Samstag, 11. Februar 2023
Neue Heimat L98 59b (02)
"Ja, das habe ich," gibt er unumwunden zu. "Es ist ein amerikanischer Begriff, der 'Domestic Discipline' bedeutet. Aber es gibt nicht nur das eine DD, sondern verschiedene Ausprägungen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie Regeln aufstellen und der dominante Part das Einhalten kontrolliert. Im Zweifelsfall wird der devote Part für eine Übertretung bestraft. Ich habe mich ja schon beim Schreiben über den Messenger dazu geäußert, dass ich dieses Sanktionieren nicht mag. Ich bin eher dafür, dass regelkonformes Verhalten belohnt wird."

"Richtig," antworte ich. "Das ist aber etwas, das ich bisher noch nicht getroffen habe. Deshalb wollte ich dich unbedingt kennenlernen! Erklärst du mir dein DD bitte?"

Ich schaue ihm dabei in die Augen. Sein Lächeln verdunkelt sich einen Wimpernschlag lang.

"Auch ich bin für feste Regeln in einer Beziehung, wie auch immer sie geartet ist," erklärt er. "Es handelt sich um Respekt, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Gehorsam. Ich nenne sie die vier Säulen. Bricht eine Säule weg, fällt das ganze Gebilde in sich zusammen. Außerdem bin ich der Meinung, dass nicht nur der devote Part an diese Regeln gebunden ist, sondern es handelt sich dabei um zweiseitige Tugenden. Auch der dominante Part sollte sich daranhalten. So entwickelt sich gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung, die in Beziehungen jeglicher Art äußerst wichtig sind."

"Hm," mache ich nun. "Du hast jetzt schon zweimal kurz hintereinander das Wort 'Beziehung' angesprochen..."

Er nickt mir lächelnd zu und antwortet:
"Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, ich 'falle mit der Tür ins Haus'. Eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich sympathisch sind, muss wachsen. Das braucht Zeit. Zuerst macht man sich miteinander bekannt. In diesem Stadium sind wir jetzt! Man checkt ab, ob man gleiche Interessen und Hobbys hat, oder zumindest, ob man sich vorstellen kann, die Interessen seines neuen Bekannten zu teilen. Man teilt die gemeinsame Freizeit und schaut dabei, wie der Bekannte dabei auf Einen wirkt.
Mag man sich und stellt fest, dass der Andere gerne mit Einem zusammen ist und man sich wertgeschätzt fühlt, freundet man sich an. Wächst die Freundschaft und es kommt mit der Zeit Liebe hinzu, entscheidet man sich zusammenzuziehen."

Inzwischen hat er seine Mini-Pizza verputzt und die große Cola getrunken. Nun fragt er mich:

"Darf ich die Bedienung rufen?"

Ich nicke ihm lächelnd zu, also hebt er die Hand. Kurz darauf steht die Bedienung wieder an unserem Tisch.

"Möchten Sie noch etwas bestellen?"

Raimond schüttelt den Kopf und meint:
"Nein, wir wollen gehen. Bringen Sie bitte die Rechnung!"

"Geht das zusammen, oder getrennt?"

Raimond schaut mich lächelnd an und nickt unmerklich mit dem Kopf. Ich meine daraufhin:

"Okay."

Nun antwortet er der Bedienung:
"Das geht zusammen!"

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Mittwoch, 8. Februar 2023
Neue Heimat L98 59b (01)
--Stadtplanet Erde--

Er verharrt kurz an der Tür des Cafés und schaut in die Runde. Dann zeigt sich ein feines Lächeln auf seinen Lippen und er nähert sich meinem Tisch.

"Guten Abend," grüßt er mich höflich. "Darf ich mich zu Ihnen setzen?"

Ich nicke lächelnd und er rückt einen Stuhl zurecht, um sich mir gegenüber an den Tisch zu setzen. Kaum hat er Platz genommen, ist auch schon die Robot-Bedienung heran und fragt:

"Guten Abend, der Herr. Haben Sie einen Wunsch?"

Mein Gegenüber wendet sich ihm zu und bestellt:

"Eine Cola und eine Mini-Pizza mit Thunfisch."

"Eine große Cola?" fragt die Robot-Bedienung noch einmal nach.

Mein Gegenüber nickt und bestätigt:
"Ja."

Nun sind wir für ein paar Minuten wieder allein. Er spricht mich an:

"Ich freue mich, dass wir uns heute Abend treffen, Sophie. Wir haben uns auf dem Messenger ja schon sehr gut verstanden. Aber das reale Treffen halte ich für wichtiger. Nur so kann man feststellen, ob Sympathie überspringt."

Ich nicke ihm freundlich zu und antworte:
"Stimmt, das sehe ich auch so, Raimond."

Sein Blick hat etwas Gefühlvolles. Ich bin irgendwie gefesselt von seinen Augen. In diesem Moment werden wir von der Robot-Bedienung gestört, der meinem Gegenüber seine Bestellung bringt. Nun meint Raimond:

"Ich habe dir die Gestaltung des Abends überlassen. Ich bin der Meinung, dass man sein Gegenüber am besten kennenlernt, wenn sie freie Hand hat."

"Hm," mache ich, und schaue ihn zweifelnd an. "Wir haben im Messenger über alles Mögliche geredet. Ich halte es für authentischer, wenn wir über das alles gerne noch einmal Aug in Aug reden. Dazu sind Spaziergänge besonders geeignet."

"Gerne," meint er mit einem gewinnenden Lächeln. "Dann beginnen wir hier, und wenn wir bezahlt haben, wandern wir draußen an den Schaufenstern entlang, wenn du magst."

Ich überlege kurz, werfe dann aber jede Planung über den Haufen, mit der ich vorgehabt habe das Gespräch zu steuern.

"Du hast schon etwas von DD gehört?" beginne ich.

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Sonntag, 5. Februar 2023
Aufbruch ins All -83
Mehrfach hat uns die künstliche Intelligenz unseres Fernaufklärers auf unserem Weg zum Mars über Meteoriten-Schwärme informiert. Wir sind dann immer zu den Kontrollen in der Pilotenkanzel gespurtet, nur um dort zu sehen, dass die Automatik die Gefahr jedes Mal elegant umgangen hat.

Schließlich schwenkt sie das Raumschiff in den weiten Marsorbit ein und erreicht eine stabile Flugbahn. Der Warp-Antrieb wird abgeschaltet und uns empfängt die Schwerelosigkeit des Weltalls. Während Mirco nun alle Instrumente ausprobiert, die Daten aus der Umlaufbahn sammeln können, schwebe ich durch die Kabine und sammele alle schwerelos umhertreibenden Gegenstände ein.

Wir glauben zwar nicht, dass wir neue Erkenntnisse über den Mars gewinnen, aber so gewinnt Mirco Routine und ich setze mich in Meditationshaltung hin, um mich zu versenken und Kontakt mit Reiki aufzunehmen. Damit versuche ich, Kontakt zu Marsianern zu bekommen, ohne dass sie etwas davon bemerken.

Bald beobachte ich die Strömungen des Reiki auf dem Planeten. Es ist, als würde ich wellenförmige Gebilde sehen, die von den Lebewesen ausgehen. Die größte Ansammlung scheint am Hang des größten Vulkans im Sonnensystem zu existieren, dem 22 Kilometer hohen Olympus Mons.

Interessiert richte ich meine Aufmerksamkeit dorthin. Ich fühle mich bald, als würde ich durch die Straßen der Stadt fahren. Anscheinend kann ich durch die Augen eines Marsianers schauen. Er sitzt in einem bodengebundenen selbstfahrenden Fahrzeug. Mit ihm sitzen noch drei weitere Personen darin. Zwei der Personen sind noch jungen Alters. Ich beobachte hier bestimmt den Ausflug einer Familie.

Der Wagen verlässt die Straße und hält in einer Parkbucht. Die Familie steigt aus und geht auf ein Portal zu. Es öffnet sich bei ihrer Annäherung und sie betreten einen größeren Raum. Die Person, durch die ich die Szenerie beobachte, lässt ihren Blick schweifen. Ich erkenne einen Wartebereich mit Sitzgelegenheiten, eine Treppe, eine Tür im hinteren Bereich und schließlich einen Tresen mit einer weiteren Person dahinter.

Die andere erwachsene Person aus meiner Gruppe ist schon vorgegangen und verhandelt nun mit der Person hinter dem Tresen. Danach gehen alle Vier auf die Tür im Hintergrund zu. Sie treten hindurch und stehen im Innenhof eines großen Gebäudes. Dort ist eine uralte Landekapsel aufgebaut und zwei Puppen in Raumanzügen stehen davor.

Auf einem Bildschirm kann man Bilder von dieser ersten bemannten Marsexpedition sehen und aus einem Lautsprecher kommen Erklärungen dazu. ‚Meine Familie‘ schaut sich das Arrangement an. Plötzlich verharrt eines der Kinder und hält sein Geschwister und seine Eltern auf. Ich verstärke den Kontakt und 'höre' quasi mit, was der Lautsprecher den Besuchern erklärt.

Auf diese Weise bin ich bald über die Geschichte des Mars aus der Sicht der Marsianer informiert. Als die Leute ein Restaurant besuchen, ziehe ich mich zurück und öffne meine Augen.

"Ah, du bist erwacht!" stellt Mirco nun fest. "Ich habe einige unterirdische Siedlungen erkannt, die alle durch Röhrenbahnen miteinander verbunden sind. Sie haben ihr Leben also komplett unter die Oberfläche verlegt."

"Hast du die Siedlungen kartographiert und den Verlauf der Bahnen eingefügt?" frage ich erwartungsvoll.

"Ja, das habe ich," bestätigt Mirco.

"Okay... Delta-8a!"

"Kommandant?" tönt es aus einem Lautsprecher.

"Ich spreche dir meine Beobachtung auf den Speicher. Du wirst sie an die aktuelle Karte des Mars meines Kollegen anhängen und einen Funkspruch vorbereiten."

"Verstanden, Kommandant."

Nun berichte ich minutiös, was ich durch die Augen des Marsianers gesehen habe. Als ich geendet habe, fügt 'Delta' alles zusammen und sendet es zur Erde. Der Funkspruch ist mehrfach verschlüsselt, damit nur die Meisterin Jade Dubois im Jinja -Schrein- die Nachricht empfangen kann. Sie wird die Nachricht in etwa 20 Minuten erhalten und bestimmt darüber erfreut sein.

Zwei Stunden später kommt ihre Antwort herein. Sie bedankt sich sehr für die neuen Informationen über den Mars und berichtet, dass sie den Inhalt meines Funkspruches auch an Saiko Chisei -oberster 'Mann mit Geisteskraft'- Fujiwara-Sensei weitergegeben hat.

'Hm,' denke ich voller Erwartung. 'Auf seine Reaktion bin ich gespannt.'

Laut sage ich: "Delta-8a! Wieviel Treibstoff befindet sich noch in den Tanks? Wie hoch ist der Füllstand in Prozent?"

Die KI gibt die Information auf den Frontbildschirm und spricht sie auch akustisch aus. Ich wende mich an Mirco:

"Master Dayak hat sich noch nicht gemeldet?"

"Nein, bisher noch nicht."

"Okay, wenn wir weiterfliegen, wohin sollen wir uns dann wenden?"

"Aus geologischer Sicht?" fragt Mirco zurück.

Ich nicke und er ergänzt:
"Wir sind weit von der Erde weg. Ceres oder Vesta wären interessante Ziele, aber wenn ich deinen Bericht über die Space Ressource Corporation berücksichtige, bleiben wir besser von diesen Himmelskörpern fern."

"Das werden wir!" bestätige ich ihm. "Aber wir kennen mindestens 600.000 Himmelskörper von einem Dutzend Kilometer bis über 600 Kilometern Durchmesser dort. Wir können ohne Probleme durch den Asteroidengürtel fliegen, um ins äußere Sonnensystem zu kommen. Dahin sind wir jedoch Monate unterwegs. Wenn wir uns um die Asteroiden mittlerer Größe kümmern und uns dabei von den Kleinplaneten fernhalten, können wir uns jahrelang beschäftigen, ohne von der Space Ressource Corporation entdeckt zu werden!"

"Das wird dann aber bald zur Routine. Routine kann in unserem Beruf tödlich sein!" gibt Mirco zu bedenken.

"Das ist richtig!" gebe ich ihm recht und lächele. "Wir werden also nur eine Handvoll Asteroiden anfliegen und dann erstmal zur Erde zurückkehren."

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