Donnerstag, 2. Mai 2024
Keltische Druiden -57
"Du wünschst, mich zu demütigen. Das biete ich dir an. Wenn du meine Lehrerin tötest, werde ich auch mich töten. Wenn du mir jedoch dein Wort gibst, sie unbeeinträchtigt am Leben zu lassen..."

Ich senke meinen Blick und ergänze:
"... werde ich dir geben, was immer du wünschst."

In Gedanken formuliere ich mit festem Willen:
'Ein Leben für viele. Liebste Meisterin, du kannst noch viele Schülerinnen ausbilden. Ich dagegen bin noch nicht soweit!'

"Das Leben ist heilig, Suki uége -Frischling-!" erinnert mich meine Niallana. "Das wirft man nicht weg."

"Ich habe meinen Weg gewählt, ehrenwerte Múinteoira -Lehrerin-."

Auf einen Wink des Anführers hin wird der Käfig geöffnet. Ich leiste keinen Widerstand, als der Mann mich an sich zieht und mir seinen Dolch an die Kehle drückt. Ich spüre, wie er grob an mir zerrt, um mich fortzubringen. Meine Augen schließend, erwäge ich meine Entscheidung. Ist es richtig gewesen, mich statt meiner Lehrerin den Männern zum Foltern anzubieten?

Plötzlich hält der Mann inne, der mich mit seinen Armen umfasst. Ihm ist eine Idee gekommen. Mit einem bösartigen Grinsen entblößt er seine angeschliffenen Zähne und wendet sich um. Er befiehlt den Männern am Käfig:

"Fesselt sie und nehmt sie mit!"

Wir werden beide zu einem Platz geführt, der dicht an dicht von den Männern des Anführers umsäumt ist. Alle denken nur an das kommende Schauspiel, das der Anführer ihnen mit den beiden Frauen bieten will. Nur eine Handvoll Männer erwarten den angekündigten Wagen mit Gold, mit dem unser Rí -Fürst- uns auszulösen gedenkt. Natürlich wird der Wagen auch von einer Wache begleitet.

Mich erwartet die Folterung bis zum Tod. Der Anführer will mich damit demütigen und sich im Gegenzug stark fühlen. Seltsamerweise erleichtert mir das Wissen um das Positive, das ich mit meiner Entscheidung bewirke, die vor mir liegende Qual. Ich werde sterben, aber meine Seele lebt weiter. Dafür bleibt die verehrte Múinteoira -Lehrerin- am Leben und kann weitere Chihnai -Schülerinnen- ausbilden.

Der Ugrier, der mich umklammert, der Anführer der Männer um uns herum, mustert mich lüstern. Es hat den Anschein, als könne er es kaum erwarten mich leiden zu sehen. Aber aus irgendeinem Grund zögert er. Dann sehe ich, wie sich die beiden Wachposten, die bisher am Käfig gestanden haben, mit meiner Lehrerin nähern. Trotz der Fesseln schreitet sie würdevoll näher.

"Was hast du vor?" frage ich den Anführer. "Du hast mir dein Wort gegeben, dass..."

Sein Schlag trifft mich nicht besonders schmerzhaft, aber er lässt mich verstummen.

"Wage es nicht, meine Ehre anzuzweifeln," knurrt er. "Ihr wird nichts geschehen, aber warum sollte ich sie alleine im Käfig lassen?"

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Montag, 29. April 2024
Keltische Druiden -56
Ich bin erleichtert. Inzwischen weiß ich, dass die Druid über ihre Anam -Seelen- untereinander Nachrichten zukommen lassen können. Aber bis die Streitmacht unseres Fürsten hier ist, werden sicher noch einige Stunden vergehen!

Als die Sonne am höchsten steht, erhalten wir den Richtspruch des Anführers. Meine Múinteoira -Lehrerin- soll zur Bespaßung der Männer bis zum Tode gefoltert werden. Ich soll die nächste Nacht sein Lager teilen und ihm zu Willen sein.

Am Nachmittag kommen Männer herbei. Der Anführer der kleinen Gruppe spricht:

"Angeblich behauptet ihr von euch, genauso leistungsstark zu sein wie wir. Selbst ihr Frauen könntet es mit uns aufnehmen. Wir werden sehen."

Er greift durch die Gitterstäbe hindurch und fasst mich am Kinn. Zu seinen Begleitern sagt er:

"Seht her! Sie ist ein Juwel in Álmos Bett."

Innerlich versteife ich mich, leiste aber keinen Widerstand.

"Hübsch, nicht?" setzt er nach.

Nun beginnen sie damit, meine Niallana -Meisterin- aus dem Käfig zu zerren. Der Anführer kommentiert die Aktion:

"Schon bald wirst du vor mir auf den Knien liegen und um Gnade winseln!"

Ein Ruf unterbricht ihn. Ein jüngerer Mann eilt auf uns zu, verbeugt sich vor dem Anführer und flüstert ihm etwas zu. Die Aufmerksamkeit der Männer ist einen Moment von uns abgelenkt. Der Anführer erklärt nun lachend:

"Sieh an, sieh an! Offensichtlich werdet ihr bereits vermisst. Der hier gebietende Fürst bittet untertänigst um die Freilassung meiner Gefangenen. Eine Wagenladung Gold ist bereits unterwegs, um euch auszulösen. Ihr müsst für den Fürsten ja ziemlich wertvoll sein!"

Er lacht. Danach nimmt seine Stimme einen drohenden Ton an:

"Mein Entschluss steht fest! Wenn ich hier zusätzlich auch noch eine Wagenladung Gold erbeuten kann, ist es mir nur recht."

Ich mische mich ein und rufe aus:
"Wartet!"

Daraufhin knurrt mich der Anführer an:
"Was?"

Ich erkläre ihm:
"Ugrier, ich biete dir etwas an."

Dann schaue ich zu Boden, um weder meine Múinteoira -Lehrerin- noch den Mann anschauen zu müssen. Der Anführer wiederholt:

"Was?"

Nun schaue ich auf und erwidere den Blick des Mannes ruhig.

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Freitag, 26. April 2024
Keltische Druiden -55
Während ich die Übungen der ehrenwerten Niallana -Meisterin- nachahme, versuche ich mich auf die genannten Körperpunkte zu konzentrieren. Ich fühle dabei nichts Besonderes. Mit gerunzelter Stirn mache ich meine Múinteoira -Lehrerin- darauf aufmerksam. Sie lächelt milde und meint:

"Bleibe gelassen und übe dich in Geduld, junge Chihna -Schülerin-. Alles dauert halt seine Zeit! Allmählich richtet sich deine Wahrnehmung dadurch auf Sichtbares und Unsichtbares, sowie alles Fühlbare aus. Du belebst deinen Körper mit reiner Urkraft... und das ohne große Anstrengung. Auch richtest du deine Achtsamkeit nach innen und dein Sein auf die Harmonie mit der Natur."

Ich frage sie:
"Wie ist das, wenn man die Harmonie mit der Natur erlangt hat?"

"Deine Sinne sind die Schwellen zu deiner Anam -Seele-. Durch sie kannst du den Schleier des Sichtbaren durchdringen und alle Seelen der Biti -Welten- erkennen," antwortet meine Lehrerin.

Ich denke, dass ich noch lange brauchen werde, bis ich soweit bin.

Eines Nachts werde ich von Waffengeklirr geweckt. Jetzt bin ich schon zehn Jahre bei der Meisterin und schon 15 Jahre alt. Zwischen den metallischen Geräuschen höre ich das gefährliche Knurren vieler Phelan -Wölfe-. Ich setze mich zitternd auf und schaue zu Niallana Alba. Sie ist schon wach, sitzt auf ihrem Schlafplatz und wirkt in sich gekehrt. Schließlich erhebt sie sich und fordert mich auf:

"Wir müssen hier vorübergehend weg, Ceitidth! Folge mir."

Ich schleiche hinter meiner Múinteoira -Lehrerin- her. Sie berichtet mir:

"Wilde Krieger sind in das Gebiet unseres Rí -Fürsten- eingedrungen. Sie haben die Vorratskammern der Olkani -Bauern- beraubt und getötet, wer sich ihnen in den Weg gestellt hat. Als sie sich meinem Haus genähert haben, sind ihnen Phelan -Wölfe- in die Quere gekommen. Aber die Fremden sind sehr wild. Sie haben schon viele Wölfe getötet."

In diesem Moment werden wir von vier Männern gestoppt. Sie lachen und fesseln uns. Danach schleppen sie uns zu ihrem Anführer. Der Mann lacht und lässt uns in einen Käfig sperren. Der lichte Raum darinnen ist so knapp bemessen, dass wir kaum Platz finden ohne uns zu berühren.

Schließlich wird es hell und wir sehen uns mitten in einem Heerlager. Kurz darauf kommt jemand in aufwendig gearbeiteter Kleidung, um uns zu begutachten. Danach erhalten wir von einer Frau je eine Schale voll Suppe. Sie beobachtet uns interessiert, aber mit einer traurigen Miene.

Die Niallana flüstert mir zu:
"Ich habe mit dem Druid-uchel -Erzdruiden- Kontakt bekommen. Er wird unseren Rí -Fürsten- darüber in Kenntnis setzen, was hier vorgeht. Der Fürst wird seine Oenach -Ritter, waffentragenden Männer- hierherführen und diese Leute bekämpfen."

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