Montag, 20. Februar 2023
Neue Heimat L98 59b (05)
Plötzlich ertönt ein 'Ping' und die Flugbegleiter gehen herum, um nach den Fluggästen zu schauen. Raimond erklärt mir, dass ich mich anschnallen muss und macht es gleich auch selbst. Ich schaue es mir bei ihm ab. Trotzdem muss er mir helfen. Kurz darauf kommt die Flugbegleiterin bei uns vorbei, lächelt uns freundlich an und wendet sich gleich den nächsten Passagieren zu.

Der Kabinenboden und die Sitze beginnen zu vibrieren. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster und sehe, dass das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit über die Piste rast. Plötzlich kippt das Flugzeug in einem irren Winkel vorne hoch, so dass ich in meinen Sitz gedrückt werde. Nach einigen Minuten kippt das Flugzeug wieder in die normale Lage zurück.

Wieder höre ich ein 'Ping' und ein kleines Leuchtfeld mit einer angeschnallten Person erlischt. Auch jetzt gehen die Flugbegleiter herum. Sie fragen nun, ob jemand etwas zu essen wünscht und ob es besondere Wünsche zu beachten gilt. Ich überlasse es Raimond, zwei Getränke und etwas Leichtes zu essen zu bestellen.

"Wie lange dauert der Flug?" frage ich Raimond.

"Etwa drei Stunden," gibt er Auskunft. "Wir fliegen ja Überschall. Dadurch kommen wir drei Stunden vor unserer jetzigen Uhrzeit dort an."

"Ah," meine ich. "Und wie geht es dann weiter?"

Raimond zeigt ein spitzbübisches Grinsen und antwortet:

"Sei nicht so neugierig, Liebes. Ich habe alles im Griff!"

Ich versuche mir irgendwie die Zeit zu vertreiben und bin überrascht, als wieder ein 'Ping' durch die Kabine hallt. Raimond beugt sich zu mir und schnallt mich an. Danach kümmert er sich um seinen Gurt. Kurz darauf setzt das Flugzeug auf und rollt aus. Beim nächsten 'Ping' schnallen wir uns ab und Raimond erhebt sich. Er öffnet das Gepäckfach über unseren Köpfen und hebt den Backpack heraus, den er auf seinen Sitz abstellt.

Nun warten wir geduldig, bis wir eine Lücke im Strom der Passagiere finden und das Flugzeug verlassen können. Wir gehen ohne Eile in Richtung des Ankunftsbereiches und steuern dort die Gepäckabfertigung an. Auf einem Laufband fahren eine große Anzahl Koffer an uns vorbei. Endlich haben wir unsere Koffer in Händen und Raimond wendet sich zum Ausgang. Draußen folge ich ihm zu einem Flugtaxi. Wir laden unsere Koffer in den Gepäckbereich und setzen uns auf die Sitze davor.

"Airship-Hangar Blacksmith Ltd.," gibt Raimond als Ziel an.

Ich mache große Augen. Das ist eine Überraschung! Raimond hat eine Tour mit einem Luftschiff gebucht. Ich frage ihn, um mehr zu erfahren. Vielleicht ist er angesichts des Zieles etwas gesprächiger. Er erklärt mir:

"Ich habe eine Rundfahrt mit einem Luftschiff über die Prairien Nordamerikas gebucht. Das dauert mehrere Tage. Für unsere Sicherheit unterwegs sorgen ein Luftschiffkapitän, zwei Copiloten und ein Techniker. Das Luftschiff hat Platz für bis zu 40 Passagiere in 20 Kabinen, die im Rumpf untergebracht sind. Für unser leibliches Wohl sorgen ein Küchenchef und vier Bedienungen."

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Freitag, 17. Februar 2023
Neue Heimat L98 59b (04)
Bei Raimond habe ich, Sophie, ein gutes Gefühl. Er kümmert sich vorbildlich um mich und hat bald begonnen, die Führung zu übernehmen. Seine Entscheidungen haben bis jetzt 'Hand und Fuß'. Daneben respektiert er meine Meinung. Er respektiert mich! So fühle ich mich von ihm wertgeschätzt.

Nach fast einem Jahr, indem wir uns immer wieder treffen, um unsere Freizeit miteinander zu verbringen, macht er mir einen besonderen Vorschlag:

"Liebste Sophie, magst du in deinem Urlaub mit mir zusammen eine Reise machen?"

"Gern, Liebster," gebe ich zurück. "Dazu müssen wir zuerst einmal ein Reisebüro aufsuchen und schauen."

Er lächelt mich an und zwinkert mir zu.
"Wir sind inzwischen etwa ein Jahr zusammen. Ich habe mir gedacht, dass wir das Datum mit einer Reise begehen. Ich bin schon in einem Reisebüro gewesen und habe mir verschiedene Reisetermine geben lassen."

"Du willst mich überraschen!" rufe ich aus und falle ihm um den Hals.

Er nickt, breit grinsend, und meint:
"Schau in deiner Firma einmal, wann du Urlaub machen kannst. Lass' dir vom System ruhig mehrere Terminvorschläge geben. Ich vergleiche sie mit meinen und dann sehen wir weiter!"

Gleich am nächsten Tag rufe ich die Urlaubsplanung auf meinen Monitor und markiere verschiedene Möglichkeiten. Diese sende ich über den Messenger sogleich an Raimond. Eine halbe Stunde später gebe ich den Urlaubstermin, der mir Raimond übermittelt, in unsere Urlaubsplanung ein. Nun heißt es zittern, ob das System mir den Urlaub genehmigt. Gegen Abend komme ich mit dem genehmigten Termin nachhause und schreibe Raimond, dass ich Erfolg gehabt habe.

Als der Termin näher rückt, frage ich Raimond:
"Was muss ich alles einpacken, Liebster?"

"Genügend Unterkleidung und Nachtwäsche für zwei Wochen," schreibt er über den Messenger zurück. "Dazu normale Oberbekleidung, die ich an dir so mag, und ein oder zwei Gala-Kleidung für besondere Anlässe. Dazu noch deine Hygieneartikel und Kosmetika."

'Hm,' denke ich und zittere vor Aufregung und Vorfreude. 'Ich packe lieber von jeder Sorte ein Exemplar mehr ein - für den Fall der Fälle. Man weiß ja nie.'

Dann ist der Tag der Abreise gekommen. Ich habe einen Koffer gefüllt und ein Backpack. Zur vereinbarten Uhrzeit hält eines dieser selbstfliegenden Lufttaxis vor der Tür, an der sich Raimond immer von mir verabschiedet. Ich gehe hinaus zu ihm. Er ist ausgestiegen und hilft mir beim Verstauen des Gepäcks und hält mir beim Einsteigen die Tür auf, damit ich mich nicht stoße.

Anschließend setzt er sich neben mich und sagt:
"London Heathrow International Airport!"

Er hält seine Karte an das Lesegerät und schon hebt das Fluggerät ab. Ich bin auf das Weitere gespannt. Im Flughafen folge ich Raimond in den Abflugbereich. Er hat mir meinen Backpack abgenommen und sich lässig über seine linke Schulter gehängt. Wir gehen auf die Dame am Schalter zu. Dort zeigt er seine ID-Card und fragt nach unseren Flugkarten.

Sie sucht nun den Umschlag heraus und fragt auch mich nach meiner Card. Anschließend erhält er den Umschlag. Jetzt wendet er sich zur Gepäckabfertigung. Hier müssen wir uns in eine Schlange stellen. Als wir an der Reihe sind, gibt er unsere beiden Koffer ab. Der Mitarbeiter lässt sich dafür unsere Flugkarten zeigen und löst zwei Klebezettel von einer Unterlage, die er auf die Koffer klebt. Danach fragt er nach dem Backpack.

Raimond lächelt ihn freundlich an und sagt:
"Den nehme ich mit in die Kabine."

Der Mann nickt, stellt unsere Koffer auf einen Wagen und wendet sich an die Leute, die hinter uns stehen. Raimond wendet sich zu mir und meint:

"Gehen wir zu den Sesseln da hinten. Von dort lässt sich die Anzeige ganz gut beobachten."

Er wendet sich zum Wartebereich und wieder folge ich ihm. Dort setzen wir uns und greifen zu den ausliegenden Zeitschriften. Inzwischen weiß ich, dass unser Zielflughafen der John F. Kennedy International Airport in Nordamerika ist. Endlich wird unser Flug aufgerufen und das Gate bekanntgegeben. Wir erheben uns und gehen auf das Gate zu. Dort checkt man noch einmal unsere Flugkarten und winkt uns dann durch. Über die Gangway betreten wir das Flugzeug und suchen unsere Sitzplätze, die Raimond nebeneinanderliegend gebucht hat. Er schiebt den Backpack in das Gepäckfach über uns. Danach machen wir es uns auf den Sitzen gemütlich.

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Dienstag, 14. Februar 2023
Neue Heimat L98 59b (03)
Die Bedienung verlässt uns wieder, tippt am Tresen ihre Notizen in den Abrechnungscomputer und erhält einen Bon. Sie bringt mir nun den Bon und ich zücke meine Karte, die ich kurz über ihr Lesegerät halte. Als die Transaktion geschehen ist, bedankt sie sich höflich.

Wir haben uns in der Zwischenzeit erhoben. Jetzt gehen wir nebeneinander auf den Ausgang zu. Raimond hält mir lächelnd die Tür auf und tritt nach mir auf den überdachten Pedway, rechts und links befinden sich weitere Gastronomien, aber auch Geschäfte. Wir schlendern an den Schaufenstern entlang, ohne uns wirklich für die Auslagen zu interessieren. Stattdessen unterhalten wir uns über die vier Tugenden, die er im Café angesprochen hat. Ich will mehr darüber wissen und wie er zu der gegenseitigen Wirkung steht.

Es ist schon längst Nacht geworden, als ich anspreche:
"Ich muss jetzt langsam nachhause, Raimond!"

"Darf ich dich nachhause bringen?" fragt er mit gespannter Miene.

Ich nicke lächelnd und schränke ein:
"Aber nur bis zur Haustür!"

Raimond schüttelt den Kopf und verspricht:
"Das ist selbstverständlich!"

Wir gehen zum Landeplatz der Lufttaxis. Dort steigen wir in ein wartendes Taxi und ich nenne der Automatik das Ziel. Raimond hält seine Karte an das Lesegerät und das selbstfliegende Taxi hebt ab. Am Ziel angekommen, lässt er mich aussteigen und fragt:

"Sehen wir uns wieder?"

Ich lächele ihn an und antworte:
"Gerne!"

Während ich mich umwende und auf die Tür zugehe, hinter der der Aufzug liegt, startet hinter mir das Lufttaxi.

*

Wir leben mit 93 Milliarden anderen Menschen auf der Erde, die sich inzwischen zu einem Stadtplaneten entwickelt hat. Den Boden bedecken automatische Fabriken. Dazwischen und darüber steht ein Wald von Hochhäusern, die mehrere hundert Meter hoch sind. Nur hier und da, wo alte erhaltungswürdige Bauten stehen mit wunderbaren Parks, lassen die Hochhäuser Platz.

Es gibt auch Parks, in denen indigene Menschen nach ihren Jahrtausende alten Regeln leben. Sie kümmern sich mit Hilfe von Park-Rangern auch um die Tierwelt in ihrem Lebensraum. Spontan fallen mir dazu das Amazonasbecken, die nordamerikanische Prairie, das Okavango-Delta in Afrika, der Dschungel in Süd- und Südostasien ein.

Die Nahrungsmittel für die 93 Milliarden Menschen werden in speziellen Firmen mittels Vertical Farming erzeugt. Andere Artikel des täglichen Bedarfs fertigen Firmen aus dem Recyclen von weggeworfenen Artikeln an. Wasser wird unter anderem der Atmosphäre entzogen und in einem Kreislauf immer wieder verwendet.

Auswanderer von der Erde haben sich auf der Venus in ‚Wolkenstädten‘ angesiedelt. Ihr größter Exportartikel ist Raketentreibstoff, der aus der Atmosphäre der Venus gewonnen wird. Aus dem atmosphärischen Kohlendioxyd wird Karbon für Konstruktionselemente gewonnen und ebenfalls zur Erde transportiert. Außerdem wird in einer Moonbase viel produziert, was wegen der Umweltgesetze auf der Erde nicht möglich ist.

Manches Mal habe ich schon den Eindruck, dass die Menschen sich gegenseitig auf die Füße treten. In den letzten Jahrhunderten hat sich darum ein besonders respektvoller Umgang miteinander eingebürgert. Die Politik hat verschiedene Maßnahmen unternommen, die Erdbevölkerung weniger stark anwachsen zu lassen, aber nichts hat wirklich Nutzen gezeigt.

Gleichzeitig haben die Wissenschaftler natürlich nach erdähnlichen Planeten im näheren Umkreis der Sonne Ausschau gehalten. Zuerst muss man ein vielversprechendes Sonnensystem aus der Nähe erkunden, bevor man ein Kolonisten-Raumschiff losschickt. Dazu muss man ein automatisches Raumschiff starten, da man ja nicht weiß, was einen irdischen Raumfahrer in dem Zielsystem erwartet. Gleichzeitig muss man die langen Flugzeiten berücksichtigen. Mit welchem Antrieb muss man ein solches Raumschiff ausrüsten?

*

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