Mittwoch, 16. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -23
Dabei äußere ich Zweifel:
"Mir gefällt es nicht, dass wir vielleicht die Leute hinter uns her zu deinen Eltern lotsen, falls man uns beobachtet. Weißt du noch, wie sie deine ehrenwerten Großeltern benutzt haben, um an deine Eltern zu kommen?"

Yong Tai schaut mich fragend an und antwortet:
"Falls es die gleichen Hintermänner sind! - Was sollen wir also deiner Meinung nach tun?"

"Fahren wir zu deiner Vertragswerkstatt. Der Verkauf und die Auftrags-Annahme dürften zu dieser Uhrzeit noch geöffnet sein. Dort stellen wir den Wagen ab und fahren mit einem andersfarbigen Wagen weiter, sobald ein schwarzer Wagen vom Hof fährt. Dann folgen sie erst dem Schwarzen und wir sind ihnen durch die Maschen geschlüpft!"

"Das ist brillant!" pflichtet mir Yong Tai bei und weist den Fahrer an, die Werkstatt anzusteuern.

Wir betreten das Gebäude der Autowerkstatt nach einer Fahrt von wenigen Minuten und Yong Tai fragt nach dem Chef. Der Mann fährt unseren Wagen auf die Hebebühne und einen weißen Wagen mit verdunkelten Scheiben in die Halle. Wir packen um und warten eine Stunde, bis der Chef als Letzter Feierabend macht. Dann fahren wir gleichzeitig mit ihm vom Hof, grüßen kurz und weiter geht?s mit dem Mietwagen.

Gegen ein Uhr in der Nacht erreichen wir das Haus der Familie Li im Frankfurter Umland. Yong Tai hat ihre Mutter unterwegs über das Handy erreicht und unser Kommen angekündigt.

Während der Fahrt auf der Autobahn spricht mich Yong Tai unvermittelt an:

"Ein Leben als Mönch ist sicher nicht einfach... Nicht an die Orte reisen zu können, die irgendwann dein Interesse geweckt haben, oder einfach nur Dinge tun zu können, die du magst."

Ich ergänze sie lächelnd:
"...oder mit denen zusammen sein zu können, die ich liebe."

Yong Tai schüttelt verhalten den Kopf und hakt nach:
"Ist es dir überhaupt erlaubt zu lieben? Ich dachte immer, das ist Mönchen untersagt. Sie leben in Askese."

Ihr lächelnd in die Augen blickend, antworte ich:
"Abhängigkeit ist verboten, persönlicher Besitz ist verboten! Aber Selbstlosigkeit, Eintreten für den Schwächeren, Mitgefühl, welches ich als bedingungslose Liebe definieren würde, ist das Wesentlichste im Leben der Mönche. Liebe zur Natur, zu den Geschöpfen des Himmels, der Erde und des Wassers - und natürlich zu einer nahestehenden Person, die ich kenne. Man kann also sagen, dass wir zur Liebe ermutigt werden."

Yong Tai hört meinen Ausführungen zu und stellt nun fest:

"Du hast dich so sehr verändert, seit damals auf Hawaii!"

Ich antworte ihr:
"Du hast dich überhaupt nicht verändert. Du bist genauso wie ich dich in meinen Träumen in all den Jahren gesehen habe!"

Sie schaut mich verwirrt und zurückhaltend an.
Nachdem wir bei ihren Eltern angekommen sind, beziehen wir unsere Gästezimmer. Beim Frühstück, schon sechs Stunden später, spricht der ehrenwerte Herr Li die Sicherheit der Familie an. Er entscheidet, dass der Personenschützer den Wagen wieder nach Hamburg zurückbringen soll. Dann soll er mit der Bahn zurückkommen und sein Gästezimmer im Haus beziehen. In der gegenwärtigen Situation würde es ausreichen, wenn in Hamburg und in Frankfurt je ein Vertreter der Security anwesend sind. Auch befindet sich dann kein Wagen mit Hamburger Kennzeichen vor dem Haus.

Nachdem der Mann uns verlassen hat, schaut Herr Li uns beide lange an. Schließlich sagt er:

"Yong Tai, liebste Tochter, du musst dich eine Weile zurückziehen! Buche einen Flug nach Hawaii. Ich werde meinen Freund dort informieren. Deine Angestellten werden die Geschäfte auch ohne dich fortführen können? Im Zweifelsfall wird dein Chef einen Vertreter senden!"

"Ehrenwerter Vater," antwortet sie und verbeugt sich. "Ich möchte mich nicht verstecken."

"Der chinesische Drache wird erst ruhen, wenn ich tot bin," spricht ihr ehrenwerter Vater düster aus. "Bis dahin wird er jedes Druckmittel nutzen, dessen er habhaft werden kann!"

Er schaut mich an und ergänzt:
"Der junge Gelong wird dich begleiten und in deiner Nähe sein! Einen loyaleren Beschützer kann ich mir nicht vorstellen!"

*

Zwei Tage darauf landen wir gegen Abend auf Hawaii. Yong Tais Firmenchef, der Freund der Familie Li, hat einen Wagen geschickt, dessen Fahrer uns in einer Villa am Hang des Kilauea absetzt, mitten in üppiger Vegetation. Ich erkenne sie als die Gästevilla, in der wir schon damals nach dem Hongkong-Abenteuer gewohnt haben. Wir beziehen unsere Zimmer und wünschen uns eine Gute Nacht.

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Dienstag, 15. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -22
"Es gefällt mir nicht, darauf zu warten, dass ihr etwas geschieht!"

"So darfst du es nicht sehen! Wir nehmen Sie aus der Schusslinie, indem sie den Ort wechselt. An den weiteren Aktionen des Gegners sehen wir dann, ob die Angriffe ihr persönlich gelten, oder ihr als Managerin der Immobilienfirma.
Was hat übrigens die Untersuchung des Roboters ergeben?"

"Er wurde unschädlich gemacht. Er hatte eine kleine Bombe eingebaut!"

Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Einer Eingebung folgend, frage ich:

"Japanisches oder chinesisches Fabrikat?"

"Herstellungsort Hongkong," antwortet Noah.

Wir haben Li Yong Tais Büro erreicht. Ich informiere die ehrenwerte Dame über meinen Entschluss. Der zweite Personenschützer ist inzwischen hinzugetreten und informiert Li Yong Tai über die Geschehnisse des heutigen Abends. Auch er ist der Meinung, dass sie Hamburg für ein paar Tage verlassen soll. Während Noah und der Personenschützer bei der Dame bleiben, gehe ich zum Kontrollzentrum zurück. Wir warten auf das Eintreffen der Polizeibeamten.

"Ich hoffe, mein Schüler wird nichts Unüberlegtes machen," sage ich, wie im Selbstgespräch.

Der Personenschützer schaut vom Monitor auf und meint:

"Ehrlich gesagt, würde ich mir mehr Sorgen um die Chefin machen."

Ich schaue den Mann lächelnd an.

*

"Mir gefällt die Vorstellung nicht, mich zu verstecken!" sagt Yong Tai, während sie in ihrer Wohnung einige Sachen in einen Koffer packt.

"Lama Rinpoche wird sicher bald die Hintermänner des Attentäters gefunden haben," versuche ich, Noah, sie zu beruhigen.

"Ich habe nicht fünf Jahre dazu verwendet, das Europa-Geschäft zu forcieren, nur um mich mitten in der Arbeit weg zu ducken!"

Yong Tai ist immer noch erregt.

"Manchmal müssen wir loslassen und tun, was von uns verlangt wird," entgegne ich mit sanfter Stimme.

Sie hält in ihrem Tun inne und richtet sich mit einem zusammengelegten Kleid im Arm vor ihrem Koffer auf, um sich zu mir umzudrehen. Mich erstaunt anschauend, stellt sie fest:

"Noah! Du bist erwachsen geworden!"

"Lama Rinpoche gelingt es, das nicht zu bemerken!" antworte ich ihr in bitterem Ton.

"Unsere Lehrer sehen immer zuerst unsere Fehler," meint sie beschwichtigend. "Daran wachsen wir."

Nachdem sie das Kleid vorsichtig in den Koffer gelegt hat, richtet sie sich wieder auf und wendet sich mir zu.

"Noah!"

Ich schaue sie an.

"Versuche," bittet sie mich mit ernstem Gesicht, "nicht so schnell erwachsen zu werden!"

"Aber ich BIN erwachsen!" halte ich ihr vor. "Das hast du eben selbst gesagt!"

Dabei blicke ich sie voller Zuneigung an. Sie schüttelt den Kopf und wendet den Blick ab.

"Bitte, Noah!" sagt sie. "Sieh' mich nicht so an!"

"Warum nicht?" frage ich.

"Es ist mir irgendwie unangenehm!" meint sie.

Ich mache einen Rückzieher. Die gefalteten Hände hebend und den Kopf leicht neigend, sage ich:
"Entschuldigung, ehrenwerte Dame!"

Innerlich lächele ich. Ich bin ihr nicht gleichgültig. Sie fühlt etwas in meiner Nähe.

Endlich schließt sie die Koffer. Der Personenschützer und ich nehmen je einen Koffer auf. Anschließend gehen wir zu den Aufzügen und fahren zur Tiefgarage des Bürohauses.

Im Aufzug sagt sie zu mir:
"Auf einmal habe ich Angst!"

Ich antworte ihr:
"Der erste Auftrag ohne Lama Rinpoche an meiner Seite! Mir geht es genauso. Aber keine Sorge. Es wird schon schiefgehen!"

Ich lächele sie an und sie lacht befreit auf.

In der Tiefgarage gehen wir zu der gepanzerten Limousine und packen das Gepäck in den Kofferraum. Danach nehmen wir auf der Rückbank Platz. Der Personenschützer setzt sich ans Steuer und fährt den Wagen die gewundene Rampe hoch.

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Montag, 14. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -21
Am folgenden Morgen essen wir mit der verehrten Dame Li Yong Tai. Ihre Köchin hat das Frühstück zubereitet. Wir begegnen uns herzlich, aber auch höflich zurückhaltend. Danach fährt sie eine Etage tiefer in ihre Geschäftsräume. Dorthin begleiten wir sie und schauen uns alle Räume an. Dabei wechseln wir immer ein paar freundliche Worte mit den Angestellten.

Bis zum späten Nachmittag gibt es keine besonderen Vorkommnisse. Dann betritt ein Mann im Anzug und Aktenkoffer die Geschäftsräume, der durchaus ein Banker sein könnte. Die Rezeptionskraft bittet ihn, sich zu setzen und kurz zu warten. Er gibt sich sehr nervös. Irgendwann, als er sich unbeobachtet fühlt, öffnet er seinen Aktenkoffer und lässt ein Gerät wie einen Saugroboter frei. Er schaltet ihn ein und lässt ihn laufen.

Kurz darauf meldet er sich bei der Rezeptionskraft und meint:

"Ich denke, ich komme morgen wieder. Ich habe noch weitere Termine."

Sie lächelt ihn freundlich an und antwortet:
"In Ordnung, dann bis Morgen!"

Ich stoppe das Gerät, das der Mann zurückgelassen hat und drehe es um. Unten blinkt eine rote LED. Nun nehme ich es hoch und laufe damit zu dem Personenschützer.

"Das hat ein Besucher zurückgelassen!" sage ich gehetzt und bin schon am Aufzug.

Noah ist zur Stelle. Ich sage schnell zu ihm:
"Bleibe du hier! Ich folge einem Verdächtigen!"

Mit einem Spezialschlüssel nutze ich den Expressaufzug, der mich sofort nach unten bringt. Dort sehe ich den Mann gerade das Gebäude verlassen. Draußen wird es allmählich dämmrig.

Ich beeile mich, hinter ihm her zu kommen. Er will gerade in einen Wagen einsteigen, der in der Nähe geparkt ist. Dabei erkennt er mich, schlägt die Wagentür wieder zu und überquert die Straße. Schräg gegenüber liegt eine Bar. Ich gebe eine Beschreibung des Fahrzeugs und des Kennzeichens mit meinem Handy an den Personenschützer weiter und betrete die Bar.

Kurz orientiere ich mich, dann gehe ich zum Tresen und bestelle ein Getränk. Während ich mein Glas hebe, spüre ich eine Waffe im Rücken. Ich wirbele herum und schlage sie dem Mann aus der Hand. Sofort weichen andere Gäste an der Bar zurück. Der Mann taumelt rückwärts und ich setze sofort nach. Bald liegt er am Boden und ich fessele seine Hände auf den Rücken.

Jetzt ziehe ich den Mann auf die Beine und schaue mich suchend nach der Waffe um, aber sie ist verschwunden. Dem Barmädchen zunickend, verlasse ich mit dem Mann die Bar, um ihn unserem Sicherheitspersonal zu übergeben. Vor dem Eingang der Bar peitscht ein Schuss.

Ich spüre einen Schlag an der Schulter. Mein Gefangener sackt zusammen. Ihn auf beiden Armen über die Straße tragend, erreiche ich bald Li Yong Tais Geschäftshaus und fahre mit dem Expressaufzug hoch. Mit einiger Mühe betrete ich den Raum, der zum provisorischen Kontrollzentrum umfunktioniert worden ist. Der Mann hinter dem Laptop macht große Augen.

"Haben Sie...?" beginnt er.

Ich schüttele den Kopf und erkläre ihm:
"Wie könnte ich, ohne Waffe? Ich wollte ihn zur Befragung zurückbringen. Draußen auf der Straße peitscht plötzlich ein Schuss, streift mich und trifft ihn. Zu viele Zeugen. - Darum konnte ich ihn nicht liegenlassen. Nun werden wir der Polizei einiges erklären müssen."

"Womit Sie Recht haben!" meint der Mann.

Ich bin nun erst einmal in Hamburg gebunden. Also müssen wir uns aufteilen, überlege ich. Darauf spreche ich Noah an, der hinzugekommen ist:

"Noah, die ehrenwerte Dame muss sofort aus der Schusslinie! Die Gegenseite ist nervös geworden. Begleite Du sie zu ihren Eltern nach Frankfurt. Nimm den gepanzerten Wagen!"

Der Personenschützer hat soeben die Polizei von dem Vorfall informiert und sagt:

"Mein Kollege wird den Wagen fahren!"

Ich nicke. Noah zieht mich einen Schritt weg. Er hat etwas auf dem Herzen. Wir verlassen den Raum und gehen in Richtung Li Yong Tais Büro.

"Sie hat mich gestern bei der Ankunft fast nicht wiedererkannt, Tsopo -Meister-. Ich habe in der Vergangenheit jeden Tag an sie gedacht, seit unserem Abschied auf Hawaii - und sie hat mich vollkommen vergessen! Vergangene Nacht habe ich sehr unruhig geschlafen."

Ich schaue Noah an und entgegne ihm, während ich meine Hand auf seine Schulter lege:

"Du konzentrierst dich auf das Negative, Noah! Du musst als zukünftiger Gelong -Mönch- auf deine Gedanken achten! Sie WAR erfreut, dich zu sehen!"

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