassen. Er wird deine Soldaten also sicher führen. Deine Soldaten haben nichts zu befürchten!"

Der Pratham Mantree -Erster Minister- ruft nun den Kommandanten der Wache herbei und lässt die Hälfte der Männer dorthin marschieren, wo der Löwe brüllt. Sie nehmen Fackeln in ihrer Linke und ihren Säbel in die rechte Hand, dann nähern sie sich vorsichtig dem Gebrüll des Löwen.

Bald erreichen sie das Lager der Vagabunden und finden etwa fünfzig Männer im hohen Gras, die allesamt Bisswunden von Raubkatzen aufweisen. Einige der Männer haben die Raubkatzen während ihrer Flucht von hinten angesprungen. Die Meisten sind aber im Sitzen überrascht worden.

Inzwischen habe auch ich wieder die Augen geöffnet. Einer der Wachmänner ist zurückgekommen und erstattet dem Stellvertreter des Raaja Bericht. Ich empfehle:

"Trotz allem sind es Menschen, wenn auch fehlgeleitete! Lasst ihnen eine Feuerbestattung zuteilwerden!"

Der Pratham Mantree -Erster Minister- nickt und gibt den Befehl, ein großes Feuer zu entzünden und die Leichen an Ort und Stelle ins Feuer zu werfen.

Während die Männer arbeiten, fragt mich der hohe Herr:

"Ohne euch wären wir jetzt alle tot. Der Mandir Shahar -Stadttempel- ist verwaist. Könntet ihr nicht dort einziehen? Dann hätte der ehrwürdige Raaja stets eine Möglichkeit in der Nähe, um Rat zu finden..."

"Wir haben unseren Ashram einige Tagereisen entfernt auf dem Gebiet des Nachbarkönigreiches. Ich kann dir diese Frage erst beantworten, wenn ich mich mit den anderen Brüdern beraten habe. Dennoch kann ich sagen, dass ich persönlich dieser Frage positiv gegenüberstehe.
Wir möchten allerdings nicht ewig hinter den Tempelmauern leben, sondern durch das Land wandern und den Menschen von Buddha erzählen. Dabei entscheiden sich immer wieder Männer dazu, Saadhu -Mönch- zu werden. So wächst die Gemeinschaft und wir verlieren uns nicht in dem prachtvollen Bauwerk!"

"Das verstehe ich," antwortet der hohe Beamte.

*

Als wir die große Stadt erreichen und zum shaanadaar ghar -prächtiges Haus- des Königs geführt werden, wird uns ein Empfang zuteil, als wären wir hohe Herren oder fremde Diplomaten. Danach führt uns der Pratham Mantree -Erste Minister- in den Thronsaal.

Der Raaja hier ist der Bruder unseres Raajas und gleichzeitig der siegreiche Heerführer des vergangenen bilateralen Krieges. Nach den Ehrenbezeigungen unsererseits berichtet der Pratham Mantree von seiner Reise, um uns zur Übernahme des Mandir Shahar -Stadttempels- einzuladen.

Er berichtet, wie er von mir erfahren hat, dass die Dorfbewohner die von den schwarzen Saadhu -Mönchen- eingesetzten 'Statthalter und Steuereintreiber' in den Dörfern davongejagt haben und dass diese Leute nun durch das Königreich vagabundieren. Sie stehlen Lebensmittel und Kleidung für den Eigengebrauch und überfallen Handelskarawanen, um mit dem erbeuteten Geld Waffen zu kaufen.

Dann kommt er zu dem nächtlichen Erlebnis. Er berichtet dem Raaja:

"Eines Abends lagerten wir wie üblich, um den Morgen abzuwarten für die Weiterreise. Die Saadhu -Mönche- meditierten. Als ein Soldat nähertrat, um dem Mahut die Speisen vom Kochfeuer zu bringen, öffnete einer der Mönche die Augen. Beim Abendessen berichtete er, dass sich in der Nähe ein Lager der Vagabunden befand. Die Verbrecher hätten sich dort gesammelt, um uns anzugreifen, wenn unser Lager schläft, und wären in der dreifachen Überzahl.
Der Saadhu erklärte mir, dass er in der tiefen Meditation mit Prana -Lebensenergie, die alles durchdringt- in Verbindung treten kann und sie ihm die Annäherung der Verbrecher gezeigt hat. Er riet mir aber, den Kommandanten unserer Wache noch nicht darüber zu informieren. Die Saadhu -Mönche- wollten es anders regeln."

"Wie - anders?" fragt Mahaamahim -seine Majestät-, der Raaja und schaut mich an.

Ich verbeuge mich lächelnd und antworte:
"Wir haben durch das Prana im weiteren Umkreis ein paar unserer tierischen Brüder erspürt. Einige streunten herum auf der Suche nach Nahrung, andere haben sich entspannt niedergelegt.
Wir haben also Verbindung mit deren Prana aufgenommen und ihnen das Lager der Vagabunden gezeigt. Sie haben die Verbrecher überfallen und niemand entkommen lassen.
Danach haben wir den Pratham Mantree -Erster Minister- informiert, dass ein Löwe durch sein Brüllen die Soldaten in die Dunkelheit führen würde."

Der Premierminister nickt und berichtet weiter:
"Der Kommandant der Wache hat die Hälfte seiner Männer mit Fackeln und Waffen ausgerüstet in die Nacht gesandt. Die Männer berichteten von dem Fund eines Lagers mit fürchterlich zugerichteten Männern. Raubtiere haben sie keine getroffen. Sie haben den Männern eine Feuerbestattung gewährt, nachdem sie die Waffen und sonstigen Wertgegenstände eingesammelt haben."

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 31. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 17
"Dieses Mal möchte ich Vinod bei mir haben," entscheide ich. "Du vertrittst mich in meiner Abwesenheit, Amal. Du bist der Erfahrenste."

Am folgenden Morgen mache ich mich mit Vinod nach dem Frühstück auf den Weg. Ungefähr zehn Dörfer weiter und sechs Wochen nach unserem Aufbruch werden wir wirklich wieder von einem Jungen angesprochen, der im Heimatdorf keine Zukunft für sich sieht. Wie vereinbart kümmert sich Bruder Vinod um ihn.

Wir trennen uns, nachdem wir das Dorf verlassen haben. Bruder Vinod wandert mit Navin -der Neue- flussabwärts zu unserem Ashram und gibt ihn dort in die Obhut unserer 'Brüder'. Danach wandert er wieder flussaufwärts und umgeht die Dörfer um mich einzuholen, da ich im Durchschnitt zwei Tage in jedem Dorf verweile, bevor ich weiterziehe. Etwa zwei Tagesmärsche dauert es auch meist, bis ich das nächste Dorf erreiche. Irgendwann nach etwa zwei Monden treffen wir wieder aufeinander und setzen unseren Weg wieder gemeinsam fort.

*

Schließlich haben wir das Dorf erreicht, wo damals viel mehr Reis erzeugt worden ist, als im Dorf verbraucht wird. Die Felder sind noch genauso ausgedehnt, wie damals. Ich trete also an einen der Feldarbeiter heran und frage ihn. Er antwortet mir:

"Ehrenwerter Herr, was wir nicht selbst verbrauchen können, kauft uns ein Händler ab, der es in der Stadt weiterverkauft. Was dort nicht verbraucht wird, senden die Händler im Auftrag des neuen Raaja in die Hauptstadt des Nachbarkönigreiches."

"Ah," mache ich und frage: "Euer Raaja -König- unterhält Handelsbeziehungen zum Raaja in der Nachbarschaft?"

"Ja," sagt er, und ergänzt: "Ich freue mich, dass die beiden Könige untereinander friedliche Beziehungen aufgenommen haben. Man munkelt, dass der frühere König und seine Familie beim letzten Krieg getötet wurden. Auch die schwarzen Saadhu -Mönche-, die im Mandir Shahar -Stadttempel- lebten, sind geflohen, um dem Tod zu entgehen."

"Kuna -Gut-," antworte ich erfreut.

"Kennst du Buddhas Geschichte und seine Lebensregeln?" frage ich ihn gleich darauf.

Er schaut mich misstrauisch an und meint:
"Ich kenne nur die Lehre, die die schwarzen Saadhu verbreitet haben. Diese erschien mir so extrem radikal, dass ich in meinem Herzen Hindu geblieben bin."

"Die Lehre dieser Mönche ist so ziemlich das genaue Gegenteil gewesen, was Buddha gelehrt hat!" stelle ich fest. "Wenn du magst und deine Arbeit dir Zeit lässt, erzähle ich dir mehr davon."

Er lässt sich im Schneidersitz unter dem Baum nieder, wo wir stehen, und wir beide setzen uns ebenfalls. Ich erzähle dem Mann von Siddhartas Lebensweg, bevor ihn die Menschen Buddha -der Erleuchtete- genannt haben. Daran schließe ich die vier Wahrheiten Dukkha, Samudaja, Nirodha und der Achtfache Pfad.

Es entwickelt sich nun eine Diskussion über diese Wahrheiten. Ich freue mich darüber, denn es zeigt mir, dass der Mann sich mit Buddhas Lehre gedanklich beschäftigt und sie mit der Lehre der schwarzen Saadhu -Mönche- vergleicht. Auch er kommt zu der Erkenntnis, dass Buddhas Lehre den Menschen guttut, im Gegensatz zu der Lehre der schwarzen Mönche.

Er bittet uns zu bleiben und allen Dorfbewohnern von Buddha zu erzählen. Gerne nehmen wir das Angebot an. Wir bleiben eine Woche in dem Ort, bevor wir uns verabschieden und zum nächsten Dorf weiterziehen.

Die Leute hier im Nachbarkönigreich sind sehr wissbegierig. Buddhas Lehre sagt ihnen mehr zu, als die Lehre der schwarzen Saadhu. Deren Lehren haben sie abgelehnt. Sie sind lieber Hindus geblieben. Dafür hat man sie unterdrückt. Das ist sogar unter Dorfbewohnern geschehen, denn irgendeinem haben die Lehren der schwarzen Saadhu -Mönche- immer zugesagt. Dessen Familie ist dann zu Dorfvorstehern eingesetzt worden. Erst nach dem verlorenen Krieg sind diese Menschen aus den Dörfern gejagt und die erfahrensten Männer wieder in dieses Amt gewählt worden.

Ein gutes Jahr nach unserer Ankunft im Nachbarkönigreich treffen hohe Würdenträger in dem Dorf ein, in dem wir uns gerade aufhalten. Wir werden in die Stadt eingeladen und sollen dem Raaja unsere Aufwartung machen.

Ich neige meinen Kopf vor dem Mann in kostbarem Gewand. Es ist der Pratham Mantree -Erster Minister? des Raaja, der mit einer kleinen Gruppe Soldaten als Wachmannschaft gereist ist.

Wir klettern auf den buntgeschmückten Haathee -Elefanten- und setzen uns zu dem Beamten in den Korb unter einen riesigen Sonnenschirm. Die Soldaten reiten neben und hinter dem Haathee her, als der Mahut dem Tier den Befehl zum Aufbruch gibt.

Wir setzen uns in Meditationshaltung mit übergeschlagenen Beinen und beginnen zu meditieren. Dabei nehmen wir Verbindung zu Prana -Lebenshauch, alles durchdringende Lebensenergie- auf und schauen uns die uns umgebenden Ströme des Prana an. Auf unserem Weg ist es Abend geworden und die Soldaten lagern. Wir sitzen weiterhin im Korb. Der Mahut bringt dem Pratham Mantree -Erster Minister? und uns das Abendessen, das die Soldaten bereitet haben. Ich gehe aus der Meditation heraus, während Vinod noch in der Meditation verweilt.

"Danke dir, mein Sohn," sage ich lächelnd zum Mahut. "Warte noch, mein Bruder isst gleich ebenfalls."

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 29. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 16
Ein Yuddh Haathee der Aggressoren mit besonderer Rüstung und geschütztem Korb wird von dessen Mahut -Elefantenführer- seitwärts vom Schlachtfeld weggelenkt. Unsere Reiterei setzt nach. Ravi schickt auch ein paar Löwenmännchen hinterher. Ich lasse den Haathee über einen Stein stolpern. Der Yuddh Haathee -Kriegselefant- fängt sich zwar mit dem Rüssel ab, aber da ist unsere Reiterei schon heran.

Nun passiert etwas Merkwürdiges. Unsere Reiterei schießt ihre Pfeile in die Luft. In diesem Korb auf dem Yuddh Haathee muss sich wohl eine Person befinden, die ebenfalls Verbindung zu Prana aufnehmen kann.

'Das muss einer der Saadhu -Mönche- sein, die im gegnerischen Königreich diese Irrlehre verbreiten,' kommt mir ein Gedanke.

Ich achte darauf, dass dieser Mann mit der Beeinflussung unserer Soldaten vollauf beschäftigt ist und stärke das Prana unserer Männer. Gleichzeitig lässt Ravi die Löwen auf den Rücken des Haathee -Elefanten- springen und in den Korb eindringen.

Kurz darauf sind unsere Soldaten wieder Herr über ihr Prana. Die feindliche Beeinflussung hat aufgehört. Ich lasse den Haathee sich hinlegen und die Soldaten nehmen einen verletzten Mann in prunkvoller Rüstung fest. Die beiden anderen Männer im Korb, der Mahut -Elefantenführer- und ein Mann in schwarzer Kesa -Mönchskleidung- mit golddurchwirkter Borte, sind von unseren Löwen zerfleischt worden.

Als unser Raaja -König- den Ort des Geschehens erreicht, wird ihm der Herrscher des feindlichen Königreichs als Kriegsbeute präsentiert. Er lässt unsere Soldaten sich sammeln und befiehlt einer kleinen Gruppe aus allen Waffengattungen den Rückmarsch zur Hauptstadt. Sobald sie im Triumphzug dort ankommen, will er dem gegnerischen Raaja die Friedensbedingungen diktieren. Die Hauptmacht unserer Streitkräfte soll unter dem Befehl seines Bruders als Oberbefehlshaber in die feindliche Hauptstadt einmarschieren und sie unter Kontrolle bringen.

*

Wir drei steigen von den Felsen herab, nachdem der Weg zu unserem Ashram frei von Soldaten ist. Ich gehe zu dem toten Yuddh Haathee -Kriegselefanten- und schaue mich im Korb um. Den feindlichen Saadhu -Mönch- zerren wir gemeinsam ins Freie. Ich nehme ihm seine Kesa ab und die geflochtene Gürtelschnur. In einer Tasche finden wir seine Reisschale. Auch seine anscheinend bewusst einfach gehaltenen Grassandalen nehme ich an mich.

Dann sammeln wir Feuerholz und verbrennen seinen Leichnam. Die Asche kehren wir zusammen und geben sie in einen Leinenbeutel. Seine Knochen vergraben wir an Ort und Stelle.

Danach machen wir uns auf den Weg in unser Ashram -Einsiedelei-. Gegen Abend erreichen wir den Fluss, der den Felsen umfließt, auf dem unser Ashram liegt. Wir schütten die Asche des feindlichen Saadhu -Mönchs- in den Fluss bei buddhistischen Gebeten.

Danach legen wir uns schlafen, denn wir wissen das bei Sonnenaufgang zwei, der hier verbliebenen Brüder, zum Fischen kommen und ein Boot vom Strand in den Fluss schieben.

So setzen wir am Morgen darauf auf die andere Flussseite über und erklettern den Felsen zu unserem Ashram. Dort erwarten wir die Fischer mit ihrer morgendlichen Beute und frühstücken danach. Dabei berichten wir unseren hiergebliebenen Brüdern vom Verlauf der Schlacht.

Die persönlichen Gegenstände des gegnerischen Saadhu -Mönches- lasse ich im nächsten Dorf vervielfältigen. Die golddurchwirkte Borte, soll der Darzi -Schneider- abtrennen und kann er als Lohn für seine Arbeit behalten, erkläre ich ihm. Die originalen Gegenstände soll er mit einer versteckten Markierung versehen. Nachdem er den Auftrag erledigt hat, segne ich sein Haus und das ganze Dorf, denn auch Drechsler, Färber, Seiler und Schuster haben an dem Auftrag mitgewirkt. Die Gegenstände hole ich zurück in unser Ashram und verwahre sie fürs Erste gut.

Amal fragt mich interessiert:
"Du willst die Wiedergeburt des Saadhu -Mönches- suchen? Was hast du vor?"

Ich bestätige ihm seine Annahme:
"Ja, Amal. Ich will dem Flusslauf gegen die Strömung folgen und die Dörfer besuchen, in denen wir den Menschen schon vor vielen Jahren von Buddha erzählt haben. Wenn ich die Stelle erreiche, an der mich der Bauer über die Mönche in der Stadt informiert hat, will ich mich über die aktuelle Lage in dem Nachbarkönigreich informieren und auch den Leuten dort von Buddha erzählen.
Nebenbei will ich nach einem kleinen Jungen Ausschau halten, der neuneinhalb Monde nach dem Todestag geboren wurde. Diesem Jungen möchte ich die Gegenstände zeigen. Wählt er die Richtigen aus, möchte ich den Jungen hier unterrichten."

"Du gehst also davon aus, dass die schwarzen Saadhu -Mönche- nicht von Grund auf böse sind."

"So ist es. Ich weiß nicht, wie sie zu ihrer Philosophie gekommen sind und was die Ursache gewesen ist - und darum werde ich vorsichtig vorgehen. Aber jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient."

"Das sehe ich auch so! Vielleicht arbeitet er sich dann näher an das Nirvana heran."

"Je nach seinem Lebenswandel. Wir verstehen uns," antworte ich lächelnd.

"Was machst du aber, wenn du in einem Dorf unterwegs angesprochen wirst? Wenn ein Junge mehr über die Regeln Buddhas erfahren will?"

"Ich möchte den Jungen keiner Gefahr aussetzen. Da wir nicht wissen, was uns im Nachbarkönigreich erwartet, wäre es gut, wenn wir uns zu zweit auf den Weg machen. Möchte ein Junge Shishy -Schüler- werden, geht mein Begleiter mit ihm hierher zurück und überlässt ihn der Obhut eines anderen Bruders hier. Anschließend kommt er wieder zu mir zurück und umgeht dabei die Dörfer, die wir bis dahin gemeinsam besucht haben. So ist er schneller wieder bei mir."

"Okay, an wen hast du denn gedacht, ehrenwerter Mahant -Klostervorsteher-?"

... link (0 Kommentare)   ... comment