Mittwoch, 7. Februar 2024
Keltische Druiden -28
Wieder einmal verlasse ich das Haus des Meisters, um im Wald Kräuter und Pilze zu sammeln, die ich in der Grube trocknen will. Ich betrete den Wald und tauche ein in das ewige Dämmerlicht. Als ich mich nach Speisepilzen bücke, höre ich das gefährliche Brummen eines Bären in meinem Rücken. Schlagartig komme ich hoch und spüre den drängenden Impuls in mir davon zu laufen. Ich kämpfe meine Panik nieder, denn Meister Erin hat mir eingeschärft stehen zu bleiben. Ein flüchtendes Lebewesen würde der Math -Bär- als Beute ansehen.

Also bleibe ich wie angewurzelt stehen. Ich habe eine Vision, oder wie soll ich es nennen? Meister Erin, der doch zuhause geblieben ist, steht plötzlich in meiner Nähe. Deutlich kann ich ihn zwar nicht erkennen. Es ist eher so, als befände er sich hinter einem Schleier. Er beginnt zu sprechen:

"Gut hast du das gemacht, Venia! Panik ist in dieser Situation fehl am Platz. Beruhige dich erst einmal: Atme ein paar Mal tief ein und aus! - Gut. Und jetzt sprich mir nach:
Dair, Dair, Dair -Eiche-
rege deine Wurzeln
Dair, Dair, Dair -Eiche-
strecke deine Äste
Dair, Dair, Dair -Eiche-
wache auf aus deinem Schlaf
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes gebt mir euern Schutz
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes zeigt mir euren Fluss!"

Ich spreche den Spruch des Meisters nach. Sein Bild verblasst allmählich und kurz darauf bin ich wieder allein. Allein? Natürlich nicht! Ein Math trachtet mir nach dem Leben!

Verstohlen schaue ich in die Richtung, wo sich der Math -Bär- eben drohend auf den Hinterbeinen aufgerichtet hat. Er hat sich wieder auf alle Viere sinken lassen und schlägt mal mit der rechten, mal mit der linken Tatze nach einem Vogel. Dieser kommt erst von einer, dann von der anderen Seite im Sturzflug auf die Nase des Bären zu, gewinnt flatternd an Höhe und wiederholt die Attacke. Dem Bären scheint es bald unangenehm zu werden, denn er dreht ab und verschwindet im Unterholz.

Nun kommt der Vogel im Sturzflug auf mich zu, streckt die Füße vor und bremst seinen Flug kurz vor mir. Danach sitzt er auf meiner Schulter und drückt seinen kleinen Kopf an meine Wange. Ich lache vor Erleichterung und weil ich den Luftakrobaten erkannt habe. Es ist der Sgrechlah -Eichelhäher-, den ich vor einiger Zeit mit Meisters Hilfe gesundgepflegt habe.

Nun mache ich mich auf den Heimweg. Der Eichelhäher bleibt auf meiner Schulter sitzen, bis ich den Waldrand erreiche. Ich habe schon befürchtet, dass er mir wieder nachhause folgt, aber er gehört in den Wald - und das scheint er auch zu wissen.

Zuhause angekommen berichte ich Meister Erin von meinem Erlebnis. Er lächelt wissend und antwortet mir:

"Bald wird es dir auch möglich sein, die Schwingungen der Natur und der Lebewesen in ihr zu erspüren. Dann wirst du so schnell nicht wieder in eine überraschende Situation kommen. Du wirst den Bären frühzeitig spüren und ihm aus dem Weg gehen können. Daneben wird dir mit einer gewissen Konzentration gelingen, andere Lebewesen wie durch einen Schleier zu sehen und ihnen eine Nachricht zukommen lassen.
Außerdem hast du ein Krafttier erlangt, dass dir hilft, in gefährlichen Situationen zu bestehen oder dich zu führen, solltest du einmal in unbekannte Gegenden gelangen. Der Eichelhäher sieht die Bitu -Welt- von oben, hat dadurch den besseren Überblick und kennt den Weg zurück!"

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Montag, 5. Februar 2024
Keltische Druiden -27
Also mache ich ein paar Gänge allein in den Wald, um mich dort mit der Natur zu verbinden. Während eines Rückweges entdecke ich einen am Boden hockenden Eichelhäher, der weder krächzt noch auffliegt, um sich zu entfernen. Ich gehe in die Hocke und streiche ihm sanft über den Rücken. Der Vogel lässt es geschehen. Er zeigt mir gegenüber volles Vertrauen, als gehöre ich zu ihm. Einer seiner Flügel spreizt er unnatürlich ab.

Ich entscheide mich dafür, ihn mit nachhause zu nehmen. Meister Erin wird sicher wissen, was man gegen einen gebrochenen Flügel unternehmen kann. Also fasse ich vorsichtig mit beiden Händen zu und setze ihn in den Korb zu den gesammelten Pflanzen.

Wie so oft, wenn Meister Erin zuhause geblieben ist, wird mir bei meinem Eintreffen sogleich das Bärenfell zur Seite gehoben. Ich habe mich schon daran gewöhnt, schlüpfe durch den Eingang und setze den Korb ab. Dann frage ich den weisen Mann:

"Ehrwürdiger Meister, schau dir den Sgrechlah -Eichelhäher- einmal an. Wie kann ich ihm helfen?"

Der Kian -weiser Mann- nickt und erklärt, dass ich dem Vogel den gebrochenen Flügel schienen soll. Er gibt mir Schritt-für-Schritt-Anweisungen und lässt mich alles selbst machen. Anschließend hole ich Körner herbei und füttere den Vogel. Eine Teeschale dient als Vogeltränke.

Nach einer Weile meint der weise Mann, wir könnten ihm den Verband abnehmen. Statt, dass er auffliegt und durch ein Windauge in die Freiheit entweicht, folgt er mir hüpfend. In der folgenden Nacht schläft er an meiner Schlafstatt, ein Bein ins Gefieder gezogen.

Beim Frühstück am nächsten Tag frage ich deshalb:
"Meister Erin, sollte der Sgrechlah nicht besser in den Wald zurückkehren?"

"Wenn du das für das Bessere hältst, Venia, dann nimm ihn heute mit in den Wald."

Ich folge dem Rat des Meisters und halte im Wald den Korb, in dem der Vogel sitzt und alles neugierig beäugt, über meinen Kopf. Kurz darauf spüre ich, wie er die Flügel ausbreitet und zu einem Baum in der Nähe fliegt. Er lässt sich auf einem Ast nieder und äugt von dort zu mir herüber.

Er schaut mir zu, wie ich die Wyda-Übungen mache, die der Meister mir beigebracht hat. Danach bücke ich mich und sammele Heilpflanzen für Tees und Salben. Als ich mich dabei wieder einmal aufrichte, ist der Vogel verschwunden.

*

Wenn Meister Erin mit mir zusammen in den Wald geht, redet er oft von 'Odam' -Lebenskraft, -energie-. Wieder geht es um Schwingungen in der Natur, die ich erspüren soll. Diesmal spricht er aber vor allem von der Kraft der Bäume.

Dazu setzen wir uns unter eine riesige Eiche und er leitet mich an, die Augen zu schließen und nach innen zu horchen. Eine Menge Gedanken fließen dort an mir vorbei. Ich soll nun versuchen, an den Quell meiner Gedanken vorzustoßen.

Dort könnte ich die Schwingungen der Erde und der Bäume erfühlen. Meister Erin erklärt mir, dass Odam die Schwingungen und Energien der Bäume mit dem uralten Wissen der Druidi verbindet. Odam sei eine Erdenergie, die durch jedes Lebewesen fließt. Die Wurzeln der Bäume reichen tief in die Erde, so dass sie Odam in sich aufnehmen und über ihre Äste und Zweige weitergeben können.

"Ist ein Druid mit dieser Energie vertraut, kann er sie durch Handauflegen auf andere Lebewesen übertragen. Deren Körper und Anam -Seele- werden dadurch geheilt, indem sie wieder miteinander in Einklang gebracht und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden."

Der Meister meint, dass man diese Energie, oder Lebenskraft fühlt, wenn man unter den Ästen eines Baumes steht oder ihn umarmt, und sich auf ihn konzentriert. Er meint, dass einige Bäume Kraft geben, während Andere Inspiration vermitteln. Ehrlich gesagt, fühle ich nichts dergleichen. Sicher gilt auch hier, dass das erst mit jahrelanger Übung klappt. Meister Erin sagt:

"Du kannst auf diese Weise im Laufe der Jahre deine persönliche Energie-Ebene erhöhen und mächtiger werden."

Jetzt hat er mich also in zwei Geheimnisse der Druidi eingeweiht, die ich nur noch weiter vervollkommnen muss. Wyda lässt mich mit der Natur und ihren Geschöpfen eins werden, 'durch den Schleier gehen', wie er das nennt und Odam aktiviert und stärkt meine geistigen Energien.

*

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Samstag, 3. Februar 2024
Keltische Druiden -26
Ich habe Meister Erin mit aufgerissenen Augen zugehört. Nun frage ich ihn:

"Ist mir das auch möglich?"

"Ich kann es versuchen, dich zu lehren. Aber es dauert lange. Du darfst nie die Geduld und deinen Mut verlieren!"

"Wann bin ich soweit?"

"Nun," meint er lächelnd. "Bei dem Einen geht es schneller, andere brauchen etwas länger und wieder andere erreichen diesen Zustand nie. Das weiß man im Vornherein nie. Darum gilt: Wenn dir daran gelegen ist, versuche es einfach!"

In der Folgezeit schaufele ich mir immer mal einen Tag frei, an dem ich Meister Erin in den Wald folge. Er zeigt mir Heilkräuter, die ich noch gar nicht kenne. Einiges weiß ich ja schon von Mamaí, aber der weise Mann kennt noch viel mehr. Wir ernten die Kräuter, um sie zuhause zu trocknen. Im Wald habe ich immer ein mulmiges Gefühl, aber der Kian -weise Mann- bewegt sich hier mit einer Selbstverständlichkeit, einer fast traumwandlerischen Sicherheit. Ich mache ihn auf meine Unsicherheit aufmerksam:

"Die Natur ist wild und gefährlich, haben mich meine Eltern von klein auf gelehrt. Man muss sie fürchten! Ich erinnere mich noch an die Begegnung mit dem Bären, als ich Euch das erste Mal traf, Meister Erin."

Der weise Mann schaut mich lächelnd an und antwortet mir:

"Wo Math -Bär- und Mensch unvereint sind, kann er sterben. Doch, wo der Math und der Mensch eins sind, gibt es keine Angst, keine Gefahr. Welche Kreatur, die eins ist mit der Natur, greift sich selbst an?"

Über diese Antwort gerate ich ins Grübeln. Nach einer Weile frage ich:

"Könnt Ihr mir zeigen, wie man eins wird mit der Natur?"

"Schließe deine Augen, Venia. Stelle dir das frische Grün im Wald und auf den Wiesen in der warmen Jahreszeit vor. Spüre den tragenden Felsen unter deinen Füßen oder die bewegende Kraft des Wassers. Du musst dich der Natur öffnen, denn alle Übungen dienen dem Ziel, die Harmonie zwischen deinem menschlichen Sein und den feinstofflichen Schwingungen der Natur herzustellen. Bleibe dabei stets gelassen! Bis du die Schwingungen wahrnimmst, können Jahre vergehen.
Außerdem gibt es gewisse Kraftorte in der Natur. Mit der Zeit wirst du fühlen, welcher Platz der Passende ist, denn der Ort wird in dir einen Widerhall erzeugen."

Sobald ich mit Meister Erin im Wald unterwegs bin, versuche ich seinem Rat zu folgen. Ich möchte mehr über diese 'Kraftorte' erfahren und frage danach. Er erklärt mir:

"Dazu gehst du am Besten alleine in den Wald. Meine Anwesenheit könnte die Schwingungen verfälschen. Bald aber hast du heraus, wie und vor allen Dingen wo du dich am besten gedanklich versenken kannst! Atme regelmäßig! Stehe aufrecht dabei! Schließe für einen Moment die Augen und fühle, was du an diesem Ort an positiven Energien fühlen kannst!
Mach dir bewusst, dass du nicht nur aus feststofflicher Materie bestehst - aus Muskeln und Knochen -, sondern dass du ein Energiefeld bist, ein feinstoffliches Wesen, die Anam -Seele-. Dein Körper existiert in diesem Feld des Lichts inmitten der Natur.
Allmählich richtet sich deine Wahrnehmung dadurch auf Sichtbares und Unsichtbares, sowie alles Fühlbare aus. Du belebst deinen Körper mit reiner Urkraft - und das ohne große Anstrengung. Auch richtest du deine Achtsamkeit nach innen und dein Sein auf die Harmonie mit der Natur."

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