Freitag, 5. April 2024
Keltische Druiden -48
Während ich vom Waldboden aufstehe, spreche ich sanft auf die Math -Bären- ein. Danach trennen wir uns. Ich gehe auf unser Dorf am Waldrand zu. Die Bären gehen in unterschiedlichen Richtungen ins Innere des Waldes davon.

Als ich unser Haus am Waldrand erreiche, schlage ich das Bärenfell zur Seite, das den Eingang verdeckt und setze mich erst einmal hin. Am Fest weiter teilnehmen mag ich nicht. Meine Eltern sind in ihrer Funktion als Druid jedoch unabkömmlich dort. Also nehme ich mir ein paar biegsame Weidenzweige und beginne einen Korb zu flechten, um mich abzulenken.

Hafren nimmt mit ihrem Mann an Lughnasadh teil und Ulik findet vielleicht eine Frau. Mir dagegen ist die Festfreude vergangen.

*

Ich sehe, wie Aileen mit einem jungen Rittersmann das Fest verlässt. Sie möchten einander kennenlernen. Dafür eignet sich ein Spaziergang am besten, bei dem man unter vier Augen miteinander reden kann.

Darüber lächelnd und hoffend, dass aus den Beiden etwas wird, kümmere ich mich wieder um die Gäste des Lughnasadh-Festes, das unser Dorf diesmal ausrichtet. Bald habe ich die Beiden vergessen.

In einer ruhigen Minute erspüre ich die Schwingungen der Lebenskraft. Ich habe durch unablässige Übungen inzwischen meinen Radius erweitern können und erfühle bald Aileen und den jungen Ritter.

Bei Aileen ist alles in Ordnung, aber die Schwingungen des jungen Rittersmannes haben sich erschreckend verändert. Aileen befindet sich in Gefahr und kein Mensch ist in der Nähe, der sie beschützen könnte.

Sie hat ein mächtiges Krafttier, den Math, aber ob sie die Gelegenheit hat, den Spruch zu sagen, mit dem sie ihr Krafttier herbeirufen kann? Ich bin unruhig und spreche nun meinerseits den Spruch halblaut vor mich hin:

"Dair, Dair, Dair,
rege deine Wurzeln
Dair, Dair, Dair,
strecke deine Äste
Dair, Dair, Dair,
wache auf aus deinem Schlaf!
Dair, Coll, Saille,
Brüder dieses Waldes gebt mir euern Schutz!
Dair, Coll, Saille,
Brüder dieses Waldes zeigt mir euren Fluss!"

Kurz darauf höre ich das vertraute Krächzen und dann landet der Eichelhäher auf meiner Schulter. Ein paar der Bauern in meiner Nähe machen große Augen. Aber was jetzt folgt, können sie nicht mitverfolgen:

Ich stelle mir in Gedanken vor, wie die Bärin zu Aileen eilt und ihr gegen den jungen Ritter zu Hilfe kommt. Er braucht ja nur von meinem Mädchen abzulassen und die Flucht ergreifen.

Der Eichelhäher berührt mit seinem Kopf meine Wange und lässt sich nach vorn fallen, während er die Flügel ausbreitet. Flatternd gewinnt er an Höhe und ist nach einem Krächzen verschwunden.

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Dienstag, 2. April 2024
Keltische Druiden -47
Eine weitere Hürde muss genommen werden, wenn sich die Beiden sympathisch sind: Die Väter müssen der Verbindung zustimmen. An mich als Tochter des Druid von Myrddins Dorf wagt sich lange kein junger Mann heran. An diesem Erntedank ist es allerdings anders: Einer der jungen Ritter tritt auf mich zu und spricht mich an:

„Seid gegrüßt, edles Fräulein. Darf ich Euch zu einem Spaziergang in den nahen Wald einladen?“

Ich bin einverstanden, und so gehen wir nebeneinander her in Richtung des Waldes. Unterwegs berichten wir uns gegenseitig, wer unsere Eltern sind und was wir zurzeit machen. Wir fragen gegenseitig unsere Vorlieben ab.

Im Verlauf des Gespräches wird er mir sympathisch. Er ist humorvoll und bringt mich ein paar Male zum Lachen. Dann fragt er mich:

„Wenn dein ehrenwerter Vater unserer Verbindung zustimmen würde… Würdest du mir dann an den Fürstenhof folgen?“

Dass Atta -Papa- zustimmt, ist nicht sicher. Ich frage ihn also, was mich am Fürstenhof erwartet. Er berichtet nun von den Ritterspielen, um im Training zu bleiben und den gelegentlichen Scharmützeln mit den Rittern benachbarter Fürsten. Die Tochter eines Druid wisse doch sicher, wie man kleine Wunden behandelt, fragt er dazwischen. Dann berichtet er von den Festen bei Hofe, dass die Frauen der Ritter dort bedienen, wie auch hier.

Nun bleibe ich stehen. Ich sehe das Krafttier meiner lieben Mathir -Mutter-, den Eichelhäher, sich in unserer Nähe auf einem Ast niederlassen. Gleichzeitig sehe ich Mamaí in Gedanken, wie durch einen Nebelschleier. Sie rät mir zum Festplatz zurück zu kommen. Sie meint, die Lebenskraft dieses jungen Mannes ließe nichts Gutes erahnen. Sie fühle Schwingungen, wie die eines Raubtieres, von ihm ausgehen.

Also bitte ich den jungen Mann, dass wir zum Festplatz zurückgehen mögen.

„Oooch,“ macht mein Begleiter da. „Ich habe noch keinen Kuss von dir erhalten!“

Er zieht mich an sich heran. Ich wehre mich gegen ihn. Nun wirft er mich um und liegt im nächsten Moment auf mir. Er kämpft mit dem Stoff meines Gewandes und will meinen Leib freilegen. Ich rufe laut um Hilfe.

Plötzlich höre ich das gefährliche Brummen eines Bären. Etwas bricht mit Getöse durch das Unterholz und nähert sich uns. Der junge Ritter lässt von mir ab und schaut auf. Dann springt er auf und zieht sein Messer. Schwerter und Bögen sind auf Festen verboten. Aber schon ist der Math -Bär- heran und schlägt den Ritter in die Flucht.

Hals über Kopf rennt der junge Mann in das Unterholz. Er erkennt einen weiteren Bären vor sich und wechselt die Richtung. Wieder erkennt er, dass er genau auf einen Bären zuläuft und wechselt erneut die Richtung. Dabei übersieht er einen Felssturz und fällt mehrere Meter einen Abhang hinunter, wo sein Körper mit Genickbruch an einem Baum hängenbleibt.

Die beiden Bären haben ihn verfolgt und schauen nun über die Kante des Felssturzes. Dann drehen sie um und laufen zu ihrer Mutter zurück. Die Bärin hat eine graue Schnauze. Ich habe sie als diejenige erkannt, von der Atta und Mamaí sagen, dass sie mein Krafttier sei. Sie hat sich zu mir gelegt, als der junge Mann geflüchtet ist. Nachdem ich mich aufgesetzt habe, leckt sie mich und ich umarme sie. Nun nähern sich die beiden jüngeren Bären und drängen sich an mich. Auch sie umarme ich und streichele sie.

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Samstag, 30. März 2024
Keltische Druiden -46
Nun breitet der Eichelhäher die Flügel aus, krächzt, lässt sich nach vorne fallen, segelt durch die Luft in der Halle und ist kurz darauf durch ein Windauge verschwunden.

Als der Atta -Papa- zum Abendessen nachhause kommt, wird er von dem Jüngsten bestürmt. Er nimmt Ulik auf den Arm. Dann ist auch schon Hafren heran, der er seinen freien Arm auf ihre Schultern legt. Sie kann nun nicht an sich halten und muss ihm Aileens Waldabenteuer erzählen.

Aileen steht beschämt da und schlägt die Augen nieder. Erin setzt seinen Jüngsten ab und winkt seine Älteste heran. Ihr legt er seinen anderen Arm über die Schultern. Wir lassen Hafren ihr Herz erleichtern, dann wendet sich auch Erin Aileen zu und erklärt ebenfalls:

"Ich bin so froh, dass die Geschichte ein gutes Ende genommen hat und kann im Nachhinein nur sagen, dass ich stolz auf dich bin, meine Große! Mamaí hat Recht, wenn sie sagt, dein Krafttier ist der starke Math -Bär-!"

*

Bauern der umliegenden Dörfer und Gehöfte treffen sich reihum zu den Jahreszeitenfesten. Bei der Feier des Lughnasadh -Hochzeit des Lichts- Schnitterfestes (am 31.Juli auf den 1. August) wird von jeder Bäuerin aus dem ersten geernteten Getreide ein Brot gebacken und dieses vom Druid geweiht.

Anschließend wird es in vier Teile gebrochen und an den vier Ecken ihrer Scheune platziert. Dies soll die in der Scheune gelagerte Ernte beschützen. Es folgen Opferessen und ein großes Feuer. Diesmal ist Myrddins Dorf der Ausrichter. Alle Frauen arbeiten darauf hin, damit das Fest ein Erfolg wird.

Zu diesem Fest erscheinen auch eine Handvoll Ritter vom Fürstenhof. Es sind Bauernsöhne, die sich in ihrer Jugend dort als Stallburschen verdingt haben. Sie haben sich bei einem der häufigen Scharmützel hervorgetan und sind vom Fürsten in den Ritterstand gehoben worden. Nun dürfen sie ab und zu mit ihren Herkunftsfamilien feiern.

Die jungen unverheirateten Frauen und Männer unseres Dorfes verschönern das Fest mit Chorgesang zu Harfe und Flötenmusik. Unter anderem wird dieses Lied vorgetragen:

"Lugh -Sonnengott- hat sich angestrengt,
hat mit warmen Strahlen nun
Auf den Feldern der Tailthiu -Erdgöttin-
das Getreide wachsen lassen
Und für uns gibt es viel zu tun:
Für die Ernte sind bereit große, kleine Leute.
Endlich ist’s soweit. Kommt zur Ernte heute!
Jetzt wolln wir fröhlich sein
Und laden euch zum Tanze ein
Um das große Feuer!
Rundherum und eins, zwei, drei."

Ein Hintergedanke dabei ist es, dass junge Männer und Frauen aus der Umgebung uns kennenlernen und sich vielleicht Beziehungen anbahnen. So geschieht es auch. Bestimmt die Hälfte der jungen Leute findet jemanden aus der Umgebung nett und verabredet sich mit ihm oder ihr zu Gesprächen unter vier Augen. Auf diese Weise lernen sich die Beiden näher kennen.

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