Dienstag, 5. Dezember 2023
Keltische Druiden -06
Er hat mir einen Wanderstab hergestellt, damit ich nicht so schnell ermüde auf unseren Wegen. Als wir auf unserer Wanderung zu einer Lichtung gekommen sind, die von einer riesigen Dair -Eiche- beherrscht wird, hat er den Wanderstock mit einem Zauberspruch und einer Kraft-Rune magisch aufgeladen. Seitdem fühle ich mich viel leichtfüßiger und sicherer.

Unterwegs zeigt er mir Wildpflanzen, von denen man sich ernähren kann. Auch führt er hin und wieder bestimmte Bewegungsfolgen aus und wirkt dann oft so entrückt, dass ich ihn gar nicht anzusprechen wage. Gemäß seinem Auftrag präge ich mir alles ein, was ich sehe und höre. Als ich ihn beim Essen von ausgegrabenen Wurzeln, die wir anschließend in einem Bach von Erde befreit haben, danach frage, erklärt er:

"Die Anam -Seele- und der Körper sind eins in jedem lebenden Wesen. Über den Körper kann man daher auch die Seele bilden. Um das zu erreichen, haben die Ahnen uns gelehrt, die Natur zu beobachten. Wir müssen uns versenken und mit der Natur eins werden.
Wenn wir das schaffen, beseitigen wir den Widerstreit in uns und entdecken die Harmonie von Körper und Seele. Es kann ein halbes Leben dauern, dies zu beherrschen!"

"Ehrwürdiger Niallan -Meister-, diese Bewegungen, die Ihr in voller Konzentration durchführt, dienen also dazu mit der Natur in Einklang zu kommen?" frage ich weiter.

"Du musst lernen, deinen Körper zu beherrschen, junger Chihn -Schüler-!" rät er mir nun. "Wenn du eine Bewegung ausführst, musst du hochkonzentriert die Bewegung verfolgen. Umso größer wird deine Kraft werden."

"Niallan Fion -Meister 'der Kenntnisreiche'-? Welche Kraft meint ihr?"

Er antwortet mir:
"Die Menschen, die ihre Körperkraft konzentriert ausbilden, finden darüber innere Kraft."

"Wird sie mich mehr schützen, als meine äußeren Kräfte ausgeführt mit den Armen und Beinen?"

Druid Fion an meiner Seite entgegnet mir nun:

"Solange das Herz furchtlos ist, gibt es keine Furcht! Wenn deine Anam -Seele- stark ist, schmilzt alle Furcht dahin, als wäre sie eine Schneeflocke, die in deine Hand fällt!"

"Ehrwürdiger Niallan -Meister-, wie kann man seine innere Stärke finden?" frage ich interessiert weiter.

"Indem man mit der Natur um uns herum eins wird."

"Aber die Natur ist wild und gefährlich! Man muss sie fürchten, haben mich meine Eltern gelehrt," rede ich dagegen.

Der ehrwürdige Niallan -Meister- antwortet mit einem wissenden Lächeln:

"Wo Math -Bär- und Mann unvereint sind, kann er sterben. Doch, wo der Bär und der Mann eins sind, gibt es keine Angst, keine Gefahr. Welche Kreatur, die eins ist mit der Natur, greift sich selbst an?"

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Samstag, 2. Dezember 2023
Keltische Druiden -05
Am folgenden Tag bleibt Rigani im Haus zurück. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass Drystan, der Hausherr, verletzt auf einem Krankenlager liegt. Rigani wird ihn pflegen, während wir anderen in aller Frühe aufbrechen, um meiner Familie die letzte Ehre zu erweisen.

Wir sind gegen Mittag an der Unglücksstelle angelangt und der Kian -weise Mann-, ein umherwandernder Druid -Wissender-, reinigt den Ort mit dem entsprechenden Ritual, wobei er spricht:

"Wind des Nordens, Wind des Südens,
Wind des Ostens und Wind des Westens.
Schützt mit euren Winden die Kinder des Lichts,
die zusammenkommen um ihren Ahnen zu huldigen.
Schütze uns vor allen bösen Mächten,
doch die Guten lasse herein, solange wir hier sind."

Nun baut er eine Verbindung zur Anderswelt auf, nachdem die jungen Männer ein Feuer angezündet haben. Da hinein lässt er eine Räuchermischung rieseln. Moja, die währenddessen leise geklagt hat, nimmt mich beiseite, stellt sich hinter mich und legt mir ihre Hände auf die Schultern. Als der Kian -weise Mann- nun die Arme gen Himmel hebt, seinen Stab in der rechten Hand haltend, beginnt sie laut zu klagen. Der weise Mann spricht:

"Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Kommt, denn es ist bereit.
Sprecht, denn wir sind bereit.
Wir öffnen uns, so öffnet euch.
Wir zeigen uns, so zeiget mir:
Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Wir sind euch ergeben
Zeiget euch! Öffnet euch!"

Ich fühle ein Kribbeln und meine, dass irgendetwas, ein Luftzug vielleicht, über meinen Kopf streicht. Meine lieben Eltern und Geschwister sind bei mir! Meine Mamaí -Mama- ist mir nah! Moja gibt mir einen kleinen Schubs. Ich gehe auf das Feuer zu und werfe eine Opfergabe hinein. Danach bedankt sich der Kian -weise Mann- bei den Geistern und schließt das Totenritual. Wir setzen uns und essen die mitgebrachten Speisen. Anschließend machen wir uns auf den Rückweg.

*

Ich fühle mich sehr geehrt, dass der weise Mann -Kian- mich zu seinem Chihn -Schüler- erwählt hat. Normalerweise hätte ich, Erin, auf dem Hof des Drystan arbeiten sollen bis ich im heiratsfähigen Alter bin. Danach wäre ich auf Brautschau gegangen und hätte mit der Erlaubnis des Gebietsherrn, eines Capallan -Reiter/Ritter-, den elterlichen Hof wieder aufgebaut.

Dadurch dass der Kian aus dem Stand der Druidi mich als sein Schüler auserkoren hat, kann ich im Laufe der Jahre zu einem Druid werden. Ob ich dann, wie der weise Mann als Wander-Druid zu den Olkani -Bauern- gehen werde oder in einem Dorf sesshaft werde, steht heute noch in den Sternen.

Der Kian ist etwa drei Wochen im Haus des Drystan geblieben, bis der Bauer sich auf seinem Stock fortbewegen konnte. Auch der Abszess seines Capall -Gaul- ist in der Zeit verheilt. Schon in dieser Zeit habe ich meine Augen und Ohren offengehalten. Diese Bedingung hat der weise Mann mir gestellt: Ich soll zuschauen und zuhören bei allem, was er macht, und das alles auswendig lernen.

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Mittwoch, 29. November 2023
Keltische Druiden -04
Ich fühle das Bärenfell, das den Eingang verschließt, und drücke mich daran vorbei. Nun taste ich mich weiter in die Richtung, in der auch bei uns die Grube gelegen hat, in der Lebensmittel lagern. Ich schleiche die Leiter hinunter, kann aber nicht verhindern, dass sie knirscht. Danach taste ich mich an den Gestellen entlang und stecke in meine lederne Gürteltasche, was ich finde.

Plötzlich springt jemand in die Grube und wirft mich dabei um. Er zerrt mich hoch und schiebt mich die Leiter wieder hoch. Dabei bleibt er auf Tuchfühlung hinter mir. Hoffentlich kann ich mich losreißen, wenn ich oben bin, er aber mit seinen Füßen noch auf der Leiter steht! Aber nein, oben werde ich von zwei starken Armen in Empfang genommen. Mich wehrend versuche ich loszukommen, aber da ist schon der Andere von der Leiter auf den festen Boden gestiegen.

Nun zündet jemand eine Kerze an und nähert sich uns. Einer der Männer, die mich festhalten erklärt der Person mit der Kerze, wie und wo er mich ergriffen hat.

Eine Frau, das muss unsere Nachbarin Moja sein, lobt ihren Sohn dafür. Dann leuchtet sie mir mit der Kerzenflamme ins Gesicht und ruft überrascht aus:

"Erin! Was, bei Tailtiu -Göttin der Landwirtschaft-, machst du mitten in der Nacht in unserer Vorratsgrube?"

Sie hat mich erkannt! Reumütig erzähle ich ihr, was gestern in der Abenddämmerung geschehen ist. Dabei werde ich von Gefühlen übermannt und schluchze auf. Tränen laufen meine Wangen hinunter. Moja sagt vorwurfsvoll, dass ich mich ruhig bemerkbar hätte machen sollen. Ich hätte meinen Hunger stillen dürfen und eine Schlafstatt bekommen für den Rest der Nacht. Sie erklärt, dass ihr Mann Drystan mich an Kindesstatt angenommen hätte und ich damit eine neue Familie bekommen würde.

Ich muss meine Gürteltasche leeren und darf etwas davon essen. Den Rest bringt ihr Sohn wieder in die Grube zurück, während sein Bruder ihm mit einer Kerze leuchtet. Danach bekomme ich ein Strohlager und darf mich zum Schlafen hinlegen. Das will mir allerdings nicht wirklich gelingen.

Moja und ihre Tochter Rigani bereiten in der Morgendämmerung das Frühstück. Danach fordert sie ihre Söhne Bedran und Myrddin auf, zum Nachbarhof zu gehen und zu schauen, was noch brauchbar ist. Dabei sollen sie die verkohlten Dachsparren vorsichtig auseinanderräumen und nach den Toten suchen, damit sie begraben werden können.

Als die Männer aufbrechen kommt Rigani zu mir und lenkt mich mit Kinderspielen ab, während Moja mit zubereiteten Lebensmitteln in den hinteren Bereich des Hauses geht. Nun sehe ich auch, dass ein Kian -weiser Mann- im Haus genächtigt hat. Er folgt Moja.

Am Abend kommen Bedran und Myrddin wieder zurück. Sie berichten, was sie vorgefunden haben und dass es sich mit meiner Schilderung deckt. Sie haben eine viereckige Grube ausgehoben in der Nähe der Steine, die die Gräber meiner Ahnen kennzeichnen und die Körper hineingeworfen. Dann haben sie alle Gebrauchsgegenstände, die sie in der Asche unseres Hofes finden konnten hinzugetan und die Grube zugeschüttet.

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