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Donnerstag, 4. Juli 2024
Neue Philosophie -08
mariant, 09:25h
Jetzt bin ich 30 Jahre alt und könnte in Rente gehen, indem ich mir mein Depot per Dauerauftrag bis zu meinem Lebensende auszahlen lasse. Aber zuerst einmal will ich mir meinen Wunsch erfüllen. Ich lasse von einer Agentur ein Kominka -altes Haus- suchen, das meinen Wünschen entspricht. Es soll sich um ein Geviert handeln, das einen Innenhof umschließt. Im Inneren soll es die üblichen Wirtschaftsräume beherbergen und viele kleine Zimmer, wie Mönchsklausen.
Bald habe ich das optimale Objekt gefunden und lasse es auf meine Vorstellungen anpassen. Danach ermittele ich die Betriebskosten. Ich lasse mir von dem Depot monatlich den Betrag dafür und etwas für die Lebenshaltung auszahlen. Nun kaufe ich mir Kleidung der bäuerlichen Unterschicht und lerne, die Kleidung selbst zu reparieren.
Ich nenne mich einen Chiseihito -Mann mit Geisteskraft-, obwohl ich in meinen Meditationen noch nicht bis Reiki -alles durchdringende Lebenskraft- vorgedrungen bin. Ich werde jungen Männern anbieten, die buddhistische Meditation zu erlernen, in der Hoffnung, dass es irgendwann einem meiner Kyoshi -Schüler- gelingt.
Vorerst lerne ich in den Kobudou -alte Kriegskunst- mit den auf Okinawa entwickelten Bauernwaffen, dem Nunchaku und dem Bou hauptsächlich. Das Nunchaku hat sich aus einem Dreschflegel entwickelt, während der Bou ein 1,80 Meter langer Wanderstab ist. Außerdem habe ich früher als Ausgleich zur Arbeit Ju-Jutsu in der Sportschule gelernt und will das an die Leute weitergeben, die sich mir anschließen.
Bald haben die umliegenden Bauern von mir erfahren. Die Ersten kommen, um vor der Buddha-Statue zu beten und ihm Wünsche vorzutragen. Dann gehe ich zu den Leuten und arbeite ein paar Wochen bei ihnen, um ihre Notlage kennenzulernen. Danach entscheide ich, wie ich helfen kann und begleite die Hilfe wenige Wochen. Damit sehe ich, ob die Hilfe ankommt und sich das Schicksal der Hilfesuchenden verfestigt.
Die Bauern bringen bei ihren Besuchen des Klosters als Spende ein paar Münzen mit, die ich sammele und alsbald meinem Depot zuführe. Aus diesem Depot nehme ich dann die Unterstützung für die Bauern. Mit der Zeit habe ich zwei Dutzend Anhänger des Buddha um mich versammelt. Wir üben Tag für Tag das Meditieren und die alten bäuerlichen Verteidigungstechniken.
Hin und wieder geschieht es, dass ein junger Mann nach Ende seiner Schulzeit zu uns kommt, um in der Umgebung eines buddhistischen Klosters durch Meditation herauszufinden, welchen Weg in die Zukunft er einschlagen soll. In der japanischen Gesellschaft ist es üblich, dass die Eltern schon seit frühester Kindheit dafür die Weichen stellen, aber es kommt immer mal wieder vor, dass junge Leute sich selbst darüber klar werden wollen.
Bald habe ich das optimale Objekt gefunden und lasse es auf meine Vorstellungen anpassen. Danach ermittele ich die Betriebskosten. Ich lasse mir von dem Depot monatlich den Betrag dafür und etwas für die Lebenshaltung auszahlen. Nun kaufe ich mir Kleidung der bäuerlichen Unterschicht und lerne, die Kleidung selbst zu reparieren.
Ich nenne mich einen Chiseihito -Mann mit Geisteskraft-, obwohl ich in meinen Meditationen noch nicht bis Reiki -alles durchdringende Lebenskraft- vorgedrungen bin. Ich werde jungen Männern anbieten, die buddhistische Meditation zu erlernen, in der Hoffnung, dass es irgendwann einem meiner Kyoshi -Schüler- gelingt.
Vorerst lerne ich in den Kobudou -alte Kriegskunst- mit den auf Okinawa entwickelten Bauernwaffen, dem Nunchaku und dem Bou hauptsächlich. Das Nunchaku hat sich aus einem Dreschflegel entwickelt, während der Bou ein 1,80 Meter langer Wanderstab ist. Außerdem habe ich früher als Ausgleich zur Arbeit Ju-Jutsu in der Sportschule gelernt und will das an die Leute weitergeben, die sich mir anschließen.
Bald haben die umliegenden Bauern von mir erfahren. Die Ersten kommen, um vor der Buddha-Statue zu beten und ihm Wünsche vorzutragen. Dann gehe ich zu den Leuten und arbeite ein paar Wochen bei ihnen, um ihre Notlage kennenzulernen. Danach entscheide ich, wie ich helfen kann und begleite die Hilfe wenige Wochen. Damit sehe ich, ob die Hilfe ankommt und sich das Schicksal der Hilfesuchenden verfestigt.
Die Bauern bringen bei ihren Besuchen des Klosters als Spende ein paar Münzen mit, die ich sammele und alsbald meinem Depot zuführe. Aus diesem Depot nehme ich dann die Unterstützung für die Bauern. Mit der Zeit habe ich zwei Dutzend Anhänger des Buddha um mich versammelt. Wir üben Tag für Tag das Meditieren und die alten bäuerlichen Verteidigungstechniken.
Hin und wieder geschieht es, dass ein junger Mann nach Ende seiner Schulzeit zu uns kommt, um in der Umgebung eines buddhistischen Klosters durch Meditation herauszufinden, welchen Weg in die Zukunft er einschlagen soll. In der japanischen Gesellschaft ist es üblich, dass die Eltern schon seit frühester Kindheit dafür die Weichen stellen, aber es kommt immer mal wieder vor, dass junge Leute sich selbst darüber klar werden wollen.
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Montag, 1. Juli 2024
Neue Philosophie -07
mariant, 10:02h
"He!" rufe ich und hebe die Hände.
In diesem Moment springt meine Retterin von einem umgestürzten moosbewachsenen Stamm an meine Seite. Sie bedroht die Männer um mich herum mit ihrem Dolch, faucht und sagt in ihrer Sprache zu ihnen:
"Beruhigt euch, Leute! Beruhigt euch!"
"Dieser Nabuh wollen wir hier nicht haben!" antwortet der Anführer der Jagdgruppe.
"Es gab ein Zeichen! Dies ist eine Sache für die Okape -Schamanin-!"
"Bringen wir ihn zur Schamanin!" entscheidet der Anführer.
Ich habe kein Wort ihres kurzen Streitgespräches auf Yanomam verstanden, kann ihm aber entnehmen, dass ich hier unerwünscht bin. Das Ergebnis ist, dass ich in die Mitte genommen werde. Nun habe ich 'Geleitschutz' zum Ziel meiner Retterin. Für die anderen Yanomami könnte es sich auch um meine Gefangennahme handeln.
Ich kenne mich in der Gesellschaftsstruktur der Yanomami zu wenig aus, um das Erlebnis bewerten zu können. Wer ist meine Retterin? Wieso hat ihr Wort soviel Gewicht unter den Männern um mich herum? Ist ihre Gesellschaft etwa matriarchalisch organisiert, und nicht patriarchalisch wie unsere... obwohl unsere Zivilgesellschaft ebenfalls im Begriff steht, sich zum Matriarchalischen hin zu drehen, wie mein persönlicher Eindruck ist?
Nach einigen Stunden des Bewegens durch das Unterholz, wobei ich vollends meine Orientierung verliere, erreichen wir eine Palisadenwand. Wir gehen auf eine breite Öffnung zwischen den in den Waldboden gerammten und von Zweigen befreiten Baumstämmen zu.
Meine Retterin ist während der Wanderung zwischen den bewaffneten und mit roten Mustern bemalten Männern an meiner Seite geblieben. Jetzt wendet sie sich zu mir und erklärt:
"Ipa Shapopo, Village my!"
*
Mein Name ist Tatsumi Hajime. Ich habe einen gutbezahlten Job, bin aber leider noch nicht verheiratet. Meine Familie gehört dem japanischen Buddhismus an. Deshalb lebe ich nach den buddhistischen Regeln. Dennoch heißt das nicht, dass ich alles überzählige Geld den Armen gebe. Zurzeit wohne ich noch bei meinen Eltern, so dass ich einen Großteil meines Einkommens für später auf die Seite legen kann. Ich habe mich dafür entschieden, mein Geld in Aktien anzulegen, denn ich will mir irgendwann ein Kominka, ein altes Landhaus in den Bergen kaufen und für meine Bedürfnisse umbauen.
Ich habe gehört, dass es wegen der Landflucht inzwischen rund 11 Millionen Akiya -leerstehende Häuser- auf dem Land gibt. Viele davon sind traditionelle Kominka, ohne Nägel und Schrauben mit bester traditioneller Handwerkskunst gefertigt.
In diesem Moment springt meine Retterin von einem umgestürzten moosbewachsenen Stamm an meine Seite. Sie bedroht die Männer um mich herum mit ihrem Dolch, faucht und sagt in ihrer Sprache zu ihnen:
"Beruhigt euch, Leute! Beruhigt euch!"
"Dieser Nabuh wollen wir hier nicht haben!" antwortet der Anführer der Jagdgruppe.
"Es gab ein Zeichen! Dies ist eine Sache für die Okape -Schamanin-!"
"Bringen wir ihn zur Schamanin!" entscheidet der Anführer.
Ich habe kein Wort ihres kurzen Streitgespräches auf Yanomam verstanden, kann ihm aber entnehmen, dass ich hier unerwünscht bin. Das Ergebnis ist, dass ich in die Mitte genommen werde. Nun habe ich 'Geleitschutz' zum Ziel meiner Retterin. Für die anderen Yanomami könnte es sich auch um meine Gefangennahme handeln.
Ich kenne mich in der Gesellschaftsstruktur der Yanomami zu wenig aus, um das Erlebnis bewerten zu können. Wer ist meine Retterin? Wieso hat ihr Wort soviel Gewicht unter den Männern um mich herum? Ist ihre Gesellschaft etwa matriarchalisch organisiert, und nicht patriarchalisch wie unsere... obwohl unsere Zivilgesellschaft ebenfalls im Begriff steht, sich zum Matriarchalischen hin zu drehen, wie mein persönlicher Eindruck ist?
Nach einigen Stunden des Bewegens durch das Unterholz, wobei ich vollends meine Orientierung verliere, erreichen wir eine Palisadenwand. Wir gehen auf eine breite Öffnung zwischen den in den Waldboden gerammten und von Zweigen befreiten Baumstämmen zu.
Meine Retterin ist während der Wanderung zwischen den bewaffneten und mit roten Mustern bemalten Männern an meiner Seite geblieben. Jetzt wendet sie sich zu mir und erklärt:
"Ipa Shapopo, Village my!"
*
Mein Name ist Tatsumi Hajime. Ich habe einen gutbezahlten Job, bin aber leider noch nicht verheiratet. Meine Familie gehört dem japanischen Buddhismus an. Deshalb lebe ich nach den buddhistischen Regeln. Dennoch heißt das nicht, dass ich alles überzählige Geld den Armen gebe. Zurzeit wohne ich noch bei meinen Eltern, so dass ich einen Großteil meines Einkommens für später auf die Seite legen kann. Ich habe mich dafür entschieden, mein Geld in Aktien anzulegen, denn ich will mir irgendwann ein Kominka, ein altes Landhaus in den Bergen kaufen und für meine Bedürfnisse umbauen.
Ich habe gehört, dass es wegen der Landflucht inzwischen rund 11 Millionen Akiya -leerstehende Häuser- auf dem Land gibt. Viele davon sind traditionelle Kominka, ohne Nägel und Schrauben mit bester traditioneller Handwerkskunst gefertigt.
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Freitag, 28. Juni 2024
Neue Philosophie -06
mariant, 10:12h
Ich laufe hinter ihr her und rufe:
"He, warte mal! Können wir nicht mal miteinander reden? Wo hast du unsere Sprache gelernt? Warst du in einer Schule?"
Sie bleibt abrupt stehen. Ich wäre beinahe in sie gelaufen. Kurz kämpfe ich mit meinem Gleichgewicht. Sie fasst zu und hilft mir, mich zu stabilisieren.
"Wie ein Baby!" murmelt sie.
"Hör mal," sage ich nun. "Ich brauche deine Hilfe."
"Du solltest nicht hier sein!" sagt sie. "Geh zurück zu den Deinen!"
"Nein..." versuche ich eine Gegenrede.
Sie stößt mir beide Hände vor die Brust und wiederholt:
"Geh zurück!"
Die ganze Zeit weht ein leichtes Lüftchen durch das Unterholz. Plötzlich sehe ich Samenschirmchen durch die Luft segeln, wie zuhause der vom Dandelion -Löwenzahn-. Auch meine Retterin schaut auf. Einige der Samen bleiben an meiner Kleidung hängen. Ich will sie abstreifen oder wegpusten. Sie greift mir in die Arme und sagt:
"Nein!"
Nun schaue ich sie verdutzt an und frage:
"Was... Was bedeutet das?"
"Die Saat der heiligen Liane!" flüstert sie. "It’l, die Gottheit des Windes und des Atems lässt die Samen der Heilpflanze an Schirmchen davonsegeln, bis sie sich irgendwo niederlassen. Diese Samen haben dich als 'Erde' gewählt, um etwas Neues hervorzubringen!"
Sie schaut mich überwältigt an, reißt die Augen auf und flüstert:
"Nur besonders reine Seelen..."
Ein schwacher Windstoß und die Wolke der Samen an ihren Schirmchen fliegt weiter. Ich frage sie:
"Was war das gerade?"
Sie greift meine Hand, schaut mich an und sagt:
"Komm!"
Ich bin überrascht wegen ihres plötzlichen Sinneswandels.
Sie fordert mich noch einmal auf:
"Komm!"
Danach dreht sie sich um und läuft weg. Diesmal aber nicht so schnell wie vorhin noch. Ich kann ihr bequem folgen.
Nach ein paar Minuten frage ich sie:
"Wo laufen wir hin?"
Sie antwortet wieder nur:
"Komm!"
Eine Weile verfolge ich die junge Yanomami-Frau. Dann fühle ich mich ermutigt, ihr zuzurufen:
"Wie heißt du eigentlich?"
In diesem Moment tauchen weitere bewaffnete Yanomami auf. Sie haben mich eingekreist und zielen mit ihren Pfeilen auf mich.
"He, warte mal! Können wir nicht mal miteinander reden? Wo hast du unsere Sprache gelernt? Warst du in einer Schule?"
Sie bleibt abrupt stehen. Ich wäre beinahe in sie gelaufen. Kurz kämpfe ich mit meinem Gleichgewicht. Sie fasst zu und hilft mir, mich zu stabilisieren.
"Wie ein Baby!" murmelt sie.
"Hör mal," sage ich nun. "Ich brauche deine Hilfe."
"Du solltest nicht hier sein!" sagt sie. "Geh zurück zu den Deinen!"
"Nein..." versuche ich eine Gegenrede.
Sie stößt mir beide Hände vor die Brust und wiederholt:
"Geh zurück!"
Die ganze Zeit weht ein leichtes Lüftchen durch das Unterholz. Plötzlich sehe ich Samenschirmchen durch die Luft segeln, wie zuhause der vom Dandelion -Löwenzahn-. Auch meine Retterin schaut auf. Einige der Samen bleiben an meiner Kleidung hängen. Ich will sie abstreifen oder wegpusten. Sie greift mir in die Arme und sagt:
"Nein!"
Nun schaue ich sie verdutzt an und frage:
"Was... Was bedeutet das?"
"Die Saat der heiligen Liane!" flüstert sie. "It’l, die Gottheit des Windes und des Atems lässt die Samen der Heilpflanze an Schirmchen davonsegeln, bis sie sich irgendwo niederlassen. Diese Samen haben dich als 'Erde' gewählt, um etwas Neues hervorzubringen!"
Sie schaut mich überwältigt an, reißt die Augen auf und flüstert:
"Nur besonders reine Seelen..."
Ein schwacher Windstoß und die Wolke der Samen an ihren Schirmchen fliegt weiter. Ich frage sie:
"Was war das gerade?"
Sie greift meine Hand, schaut mich an und sagt:
"Komm!"
Ich bin überrascht wegen ihres plötzlichen Sinneswandels.
Sie fordert mich noch einmal auf:
"Komm!"
Danach dreht sie sich um und läuft weg. Diesmal aber nicht so schnell wie vorhin noch. Ich kann ihr bequem folgen.
Nach ein paar Minuten frage ich sie:
"Wo laufen wir hin?"
Sie antwortet wieder nur:
"Komm!"
Eine Weile verfolge ich die junge Yanomami-Frau. Dann fühle ich mich ermutigt, ihr zuzurufen:
"Wie heißt du eigentlich?"
In diesem Moment tauchen weitere bewaffnete Yanomami auf. Sie haben mich eingekreist und zielen mit ihren Pfeilen auf mich.
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