Mittwoch, 23. November 2022
Aufbruch ins All -59
"Das konnten wir Ihnen nicht per Funk übermitteln, daher haben wir Sie hierher beordert. Fliegen Sie zum Mond und lassen Sie sich eine neue Delta übergeben. Fliegen Sie damit zum Mars und nehmen sie mental zu Chisei Myers Kontakt auf. Anschließend übermitteln Sie ihm die Nachricht mittels des uralten Morsecodes. Sie wissen ja, mit Reiki können Sie Gefühle erspüren. Wenn Sie Kontakt zu Chisei Myers haben, werden sie für Sekunden zornig. Wechseln sie zwischen Zorn und Gelassenheit im Rhythmus der Morsezeichen. Haben Sie ihre Nachricht abgesetzt, verlassen Sie die Umlaufbahn wieder und gehen ihrer Beschäftigung für Meisterin Jade Dubois weiter nach."

"Okay, O-Sensei," antworte ich und verbeuge mich respektvoll.

Danach bin ich entlassen und gehe auf mein Zimmer, um etwas zu schlafen. 'Hüte dich vor Zorn, Furcht und Aggressivität! Sie ergreifen schnell Besitz von dir! Du musst diese Gefühle bekämpfen!' hat man uns hier in unserer Organisation O-Chisei von Beginn an beigebracht. Nun soll ich mich angesichts der Space Ressource Corporation zornig zeigen. Aber nicht, um voll Zorn unüberlegt zu handeln, sondern um zwischen den Gefühlen Gelassenheit und Zorn zu wechseln und so unter Umgehung des Funks eine Nachricht zu übermitteln. Ich bin gespannt, ob das funktioniert.

Am nächsten Morgen checken wir auf dem nahen Raumhafen ein. Zusammen mit etwa fünfzig 'Weltraumtouristen' warten wir anschließend auf den Start unseres Shuttles, das uns zur Orbitalstation bringen soll. Meine Gedanken schweifen ab. Bisher hat es zwischen unserer Organisation und der SRC eine Art Koexistenz gegeben. Der als Unfall getarnte Abschuss unseres Fernaufklärers hat daraus nun eine Art bewaffnete Konkurrenz gemacht. Die Space Ressource Corporation wird sicher niemals einen offenen Kampf versuchen, sondern uns sabotieren, wo sie es können.

Die Verhandlung zum Absturz der Delta-8a wird ihnen eine hohe Summe kosten. Zum einen verlangt die Solar Exploration Group, für die wir vordergründig arbeiten, einen hohen Schadenersatz. Zum anderen wird sich die UNO ein solches Verhalten nicht bieten lassen, dass ein Raumschiff unangemeldet startet und ein anderes gemeldetes Raumschiff mit dieser Aktion vom Himmel holt. Sie wird die SRC mit einer hohen Geldstrafe belegen. Ich denke mal, dass die Space Ressource Corporation die Gesamtsumme aus ihrer 'Portokasse' zahlen kann.

Endlich dürfen wir unsere Plätze in dem 'Nurflügler' einnehmen. Nachdem alle Passagiere und die Flugbegleiter angeschnallt sind, startet das dreieckige Shuttle. Seine Triebwerke zünden und im gleichen Moment läuft ein Zittern durch den Flugkörper. Man bekommt den Eindruck, als setze sich das Shuttle nur widerwillig in Bewegung.

Einen Sekundenbruchteil später werden wir in die Kontursessel gedrückt. Als das Ende der Startbahn erreicht ist, zieht der Pilot den 'Nurflügler' in einem irren Winkel in den Himmel. Dann kippt er sein Shuttle in die Waagerechte und schraubt uns in kleinem Winkel mit jeder Umdrehung um die Erde höher. Der hellblaue Himmel im Bildschirm vor uns in der Rückenlehne unseres Vordermannes wird immer dunkler und wechselt bald zur Schwärze des Weltraums.

Drei Stunden nach dem Start sehen wir die Orbitalstation vor uns. Zuerst ist sie nur ein kleiner Punkt in der Schwärze des Alls, aber sie wird schnell größer. Das Shuttle steuert einen Hangar an, zündet die Bremstriebwerke und lässt sich schwerelos auf die offene Schleusentür zutreiben, indem er nur noch mit kurzen Gasstößen aus den Steuerdüsen navigiert. Im Hangar wird der Shuttle von einer riesigen Klammer umfasst, dann schließt sich das äußere Schleusentor.
Die Flugbegleiter schnallen sich ab und gehen von Fluggast zu Fluggast, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen, während sie die Gurte lösen. Danach öffnet einer von ihnen eine Tür, indem er an einem Rad inmitten der Tür dreht bis es zischt. Nun lässt sich die Tür nach innen öffnen.

Wir dürfen den Shuttle verlassen und gehen auf eine Personen-Schleuse zu. Dahinter steigen wir eine Treppe hinauf und gelangen in den Ankunftsbereich. Hier müssen wir uns wieder einem Medi-Check unterziehen, nachdem wir die Prozedur schon vor dem Start über uns ergehen gelassen haben. An der Gepäckausgabe erhalten wir unser Gepäck, das inzwischen ebenfalls ausgeladen und gecheckt worden ist.

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Sonntag, 20. November 2022
Aufbruch ins All -58
"Das ist alles Gold, das wir besitzen," versichert Master al Tajir dem Schamanen.

Nun führt er uns zu einer Feuerstelle, flankiert von den anderen Indianern mit ihren Speeren. Wir dürfen uns ans Feuer setzen und etwas essen. In der Abenddämmerung kommen die jungen Männer des Dorfes und bringen gejagte Tiere. Kurz darauf hören wir Fluggerät über unseren Köpfen. Der Raumhafen hat die Behörden in der Region Brasilien, Guyana und Venezuela alarmiert.

Nun sucht man die Absturzstelle und wird dann Überlebende und die Blackbox suchen. Sie werden dem Raumhafen die Explosion melden und dass wohl niemand überlebt hat. Nun wird man untersuchen, wieso die Versorgungsrakete der SRC in unsere Flugbahn geraten ist. Wir bleiben drei Tage bei den Indianern und verlassen sie dann mit einem Kanu über den Fluss, den wir kurz vor der Explosion gefunden haben.

Wir entfernen uns paddelnd einen ganzen Tag und übernachten im Kanu. Am nächsten Tag hören wir ein Fluggerät, dass wir eindeutig als eines aus dem Hangar des Jinja identifizieren. Es landet in der Nähe auf einem Strand des Flusses. Ein Mann entsteigt dem Fluggerät und kommt breit lächelnd auf uns zu. Wir paddeln ans Ufer und steigen aus dem Kanu, während der andere Okuden -Meister- das Boot festhält. Danach nehmen wir die Raketen-Rucksäcke aus dem Boot und tragen sie zu dem Fluggerät. Wir steigen ein und der Pilot fliegt weiter zur Absturzstelle.

"Selbstzerstörung?" fragt er.

Okuden Dayak nickt lächelnd. Die Space Ressource Corporation soll nichts entdecken, woraus sie Schlüsse ziehen kann. Wir fliegen zum Jinja zurück, den wir in acht Stunden erreichen. Wir erhalten Zimmer und können erst einmal ausruhen. Später erfahre ich, dass Master Dayak al Tajir zuerst zum Rat der Chisei gegangen ist. Dort erfährt er, was wir schon angenommen haben. Der Unfall ist ein Anschlag gewesen.

*

Wir landen auf der obersten Plattform des Jinja. Der Boden, auf dem wir aufgesetzt haben, versinkt langsam im Gebäude. Über uns wird die Öffnung von einer Platte verschlossen und wir steigen aus.

"Ich soll Ihnen ihre Quartiere zuweisen," informiert uns der Pilot.

Wir fahren einige Stockwerke tiefer und beziehen dort zwei nebeneinanderliegende Zimmer. Ich biete Mirco an, sich erst einmal auszuschlafen, vielleicht auch mittels Meditation die Ruhe und Gelassenheit wiederzufinden. Danach folge ich dem Okuden -Meister- zu Saikou Chisei Fujiwara-Sensei.

Mich fasziniert dieser Teil des Jinja -Schrein- immer wieder. Man gewinnt den Eindruck, als befände man sich in einem orientalischen Palast. Viele Rundbögen und Kuppeldecken erwecken den Eindruck. Große Fenster lassen Licht herein und es scheint, als ob die Vegetation von draußen hereindrängen will. Im Besprechungsraum befinden sich bei meinem Eintritt etwa zwei Dutzend Chisei. Fujiwara-Sensei begrüßt mich, freundlich lächelnd:

"Aisatsu -Seien Sie gegrüßt-, Al-Tajir-San. Ich bedauere die Umstände ihrer Landung. Wir haben Sie zwar über Funk angewiesen, direkt auf dem Raumhafen zu landen, statt wie üblich über die Moonbase und den Orbiter, weil wir Zeit sparen wollten - aber, dass die Gegenseite zu solchen Mitteln greift, haben wir nicht erwartet. Wir werden deren Philosophie in die KI eingeben, um unsere zukünftigen Entscheidungen vorher überprüfen zu können."

In die Gedankenpause hinein, pflichte ich Fujiwara-Sensei bei:

"Salam! Das ist ein guter Gedanke!"

"Warum haben wir Sie zur Erde zurückbeordert?" kommt Fujiwara-Sensei auf unser Thema zu sprechen. "Chisei Myers Gegner beim Fechtturnier auf dem Mars ist zur Erde gekommen. Ihn dürstet nach Rache. Er hat auf der Venus erfahren, dass Chisei Myers zur Erde geflogen ist. Wir haben von seinen Aktivitäten erfahren, als der Mensch sich in der Ringerschule nach Chisei Myers erkundigt hat, in der dieser einen Ringerkurs absolviert hat, vor seinem Abflug zum Mars."

"Sie meinen also, wir müssen Chisei Myers warnen?"

Der Saikou Chisei nickt und lächelt.

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Donnerstag, 17. November 2022
Aufbruch ins All -57
"Delta-8a, du wirst eine selbständige Notlandung durchführen! Das Ziel ist nicht mehr der Raumhafen. Bring uns irgendwo herunter. Sende den Film vom Start und der Annäherung der Versorgungsrakete an die Flight Control und zum Jinja. Sende ebenso ein Peilsignal auf der Notfrequenz."

"Zu Befehl, Kommandant."

Nun wende ich mich zu Master al Tajir. Da ich sehe, dass er in Meditation versinkt, halte ich mich mit Fragen zurück. Der Raumhafen wandert aus dem Frontbildschirm. Bald kann ich die Atlantikküste unter uns erkennen. Etwa eine halbe Stunde später haben wir die Wasserwüste unter uns überflogen. Wir sind laut der Kontrollen noch etwa 1500 Stundenkilometer schnell, als sich unter uns die grüne Hölle des Amazonasbeckens auszubreiten beginnt.

Bald reißen wir eine Schneise der Verwüstung in die Vegetation. Als die Delta-8a zur Ruhe kommt, wacht Master Dayak aus der Meditation auf. Er schaut mich an und fordert mich mit ernstem Gesicht auf:

"Wir müssen hier raus! Schnalle dir deinen Raketen-Rucksack auf den Rücken!"

"Sind die nicht für den Weltraum gedacht?" frage ich zurück und ziehe eine verständnislose Miene.

Okuden al Tajir nickt und antwortet, während wir zu den Fächern gehen, hinter denen sich die Rucksäcke befinden:

"Eigentlich ja! Ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Maßnahmen!"

Wir ziehen die Raketen-Rucksäcke über und gehen zur Not-Tür. Okuden Dayak drückt einen Knopf. Die Tür wird abgesprengt.

"Nimm zwei Schritte Abstand!" empfiehlt er mir, bevor er die Raketen startet und aus der Tür nach draußen schwebt.

Draußen dreht er in der Luft und ich höre seine Stimme in meinem Helm:

"Jetzt du, Mirko!"

Also starte ich meinen Raketen-Rucksack und fliege auf Master Dayak zu. Dieser dreht um und fliegt davon. Ich beeile mich, hinter ihm her zu kommen. Nach der Information auf der Helmbrille haben wir 10 Kilometer zurückgelegt, als Master Dayak al Tajir zur Landung ansetzt. Ich lande neben ihm auf ein paar Quadratmetern kniehoher Vegetation in einer Biegung eines Wasserlaufes. Ich höre Okuden Dayak sprechen und Delta-8a antworten:

"Delta-8a, sind die Bestätigungen vom Jinja -Schrein- und der Flight-Control hereingekommen?"

"Ja, Kommandant!"

"Leite die Selbstzerstörung ein, Delta-8a. Jetzt!"

Eine Sekunde darauf wird es mir warm. Master al Tajir ist wieder gestartet. Infolge des Feuerballs der Explosion im Rücken, hebe ich ebenfalls ab und folge meinem Okuden -Meister-. Wir fliegen weitere 30 Kilometer, als Master Dayak wieder landet. Er manövriert zwischen mehreren Urwaldriesen hindurch. Bald sind wir durch das Laub hindurch und landen auf Feldern. Ein paar Frauen, die auf den Feldern gearbeitet haben laufen verängstigt in verschiedenen Richtungen davon.

Sie haben glattes schwarzes Haar, braune Haut und sind nur mit bunten Schnüren bekleidet. Ihre nackte Haut haben sie mit Mustern in roter Farbe bedeckt. Wir gehen langsam aus den Feldern heraus und erkennen bald einen Palisadenzaun, der sich nach rechts und links ausdehnt. An der Palisade aus dünnen Stämmen, die man in den Boden gerammt hat, ist ein Pultdach befestigt, dass zwei Meter vor der Palisade von dünnen Stöcken gehalten wird. Alle ungefähr vier Meter gibt es eine Feuerstelle unter dem Pultdach, an dem Frauen sitzen.

Wir werden schnell von einer Vielzahl Kinder umringt, die alles neugierig anfassen. Als ein Kind sich die Finger an einer Düse des Raketen-Rucksacks verbrennt und aufschreit, werden wir von einigen älteren Männern umringt. Sie bedrohen uns mit Speeren und einer fragt:

"Quem é você -Wer seid ihr-?"

"Does anyone speak english?" fragt mein Master.

Einer der älteren Männer stellt sich nun vor:
"I?m the Shaman of this Village. Who are you?"

"You are Yanomami. We are spacemen. Our great bird is broken thirty Kilometers from here. You may going there and look," stellt Okuden Dayak uns vor und weist in die Richtung, aus der wir gekommen sind.

"Ah," macht der Mann und fragt nun: "Was wollt ihr bei uns?"

"Wenn wir hier willkommen sind, würden wir gerne ein paar Tage bleiben wollen. Die Weißen werden die Absturzstelle untersuchen kommen und dann wieder abfliegen. Wenn sie weg sind, würden wir euch ebenfalls verlassen, damit ihr euch nicht über Gebühr gestört fühlt. Damit sich niemand zu sehr für euch interessiert, wäre es schön, wenn wir ein Kanu bekämen, um euch verlassen zu können, ohne die Raketen-Rucksäcke zu benutzen."

"Könnt ihr das bezahlen?" fragt der Schamane der Indigenen.

"Hm," macht Okuden -Meister- Dayak al Tajir und gräbt in einer Oberschenkeltasche. Er fördert einen unförmigen gelb-glänzenden Klumpen zutage, hält ihn dem Mann hin und fragt: "Wäre damit unser Aufenthalt und die Abreise in ein paar Tagen bezahlt?"

Okuden Dayak übergibt den Gold-Nugget an den Schamanen. Dieser nickt und bestätigt:

"Okay, das dürfte reichen."

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