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Freitag, 27. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 15
mariant, 11:35h
"Sie setzen auf Habgier und Egoismus," setze ich hinzu. "Das kann man nicht akzeptieren. Wir müssen zumindest versuchen sie zu stoppen, bevor sie auch die Menschen versklaven, die uns lieb sind."
"Sollten wir uns nicht besser still verhalten? Vielleicht übersehen sie uns ja bei ihrem Vormarsch!"
"Bedenke, dass wir den Menschen Gutes tun müssen, wenn wir Buddhas Auftrag ernstnehmen wollen. Da können wir uns nicht einfach angstvoll wegducken! Außerdem ist Angst eine der Türen zu Habgier und Egoismus! Stattdessen müssen wir uns dem Aggressor stellen.
Sicher wird unser Raaja -König- bald von seinen Spionen informiert werden und ihnen mit einer großen Armee entgegentreten. Aber er kennt ihre Denk- und Handlungsweise nicht. Der Feind kennt keine Skrupel."
"Wir hier in der Runde sind zu wenige! Wie sollen wir etwas ausrichten können?"
"Höre, Bruder: Mein Plan sieht vor, dass Amal vorübergehend der Mahant -Klostervorsteher- wird. Ich werde gemeinsam mit den Brüdern Ravi -Sonne- und Vinod -Freude- weiter nach Norden wandern. Dort werden wir meditieren, uns miteinander und mit Prana verbinden und deren Schlachtordnung durcheinanderbringen."
Die beiden genannten Brüder sind mit mir die Einzigen unter uns, die es schaffen in der Meditation Verbindung zu Prana aufzunehmen.
"Und was sollen wir anderen machen?" fragt Amal.
"Ihr könnt zweierlei tun," antworte ich ihm und lächele ihm zuversichtlich zu. "Geht zu den Menschen in den umliegenden Dörfern und sagt ihnen, sie sollen sich in den Wäldern verstecken, um ihre Familien zu schützen. Anschließend kehrt hierher zurück und versenkt euch in tiefer Meditation. Unterstützt uns in der Meditation. Denkt immer daran: Sollten wir bei dem Unternehmen sterben, sucht bei den Familien in den umliegenden Dörfern in einigen Jahren nach unseren Wiedergeburten."
Amal hebt die gefalteten Hände an seine Lippen. Die anderen Brüder tun es ihm gleich. Also ist es so beschlossen. Am nächsten Morgen nehmen wir einen Vorrat an Lebensmitteln mit und verlassen den Ashram in Richtung Norden.
Am Mittag des zweiten Tages haben wir eine Ansammlung von Karstfelsen erreicht. Jeder von uns Dreien erklettert einen anderen Felsen und lässt sich auf der Spitze in Meditationshaltung nieder.
Auf unserer Wanderung habe ich mit meinen Mitbrüdern grob besprochen, was ich vorhabe:
"Ich möchte die Raubtiere und Haathee -Elefanten- aus dem Wald in der Nähe unseres Ashrams herauslocken. Dadurch sind unsere Brüder und Schwestern aus den Dörfern dort relativ sicher. Wir führen die Tiere ebenfalls nach Norden. Sie sollen aber im Grasland bleiben, das wir gerade durchwandern. Hier sollen sie auf die feindliche Armee warten. Die Tiger sollen die feindlichen Yuddh Haathee -Kriegselefanten- nervös machen. Wenn diese sich auf die Hinterbeine stellen, können sich die Soldaten auf ihrem Rücken nicht halten.
Die Schlachtlinien der Fußtruppen können von heranstürmenden Haathee so gestört werden, dass die Feinde vielleicht dadurch schon ihr Heil in der Flucht sehen. Gelingt es dem feindlichen Heerführer wirklich seine Mannen zu sammeln, sind hoffentlich die Soldaten unseres Raaja bald da."
"Außer Fußtruppen und Yuddh Haathee -Kriegselefanten-, dürften auch gepanzerte Reiter in der feindlichen Truppe sein," gibt Ravi zu bedenken.
"Hier leben auch Löwen, mein Bruder! Wenn wir ihr Prana entdecken, zeigen wir ihnen die feindlichen Reiter."
Er nickt. Wir bereiten uns seelisch auf unsere selbstgestellte Aufgabe vor. Als wir die Felsen erreichen, erklettert jeder von uns einen anderen und setzt sich in Deckung in die Meditationsstellung. Wir beginnen zu meditieren und nehmen nach einer gewissen Zeit Verbindung zu Prana auf.
Nun beobachten wir die vielen Strömungen des Prana und locken zuerst die Tiere aus dem Wald. Sie durchqueren den Fluss und verteilen sich danach im Grasland, wo die feindliche Armee durchziehen wird.
Wir halten ebenso Ausschau nach dem Prana der Armee unseres Raaja. Leider ist sie noch weit entfernt. Ihr Marschtempo ist auch nicht so, wie das des Aggressors, der wild entschlossen scheint.
Als die Armee des Aggressors fast die gedachte Linie zwischen uns und unserem Ashram erreicht hat, gebe ich den Tigern ihr Startsignal. Sie springen die Yuddh Haathee -Kriegselefanten- an. Diese werden unruhig und steigen auf ihre Hinterbeine. Die Männer auf ihren Rücken können ihre Bögen nicht einsetzen, da sie krampfhaft versuchen sich festzuhalten. Viele Männer stürzen aus den gepanzerten Körben und laufen zu den Fußsoldaten.
Ravi zeigt den im hohen Gras verborgenen Löwen die gepanzerten Reiter. Sie pirschen sich näher heran und springen den Pferden auf den Rücken, um die Reiter von ihren Rössern zu holen. Die Pferde geraten in Panik und gehen in einer Massenpanik durch. Damit laufen sie gegen die Truppen unseres Raaja -Königs-. Jetzt versucht er deren Prana so zu beeinflussen, dass sie den verängstigten Kriegsrössern eine Gasse freimachen, damit vor allem die Fußsoldaten nicht überrannt werden.
Nun schickt Vinod die Haathee in schnellem Lauf gegen die Fußtruppen des feindlichen Raaja. Sie sehen mit schreckgeweiteten Augen die riesigen Tiere auf sich zukommen und stieben auseinander. Bald darauf befindet sich die feindliche Truppe auf der Flucht.
Die Soldaten unseres Raaja -Königs- haben endlich ihr gemäßigtes Tempo aufgegeben. Die Reiter und die Yuddh Haathee -Kriegselefanten- nähern sich im Galopp. Wir nehmen wieder Verbindung mit dem Prana der Wildtiere auf und leiten die Überlebenden vom Schlachtfeld weg. Die Soldaten unseres Raaja erledigen den Rest. Dabei verlieren die feindlichen Offiziere bis hinauf zum König ihr Leben, auch weil sie so aggressiv streiten, dass bisweilen fünf unserer Soldaten gegen einen der Feinde antreten müssen.
"Sollten wir uns nicht besser still verhalten? Vielleicht übersehen sie uns ja bei ihrem Vormarsch!"
"Bedenke, dass wir den Menschen Gutes tun müssen, wenn wir Buddhas Auftrag ernstnehmen wollen. Da können wir uns nicht einfach angstvoll wegducken! Außerdem ist Angst eine der Türen zu Habgier und Egoismus! Stattdessen müssen wir uns dem Aggressor stellen.
Sicher wird unser Raaja -König- bald von seinen Spionen informiert werden und ihnen mit einer großen Armee entgegentreten. Aber er kennt ihre Denk- und Handlungsweise nicht. Der Feind kennt keine Skrupel."
"Wir hier in der Runde sind zu wenige! Wie sollen wir etwas ausrichten können?"
"Höre, Bruder: Mein Plan sieht vor, dass Amal vorübergehend der Mahant -Klostervorsteher- wird. Ich werde gemeinsam mit den Brüdern Ravi -Sonne- und Vinod -Freude- weiter nach Norden wandern. Dort werden wir meditieren, uns miteinander und mit Prana verbinden und deren Schlachtordnung durcheinanderbringen."
Die beiden genannten Brüder sind mit mir die Einzigen unter uns, die es schaffen in der Meditation Verbindung zu Prana aufzunehmen.
"Und was sollen wir anderen machen?" fragt Amal.
"Ihr könnt zweierlei tun," antworte ich ihm und lächele ihm zuversichtlich zu. "Geht zu den Menschen in den umliegenden Dörfern und sagt ihnen, sie sollen sich in den Wäldern verstecken, um ihre Familien zu schützen. Anschließend kehrt hierher zurück und versenkt euch in tiefer Meditation. Unterstützt uns in der Meditation. Denkt immer daran: Sollten wir bei dem Unternehmen sterben, sucht bei den Familien in den umliegenden Dörfern in einigen Jahren nach unseren Wiedergeburten."
Amal hebt die gefalteten Hände an seine Lippen. Die anderen Brüder tun es ihm gleich. Also ist es so beschlossen. Am nächsten Morgen nehmen wir einen Vorrat an Lebensmitteln mit und verlassen den Ashram in Richtung Norden.
Am Mittag des zweiten Tages haben wir eine Ansammlung von Karstfelsen erreicht. Jeder von uns Dreien erklettert einen anderen Felsen und lässt sich auf der Spitze in Meditationshaltung nieder.
Auf unserer Wanderung habe ich mit meinen Mitbrüdern grob besprochen, was ich vorhabe:
"Ich möchte die Raubtiere und Haathee -Elefanten- aus dem Wald in der Nähe unseres Ashrams herauslocken. Dadurch sind unsere Brüder und Schwestern aus den Dörfern dort relativ sicher. Wir führen die Tiere ebenfalls nach Norden. Sie sollen aber im Grasland bleiben, das wir gerade durchwandern. Hier sollen sie auf die feindliche Armee warten. Die Tiger sollen die feindlichen Yuddh Haathee -Kriegselefanten- nervös machen. Wenn diese sich auf die Hinterbeine stellen, können sich die Soldaten auf ihrem Rücken nicht halten.
Die Schlachtlinien der Fußtruppen können von heranstürmenden Haathee so gestört werden, dass die Feinde vielleicht dadurch schon ihr Heil in der Flucht sehen. Gelingt es dem feindlichen Heerführer wirklich seine Mannen zu sammeln, sind hoffentlich die Soldaten unseres Raaja bald da."
"Außer Fußtruppen und Yuddh Haathee -Kriegselefanten-, dürften auch gepanzerte Reiter in der feindlichen Truppe sein," gibt Ravi zu bedenken.
"Hier leben auch Löwen, mein Bruder! Wenn wir ihr Prana entdecken, zeigen wir ihnen die feindlichen Reiter."
Er nickt. Wir bereiten uns seelisch auf unsere selbstgestellte Aufgabe vor. Als wir die Felsen erreichen, erklettert jeder von uns einen anderen und setzt sich in Deckung in die Meditationsstellung. Wir beginnen zu meditieren und nehmen nach einer gewissen Zeit Verbindung zu Prana auf.
Nun beobachten wir die vielen Strömungen des Prana und locken zuerst die Tiere aus dem Wald. Sie durchqueren den Fluss und verteilen sich danach im Grasland, wo die feindliche Armee durchziehen wird.
Wir halten ebenso Ausschau nach dem Prana der Armee unseres Raaja. Leider ist sie noch weit entfernt. Ihr Marschtempo ist auch nicht so, wie das des Aggressors, der wild entschlossen scheint.
Als die Armee des Aggressors fast die gedachte Linie zwischen uns und unserem Ashram erreicht hat, gebe ich den Tigern ihr Startsignal. Sie springen die Yuddh Haathee -Kriegselefanten- an. Diese werden unruhig und steigen auf ihre Hinterbeine. Die Männer auf ihren Rücken können ihre Bögen nicht einsetzen, da sie krampfhaft versuchen sich festzuhalten. Viele Männer stürzen aus den gepanzerten Körben und laufen zu den Fußsoldaten.
Ravi zeigt den im hohen Gras verborgenen Löwen die gepanzerten Reiter. Sie pirschen sich näher heran und springen den Pferden auf den Rücken, um die Reiter von ihren Rössern zu holen. Die Pferde geraten in Panik und gehen in einer Massenpanik durch. Damit laufen sie gegen die Truppen unseres Raaja -Königs-. Jetzt versucht er deren Prana so zu beeinflussen, dass sie den verängstigten Kriegsrössern eine Gasse freimachen, damit vor allem die Fußsoldaten nicht überrannt werden.
Nun schickt Vinod die Haathee in schnellem Lauf gegen die Fußtruppen des feindlichen Raaja. Sie sehen mit schreckgeweiteten Augen die riesigen Tiere auf sich zukommen und stieben auseinander. Bald darauf befindet sich die feindliche Truppe auf der Flucht.
Die Soldaten unseres Raaja -Königs- haben endlich ihr gemäßigtes Tempo aufgegeben. Die Reiter und die Yuddh Haathee -Kriegselefanten- nähern sich im Galopp. Wir nehmen wieder Verbindung mit dem Prana der Wildtiere auf und leiten die Überlebenden vom Schlachtfeld weg. Die Soldaten unseres Raaja erledigen den Rest. Dabei verlieren die feindlichen Offiziere bis hinauf zum König ihr Leben, auch weil sie so aggressiv streiten, dass bisweilen fünf unserer Soldaten gegen einen der Feinde antreten müssen.
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Mittwoch, 25. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 14
mariant, 11:27h
Die Frau hat ihm aufmerksam zugehört. Nun wendet sie sich wieder mir zu:
"Bitte, setz dich, Paramapaavan -deine Heiligkeit-. Meine liebe Tochter wird den ehrenwerten Vater informieren."
Dann wendet sie sich zu der jungen Frau um, die stellvertretend für ihre Mutter auf das Essen auf der Kochstelle geachtet hat:
"Manju, läufst du zu aadaraneey Pita -ehrenwerter Papa- und führst ihn nachhause?"
Die junge Frau erhebt sich und verbeugt sich vor mir. Dann tritt sie vor die Hütte und ist im nächsten Moment verschwunden. Die Mutter des Jungen entschuldigt sich und nimmt ihren Platz an der Kochstelle wieder ein.
Bis der Vater nachhause kommt, füllt der Junge meine Teeschale immer wieder nach.
Etwa eine halbe Stunde später betritt die junge Frau in Begleitung eines älteren Mannes die Hütte. Er lässt sich lächelnd mir gegenüber nieder. Der Junge schenkt auch ihm eine Schale Tee aus.
"Dein aufgeweckter Sohn hat mir einen Wunsch geoffenbart, den er gerne seinem Vater vortragen möchte," eröffne ich das Gespräch. Der Junge wiederholt, was er schon zu seiner Mutter gesagt hat.
Der Mann erwidert daraufhin lächelnd:
"Was macht Paramapaavan -seine Heiligkeit- so sicher, dass mein lieber Sohn, Ravi -Sonne-, ein geeigneter Shishy -Schüler- für dich sein könnte? Wir sind doch Anhänger von Krishna!"
Ich lächele den Mann an und antworte ihm:
"Auch der seelige Buddha ist in einer Hindu-Familie aufgewachsen. Ob ein Mensch im Laufe seines Lebens ein Guru werden kann, liegt also nicht an seiner Herkunft, sondern an seinen Werken im Laufe seines Lebens."
"Und Paramapaavan -seine Heiligkeit- nimmt an, dass mein Sohn dafür der Richtige wäre?"
"Er hat sein Interesse bekundet. Wer bin ich, ihm den Weg zu verbauen? Ob er der Richtige dafür ist, erkennt man erst mit der Zeit. Auch zeigt mir sein ehrliches Interesse, dass in ihm eine gute Seele wirkt!"
"Dann will ich meinem lieben Sohn auch keine Steine in den Weg legen!" entscheidet der Mann.
Die ältere Frau kommt jetzt mit einem Topf von der Kochstelle und füllt die Reisschale des Hausherrn. Anschließend erhalten wir alle von dem Reisgericht, das sie gekocht hat.
Nach dem Essen segne ich das Haus und seine Bewohner. Danach verlasse ich mit dem Jungen sein Elternhaus. Auf dem Weg aus dem Dorf, sage ich zu ihm:
"Ravi, wir verlassen nun deine Heimat. Vielleicht führt dich dein Schicksal irgendwann wieder hierher, aber für jetzt solltest du dich noch einmal umsehen! Es wird für lange Zeit das letzte Mal sein."
Mein alter Guru hat die gleichen Worte an mich gerichtet, als wir mein Heimatdorf verlassen haben. Bis jetzt hat mich mein Lebensweg noch nicht wieder zurückgeführt.
Ravi schaut zu mir auf. Ich nicke ihm aufmunternd zu, also dreht er sich noch einmal um und nimmt die bekannten Eindrücke ein letztes Mal in sich auf. Danach folgt er mir auf meinem Weg aus dem Dorf.
Während wir nebeneinander hergehen, spreche ich ihn an:
"Ravi, sei achtsam in deinem Leben. Hetze nicht, sondern nimm dir Zeit, damit du die Schönheit des Lebens in dich aufnehmen kannst. Schau einmal hier am Wegesrand! Der Löwenzahn möchte sich fortpflanzen. Er hat diese wunderschönen Samen gebildet, die kugelförmig angeordnet sind und nur auf einen Windstoß warten. Man verpasst unendlich viel, wenn man nicht achtsam im Leben ist. Man verpasst dann so viel im Leben, ohne wertvolle und kostbare Gelegenheiten zu erblicken und zu genießen."
Getreu dem Motto 'Der Weg ist das Ziel', haben wir es nicht eilig. Wir lassen die Natur auf uns einwirken, während ich beginne Ravi zu unterweisen. So gehen wir von Dorf zu Dorf auf dem Weg zurück zu unserem Ashram. Wir haben uns auf die andere Flussseite übersetzen lassen, denn dort gibt es auch Dörfer, die wie an einer Perlenkette am Fluss liegen. Auch diesen Menschen will ich Buddha nahebringen.
*
Fünf Jahre später ist unser Ashram auf acht Saadhu -Mönche- angewachsen. Drei von uns haben Zugang zu Prana -alles durchdringender Lebenshauch-. Dadurch, dass wir den jungen Saadhu aus den Dörfern in der Nähe Ausgang gewähren, wenn sie ein familiäres Fest besuchen wollen, erfahre ich von einem Kriegszug des Raaja -Königs- aus dem Nordosten. Flüsternd wird von Gerüchten erzählt, dass er mit einer großen Streitmacht, zu der auch Yuuth Haathee -Kriegselefanten- gehören, nach Südwesten, also in unsere Richtung unterwegs ist.
Ich versammele alle Saadhu- Mönche- meines Ashrams und bespreche mit ihnen die Lage. Außer mir kennt nur noch Amal diese Leute. Er ist damals dabei gewesen, als ich den Bauer auf dem Feld danach gefragt habe, wohin die stattliche Ernte gesandt wird. Darum lasse ich Amal von der Begegnung berichten.
Als er von den Mönchen berichtet, die dort eine völlig gegensätzliche Geisteshaltung verbreiten, stockt meinen Mitbrüdern der Atem.
"Der Bauer hat ihre Lebensregeln damals so beschrieben: Kümmere dich um Deine Stärke, denn Stärke ist Macht. Die Schwachen verdienen ihr Schicksal. Sie brauchen Dich nicht!
Lebe mit Leidenschaft, denn so erringst du Siege. Lass' dich dabei vom Zorn leiten, denn Zorn erzeugt Aggressivität.
Stelle deinen Feinden Fragen nach ihrer Stärke, ihrer größten Angst und was sie sehr schätzen. Damit erhältst du die Informationen, wie du deine Feinde schlagen kannst. Zum Schluss frage sie, worum sie dich am Meisten bitten, so wirst du wissen, wie du sie auf ewig unterdrücken kannst."
"Bitte, setz dich, Paramapaavan -deine Heiligkeit-. Meine liebe Tochter wird den ehrenwerten Vater informieren."
Dann wendet sie sich zu der jungen Frau um, die stellvertretend für ihre Mutter auf das Essen auf der Kochstelle geachtet hat:
"Manju, läufst du zu aadaraneey Pita -ehrenwerter Papa- und führst ihn nachhause?"
Die junge Frau erhebt sich und verbeugt sich vor mir. Dann tritt sie vor die Hütte und ist im nächsten Moment verschwunden. Die Mutter des Jungen entschuldigt sich und nimmt ihren Platz an der Kochstelle wieder ein.
Bis der Vater nachhause kommt, füllt der Junge meine Teeschale immer wieder nach.
Etwa eine halbe Stunde später betritt die junge Frau in Begleitung eines älteren Mannes die Hütte. Er lässt sich lächelnd mir gegenüber nieder. Der Junge schenkt auch ihm eine Schale Tee aus.
"Dein aufgeweckter Sohn hat mir einen Wunsch geoffenbart, den er gerne seinem Vater vortragen möchte," eröffne ich das Gespräch. Der Junge wiederholt, was er schon zu seiner Mutter gesagt hat.
Der Mann erwidert daraufhin lächelnd:
"Was macht Paramapaavan -seine Heiligkeit- so sicher, dass mein lieber Sohn, Ravi -Sonne-, ein geeigneter Shishy -Schüler- für dich sein könnte? Wir sind doch Anhänger von Krishna!"
Ich lächele den Mann an und antworte ihm:
"Auch der seelige Buddha ist in einer Hindu-Familie aufgewachsen. Ob ein Mensch im Laufe seines Lebens ein Guru werden kann, liegt also nicht an seiner Herkunft, sondern an seinen Werken im Laufe seines Lebens."
"Und Paramapaavan -seine Heiligkeit- nimmt an, dass mein Sohn dafür der Richtige wäre?"
"Er hat sein Interesse bekundet. Wer bin ich, ihm den Weg zu verbauen? Ob er der Richtige dafür ist, erkennt man erst mit der Zeit. Auch zeigt mir sein ehrliches Interesse, dass in ihm eine gute Seele wirkt!"
"Dann will ich meinem lieben Sohn auch keine Steine in den Weg legen!" entscheidet der Mann.
Die ältere Frau kommt jetzt mit einem Topf von der Kochstelle und füllt die Reisschale des Hausherrn. Anschließend erhalten wir alle von dem Reisgericht, das sie gekocht hat.
Nach dem Essen segne ich das Haus und seine Bewohner. Danach verlasse ich mit dem Jungen sein Elternhaus. Auf dem Weg aus dem Dorf, sage ich zu ihm:
"Ravi, wir verlassen nun deine Heimat. Vielleicht führt dich dein Schicksal irgendwann wieder hierher, aber für jetzt solltest du dich noch einmal umsehen! Es wird für lange Zeit das letzte Mal sein."
Mein alter Guru hat die gleichen Worte an mich gerichtet, als wir mein Heimatdorf verlassen haben. Bis jetzt hat mich mein Lebensweg noch nicht wieder zurückgeführt.
Ravi schaut zu mir auf. Ich nicke ihm aufmunternd zu, also dreht er sich noch einmal um und nimmt die bekannten Eindrücke ein letztes Mal in sich auf. Danach folgt er mir auf meinem Weg aus dem Dorf.
Während wir nebeneinander hergehen, spreche ich ihn an:
"Ravi, sei achtsam in deinem Leben. Hetze nicht, sondern nimm dir Zeit, damit du die Schönheit des Lebens in dich aufnehmen kannst. Schau einmal hier am Wegesrand! Der Löwenzahn möchte sich fortpflanzen. Er hat diese wunderschönen Samen gebildet, die kugelförmig angeordnet sind und nur auf einen Windstoß warten. Man verpasst unendlich viel, wenn man nicht achtsam im Leben ist. Man verpasst dann so viel im Leben, ohne wertvolle und kostbare Gelegenheiten zu erblicken und zu genießen."
Getreu dem Motto 'Der Weg ist das Ziel', haben wir es nicht eilig. Wir lassen die Natur auf uns einwirken, während ich beginne Ravi zu unterweisen. So gehen wir von Dorf zu Dorf auf dem Weg zurück zu unserem Ashram. Wir haben uns auf die andere Flussseite übersetzen lassen, denn dort gibt es auch Dörfer, die wie an einer Perlenkette am Fluss liegen. Auch diesen Menschen will ich Buddha nahebringen.
*
Fünf Jahre später ist unser Ashram auf acht Saadhu -Mönche- angewachsen. Drei von uns haben Zugang zu Prana -alles durchdringender Lebenshauch-. Dadurch, dass wir den jungen Saadhu aus den Dörfern in der Nähe Ausgang gewähren, wenn sie ein familiäres Fest besuchen wollen, erfahre ich von einem Kriegszug des Raaja -Königs- aus dem Nordosten. Flüsternd wird von Gerüchten erzählt, dass er mit einer großen Streitmacht, zu der auch Yuuth Haathee -Kriegselefanten- gehören, nach Südwesten, also in unsere Richtung unterwegs ist.
Ich versammele alle Saadhu- Mönche- meines Ashrams und bespreche mit ihnen die Lage. Außer mir kennt nur noch Amal diese Leute. Er ist damals dabei gewesen, als ich den Bauer auf dem Feld danach gefragt habe, wohin die stattliche Ernte gesandt wird. Darum lasse ich Amal von der Begegnung berichten.
Als er von den Mönchen berichtet, die dort eine völlig gegensätzliche Geisteshaltung verbreiten, stockt meinen Mitbrüdern der Atem.
"Der Bauer hat ihre Lebensregeln damals so beschrieben: Kümmere dich um Deine Stärke, denn Stärke ist Macht. Die Schwachen verdienen ihr Schicksal. Sie brauchen Dich nicht!
Lebe mit Leidenschaft, denn so erringst du Siege. Lass' dich dabei vom Zorn leiten, denn Zorn erzeugt Aggressivität.
Stelle deinen Feinden Fragen nach ihrer Stärke, ihrer größten Angst und was sie sehr schätzen. Damit erhältst du die Informationen, wie du deine Feinde schlagen kannst. Zum Schluss frage sie, worum sie dich am Meisten bitten, so wirst du wissen, wie du sie auf ewig unterdrücken kannst."
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Montag, 23. Mai 2022
Kiron, der Sucher - 13
mariant, 21:27h
Die Früchte des Waldes werden uns kurze Zeit ernähren können. Wir werden aber ein Reisfeld am Flussufer anlegen müssen, wenn wir dauerhaft hier leben wollen. Mit viel Mühe schleppen wir einige dünne Stämme den Felsen hinauf und bilden damit den Rahmen einer großen Hütte. Dazwischen setzen wir Wände aus geflochtenen Zweigen. Das Dach besteht im Unterbau aus dem gleichen Flechtwerk. Darüber legen wir Schilfbündel in zwei Lagen übereinander und stecken sie mit biegsamen Zweigen aus der Waldinsel fest.
Mit unseren Händen graben wir neben dem Fluss den Ufersand weg und schichten ihn zu einem Wall gegen das Wasser auf, für den wir auch Steine in der Umgebung sammeln. Schlamm lässt das Bauwerk in der Sonne fest werden. Wir halten den Boden des Feldes feucht durch ein kleines Rinnsal, das wir vom Fluss hereinführen.
Danach wandern wir zum nächsten Dorf flussaufwärts, das wir in zwei Tagen erreichen. Dort erzählen wir den Leuten von Buddha, wie schon in unzähligen anderen Dörfern vorher. Hier erbitten wir uns aber zusätzlich eine kleine Menge Reis. 'Zuhause' angekommen, stecken wir die Körner in Reihen in den Schlamm unseres Feldes. Da Amals Vater einmal Flussfischer gewesen ist, hat er die Aufgabe übernommen, während des Baues zu Fischen.
Nachdem wir soweit sind, weitere Mitglieder in unser Ashram -Einsiedelei- aufzunehmen, wandern wir in verschiedene Richtungen, um den Menschen Buddha nahe zu bringen. Amal habe ich zum Guru -spirituellen Lehrer- ernannt und ich bezeichne mich intern als Mahant -Klostervorsteher-. Für die Menschen, die wir besuchen, bin ich weiterhin ein Guru.
Etwa ein Monat bin ich unterwegs und muss allmählich daran denken zu unserem Ashram zurückzukehren, auch um das Reisfeld zu fluten und damit die Pflanzen zum Ausbilden ihrer Samenstände anzuregen. Nachdem das Wasser wieder abgelassen worden ist, können wir den Reis ernten.
Ein junger Hindu spricht mich in einem Dorf darauf an, mehr über Buddhas Lehre zu erfahren.
"Du möchtest mein Shishy -Schüler- werden?" frage ich freundlich lächelnd zurück.
"Ja, Paramapaavan -deine Heiligkeit-," antwortet er, mich erwartungsvoll anschauend.
"Ob deine Eltern damit einverstanden sind?" frage ich zurück.
"Unser Land kann keine weitere Familie ernähren, ehrenwerter Lehrer," meint er. "Wenn ich mir in ein paar Jahren eine Frau erwählen würde, bräuchte ich ein Stück Land. Wenn mein ehrenwerter Vater mir ein Teil seines Landes abtritt wie meinen Brüdern, dann wird es schwierig davon zu leben."
"So," sage ich lächelnd. "Dein Wunsch, mehr über Buddha zu erfahren und ein ihm wohlgefälliges Leben zu führen, entspringt also ausschließlich wirtschaftlichen Überlegungen?"
Der Junge geht vor mir auf die Knie und verneint meine Annahme.
"Paramapaavan -deine Heiligkeit-, du hast im Dorf über den 'achtfachen Pfad' gesprochen, dem jeder gute Mensch folgen soll. Darin heißt es, dass man niemals lügen soll. Den wirklichen Grund für eine Entscheidung zurückzuhalten und stattdessen einen anderen plausiblen Grund vorzugeben, kommt beinahe einer Lüge gleich! Ich wollte damit nur sagen, dass meine Eltern meine Entscheidung dir zu folgen, sehr wahrscheinlich gutheißen würden."
"Und über noch etwas musst du dir klar sein: Du darfst dich nicht in eine Frau verlieben und dabei die Liebe zu den Menschen an die zweite Stelle setzen. Wir kümmern uns um die Probleme eines Jeden, der sich vertrauensvoll an uns wendet. Unser Anspruch ist universell und nicht auf eine Person beschränkt!"
"Ich werde das beherzigen, Paramapaavan -deine Heiligkeit-," antwortet er.
"Gut, dann führe mich zu deinem ehrenwerten Vater!" fordere ich ihn jetzt auf.
Der Junge führt mich zu einer Hütte. Im Hauptraum sitzen zwei Frauen an der Kochstelle. Sie schauen auf, als wir die Hütte betreten. Die Ältere der Beiden erhebt sich und kommt mit einer Teekanne auf uns zu. In der anderen Hand hat sie eine Teeschale, die sie nun füllt und mir mit einem Lächeln reicht.
Ich bedanke mich und nehme den Tee an. Der Junge an meiner Seite sollte nun die Initiative ergreifen. Er spricht die Frau an:
"Würdest du bitte bei aadaraneey Pita -ehrenwerter Papa- ein Wort für mich einlegen, priy Maan -liebe Mama-? Ich möchte der Guru ka shishy -Schüler des Guru- werden und alles von ihm lernen."
Mit unseren Händen graben wir neben dem Fluss den Ufersand weg und schichten ihn zu einem Wall gegen das Wasser auf, für den wir auch Steine in der Umgebung sammeln. Schlamm lässt das Bauwerk in der Sonne fest werden. Wir halten den Boden des Feldes feucht durch ein kleines Rinnsal, das wir vom Fluss hereinführen.
Danach wandern wir zum nächsten Dorf flussaufwärts, das wir in zwei Tagen erreichen. Dort erzählen wir den Leuten von Buddha, wie schon in unzähligen anderen Dörfern vorher. Hier erbitten wir uns aber zusätzlich eine kleine Menge Reis. 'Zuhause' angekommen, stecken wir die Körner in Reihen in den Schlamm unseres Feldes. Da Amals Vater einmal Flussfischer gewesen ist, hat er die Aufgabe übernommen, während des Baues zu Fischen.
Nachdem wir soweit sind, weitere Mitglieder in unser Ashram -Einsiedelei- aufzunehmen, wandern wir in verschiedene Richtungen, um den Menschen Buddha nahe zu bringen. Amal habe ich zum Guru -spirituellen Lehrer- ernannt und ich bezeichne mich intern als Mahant -Klostervorsteher-. Für die Menschen, die wir besuchen, bin ich weiterhin ein Guru.
Etwa ein Monat bin ich unterwegs und muss allmählich daran denken zu unserem Ashram zurückzukehren, auch um das Reisfeld zu fluten und damit die Pflanzen zum Ausbilden ihrer Samenstände anzuregen. Nachdem das Wasser wieder abgelassen worden ist, können wir den Reis ernten.
Ein junger Hindu spricht mich in einem Dorf darauf an, mehr über Buddhas Lehre zu erfahren.
"Du möchtest mein Shishy -Schüler- werden?" frage ich freundlich lächelnd zurück.
"Ja, Paramapaavan -deine Heiligkeit-," antwortet er, mich erwartungsvoll anschauend.
"Ob deine Eltern damit einverstanden sind?" frage ich zurück.
"Unser Land kann keine weitere Familie ernähren, ehrenwerter Lehrer," meint er. "Wenn ich mir in ein paar Jahren eine Frau erwählen würde, bräuchte ich ein Stück Land. Wenn mein ehrenwerter Vater mir ein Teil seines Landes abtritt wie meinen Brüdern, dann wird es schwierig davon zu leben."
"So," sage ich lächelnd. "Dein Wunsch, mehr über Buddha zu erfahren und ein ihm wohlgefälliges Leben zu führen, entspringt also ausschließlich wirtschaftlichen Überlegungen?"
Der Junge geht vor mir auf die Knie und verneint meine Annahme.
"Paramapaavan -deine Heiligkeit-, du hast im Dorf über den 'achtfachen Pfad' gesprochen, dem jeder gute Mensch folgen soll. Darin heißt es, dass man niemals lügen soll. Den wirklichen Grund für eine Entscheidung zurückzuhalten und stattdessen einen anderen plausiblen Grund vorzugeben, kommt beinahe einer Lüge gleich! Ich wollte damit nur sagen, dass meine Eltern meine Entscheidung dir zu folgen, sehr wahrscheinlich gutheißen würden."
"Und über noch etwas musst du dir klar sein: Du darfst dich nicht in eine Frau verlieben und dabei die Liebe zu den Menschen an die zweite Stelle setzen. Wir kümmern uns um die Probleme eines Jeden, der sich vertrauensvoll an uns wendet. Unser Anspruch ist universell und nicht auf eine Person beschränkt!"
"Ich werde das beherzigen, Paramapaavan -deine Heiligkeit-," antwortet er.
"Gut, dann führe mich zu deinem ehrenwerten Vater!" fordere ich ihn jetzt auf.
Der Junge führt mich zu einer Hütte. Im Hauptraum sitzen zwei Frauen an der Kochstelle. Sie schauen auf, als wir die Hütte betreten. Die Ältere der Beiden erhebt sich und kommt mit einer Teekanne auf uns zu. In der anderen Hand hat sie eine Teeschale, die sie nun füllt und mir mit einem Lächeln reicht.
Ich bedanke mich und nehme den Tee an. Der Junge an meiner Seite sollte nun die Initiative ergreifen. Er spricht die Frau an:
"Würdest du bitte bei aadaraneey Pita -ehrenwerter Papa- ein Wort für mich einlegen, priy Maan -liebe Mama-? Ich möchte der Guru ka shishy -Schüler des Guru- werden und alles von ihm lernen."
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