Sonntag, 4. Dezember 2022
Aufbruch ins All -62
"Ah," macht er.

Seine Miene hellt sich auf.

"Nun wird mir verschiedenes klarer. Deshalb ist die Delta-8b größer. Die Raumaufteilung ist funktioneller als beim Prototyp und - sicher für Langstrecken - wurde der Wohnraum für vier Personen konzipiert."

"Hm," mache ich. "Ob wir nun vier Wochen oder vier Monate, oder gar vier Jahre unterwegs sein werden. Da das Raumschiff sich selbst fliegt, ist es egal, wie groß die Mannschaft ist. Während des Fluges müssen wir uns sowieso irgendwie anders die Zeit vertreiben. Dass vier Personen an Bord sein können, muss andere Gründe haben."

Mirco zuckt mit den Schultern. Damit ist für ihn das Thema erst einmal durch. Wie vorgeschlagen, geht er in sein Labor und macht sich mit den Instrumenten vertraut, während ich mich in der Bedienungsanleitung schlau mache und mit der Delta-8b vertraut werde.

*

Die Delta-8b schwenkt nach etwa vier Wochen Flugzeit in den weiten Marsorbit ein und erreicht eine stabile Flugbahn. Neugierig probiert Mirco alle Instrumente aus, die Daten aus der Umlaufbahn sammeln können. Es ist für ihn ein Sammeln von Erfahrung mit seinen neuen Instrumenten. Derweil setze ich mich in Meditationshaltung auf die Couch im Wohnraum, um mich zu entspannen und Kontakt mit Reiki aufzunehmen.

Während unser Raumschiff den Planeten umrundet, versuche ich Gefühle auf dem Planeten zu erspüren. Neben den positiven Gefühlen von Lebewesen, die mit sich und ihrer Umwelt im Reinen sind, gibt es natürlich überall kurzzeitige Gefühlsausbrüche, wenn jemand sich von seinem Gegenüber übervorteilt sieht. Auch Gangster lassen sich auf diese Weise hier und erspüren.

Plötzlich bin ich elektrisiert. Ich erspüre eine negative Strömung, die ich bisher noch nie in der Intensität gefühlt habe. Mich aus der Meditation lösend, frage ich in die Luft hinein:

"Welche Siedlung haben wir gerade überflogen?"

"Sie liegt in einem Lavatunnel des Arsia Mons, Kommandant," antwortet Delta-8b.

Ich nehme mein Tablet zu Hand und rufe die Notiz auf, die ich mir gemacht habe. Nun ergänze ich sie um die neue Information. Danach lasse ich mir die geänderte Notiz in Morse-Zeichen auf dem Bildschirm anzeigen und präge mir die Zeichenfolge neu ein. Eine Stunde später bin ich mir sicher genug, sie übermitteln zu können.

Nun lasse ich mich wieder in die Meditation fallen. Ich konzentriere mich auf den höchsten Berg im Sonnensystem, den Olympus Mons, und versuche mit Chisei Myers Kontakt zu bekommen. Wieviel Zeit darüber vergangen ist, kann ich nicht sagen. Irgendwann erspüre ich ihn und versuche, ihn auf mich aufmerksam zu machen. Anschließend wechsele ich meine Gefühle zwischen der Vorstellung von angenehmem süßem Duft und der Vorstellung von verzehrender Feuersbrunst. Durch diesen Wechsel versuche ich die eingeprägte Morsezeichen-Folge emotional dazustellen.

Nach unbestimmter Zeit nehme ich ein Gefühl von Dankbarkeit wahr. Ich lasse das Gefühl von Freude in mir aufsteigen und präge mir die Zeichenfolge ein, die Chisei Myers nun an mich übermittelt. Nachdem ich aus der Meditation erwacht bin, tippe ich die Zeichenfolge in mein Tablet und lasse sie in Text umwandeln. Ich lese mit einem Lächeln:

"Danke! Reiki mit dir!"

Auf diese Weise lassen sich keine langen ‚Romane‘ übermitteln! Nur kurze Nachrichten sind möglich, die soviel Information wie möglich beinhalten sollten. Nun sollten wir schnellstmöglich hier verschwinden. Chisei Myers wird wissen, was zu tun ist.

Ich stehe von meiner Couch auf und spreche wieder in die Luft:

"Delta-8b!"

"Kommandant?" kommt aus einem verborgenen Lautsprecher zurück.

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Dienstag, 29. November 2022
Aufbruch ins All -61
"Was machen wir in den vier Wochen bis zum Mars?" fragt Mirco nach einer Weile.

"Deine Instrumente zur Planetenerkundung an Bord dürften die gleichen sein, wie in der 8a, denke ich. Schau sie dir an und prüfe die Funktionalität. Ich werde mir die Bedienungsanleitungen zu Gemüte führen und schauen, welche Änderungen man beim Bau gemacht hat. Die restliche Zeit stöbern wir im Video-Archiv und schauen uns irgendwelche Movies an."

"Okay," meint Mirco nun. "Wir sind also die meiste Zeit außerhalb der Pilotenkanzel und lassen uns fliegen, als wären wir Passagiere."

Ich muss grinsen und antworte ihm:
"Behagt dir das nicht? Fühlst du dich der Technik ausgeliefert?"

"Nein," meint Mirco und schaut mich zweifelnd an. "Oder doch? Da sitzt im Hinterkopf immer noch ein Gefühl der Machtlosigkeit, des Ausgeliefertseins, wie du es treffend beschrieben hast."

"Wir haben doch schon Monate in der 8a verbracht!" erinnere ich ihn. "Das war doch dasselbe. Du solltest dich zurückziehen und meditieren, um gelassener zu werden, Mirco."

Er nickt ergeben, allerdings mit gekräuselter Stirn.

Ein Fernaufklärer ist darauf ausgelegt, wochen- und monatelang von jeder menschlichen Ansiedlung entfernt zu operieren. Also wird es so etwas wie eine Wohnung an Bord geben. Vielleicht ist die in der 8b etwas komfortabler ausgefallen...

"Delta-8b!" sage ich nun.

"Kommandant?" kommt es aus den Lautsprechern zurück.

"Du wirst jedem Hindernis ausweichen! Berechne dazu die Bahnen der Körper um uns herum. Trotzdem wirst du mich vor jedem Ausweichmanöver benachrichtigen!" fordere ich die Mensch-Maschine-Schnittstelle unseres Raumschiffes auf.

"Wird erledigt!" antwortet die Stimme.

Jetzt schnalle ich mich los und erhebe mich aus dem Kontursessel. Mich zu Mirco umdrehend, meine ich lächelnd:

"Okay, dann! Wir erkunden unser Raumschiff."

Wir verlassen die Pilotenkanzel über die Leiter und stehen in dem Raum, wo wir unser Gepäck zurückgelassen haben. Wir nehmen unsere Koffer aus den abschließbaren Fächern - ganz so, wie bei der Delta-8a auch. Hier befinden sich die Liegen mit unseren Raumanzügen in zwei Wandnischen übereinander. Unsere Raketen-Rucksäcke befinden sich auch hier und die Not-Tür, durch die wir die Delta-8b verlassen könnten.

Nun müssen wir eine hermetisch verschließbare Tür durchschreiten. Damit ist dieser vordere Teil des Raumschiffes quasi eine Schleuse. Hinter der Tür liegt unser Wohnraum. Ein großer Bildschirm an einer Wand zeigt den umgebenden Weltraum. Wir haben einen Tisch und vier Schalensessel, die drehbar sind und deren Fuß im Kabinenboden verankert ist. In der gegenüberliegenden Wand befinden sich Fächer für alle möglichen Wohn-Utensilien. Dazwischen und im hinteren Bereich liegen weitere Türen.

Durch die Tür in der Seitenwand kommen wir in eine schmale Kombüse, ähnlich der auf der Delta-8a. Die zwei Türen im hinteren Bereich führen in zwei Schlafräume, zwischen denen sich zwei Sanitärzellen befinden, von denen je eine von einem Schlafraum durch eine weitere Tür betreten werden kann.

"Okay," meint Mirco. "Wir sind nur zu Zweit. Also hätte hier jeder von uns sein eigenes Schlafzimmer."

"Gut," antworte ich und nicke. "Das können wir gerne so regeln."

"Aber wo sind jetzt meine Instrumente?"

Er schaut mich mit fragendem Gesichtsausdruck an.

Ich lächele ihn an und meine:
"Dazu müssen wir noch einmal zurück. Über uns, und damit hinter der Pilotenkanzel dürfte das Elektronengehirn des Raumschiffes liegen. Ist dir unter der Leiter nach oben nicht eine ovale Umrandung aufgefallen? Drücke einen Knopf in der Wand hinter der Leiter und ein Loch wird sich im Boden öffnen. Es ist groß genug, um uns im Raumanzug hindurch zu lassen, wenn nötig. Dort wirst du eine Leiter nach unten in dein Labor finden."

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Samstag, 26. November 2022
Aufbruch ins All -60
Ich frage einen Automaten, in welchem Hangar eine 'Delta-8a' oder 'Delta-8b' vom Mond kommend festgemacht hat. Daraufhin werde ich aufgefordert, mich auszuweisen. Auch Mirco muss sich ausweisen. Danach gibt der Automat die Information frei und ich lasse mir den Weg dorthin auf meinen Kommunikator überspielen. Nun führt mich mein Handgerät zum richtigen Hangar.

Dort treffen wir einen Mitarbeiter der Solar Exploration Group. Nach der freundlichen Begrüßung erklärt er uns:

"Saikou Chisei Fujiwara-Sensei hat uns darüber informiert, dass Sie unseren neuesten Fernaufklärer fliegen sollen. Die Lunar Ship Systems hat die Pläne nach Ihren Angaben beim letzten Flug generalüberholt. Dadurch ist er ein wenig größer geworden. Ich wünsche Ihnen viel Glück!"

Bevor wir den Hangar betreten können, müssen wir uns wieder bei einem Mitarbeiter der Flugkontrolle ausweisen. Danach durchschreiten wir die sich öffnende Personenschleuse und nähern uns unserem Raumschiff. Es ist ein neues Exemplar Fernaufklärer, das in seiner Form einem stark vergrößerten Pfeilschwanzkrebs ähnelt.

Es steht mit dem Bug in unsere Richtung vor uns und mich beschleicht eine Assoziation, als ob es langsam 'seinen Rachen öffnet und seine Zunge ausfährt'. Als die Rampe den Boden des Hangars berührt, betreten wir sie und gehen ins Innere der Delta-8b. Eine Stimme begrüßt uns, während hinter uns die Rampe hochfährt und sich das Raumfahrzeug schließt. Das kenne ich schon vom Vorgängermodell. Es handelt sich dabei um 'künstliche Intelligenz'. Das Raumschiff kann man seiner Gänze als einen Roboter betrachten, in dem wir uns wie die Bakterien in unserem Darm ausmachen. Die Stimme sagt:

"Hallo, guten Tag. Mein Name ist 'Delta-8b'. Ich werde sie überall dort hinbringen, wohin sie fliegen wollen!"

Die 'Delta-8b' könnte ein Kleinkind fliegen, solange das Raumschiff die richtigen Befehle erhält. Es ist weitgehend sprachgesteuert. Wir klettern in die Pilotenkanzel. Im Gegensatz zur 'Delta-8a' sind unsere Kontursessel hier nebeneinander angeordnet. Dahinter befinden sich zwei Passagiersessel.

Nachdem wir Platz genommen und unsere Helme aufgesetzt haben, sage ich in den Raum:

"Delta-8b! Start vorbereiten!"

Sofort kommt Leben in die Instrumente vor mir. Dann höre ich eine fremde Männerstimme im Helm:

"Identifizierung erfolgreich. Alles Gute Ihnen!"

Das ist die Flight Control des Orbiters gewesen. Das Außentor fährt langsam zur Seite und lässt auf dem Bildschirm, der das Bild der Heckkamera zeigt, die Sterne sehen. Wir werden leicht angehoben und bewegen uns langsam rückwärts aus dem Hangar hinaus.

Nachdem wir draußen sind, schließt sich der Hangar wieder. Die 'Delta-8b' dreht sich um zwei Achsen und zündet nach einer Ankündigung die Hecktriebwerke. Wir entfernen uns allmählich von der Orbitalstation.

Nun fragt die 'Delta-8b':
"Welches Ziel darf ich ansteuern?"

Ich schaue auf die Kontrollen und sehe, dass alle Tanks gefüllt sind. Also frage ich den Automaten:

"Wieviel Zeit brauchen wir aktuell, um eine weite Umlaufbahn um den Mars zu erreichen?"

"Den Mars erreichen wir aktuell in 29 Tagen," gibt der Automat zurück.

Also fordere ich:
"Delta-8b! Bring uns in eine weite Umlaufbahn um den Mars, außerhalb von Phobos und Deimos."

Nun zündet der Fusionsreaktor im hinteren unteren Bereich des Raumfahrzeuges. Die Fenster verdunkeln sich, weil sich Platten aus dem gleichen Material, aus dem die Außenhaut besteht, vor die Fenster schieben. Gleichzeitig wird der Fusionsreaktor im schwanzförmigen Heck hochgefahren. Sobald er die Energie für den Warp-Antrieb bereitstellen kann, schaltet dieser sich ein.

Mit der Energie des Fusionsreaktors baut er hinter dem Raumschiff eine 'Welle' in der Raumzeit auf. Auf dieser Welle 'surft' die Delta und bewegt sich dadurch schneller vorwärts. Wir befinden uns im Raumschiff in einer Art 'Blase' und bemerken von der Art der Fortbewegung nichts, außer dass wir wie beim permanent brennenden Ionenantrieb eine Art 'Gravitation' an Bord haben. Schneller als das Licht sind wir dabei noch nicht. Interstellare Raumfahrt ist uns also noch nicht möglich!

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