Donnerstag, 21. Juli 2022
Aufbruch ins All -16
"Gerne," antwortet Tim. "Ich freue mich, die Bekanntschaft mit einer Beamtin des wichtigsten Ministeriums zu machen. Ich komme von der Erde und bin hier gestrandet. Mein Raumschiff wurde zerstört."

"Oh, okay. Das ist sicher schlecht. Du willst doch bestimmt in deine Heimat zurück?"

Der Mann macht ein ernstes Gesicht und schüttelt den Kopf.

"Ich habe mich dazu entschlossen, Marsianer zu werden."

Krotoa nickt. Sie wendet sich an Madikwe und sagt:
"Hi, Mädel! Die Überraschung ist dir wirklich gelungen. Wie hast du Tim eigentlich kennengelernt?"

Madikwe lächelt geheimnisvoll und erwidert:
"Halt wie viele andere auch. Bei der Arbeit natürlich."

Krotoa kräuselt die Stirn:
"Seit wann arbeitest du im Amt?"

"Entfernt... Du weißt, ich habe die Stelle im neuen Gründungsmuseum bekommen. Tim hat es besucht und sich hinterher im Restaurant ausgeruht."

Krotoa öffnet den Mund, während Madikwe spricht und bekommt ihn dann nicht wieder zu. Ihr Blick hängt an dem exotischen Mann. Dieser hat jedoch nur Augen für Madikwe, obwohl ihrer Meinung nach Madikwe sicherlich nicht ihre Figur und Ausstrahlung hat.

"Was meinst du, Krotoa," sagt Madikwe nach einer Gedankenpause. "Wollen wir die Tanzfläche unsicher machen?"

"Ich habe leider keinen Tanzpartner," mault diese.

"Ach komm, Tim sind die aktuellen Tänze nicht geheuer. Außerdem ist er andere Schwereverhältnisse gewohnt. Also habe ich auch keinen Tanzpartner. Es sei denn, wir beide..."

Krotoa schaut Tim an und dieser nickt.

"Geht ruhig tanzen," meint er. "Ich schaue gerne zu."

Also erhebt sie sich und geht mit Madikwe auf die Tanzfläche. Immer wieder schweift ihr Blick zum Cocktailtisch ab, an dem Tim sitzt und ihnen zuschaut. Er bleibt nicht lange allein. Immer wieder nähert sich eine junge Frau und spricht ihn an. Tim lächelt immer höflich, während er ihr antwortet. Danach zieht sie mit enttäuschter Miene von dannen.

Krotoa kommentiert ihre Beobachtungen gegenüber Madikwe, während sie sich auf der Tanzfläche vergnügen:

"Da hast du aber einen besonderen Fang gemacht. Seine Umgangsformen und sein Charakter sind vorzüglich. Ich wünschte, ich könnte ihn dir abjagen!"

Madikwe lacht.

"Das wird dir nicht gelingen! Flirte ihn ruhig noch einmal an, wie zur Begrüßung..."

"Das hast du bemerkt!?"

"Aber natürlich, meine Liebste!"

"Dann wünsche ich dir eine wunderschöne Zukunft! Lass' dich von ihm auf seinen starken Armen tragen."

Madikwe lächelt wissend.

"Er ist auch ein starker Beschützer!" stellt sie fest.

"Na denn!" versetzt Krotoa. "Bin ich denn zu deiner Hochzeit eingeladen?"

"Na, hör' mal!" Madikwe spielt empört. "Meine beste Freundin ist natürlich meine Brautjungfer! Ich hoffe doch, umgekehrt auch..."

"Wenn sich wieder einmal ein Erdling auf den Mars verirrt, ganz sicher! Aber was sich hier sonst so anbietet..."

"Du solltest vielleicht deine Ansprüche etwas anpassen, Liebes!" meint Madikwe.

Kurz darauf verlassen sie die Tanzfläche und nähern sich wieder dem Cocktailtisch. Schnell verschwindet eine gerade höflich abgewiesene junge Dame. Tim erhebt sich und schiebt die beiden Clubsessel etwas vom Tisch ab. Er hebt erst den Einen für Krotoa in die richtige Position, damit sie sich darauf niederlassen kann. Dann lässt er gentlemanlike auch Madikwe sich setzen, bevor er selbst wieder Platz nimmt.

Als sich Tim, Madikwe und Krotoa wieder gegenübersitzen, hebt Tim ein Faltblatt an. Es ist die Getränkekarte mit der Angabe einiger leichter Speisen und dem Angebot dieses Clubs.

"Dieser Club hat im Keller auch eine Bogenschützenanlage. Beim letzten Mal sind wir ja dabei gestört worden. Habt ihr Interesse?" fragt er.

Madikwe mag nicht so recht. Ihr steckt bestimmt das Erlebnis in dem anderen Club noch in den Knochen. Das sieht man ihr an. Aber Krotoa ist sofort Feuer und Flamme. Also stehen sie wieder vom Tisch auf und gehen die Treppe hinab ins Untergeschoß. Madikwe würde Krotoa niemals das Feld überlassen. Tim folgt ihnen.

*

Madikwe hat Tim vorgeschlagen, das Bogenschießen in einem Sportverein auszuüben. Tim ist gerne darauf eingegangen. Auch hat sie ihm noch weitere Ausstellungen in Olympia gezeigt.

Jetzt, ein Viertel Marsjahr später, ist sie sich sicher, dass Tim der richtige Mann an ihrer Seite ist. Sie hat ihn als einen Mann kennengelernt, der sie verehrt und mit ihr respektvoll umgeht, der aber auch hin und wieder das Heft in die Hand nimmt und die Führung übernimmt. Man kann ihm wirklich vertrauensvoll folgen.

Nun, denkt sie, ist es an der Zeit, Tim ihren Eltern vorzustellen. Sie arrangiert einen Termin, an dem alle Beteiligten Zeit haben. Dann nehmen sie ein Cab zu dem Wohnblock, in dem ihre Eltern wohnen. Dort führt sie Tim zu der Wohnungstür, hinter der sie ihre Kindheit verbringen durfte und schlägt die Klangstäbe neben der Tür an.

Hinter der Tür hört man schnelle Schritte näherkommen und ihr Vater öffnet ihnen die Tür.
Beim Eintreten umarmt er Madikwe herzlich und begrüßt Tim höflich. Er bittet beide an den Essplatz im Living-Room, der schon eingedeckt ist. Madikwes Mutter, Mistress Inkosi, bringt eine dampfende Schüssel aus der Küche, als sie gerade sitzen.

Tim steht bei ihrem Hinzutreten noch einmal auf, lässt Mistress Inkosi sich von ihrer Last befreien und begrüßt sie mit einer leichten Verbeugung, die Madikwes Mutter lächeln lässt. Auch sie begrüßt ihn und bittet ihn, sich doch wieder zu setzen, das Essen sei gleich soweit.

Wenig später hebt Mister Inkosi beim Essen zum Sprechen an:

"Ich hörte, dass Sie meine Tochter gerne heiraten möchten, Mister Armstrong..."

Dieser merkt auf und lächelt Mister Inkosi an.

"Ja, ich werde Madikwe heiraten, wenn Sie nichts dagegen haben," erklärt Tim. "Wir haben uns kennengelernt und ineinander verliebt. Ich hoffe nicht, dass meine Herkunft ein Hinderungsgrund darstellt."

"Nein, nein, Mister Armstrong! So dürfen Sie das nicht sehen! Die Herkunft ist mir egal. Wichtig ist, dass Madikwe mit Ihnen glücklich wird."

"Wir haben uns lange geprüft!" wirft Madikwe ein. "In unserer Freizeit haben wir viel gemeinsam unternommen und ich konnte erleben, wie respektvoll Tim ist, dass er mich liebevoll behandelt und andere Interessentinnen höflich abblitzen lässt. Er hat einen guten Charakter, und kann auch die Richtung vorgeben."

"So..." sagt Mister Inkosi und fügt nach einigen Bissen hinzu: "Dann will ich dem jungen Paar nicht im Wege stehen. Eins noch, Mister Armstrong: Sie werden sich bis zur Hochzeit - sagen wir, in einem Monat, Madikwe nicht mehr nähern! Gehen Sie in dieser Zeit in sich! Prüfen Sie ihre Gefühle und wenn diese dann noch genauso sind wie jetzt, kommen Sie hierher zurück. Auf dem Dach des Wohnblocks wollen wir dann Hochzeit feiern!"

Tim kaut und schluckt den Bissen hinunter. Dann nickt er und sagt:

"Mit dem Procedere bin ich einverstanden. Ich bin in einem Monat wieder hier, um Madikwe heimzuführen!"

In den nächsten Stunden gibt es viel zu erzählen. Mister Inkosi nennt Tim beim Abschied schließlich beim Vornamen.

*

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Dienstag, 19. Juli 2022
Aufbruch ins All -15
Unterwegs haben wir über Stadionsport gesprochen und vereinbart, dass ich mich für unseren nächsten gemeinsamen Tag in drei Wochen um zwei Plätze bei einem Turnier kümmern soll. Leider liegen ihre Schichten zwischen ihren Freiwochen so, dass wir uns sonst nicht sehen können. Zuhause schaue ich schon einmal oberflächlich, was sich da so anbieten würde.

*

Vor dem Clubbesuch habe ich mir überlegt, was ich dafür anziehen könnte. Meine Dienstkleidung vom 'Amt' muss es nicht sein. Es soll aber etwas anderes als meine Alltagskleidung sein. Da fällt mir meine Astronautenkleidung ein. Auch wenn ich dann vielleicht aussehe, als würde ich zum Fasching gehen. Also wähle ich die Dienstkleidung der Space Ressource Corporation, dem Nachfolger der Mars Ressource Corporation.

Draußen vor dem Eingang meines Wohnblocks steige ich in ein wartendes Cab und gebe als Ziel Madikwe?s Wohnblock an. Dort betrete ich das Foyer. Sie sitzt schon wartend in der Sitzgruppe. Auf sie zugehend, sage ich lächelnd:

"Sol, Madikwe, bist du bereit?"

Sie hat einen bunten Traum angezogen und schaut mir lächelnd entgegen. Etwa eine Stunde später betreten wir den Club Olympia und werden erst einmal von den Anwesenden neugierig beäugt. Dann drehen sie sich wieder um und nehmen ihre unterbrochene Unterhaltung wieder auf.

Wir werden an einen freien Tisch geleitet, was ich schon kenne, und nach unseren Wünschen gefragt. Kurz darauf stehen die bestellten alkoholfreien Drinks vor uns. Die Musik in dem Etablissement ist für meine Ohren fremdartig und auch die Bewegungen der Tänzer sind gewöhnungsbedürftig. Das traue ich mir nicht zu.

Als wir unsere Gläser geleert haben, hier muss man beim Service sofort bezahlen, erheben wir uns und schauen uns etwas um. Wir finden Leute, die im Online-Spiel versunken sind. Eine Etage tiefer kann man sich jedoch auch selbst sportlich betätigen. Die Bogenschützen interessieren mich.

Nachdem wir eine Weile zugesehen haben, wähle ich einen Bogen und erhalte drei Pfeile. Ich prüfe die Sehne und visiere die Zielscheibe an. Plötzlich ruft Madikwe um Hilfe. Einer der Gäste des Clubs hat sie im Griff und bewegt sich langsam rückwärts auf die Wand des Raumes zu. Ob sein Ziel eigentlich die Tür gleich daneben ist? Ich drehe mich mit gespannter Sehne um.

Ein Pfeil verlässt meinen Bogen und nagelt den Mann mit seiner Kleidung an die Wand. Madikwe kommt auf mich zu gelaufen und versteckt sich hinter meinem breiten irdischen Rücken. Sie ist als Marsianerin etwa einem Kopf größer als ich und sehr schmal. Ich habe sogleich einen zweiten Pfeil auf der Sehne und drehe mich etwas.

"Hat noch jemand Interesse?" frage ich, ernte aber nur Kopfschütteln.

Der Pfeil verlässt meinen Bogen und nagelt den Mann mit einem anderen Zipfel seiner Kleidung an die Wand. Dann stelle ich den Bogen zurück und gebe den übriggebliebenen Pfeil dem Mann zurück, der hier die Pfeile ausgibt. Madikwe in den Arm nehmend, sage ich:

"Wir sollten hier verschwinden!"

Sie nickt mit schockgeweiteten Augen und lässt sich von mir die Treppe hinauf und zum Ausgang schieben. Draußen bringe ich sie zu den Cabs. Sie drückt sich hilfesuchend an mich. Plötzlich springen drei Gestalten hinter den Säulen der Eck-Balustrade hervor und verwickeln mich in ein Handgemenge.

Die Schwerkraft des Mars ist nur ein Drittel derer der Erde. Um meine Muskulatur zu trainieren, gehe ich regelmäßig in ein Sportstudio. So baut sich zumindest nicht meine Muskulatur ab. Gegenüber irdischen Sportstudio-Besuchern hätte ich wohl keine Chance. Hier aber liegen die Dinge anders. Es nutzt ihnen auch nichts, dass sie versuchen Madikwe als Schild zwischen sich und mich zu bekommen.

Bald liegen sie am Boden und Madikwe lehnt sich schwer atmend gegen mich. Ich überlege gerade, ob wir uns mit dem Cab aus dem Staub machen sollen, als drei Männer in schwarzen Uniformen mit Teasern im Anschlag auftauchen und wissen wollen, was hier geschehen ist. Die Sicherheitskräfte dieses Gebäudeblocks sind wohl alarmiert worden und die Drei wollen nach dem Rechten sehen.

Ich erzähle ihnen die Geschichte und Madikwe bestätigt sie. Danach müssen wir unsere Personalien offenlegen und können gehen. Während wir das Cab besteigen, sehe ich, dass die Drei unsanft vom Boden hochgenommen und abgeführt werden.

Auf der Fahrt zu Madikwes Wohnblock frage ich sie:
"Kannst du mir sagen, was da eben los war? Was waren das für Leute, die uns an den Kragen wollten?"

Sie zuckt die Schultern.
"Das waren Wegelagerer, die Geld wollten..."

"Ja, aber das fing ja schon im Club an! Verkehrt dort auch solches Gesindel?"

"Leider wohl ja. Um ihrer Online-Spielsucht zu frönen, braucht es Geld. Und wir waren noch nie dort gewesen, also potentielle Opfer."

"Hm, warum hast du mich nicht vorgewarnt und mir lieber ein anderes Etablissement vorgeschlagen?"

Ich schaue sie fragend an. Sie lächelt geheimnisvoll und meint:

"Wenn du magst, hole mich morgen eine Stunde später ab. Dann fahren wir zu dem Club, wo ich mich immer gerne mit meinen Freunden zum Klönen treffe, mein starker Beschützer."

*

Krotoa ist genervt. Schon zwei Stunden sitzt sie inzwischen hier im Club.

'Warum habe ich mich nur von Madikwe so kurzfristig überreden lassen, einmal wieder hierher zu gehen?' geht ihr durch die Gedanken. 'Gut, sie ist meine beste Freundin und hat mich gestern Abend eindringlich gebeten hierher zu kommen. Trotzdem hätte ich es besser wissen sollen. Hier finde ich es, schlicht gesagt, öde.'

Während Krotoa einen Schluck aus ihrem Glas trinkt, lässt sie den Blick durch den Raum schweifen. Drei Paare bewegen sich auf der Tanzfläche. Einige weitere Gäste halten sich an der Bar auf. Aus den Boxen dröhnt Musik. Krotoa hat es sich an einem Cocktailtisch auf einem Sessel bequem gemacht.

'Dieser Club entspricht einfach nicht meinem Niveau. Die Musik ist nicht nach meinem Geschmack, die Ausstattung ist irgendwie ... billig. Die Leute hier sind mir zu einfältig und nicht annähernd hübsch genug. Sie entsprechen höchstens dem Durchschnitt,' urteilt sie in Gedanken.

Leise seufzend stellt sie fest, dass sich einer der jungen Männer zu ihr setzt. Er ist kaum größer als Krotoa selbst und hat eine nicht besonders umwerfende Figur.

"Hey Krotoa," grüßt er sie und lächelt sie an.

"Hi Humato," erwidert sie mit kühler Stimme und richtet ihren Blick gezielt auf etwas anderes als den jungen Mann.

Es dauert ein paar Sekunden, bis der junge Mann, ein ehemaliger Mitschüler, erneut etwas sagt: "Coole Stimmung, findest du nicht?"

Krotoa verdreht die Augen. Für diese Bauern ist jeder Club cool, solange sie nur genug zu saufen haben. Gibt es sogar Online-Spiele, ist jede Frau abgemeldet.

"Nja, ist nicht so mein Ding," antwortet sie vorsichtig und hofft, dass Humato sie in Ruhe lässt. Doch sie hat seine Hartnäckigkeit unterschätzt.

"Och, warum denn nicht?" hakt dieser nach und mustert sie mit einem Stirnrunzeln.

Krotoa seufzt noch einmal und ergänzt: "Ist einfach nicht mein Stil, okay?"

Humato hebt eine Augenbraue und erhebt sich schließlich aus dem Clubsessel.

"Kein Grund, gleich schnippisch zu werden," meint er enttäuscht und schlendert langsam davon.

Sie wirft kurz einen Blick auf ihre Armbanduhr. Der Abend ist noch nicht besonders weit fortgeschritten. Sie hofft, dass es nicht mehr so lange dauert, bis sich eine Gelegenheit ergibt, um hier zu verschwinden.

'Wo bleibt Madikwe nur?' fragt sie sich in Gedanken.

"Hey, alles klar bei dir?" fragt Madikwe in diesem Moment.

Krotoa schaut auf. Ein unbekannter hellhäutiger Mann, noch dazu in weißer Hose und halboffenem weißen Hemd schiebt gerade den leeren Clubsessel in Position, damit sich Madikwe bequem hineinsetzen kann. Krotoa schaut den muskulösen breitschultrigen Mann fasziniert an.

Nachdem Madikwe sitzt, geht er zur Bar und bringt zwei Gläser eines grünen Tees mit Früchten in einem bauchigen Glas an den Tisch. Danach bedient er sich an einem Tisch in der Nähe und bringt einen weiteren Sessel heran, auf dem er vorsichtig Platz nimmt.

"Hallo Krotoa..." wiederholt Madikwe und wedelt mit einer Hand vor Krotoas Gesicht.

Sie zuckt leicht zusammen und schaut ihre beste Freundin an.

"Na, habe ich dir zuviel versprochen?" fragt Madikwe lächelnd. Dann stellt sie die Beiden einander vor.

"Tim, das ist meine beste Freundin Krotoa. Wir kennen uns schon seit der Schulzeit. Sie arbeitet im Ministerium für Finanzen. Krotoa, das ist mein Freund Tim. Er arbeitet im Amt."

"Hallo, Tim," lächelt Krotoa mit verführerischem Augenaufschlag Tim an. "Dein Name und dein Aussehen sind ungewöhnlich hier im Club. Darf ich fragen, woher du kommst?"

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Sonntag, 17. Juli 2022
Aufbruch ins All -14
Die Kellnerin geht derweil zu anderen Gästen. Als es 'Ping' macht, ist sie geschwind am Tresen zurück und übernimmt ein Tablett. Sie bringt es zu mir und serviert mir meine Bestellung. Ich quittiere das mit einem Lächeln und sage:

"Vielen herzlichen Dank! Das gläserne Geschirr hat übrigens eine schlichte Schönheit. Die marsianischen Manufakturen sind wahre Künstler!"

Sie lächelt und schaut mich dabei etwas irritiert an. Ein Gast von einem Nachbartisch erlöst sie, indem er sie zu sich ruft.

Als die Bedienung Minuten später an mir vorbeikommt, auf dem Weg zum Tresen, halte ich sie kurz auf:

"Entschuldigung!"

Sie schaut zu mir und ich frage:
"Gibt es in Olympia eine Stelle, wo man Glaskunst bewundern kann?"

Sie lächelt und meint:
"Aber ja! Der Berufsverband der Kunstglaser unterhält eine bedeutende Ausstellung in der Stadt."

"Vielen Dank!" sage ich, um sie nicht weiter aufzuhalten.

Eine halbe Stunde später habe ich mein Menü aufgegessen. Ich bestelle noch ein Getränk aus dem Aufguss gerösteter Samen und schaue mir über mein Tablet im Internet die Glaskunst-Ausstellung an. Ich habe Glück, dass in diesem Restaurant an jedem Tisch ein Internet-Anschluss existiert. Auf dem Mars ist alles verkabelt. Funk ist in den Lavaröhren problematisch.

Irgendwann kommt die Bedienung an den Tisch. Sie meint:

"Wir nehmen für heute die letzte Bestellung auf. Möchten Sie noch etwas bestellen?"

Die Uhr auf dem Display meines Tablets bestätigt, dass wir schon eine fortgeschrittene Zeit haben. Ich schalte das Tablet aus und wende mich an die wartende Bedienung:

"Nein, danke sehr. Könnte ich bitte die Rechnung haben?"

Sie blättert in ihrem Block und händigt mir den Zettel mit meinen Bestellungen aus. Während ich mich erhebe, geht die Bedienung schnellen Schrittes zur Kasse neben dem Ausgang. Kurz nach ihr erreiche ich sie. Sie fragt, mit Blick auf den Zettel:

"Ist alles in Ordnung?"

Dabei hält sie mir die Hand hin. Ich gebe ihr den Zettel zurück und sie tippt die Artikelnummern in die Kasse, die daraufhin den Gesamtpreis ausspuckt. Meine Karte zückend, zahle ich den Betrag und bedanke mich noch einmal:

"Vielen Dank für das leckere Essen! Darf ich Sie etwas fragen?"

Sie schaut mich jetzt fragend an und antwortet:
"Gerne."

"Sie haben mir vorhin den wertvollen Tipp mit der Ausstellung für Glaskunst gegeben! Dafür habe ich mich noch gar nicht richtig bedankt. Würden Sie mich bitte in die Ausstellung begleiten, wenn sie in den nächsten Tagen Zeit haben? Sie würden mir eine große Freude bereiten!"

*

Ich habe Glück, dass Madikwe die komplette Woche frei hat, nach meinem Besuch des Gründungsmuseums in Olympia. Es ist ihr Ausgleich für den jeweils dreiwöchigen durchgehenden Dienst auch an Sonntagen.

Wir fahren getrennt zu der Ausstellung für Glaskunst, und als ich dort eintreffe, sitzt sie schon wartend im Foyer. Ich zahle meinen Eintritt und erhalte dafür ein Ticket. Dann lasse ich mich von Madikwe durch die Ausstellungsräume führen.

Der Gebäudeblock beherbergt im nichtöffentlichen Teil die Büros des Berufsverbandes der Kunstglaser. Neben dem Ausstellungsbereich dürfen wir auch Künstlerwerkstätten betreten und den Meistern über die Schultern schauen. Ich kann Skulpturen und Vasen in ihrem Entstehungsprozess beobachten. So wird auch die Herstellung von wunderschönen Schalen gezeigt.

Auf dem Weg von Raum zu Raum fragt Madikwe mich über meine Vergangenheit aus. Das verstehe ich sehr gut, denn wann trifft ein Marsianer heutzutage auf einen Erdling. Bereitwillig gebe ich ihr über mich Auskunft.

Anscheinend haben wir nach einiger Zeit alles gesehen, denn Madikwe steuert das Ausstellungsrestaurant an. Auch hier werden wir am Eingang angesprochen und zu einem freien Tisch geführt. Wir bestellen und Madikwe schaut mich aufmerksam an.

"Was verleitet einen Mann von der Erde, der sich auf dem Mars niederlassen will, eine junge Frau anzusprechen, ob sie für ihn den Fremdenführer macht?" fragt sie mit einem feinen Lächeln.

"Ich bin der Meinung, dass man im täglichen Leben immer einmal jemand kennenlernen kann. Man muss nur die Augen offenhalten und respektvoll vorgehen. Geht es der jungen Dame nicht ähnlich, hat sie die Möglichkeit jederzeit Nein zu sagen. Dieses Nein muss man als Mann unbedingt respektieren.
Zeigt die junge Dame dagegen Interesse wäre es wunderbar, wenn man etwas über ihre Vorlieben erführe. Man könnte sie dann zu den Orten begleiten und gemeinsame Freizeit verbringen. Vielleicht entdeckt die junge Dame Sympathien und es entwickelt sich eine Freundschaft. Sollte mit der Zeit eine Sehnsucht nach dem Anderen hinzukommen, wäre in einer unbestimmten Zukunft vielleicht eine Ehe ins Auge zu fassen..."

Bei den letzten Sätzen zwinkere ich ihr zu. Sie geht darauf ein und meint:

"Bei einem solchen Fahrplan sollte der Mann der Frau aber wirklich großen Respekt entgegenbringen. Er sollte sich als Beschützer erweisen und unmerklich die Führung übernehmen. Die marsianische Frau ist willensstark und kann sich im Alltag durchsetzen. Sie ist diejenige, die die Führung an DEN Mann abgibt, den sie mag, wenn SIE den Zeitpunkt für gekommen hält.
Heiratet sie ihn, ordnet sie sich ihm unter und ist subtil verführerisch. Aber erst dann! Eine Vereinigung vor der Ehe ist gesellschaftlich nicht erwünscht. Ja, sogar intime körperliche Berührungen sind unerwünscht. Sie haben sicher von der großen Pandemie vor Jahrhunderten gehört."

"Meine liebe Madikwe," sage ich und lächele glücklich. Ich schaue ihr in die Augen und ergänze: "Deinen Fahrplan in ein Leben zu zweit werde ich genauso respektieren, wie dich als Person. Ich kann dir nur zeigen, wie sehr ich dich respektiere und ehre, indem wir unsere Freizeit gemeinsam verbringen, so oft es unsere Arbeit zulässt. Damit erhältst du jede Menge Gelegenheiten, meine Gesinnung zu prüfen. Ebenso erkennst du so wie ich dich führen und beschützen würde, wenn das in ernsthaften Situationen nötig würde.
Was das Epidemologische angeht: Natürlich habe ich die erste Zeit auf dem Mars unter Quarantäne verbracht und mir wurden Impfungen verabreicht."

"Das sehe ich genauso, Tim" pflichtet sie mir bei.

Was sie mir über die marsianische Frau im Allgemeinen gesagt hat, kann ich tatsächlich auf die Mitarbeiterinnen im Amt übertragen. Sie sind willens- und durchsetzungsstark. Dass das nicht bedeutet, dass der marsianische Mann sich der Frau unterordnet, hat mir Madikwe nun 'im Vertrauen' mitgeteilt.

Man kann auch herauslesen, dass es auf dem Mars keine wirkliche Gleichberechtigung gibt. Die marsianische Frau kennt die 'Selbstverwirklichung' nicht. Sie tut alles für ihren Vater, ihren Chef, ihre Firma, ihren Mann. Darin findet sie ihre Erfüllung. Der 'Türöffner' ist wie überall Respekt! Klar, gilt das nicht für jeden Marsianer, genauso wie man die Menschen auf der Erde nicht 'über einen Kamm scheren' kann.

Im Verlauf unseres Gespräches stelle ich fest, dass Madikwe vielseitig interessiert ist. Sie mag Ausstellungen und Museen, genauso wie quirlige Sportevents. Die komplette Woche hat Madikwe noch frei. Sicher wird sie Freunde haben und hat mit ihrer Clique einiges vor an ihren freien Abenden. Dennoch frage ich an, ob ich sie wiedersehen und mit ihr einen Club besuchen darf. Madikwe lächelt mich über den Bildschirm des Tablets an und sagt zu, auch wenn sie den Termin um einen Tag verschiebt, weil sie am vorgeschlagenen Termin schon besetzt ist.

Als es schließlich ans Nachhausefahren geht, darf ich sie bis zu ihrem Wohnblock begleiten. Ich nutze dieselbe Cab, um von dort zu mir heim zu kommen. Als wir bei ihr ankommen, bleiben wir noch einen Moment sitzen. Sie gibt mir ihre Nummer, über die sowohl Videotelefonie, als auch Textnachrichten-Übertragung möglich ist - wenn das Gerät am Internetkabel hängt.

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