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Freitag, 17. Juni 2022
Eine neue Hoffnung -14
mariant, 11:33h
Lara ist während der Erzählung wieder ins Wohnzimmer gekommen, um ihre Mädchen durch das Fenster zu beobachten. Mama ist ebenfalls hinzugekommen und muss sich wohl setzen, als sie hört was Ashok erzählt. Sie greift meine Hände über den Tisch und schaut mich besorgt an. Auch Papas Miene drückt tiefe Sorge aus.
Ich fühle mich nun bemüßigt, die Wogen etwas zu glätten, und berichte vom Besuch des Polizeikommissars. Dabei erkläre ich, dass ich dem Mann das Stammblatt des Clanchefs mitgegeben habe, den Papa für den Verursacher hält.
Papa nickt und meint:
"Das weitere wird nun die Polizei erledigen."
Er wendet sich an Ashok und fragt ihn, den Atem anhaltend:
"Wer sind Sie?"
"Ich bin ein nepalesischer Sadhu," erklärt dieser. "Ihre verehrte Tochter erschien mir in jungen Jahren wie ein Engel und hat mich aus der Schuldknechtschaft befreit. Sie hat mich einem zufällig anwesenden Sadhu ans Herz gelegt, um mir eine Zukunft zu geben.
Von dem heiligen Mann habe ich alles über den Buddhismus gelernt. Er hat mir beigebracht, den Menschen mit Mitgefühl gegenüber zu treten. Er hat mich außerdem gelehrt, wie man sich ohne Waffen verteidigt. Zu seinem Lernstoff zählte auch die Meditation. Sie hilft dabei, ausgeglichen und gelassen durch das Leben zu gehen. Bei tiefer Meditation kann ich nun auch neben mich treten, dabei mich und meine Umgebung visuell und emotional beobachten."
"Oh," macht Papa, als Ashok geendet hat. Dann fragt er:
"Das war in Nepal, als meine Tochter Sie ausgelöst hat. Wie sind Sie nach Deutschland gekommen?"
"In unserer Philosophie gibt es Engel oder Feen. Es heißt, sie wohnen auf den höchsten Bergen und sind die Begleiter von 'erleuchteten Wesen', die ihr Wirken zum Wohl der Menschen einsetzen und selber kurz vor dem Übergang ins Nirwana stehen. Ich habe ihre verehrte Tochter gefragt, ob sie ein Engel sei. Mir kam sie damals wie ein Engel vor.
Als sie nun wegfahren wollte, habe ich gefragt, ob sie wieder zurück in die Berge fährt und wo sie dort wohnt. Sie hat mir dann Deutschland und Berlin genannt und hat mir ihren Namen auf ein kleines Blatt Papier geschrieben."
Ashok greift in eine Tasche und legt ein kleines Blatt 'Post-it' auf den Tisch, das längst nicht mehr klebt.
"Und wie geht es weiter?" lässt Papa nicht locker.
Ashok schaut mich an und berichtet weiter:
"Ich habe mich erkundigt, wo Deutschland liegt und bin losgegangen. Unterwegs habe ich immer wieder Pausen eingelegt, um als Tagelöhner auf den Feldern zu arbeiten oder Botendienste zu übernehmen. Als ich genug Geld zusammen hatte, habe ich mein bisschen Englisch vervollkommnet, weil ich mich mit ihrer verehrten Tochter in dieser Sprache ein wenig verständigen konnte. Irgendwann habe ich gehört, dass man in Deutschland eine andere Sprache spricht. Also habe ich auch Deutsch gelernt. Dann habe ich Berlin erreicht und dort nach einer Frau, namens Leni Mrachartz gesucht."
"Was wolltest du von meiner Tochter?" fragt er jetzt.
"Ich wollte sie wiedersehen und ihr Umfeld kennenlernen," rechtfertigt sich Ashok. "Sie ist eine gute Bekannte, die für mich zum Engel geworden ist."
"Okay," meint Papa. "Ich wollte Sie damit jetzt nicht angreifen. Ich freue mich, dass Sie hier sind! Ohne Sie würde meine Tochter jetzt wahrscheinlich gefangen gehalten oder wäre tot."
Nun wendet sich Papa zu mir:
"Du kannst hier nicht bleiben. Besser solltest du in unsere Ferienwohnung auf die Mainau fahren. Dort vermutet dich niemand, Leni."
Ich bin von seinem Vorschlag nicht sehr erbaut und erkläre:
"Wir mussten hierher schon so oft umsteigen und auf den Anschluss warten. Zur Mainau ist das nicht anders. Da gibt es so viele Zugriffsmöglichkeiten... Ich habe Angst!"
"Das verstehe ich vollkommen. Ich rufe einen Bekannten im Münchner Flughafen an und lasse mich mit einem speziellen Taxiunternehmen verbinden, das den Transfer von Fluggästen zu ihren Hotels abwickelt. Das wird aber erst in der Dunkelheit geschehen können. Ihr bleibt doch solange hier?"
Ich gebe mich geschlagen. Papa setzt mit versöhnlichem Ton nach:
"Dein junger Bekannter wird dich begleiten und immer in deiner Nähe sein! Einen besseren Beschützer kann ich mir nicht denken."
Papa führt über den Tag verteilt mehrere Telefongespräche. Ich richte mich in einem Gästezimmer ein. Die beiden anderen Gästezimmer belegt Lara mit ihrem Mann und den süßen Töchtern. Laras Mann sitzt beim Abendessen mit am Tisch. Anschließend machen wir es uns am Kamin gemütlich und Ashok muss meinem Schwager von einem gewissen Siddharta Gautama erzählen. Ich höre kaum zu. Dafür bin ich jetzt zu aufgeregt.
Dann hören wir, wie sich ein Hubschrauber nähert. Das Rotorgeräusch wird so laut, dass ich annehme, er landet hier in der Nähe. Bestimmt ist es ein Sanitätshubschrauber, der einen akuten Notfall ins Krankenhaus bringen soll.
Kurz nachdem das Motorgeräusch nicht mehr zu hören ist, klingelt es an der Haustür. Verstört schaue ich von einem der Männer zum anderen. Papa erhebt sich und öffnet die Haustür. Nachdem er einige Worte mit dem späten Besuch gesprochen hat, ruft er:
"Leni, Ashok? Kommt ihr mal?"
Ich fühle mich nun bemüßigt, die Wogen etwas zu glätten, und berichte vom Besuch des Polizeikommissars. Dabei erkläre ich, dass ich dem Mann das Stammblatt des Clanchefs mitgegeben habe, den Papa für den Verursacher hält.
Papa nickt und meint:
"Das weitere wird nun die Polizei erledigen."
Er wendet sich an Ashok und fragt ihn, den Atem anhaltend:
"Wer sind Sie?"
"Ich bin ein nepalesischer Sadhu," erklärt dieser. "Ihre verehrte Tochter erschien mir in jungen Jahren wie ein Engel und hat mich aus der Schuldknechtschaft befreit. Sie hat mich einem zufällig anwesenden Sadhu ans Herz gelegt, um mir eine Zukunft zu geben.
Von dem heiligen Mann habe ich alles über den Buddhismus gelernt. Er hat mir beigebracht, den Menschen mit Mitgefühl gegenüber zu treten. Er hat mich außerdem gelehrt, wie man sich ohne Waffen verteidigt. Zu seinem Lernstoff zählte auch die Meditation. Sie hilft dabei, ausgeglichen und gelassen durch das Leben zu gehen. Bei tiefer Meditation kann ich nun auch neben mich treten, dabei mich und meine Umgebung visuell und emotional beobachten."
"Oh," macht Papa, als Ashok geendet hat. Dann fragt er:
"Das war in Nepal, als meine Tochter Sie ausgelöst hat. Wie sind Sie nach Deutschland gekommen?"
"In unserer Philosophie gibt es Engel oder Feen. Es heißt, sie wohnen auf den höchsten Bergen und sind die Begleiter von 'erleuchteten Wesen', die ihr Wirken zum Wohl der Menschen einsetzen und selber kurz vor dem Übergang ins Nirwana stehen. Ich habe ihre verehrte Tochter gefragt, ob sie ein Engel sei. Mir kam sie damals wie ein Engel vor.
Als sie nun wegfahren wollte, habe ich gefragt, ob sie wieder zurück in die Berge fährt und wo sie dort wohnt. Sie hat mir dann Deutschland und Berlin genannt und hat mir ihren Namen auf ein kleines Blatt Papier geschrieben."
Ashok greift in eine Tasche und legt ein kleines Blatt 'Post-it' auf den Tisch, das längst nicht mehr klebt.
"Und wie geht es weiter?" lässt Papa nicht locker.
Ashok schaut mich an und berichtet weiter:
"Ich habe mich erkundigt, wo Deutschland liegt und bin losgegangen. Unterwegs habe ich immer wieder Pausen eingelegt, um als Tagelöhner auf den Feldern zu arbeiten oder Botendienste zu übernehmen. Als ich genug Geld zusammen hatte, habe ich mein bisschen Englisch vervollkommnet, weil ich mich mit ihrer verehrten Tochter in dieser Sprache ein wenig verständigen konnte. Irgendwann habe ich gehört, dass man in Deutschland eine andere Sprache spricht. Also habe ich auch Deutsch gelernt. Dann habe ich Berlin erreicht und dort nach einer Frau, namens Leni Mrachartz gesucht."
"Was wolltest du von meiner Tochter?" fragt er jetzt.
"Ich wollte sie wiedersehen und ihr Umfeld kennenlernen," rechtfertigt sich Ashok. "Sie ist eine gute Bekannte, die für mich zum Engel geworden ist."
"Okay," meint Papa. "Ich wollte Sie damit jetzt nicht angreifen. Ich freue mich, dass Sie hier sind! Ohne Sie würde meine Tochter jetzt wahrscheinlich gefangen gehalten oder wäre tot."
Nun wendet sich Papa zu mir:
"Du kannst hier nicht bleiben. Besser solltest du in unsere Ferienwohnung auf die Mainau fahren. Dort vermutet dich niemand, Leni."
Ich bin von seinem Vorschlag nicht sehr erbaut und erkläre:
"Wir mussten hierher schon so oft umsteigen und auf den Anschluss warten. Zur Mainau ist das nicht anders. Da gibt es so viele Zugriffsmöglichkeiten... Ich habe Angst!"
"Das verstehe ich vollkommen. Ich rufe einen Bekannten im Münchner Flughafen an und lasse mich mit einem speziellen Taxiunternehmen verbinden, das den Transfer von Fluggästen zu ihren Hotels abwickelt. Das wird aber erst in der Dunkelheit geschehen können. Ihr bleibt doch solange hier?"
Ich gebe mich geschlagen. Papa setzt mit versöhnlichem Ton nach:
"Dein junger Bekannter wird dich begleiten und immer in deiner Nähe sein! Einen besseren Beschützer kann ich mir nicht denken."
Papa führt über den Tag verteilt mehrere Telefongespräche. Ich richte mich in einem Gästezimmer ein. Die beiden anderen Gästezimmer belegt Lara mit ihrem Mann und den süßen Töchtern. Laras Mann sitzt beim Abendessen mit am Tisch. Anschließend machen wir es uns am Kamin gemütlich und Ashok muss meinem Schwager von einem gewissen Siddharta Gautama erzählen. Ich höre kaum zu. Dafür bin ich jetzt zu aufgeregt.
Dann hören wir, wie sich ein Hubschrauber nähert. Das Rotorgeräusch wird so laut, dass ich annehme, er landet hier in der Nähe. Bestimmt ist es ein Sanitätshubschrauber, der einen akuten Notfall ins Krankenhaus bringen soll.
Kurz nachdem das Motorgeräusch nicht mehr zu hören ist, klingelt es an der Haustür. Verstört schaue ich von einem der Männer zum anderen. Papa erhebt sich und öffnet die Haustür. Nachdem er einige Worte mit dem späten Besuch gesprochen hat, ruft er:
"Leni, Ashok? Kommt ihr mal?"
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