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Sonntag, 13. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -20
mariant, 13:56h
Sich Noah zuwendend, schaut sie erst erstaunt, schenkt ihm dann aber ein strahlendes Lächeln. Sie sagt:
"Noah, du? Meine Güte, bist du groß geworden!"
Mein Begleiter, bisher stumm die neuen Eindrücke verarbeitend, antwortet ihr:
"Du aber auch... Ich meine... Du bist noch schöner geworden!"
Sie lacht fröhlich auf und neigt ihren Kopf.
"Noah," erklärt sie ihm. "Du wirst für mich immer der kleine Junge von damals bleiben, mit seinen witzigen Einfällen."
Ich schalte mich ein und verspreche ihr:
"Ich kann Euch versichern, dass Sie unsere Anwesenheit nicht behelligen wird, verehrte Frau Li!"
Li Yong Tai bietet uns Platz an. Wir setzen uns in die Sitzgruppe. Ihr Begleiter bleibt stehen und stellt sich vor:
"Ich bin der Personenschützer der Dame. Sie hat mich über Ihren Auftrag informiert. Die Situation ist gefährlicher als die Chefin bereit ist zuzugeben!"
"Ich brauche keine weiteren schießwütigen Cowboys," weist sie ihn zurecht. "Ich brauche Antworten! Ich will wissen, wer mich töten will und warum!"
"Wir sind hier, um Euch zu beschützen!" werfe ich dazwischen. "Nicht um Nachforschungen anzustellen. Dafür ist hierzulande die Polizei zuständig!"
Noah mischt sich ein und verspricht:
"Wir werden herausfinden, wer dahintersteckt, Yong Tai!"
Ich wende mich Noah zu und weise ihn zurecht:
"Wir werden unseren Auftrag nicht ausweiten, mein junger Schüler!"
Noah rudert etwas zurück, als er antwortet:
"Natürlich dient das nur dazu, die ehrenwerte Dame zu beschützen, verehrter Tsopo -Meister-!"
Yong Tai ist unserem verbalen Schlagabtausch mit gerunzelter Stirn gefolgt. Sie wirft vermittelnd ein:
"Vielleicht werden allein durch Eure Anwesenheit die Geheimnisse gelüftet - in der Art, dass der oder die Verbrecher sich aus der Deckung wagen.
Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet. Ich ziehe mich zurück."
Wir erheben uns höflich und neigen den Kopf. Sie erhebt sich ebenfalls und geht davon. Es ist ja auch schon später Abend. Als wir mit dem Personenschützer allein sind, sagt dieser:
"Mich beruhigt es, dass Sie hier sind!
Ich halte mich zumeist im provisorischen Kontrollzentrum auf. Nach Mitternacht löst mich mein Kollege ab. In den Treppenhäusern, unten im Eingang und im Aufzug sind Kameras installiert und die Chefin trägt einen Sender am Körper, für den Fall, dass sie entführt wird.
Ich zeige Ihnen eben noch Ihre Zimmer!"
Er führt uns zu der Zimmerflucht für Gäste und öffnet zwei in asiatischem Stil eingerichtete Zimmer. Ich bedanke mich und wünsche eine 'Gute Nacht'.
*
Nachdem ich, Yong Tai, die Tür zu meiner kleinen Wohnung hinter mir zugezogen habe, lehne ich mich mit dem Rücken an das Türblatt. Ich bin verwirrt. In meinem Kopf dreht sich alles.
Noah, der witzige kleine Junge ist in Gestalt eines jungen Mannes zu mir gekommen. Er hat allerdings nicht geahnt, zu wem ihn sein Tsopo Lama Rinpoche führt. Das habe ich an seiner Reaktion beim Verlassen des Aufzuges gesehen. Er ist genauso verwirrt gewesen und hat nicht die richtigen Worte gefunden.
Noah befindet sich offensichtlich auf dem Weg, ein Mönch zu werden. Ich dagegen bin trotz meiner jungen Jahre schon Europa-Chefin eines großen weltweit operierenden Immobilienkonzerns. Mein Chef auf Hawaii setzt großes Vertrauen in mich, dem ich unbedingt gerecht werden will! Muss ich mich deshalb als Workaholic bezeichnen?
Auf jeden Fall bringt eine emotionale Annäherung zwischen Noah und mir uns Beiden nur Probleme. Das kann nicht klappen! Ich muss meine Gefühle unterdrücken...
Ich löse mich von der Tür und entkleide mich, um ins Bad zu gehen. Unter der Dusche hoffe ich diese Gedanken vertreiben zu können.
Das warme Wasser durchfeuchtet mein Haar, läuft über meine Schultern und Rücken. Unwillkürlich streichele ich zart über meine Brust. Seitdem ich die Ausbildung beendet habe und von meinem Chef übernommen worden bin, sehne ich mich nach Liebe, nach einem jungen Mann, der genauso für mich empfindet, wie ich für ihn.
Eine Stimme in meinem Inneren flüstert gerade: 'Nutze die Gelegenheit!' Ich schüttele den Kopf, trockne mich ab und ziehe meine Nachtkleidung an. Im Bett kann ich lange nicht einschlafen. Ich will nicht, dass Noah wegen mir seine Klosterlaufbahn abbricht! Irgendwann bin ich schließlich doch eingeschlafen.
*
"Noah, du? Meine Güte, bist du groß geworden!"
Mein Begleiter, bisher stumm die neuen Eindrücke verarbeitend, antwortet ihr:
"Du aber auch... Ich meine... Du bist noch schöner geworden!"
Sie lacht fröhlich auf und neigt ihren Kopf.
"Noah," erklärt sie ihm. "Du wirst für mich immer der kleine Junge von damals bleiben, mit seinen witzigen Einfällen."
Ich schalte mich ein und verspreche ihr:
"Ich kann Euch versichern, dass Sie unsere Anwesenheit nicht behelligen wird, verehrte Frau Li!"
Li Yong Tai bietet uns Platz an. Wir setzen uns in die Sitzgruppe. Ihr Begleiter bleibt stehen und stellt sich vor:
"Ich bin der Personenschützer der Dame. Sie hat mich über Ihren Auftrag informiert. Die Situation ist gefährlicher als die Chefin bereit ist zuzugeben!"
"Ich brauche keine weiteren schießwütigen Cowboys," weist sie ihn zurecht. "Ich brauche Antworten! Ich will wissen, wer mich töten will und warum!"
"Wir sind hier, um Euch zu beschützen!" werfe ich dazwischen. "Nicht um Nachforschungen anzustellen. Dafür ist hierzulande die Polizei zuständig!"
Noah mischt sich ein und verspricht:
"Wir werden herausfinden, wer dahintersteckt, Yong Tai!"
Ich wende mich Noah zu und weise ihn zurecht:
"Wir werden unseren Auftrag nicht ausweiten, mein junger Schüler!"
Noah rudert etwas zurück, als er antwortet:
"Natürlich dient das nur dazu, die ehrenwerte Dame zu beschützen, verehrter Tsopo -Meister-!"
Yong Tai ist unserem verbalen Schlagabtausch mit gerunzelter Stirn gefolgt. Sie wirft vermittelnd ein:
"Vielleicht werden allein durch Eure Anwesenheit die Geheimnisse gelüftet - in der Art, dass der oder die Verbrecher sich aus der Deckung wagen.
Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet. Ich ziehe mich zurück."
Wir erheben uns höflich und neigen den Kopf. Sie erhebt sich ebenfalls und geht davon. Es ist ja auch schon später Abend. Als wir mit dem Personenschützer allein sind, sagt dieser:
"Mich beruhigt es, dass Sie hier sind!
Ich halte mich zumeist im provisorischen Kontrollzentrum auf. Nach Mitternacht löst mich mein Kollege ab. In den Treppenhäusern, unten im Eingang und im Aufzug sind Kameras installiert und die Chefin trägt einen Sender am Körper, für den Fall, dass sie entführt wird.
Ich zeige Ihnen eben noch Ihre Zimmer!"
Er führt uns zu der Zimmerflucht für Gäste und öffnet zwei in asiatischem Stil eingerichtete Zimmer. Ich bedanke mich und wünsche eine 'Gute Nacht'.
*
Nachdem ich, Yong Tai, die Tür zu meiner kleinen Wohnung hinter mir zugezogen habe, lehne ich mich mit dem Rücken an das Türblatt. Ich bin verwirrt. In meinem Kopf dreht sich alles.
Noah, der witzige kleine Junge ist in Gestalt eines jungen Mannes zu mir gekommen. Er hat allerdings nicht geahnt, zu wem ihn sein Tsopo Lama Rinpoche führt. Das habe ich an seiner Reaktion beim Verlassen des Aufzuges gesehen. Er ist genauso verwirrt gewesen und hat nicht die richtigen Worte gefunden.
Noah befindet sich offensichtlich auf dem Weg, ein Mönch zu werden. Ich dagegen bin trotz meiner jungen Jahre schon Europa-Chefin eines großen weltweit operierenden Immobilienkonzerns. Mein Chef auf Hawaii setzt großes Vertrauen in mich, dem ich unbedingt gerecht werden will! Muss ich mich deshalb als Workaholic bezeichnen?
Auf jeden Fall bringt eine emotionale Annäherung zwischen Noah und mir uns Beiden nur Probleme. Das kann nicht klappen! Ich muss meine Gefühle unterdrücken...
Ich löse mich von der Tür und entkleide mich, um ins Bad zu gehen. Unter der Dusche hoffe ich diese Gedanken vertreiben zu können.
Das warme Wasser durchfeuchtet mein Haar, läuft über meine Schultern und Rücken. Unwillkürlich streichele ich zart über meine Brust. Seitdem ich die Ausbildung beendet habe und von meinem Chef übernommen worden bin, sehne ich mich nach Liebe, nach einem jungen Mann, der genauso für mich empfindet, wie ich für ihn.
Eine Stimme in meinem Inneren flüstert gerade: 'Nutze die Gelegenheit!' Ich schüttele den Kopf, trockne mich ab und ziehe meine Nachtkleidung an. Im Bett kann ich lange nicht einschlafen. Ich will nicht, dass Noah wegen mir seine Klosterlaufbahn abbricht! Irgendwann bin ich schließlich doch eingeschlafen.
*
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Samstag, 12. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -19
mariant, 11:19h
Noah macht große Augen. Ich erkläre es ihm:
"Seine Heiligkeit hat mir empfohlen, bei meinem Auftrag einen schusssicheren Anzug zu tragen. Das Kleidungsstück ist schwer, aber es schützt vor feigen Heckenschützen, die aus dem Verborgenen agieren.
Um den Anzug zu beherrschen, muss man zuerst einmal Krafttraining im Anzug machen. Auch Reaktionstraining... Man darf den Anzug nicht mehr als Bürde empfinden, quasi vergessen, dass man ihn trägt. Das dauert ein paar Tage intensiven Trainings! Man muss lernen, auch im Anzug selbstsicher und beherrscht zu sein!"
"Ich darf dich begleiten!" schließt er erfreut aus meinen Ausführungen. Seine Augen strahlen mich an.
"Langsam!" bremse ich ihn. "Zuerst wirst du mit mir im Anzug trainieren. Dies sind weitere Übungen auf deinem Lebensweg. Welche Richtung dein Lebensweg nimmt, weiß man immer erst an den Scheidepunkten!"
Ich erhebe mich und zusammen gehen wir in die Kleiderkammer. Dort ziehen wir eine weite Hose in grauem Außenstoff an. Es folgen Schnürstiefel und eine lange Jacke. Darunter trage ich mein safrangelbes Tshirt und Noah sein dunkelrotes. So angezogen gehen wir in einen kleinen Trainingsraum und beginnen mit dem Krafttraining. In einer Trainingspause fragt Noah:
"Eine bedrängte Schwester in Hamburg. - Was ist da los, Tsopo -Meister-?"
"Wir sollen sie beschützen. Sie hat zwar schon Personenschützer von ihrer Firma gestellt bekommen. Aber sie fühlt sich in Gegenwart eines buddhistischen Mönches aus unserem Kloster sicherer. Sie kennt unseren Ehrenkodex und unsere Fertigkeiten in Verteidigung.
Eine Anzeige bei der Polizei läuft auch schon, wegen Drohbriefen. Der Auftrag wäre mit der Verhaftung der Schuldigen beendet."
"Das klingt unspektakulär!" meint Noah.
"Das sollte es auch sein, mein junger Schüler!" antworte ich. "Aber die Situation könnte eskalieren und dann heißt es, unter allen Umständen Ruhe bewahren und überlegt handeln!"
"Dazu fühle ich mich in der Lage," meint er.
"Hm," mache ich, und schaue ihm in die Augen. "Würdest du mich begleiten, wirst du in Situationen kommen, in denen du Angst bekommst. Das ist menschlich! Du darfst dich von ihr aber niemals beherrschen lassen! Auch dann nicht, wenn es sich dabei um die Angst um nahestehende Personen handelt!
Wenn jemand zum Beispiel deine Mutter angreift und sie sinkt verletzt zu Boden: Niemals darfst du dich dem Zorn hingeben und blinder Aggressivität den Vorrang in deinen Gedanken einräumen. Damit würdest du dich schwächen und deiner Mutter einen Bärendienst erweisen, statt ihr zu helfen!"
Als ich seine Mutter in die Überlegungen hineinziehe, werden Noahs Augen groß. Sein Atem geht schneller. Also senke ich die Hand und fordere ihn auf:
"Ausatmen!"
Dann hebe ich die Hand und sage:
"Einatmen!"
Dies wiederhole ich mehrmals, bis er sich beruhigt hat. Anschließend meine ich:
"Siehst du! Die Angst um eine nahestehende geliebte Person lässt dich noch immer alles vergessen, was du bisher gelernt hast. Du bist noch nicht bereit!"
*
Wir erreichen Hamburg. Ich habe Noah trotz Bedenken mitgenommen, um seinen Charakter weiter zu bilden und damit seine Ausbildung weiterzuführen. Außerdem kennt er unsere Auftraggeberin aus seiner Kindheit.
Vom Hamburger Hauptbahnhof werden wir mit einer schweren Limousine abgeholt und ins Bankenviertel gefahren. Dort hat unsere Auftraggeberin die oberen Etagen eines Bürohochhauses angemietet. Die oberste Etage dient ihr als Wohnung, mit einer Reihe von Gästezimmern und Zimmern für Hausangestellte.
Aus der Tiefgarage fahren wir in Begleitung des Chauffeurs mit dem Aufzug in die neunte Etage. Unwillkürlich werfe ich einen Zipfel des roten Mantels der Mönchskleidung über meine Schulter. Noah, der genauso gekleidet ist, schaut mich an. Ich lächele und er erwidert es.
Aus dem Aufzug betreten wir direkt ein wohnlich eingerichtetes Foyer. Unsere Auftraggeberin empfängt uns in Begleitung eines Mannes in schwarzer Lederkleidung mit einer Schusswaffe im Schulterhalfter.
Ich verbeuge mich und begrüße sie, bevor sie ein Wort an uns richten kann:
"Verehrte Frau Li, es ist mir eine große Freude, Euch gesund wiederzusehen."
Sie neigt höflich ihren Kopf und antwortet:
"Die Wiedersehensfreude ist ganz meinerseits! Ich hätte Euch gerne schon viel früher und unter anderen Umständen wiedergesehen, ehrwürdiger Lama Rinpoche."
"Seine Heiligkeit hat mir empfohlen, bei meinem Auftrag einen schusssicheren Anzug zu tragen. Das Kleidungsstück ist schwer, aber es schützt vor feigen Heckenschützen, die aus dem Verborgenen agieren.
Um den Anzug zu beherrschen, muss man zuerst einmal Krafttraining im Anzug machen. Auch Reaktionstraining... Man darf den Anzug nicht mehr als Bürde empfinden, quasi vergessen, dass man ihn trägt. Das dauert ein paar Tage intensiven Trainings! Man muss lernen, auch im Anzug selbstsicher und beherrscht zu sein!"
"Ich darf dich begleiten!" schließt er erfreut aus meinen Ausführungen. Seine Augen strahlen mich an.
"Langsam!" bremse ich ihn. "Zuerst wirst du mit mir im Anzug trainieren. Dies sind weitere Übungen auf deinem Lebensweg. Welche Richtung dein Lebensweg nimmt, weiß man immer erst an den Scheidepunkten!"
Ich erhebe mich und zusammen gehen wir in die Kleiderkammer. Dort ziehen wir eine weite Hose in grauem Außenstoff an. Es folgen Schnürstiefel und eine lange Jacke. Darunter trage ich mein safrangelbes Tshirt und Noah sein dunkelrotes. So angezogen gehen wir in einen kleinen Trainingsraum und beginnen mit dem Krafttraining. In einer Trainingspause fragt Noah:
"Eine bedrängte Schwester in Hamburg. - Was ist da los, Tsopo -Meister-?"
"Wir sollen sie beschützen. Sie hat zwar schon Personenschützer von ihrer Firma gestellt bekommen. Aber sie fühlt sich in Gegenwart eines buddhistischen Mönches aus unserem Kloster sicherer. Sie kennt unseren Ehrenkodex und unsere Fertigkeiten in Verteidigung.
Eine Anzeige bei der Polizei läuft auch schon, wegen Drohbriefen. Der Auftrag wäre mit der Verhaftung der Schuldigen beendet."
"Das klingt unspektakulär!" meint Noah.
"Das sollte es auch sein, mein junger Schüler!" antworte ich. "Aber die Situation könnte eskalieren und dann heißt es, unter allen Umständen Ruhe bewahren und überlegt handeln!"
"Dazu fühle ich mich in der Lage," meint er.
"Hm," mache ich, und schaue ihm in die Augen. "Würdest du mich begleiten, wirst du in Situationen kommen, in denen du Angst bekommst. Das ist menschlich! Du darfst dich von ihr aber niemals beherrschen lassen! Auch dann nicht, wenn es sich dabei um die Angst um nahestehende Personen handelt!
Wenn jemand zum Beispiel deine Mutter angreift und sie sinkt verletzt zu Boden: Niemals darfst du dich dem Zorn hingeben und blinder Aggressivität den Vorrang in deinen Gedanken einräumen. Damit würdest du dich schwächen und deiner Mutter einen Bärendienst erweisen, statt ihr zu helfen!"
Als ich seine Mutter in die Überlegungen hineinziehe, werden Noahs Augen groß. Sein Atem geht schneller. Also senke ich die Hand und fordere ihn auf:
"Ausatmen!"
Dann hebe ich die Hand und sage:
"Einatmen!"
Dies wiederhole ich mehrmals, bis er sich beruhigt hat. Anschließend meine ich:
"Siehst du! Die Angst um eine nahestehende geliebte Person lässt dich noch immer alles vergessen, was du bisher gelernt hast. Du bist noch nicht bereit!"
*
Wir erreichen Hamburg. Ich habe Noah trotz Bedenken mitgenommen, um seinen Charakter weiter zu bilden und damit seine Ausbildung weiterzuführen. Außerdem kennt er unsere Auftraggeberin aus seiner Kindheit.
Vom Hamburger Hauptbahnhof werden wir mit einer schweren Limousine abgeholt und ins Bankenviertel gefahren. Dort hat unsere Auftraggeberin die oberen Etagen eines Bürohochhauses angemietet. Die oberste Etage dient ihr als Wohnung, mit einer Reihe von Gästezimmern und Zimmern für Hausangestellte.
Aus der Tiefgarage fahren wir in Begleitung des Chauffeurs mit dem Aufzug in die neunte Etage. Unwillkürlich werfe ich einen Zipfel des roten Mantels der Mönchskleidung über meine Schulter. Noah, der genauso gekleidet ist, schaut mich an. Ich lächele und er erwidert es.
Aus dem Aufzug betreten wir direkt ein wohnlich eingerichtetes Foyer. Unsere Auftraggeberin empfängt uns in Begleitung eines Mannes in schwarzer Lederkleidung mit einer Schusswaffe im Schulterhalfter.
Ich verbeuge mich und begrüße sie, bevor sie ein Wort an uns richten kann:
"Verehrte Frau Li, es ist mir eine große Freude, Euch gesund wiederzusehen."
Sie neigt höflich ihren Kopf und antwortet:
"Die Wiedersehensfreude ist ganz meinerseits! Ich hätte Euch gerne schon viel früher und unter anderen Umständen wiedergesehen, ehrwürdiger Lama Rinpoche."
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Freitag, 11. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -18
mariant, 11:37h
Zu Beginn einer Meditation schließt man die Augen und schaltet so erst einmal alle visuellen Ablenkungen aus. Nun kann man seinen Geist beobachten und den inneren Dialog seiner Gedanken verfolgen, sobald man seine Aufmerksamkeit entspannen und sich nicht auf eine Aufgabe oder ein Thema konzentriert.
Jeder kennt in sich die eine Stimme sagen:
"Wenn ich mir das jetzt nicht kaufe, dann verpasse ich die Gelegenheit und ärgere mich nachher."
Die andere Stimme hält dagegen:
"Wenn ich mir das jetzt kaufe bin ich am Ende des Geldes für den langen Rest des Monats."
Nun setzt man sich erst einmal hin, beruhigt den Geist. Egal wo man sitzt, Hauptsache ruhig sollte es für die nächsten zehn Minuten sein. Man lässt seinen Gedanken einfach freien Lauf und beobachtet sie. Man denkt mal an dieses Thema, mal an jenes Thema. Das, was nun die Gedanken beobachtet, mischt sich in alle Gedanken und Impulse ein, erwägt diesen oder jenen, verwirft, kategorisiert und so weiter. Man könnte das als 'kritisches Bewusstsein' bezeichnen. Verschiedene Wünsche, Hoffnungen, Pläne etc. tauchen auf und der innere Kritiker bewertet sie.
Dieser Kritiker in uns macht uns zunehmend das Leben schwer, denn er lässt nichts aus. Irgendwann findet er nichts mehr zum Kritisieren. Der Zustand der Neutralität ist erreicht. Der Kritiker hat Pause und es bleibt nur die nicht wertende Aufmerksamkeit übrig.
Man will in der Meditation also vorerst seinen denkenden, analysierenden und ständig kommentierenden Geist beruhigen. Und die erste Stufe beginnt damit, dass man sich hinsetzt und alles beobachtet, was da im Geist so abgeht. Natürlich werden die Alltagskonflikte und die Probleme hochgespült.
Dann folgt die Stufe, in der man die Wurzeln jener Probleme angeht, die dafür sorgen, dass der Quell der unerfreulichen und schließlich der angenehmen Gedanken einfach nicht abreißt. Selbst wenn man richtig verliebt ist und nur den Anderen im Kopf hat, ist der Geist nicht im Hier und Jetzt sondern mit einem inneren Film beschäftigt. Ein derartiger Geist ist abgelenkt, undiszipliniert. Es ist nicht so, dass man denken oder auch nicht denken kann was und wie man will.
Mit dem Willen kommt man an den Bewusstseinszustand des Zeugen nicht heran, man muss ihn sich erarbeiten, indem man die Konfliktpunkte und die Quelle der Störgedanken und der Störgefühle in angemessenem Tempo löst.
Es folgt nun die Phase der Bearbeitung der persönlichen Probleme und damit schließlich eine Beruhigung der äußeren Störfaktoren. Das dauert gewöhnlich seine Zeit, Monate, meistens einige Jahre. Und dann, wenn man tatsächlich in die Stille des Geistes fällt, wenn einen das Aufblitzen der Leere und die gleichzeitige Freude des ersten vollkommen gedankenfreien Augenblicks überrascht, erinnert man sich vielleicht im Nachhinein wie man als Kind den Kopf in den Nacken legte und einen vereisten Winterapfel am Baume in der untergehenden Sonne glitzern sah. Ohne Worte.
Da ist es, das namenlose Staunen. Reine Beobachtung. Keine Wertung. Das Bewusstsein denkt nicht während es etwas wahrnimmt. Natürlich nimmt es den Apfel wahr und so weiter, doch der Denkapparat ist offline. Natürlich ist aus einer noch einmal höheren Perspektive betrachtet der Geist 'noch' mit der 'Erfindung' eines Apfels und der eines Wahrnehmenden beschäftigt, doch die Analyse dieses Zustandes geht in den Bereich des metasphärischen Bewusstseins in dem sich alle Wahrnehmungen bereits als 'Traumgebilde' entpuppen.
Das Zeugenbewusstsein kann auch diese 'phantastischen' Zustände wahrnehmen, doch das 'alltägliche' Zeugenbewusstsein findet noch 'bodenständig' und in diesem Dasein statt, ganz im Hier und Jetzt. Das heißt auf dem Wochenmarkt, im Kino, während des Liebesaktes oder in einem Gespräch das mit vollkommener Aufmerksamkeit geführt wird.
*
Hier etwa wird sich Noah in seinen Meditationsübungen befinden. Bis hierher dürfte er inzwischen vorgedrungen sein.
Mich geräuschlos neben ihn niederlassend, warte ich ab. Eine ganze Weile später öffnet Noah die Augen und wendet sich mir zu. Ich hebe die gefalteten Hände und sage:
"Seine Heiligkeit schickt mich nach Hamburg, um einer bedrängten Schwester zur Seite zu stehen."
"Hat Lama Rinpoche einen Auftrag für mich, für die Zeit seiner Abwesenheit?" fragt Noah in ruhigem Ton.
"Deine Meditationsübungen haben dich die Angst, den Zorn und die Aggressivität beherrschen gelernt?" frage ich zurück.
Jeder kennt in sich die eine Stimme sagen:
"Wenn ich mir das jetzt nicht kaufe, dann verpasse ich die Gelegenheit und ärgere mich nachher."
Die andere Stimme hält dagegen:
"Wenn ich mir das jetzt kaufe bin ich am Ende des Geldes für den langen Rest des Monats."
Nun setzt man sich erst einmal hin, beruhigt den Geist. Egal wo man sitzt, Hauptsache ruhig sollte es für die nächsten zehn Minuten sein. Man lässt seinen Gedanken einfach freien Lauf und beobachtet sie. Man denkt mal an dieses Thema, mal an jenes Thema. Das, was nun die Gedanken beobachtet, mischt sich in alle Gedanken und Impulse ein, erwägt diesen oder jenen, verwirft, kategorisiert und so weiter. Man könnte das als 'kritisches Bewusstsein' bezeichnen. Verschiedene Wünsche, Hoffnungen, Pläne etc. tauchen auf und der innere Kritiker bewertet sie.
Dieser Kritiker in uns macht uns zunehmend das Leben schwer, denn er lässt nichts aus. Irgendwann findet er nichts mehr zum Kritisieren. Der Zustand der Neutralität ist erreicht. Der Kritiker hat Pause und es bleibt nur die nicht wertende Aufmerksamkeit übrig.
Man will in der Meditation also vorerst seinen denkenden, analysierenden und ständig kommentierenden Geist beruhigen. Und die erste Stufe beginnt damit, dass man sich hinsetzt und alles beobachtet, was da im Geist so abgeht. Natürlich werden die Alltagskonflikte und die Probleme hochgespült.
Dann folgt die Stufe, in der man die Wurzeln jener Probleme angeht, die dafür sorgen, dass der Quell der unerfreulichen und schließlich der angenehmen Gedanken einfach nicht abreißt. Selbst wenn man richtig verliebt ist und nur den Anderen im Kopf hat, ist der Geist nicht im Hier und Jetzt sondern mit einem inneren Film beschäftigt. Ein derartiger Geist ist abgelenkt, undiszipliniert. Es ist nicht so, dass man denken oder auch nicht denken kann was und wie man will.
Mit dem Willen kommt man an den Bewusstseinszustand des Zeugen nicht heran, man muss ihn sich erarbeiten, indem man die Konfliktpunkte und die Quelle der Störgedanken und der Störgefühle in angemessenem Tempo löst.
Es folgt nun die Phase der Bearbeitung der persönlichen Probleme und damit schließlich eine Beruhigung der äußeren Störfaktoren. Das dauert gewöhnlich seine Zeit, Monate, meistens einige Jahre. Und dann, wenn man tatsächlich in die Stille des Geistes fällt, wenn einen das Aufblitzen der Leere und die gleichzeitige Freude des ersten vollkommen gedankenfreien Augenblicks überrascht, erinnert man sich vielleicht im Nachhinein wie man als Kind den Kopf in den Nacken legte und einen vereisten Winterapfel am Baume in der untergehenden Sonne glitzern sah. Ohne Worte.
Da ist es, das namenlose Staunen. Reine Beobachtung. Keine Wertung. Das Bewusstsein denkt nicht während es etwas wahrnimmt. Natürlich nimmt es den Apfel wahr und so weiter, doch der Denkapparat ist offline. Natürlich ist aus einer noch einmal höheren Perspektive betrachtet der Geist 'noch' mit der 'Erfindung' eines Apfels und der eines Wahrnehmenden beschäftigt, doch die Analyse dieses Zustandes geht in den Bereich des metasphärischen Bewusstseins in dem sich alle Wahrnehmungen bereits als 'Traumgebilde' entpuppen.
Das Zeugenbewusstsein kann auch diese 'phantastischen' Zustände wahrnehmen, doch das 'alltägliche' Zeugenbewusstsein findet noch 'bodenständig' und in diesem Dasein statt, ganz im Hier und Jetzt. Das heißt auf dem Wochenmarkt, im Kino, während des Liebesaktes oder in einem Gespräch das mit vollkommener Aufmerksamkeit geführt wird.
*
Hier etwa wird sich Noah in seinen Meditationsübungen befinden. Bis hierher dürfte er inzwischen vorgedrungen sein.
Mich geräuschlos neben ihn niederlassend, warte ich ab. Eine ganze Weile später öffnet Noah die Augen und wendet sich mir zu. Ich hebe die gefalteten Hände und sage:
"Seine Heiligkeit schickt mich nach Hamburg, um einer bedrängten Schwester zur Seite zu stehen."
"Hat Lama Rinpoche einen Auftrag für mich, für die Zeit seiner Abwesenheit?" fragt Noah in ruhigem Ton.
"Deine Meditationsübungen haben dich die Angst, den Zorn und die Aggressivität beherrschen gelernt?" frage ich zurück.
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