Dienstag, 22. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -29
Ich erhebe mich langsam und folge unserer Angestellten. Sie sagt, dass ich mich in den Sessel setzen soll, dann informiert sie die Polizei. Wiederholt muss ich den Detectives unsere Geschichte erzählen.

In der Villa kann ich nicht mehr leben. Also kündige ich der Köchin und dem Gärtner und beziehe ein Zimmer in einem Hotel in Honolulu. Nachdem die Erbschaftsangelegenheiten geregelt sind, fliege ich als gebrochener Mann von Selbstvorwürfen zerfressen nach Deutschland zurück. Warum habe ich nicht am Steuer gesessen, wie sonst immer?

Mein erster Gang führt mich in das Kloster und zu Lama Rinpoche. Ich berichte ihm, was sich seit unserer Ankunft auf Hawaii zugetragen hat und schließe mit der niederschmetternden Aussage:

"Ich weiß nicht mehr weiter, Tsopo -Meister-. Mein Leben ist sinnlos ohne sie!"

Mein väterlicher Freund und Mentor schaut mich lange an. Dann antwortet er:

"Dir ist ein großes Vermögen zugefallen, das du irgendwie verwalten musst. Du hast aber keine Ausbildung bisher. Ich rate dir, mache eine Banklehre. Lerne mit viel Geld umzugehen und es zu mehren! Dann überlege dir, wofür du den Geldzuwachs ausgeben willst."

"Aber ohne Yong Tai hat alles keinen Sinn!"

"Denke daran, was ich dich gelehrt habe: der Tod ist nicht das Ende! Dann bekommt dein Leben wieder einen Sinn, wenn du ihn auch jetzt noch nicht erkennst. Komm gerne im Laufe deiner Ausbildung immer wieder hierher zurück! Du hast meditieren gelernt! Nutze deine Fähigkeit."

Ich nicke dankbar und sage:
"Ich danke Euch, mein Tsopo."

Danach bewerbe ich mich bei verschiedenen Banken und erhalte die Chance, eine Ausbildung zu beginnen. Während meiner Urlaube reise ich gerne und ziehe mich immer wieder ins Kloster zurück.

Während meiner Aufenthalte bei Lama Rinpoche erzählt er mir in langen Gesprächen von seiner Vergangenheit, um mir ein Beispiel zu geben. Er beginnt damit, wie plötzlich zwei Männer in Mönchsgewändern im Wohnzimmer der elterlichen Wohnung gesessen haben.

"Tags vorher habe ich eine unscheinbare Schale vor dem Sportplatz gefunden," berichtet er. "Ich habe sie mir von allen Seiten angesehen. Sie erschien mir irgendwie vertraut. Also habe ich sie eingesteckt, wenn auch die Anderen in meiner Sportgruppe gelästert haben über den 'Müll'."

Er macht eine Pause und ergänzt dann:

"Die Mönche haben gesagt, dass die Schale einem verstorbenen Lama gehört hat, und dass sie annehmen, ich sei dessen Wiedergeburt. Das müsse aber in Nepal genauer geprüft werden.
Ich bin dann mit meiner ehrenwerten Mutter in das Kloster nach Nepal gereist, wo der verstorbene Lama früher gewirkt hat und verschiedener Prüfungen unterzogen worden. Man war sich schließlich sicher, dass in mir der ehrenwerte Lama Sherab weiterlebt.
In der Folgezeit bin ich in allem geschult worden, was ein späterer Mönch wissen muss. Ich habe allerdings auch einen gewissen Ehrgeiz in die Ausbildung gesteckt, und erstaunte damit meine Lehrer. Alles weitere weißt du ja grob: Ich bin zum Lama geweiht und nach Deutschland zurückgeschickt worden, um die Bestimmung von Lama Sherab zu erfüllen."

Ich nicke.

"Was schlägt mir mein Tsopo -Meister- für die weitere Zukunft vor?"

"Schließe erst einmal deine Ausbildung mit Bravour ab, dann sehen wir weiter!"

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Montag, 21. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -28
Eines Abends, ich stehe auf dem Balkon des Schlafzimmers über der Terrasse und bürste mein Haar, sage ich zu Noah:

"Noah, ich möchte, dass unser Kind hier geboren wird!"

Er lehnt in der Balkontür und schaut mich stolz und glücklich an. Nun umwölkt sich seine Stirn. Er fragt:

"Warum nicht in der Wöchnerinnenabteilung des Krankenhauses unten in der Stadt?"

"Hier fühle ich mich wohl. Ein Arzt ist schnell zur Stelle. Ich habe darüber schon mit meinem Frauenarzt gesprochen!" antworte ich, drehe mich zu ihm und strahle ihn an.

Er bemerkt stockend:
"Du bist so... wunderschön!"

"Das liegt daran, dass ich dich so sehr liebe."

Noah löst sich aus dem Türrahmen und kommt näher. Er schüttelt den Kopf, lächelt mich an und sagt:

"Nein... Nein, das liegt daran, dass ICH dich so sehr liebe."

Ich lege den Kopf schief, schaue ihn prüfend an und antworte:

"Es liegt daran, dass WIR UNS so sehr lieben!"

Mitten in der darauffolgenden Nacht wache ich auf. Ich taste nach Noah und greife ins Leere. Also drehe ich mich vollends zu ihm um. Sein Platz neben mir ist leer. Ich stehe mühsam auf und finde ihn auf dem Balkon. Er schaut in die Sterne.

"Was bedrückt dich, Noah?" frage ich besorgt.

Er schüttelt den Kopf und behauptet:
"Es ist nichts!"

Ich lege meine Hände von hinten um seine Schultern, lehne mich an ihn und frage:

"Wie lange wird es wohl dauern, bis wir in Allem ehrlich zueinander sein können?"

Er dreht sich zu mir um und umarmt mich fest. Dann sagt er:

"Ich hatte einen bösen Traum."

Neugierig hake ich nach: "Und?"

Er flüstert: "Ich träumte von dir!"

Besorgt fordere ich ihn auf:
"Erzähle ihn mir!"

Er löst sich von mir, atmet einmal tief ein und sagt:
"Es war nur ein Traum!"

Noah entfernt sich von mir, atmet tief ein und aus und dreht sich in der Balkontür wieder zu mir um:

"... dass du bei der Geburt des Babys sterben wirst."

Erschreckt frage ich: "Und das Baby?"

Noah schüttelt heftig den Kopf, als wollte er böse Geister vertreiben. Er antwortet:

"Ich weiß es nicht."

Ich nähere mich ihm, umfasse ihn an der Brust, lehne meinen Kopf an sein Herz und sage tröstend:

"Es war nur ein Traum! Dieses Baby wird unser ganzes Leben verändern!"

Er nimmt mich sanft in den Arm und küsst mich auf die Stirn, während ich mich an ihn kuschele.

"Dieses Baby ist ein Wunder!" sagt er.

Wir gehen zurück ins Bett. Ich halte Noah fest im Arm. Er flüstert mir ins Ohr:

"Mit uns wird es ewig halten! Weißt du, wieso ich das weiß? Weil ich mich morgens beim Aufwachen immer zuerst darauf freue, dein Gesicht zu sehen!"

Er küsst mich leidenschaftlich. Atemlos flüstere ich danach:

"Und ich kann nicht einschlafen ohne dich, Noah!"

"Ich bin ja da, Liebes!" tröstet er mich. "Meine Gedanken sind immer bei dir!"

*

Der Tag der Entbindung rückt näher. Wegen einer Unpässlichkeit bleibe ich, Noah, im Bett. Yong Tai schiebt mir das Frühstück auf einem Servierwagen ans Bett und verabschiedet sich unter Küssen. Heute ist der voraussichtlich letzte Untersuchungstermin beim Frauenarzt. In den nächsten Tagen wird er auf Abruf bereitstehen, um Yong Tai bei der Hausgeburt zur Seite zu stehen.

Ich habe gerade eine Tasse Tee in der Hand, als ich diesen Donnerschlag höre, der das ganze Haus erzittern lässt. Sofort bin ich auf dem Balkon. Der Kilauea zeigt ein friedliches Gesicht. So wie ich gerade angezogen bin, laufe ich hinunter ins Foyer. Unsere Köchin kommt mir mit schreckgeweiteten Augen entgegen.

Die Treppe und der Privatweg bis zur Gartenmauer ist mit wenigen Sätzen genommen. Vor mir breitet sich ein Bild des Grauens aus. Haltlos weinend sinke ich auf die Knie. Die Köchin ist mir langsam gefolgt. Nun fasst sie mich an den Schultern und sagt:

"Kommen Sie wieder ins Haus, Sir! Dafür sind jetzt Andere zuständig!"

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Sonntag, 20. Februar 2022
Doch die Liebe währet ewiglich -27
Es hört sich erleichtert und glücklich an, als er mir antwortet:

"Das will ich dir gerne versprechen! Hoch und heilig!"

Dann umfasst er meinen Nacken und zieht mich zu sich herunter. Es folgt ein langer und inniger Kuss. Etwas atemlos in seinen Armen liegend, ergänze ich:

"Kein Zorn, keine Furcht, keine Aggressivität! Sonst würdest du unsere Liebe zerstören!"

"Ich verspreche dir, mein ganzes Leben an mir zu arbeiten," antwortet Noah mit ernstem Gesicht.

Wieder küssen wir uns leidenschaftlich. In eine Atempause hinein sage ich:

"Mein Shijiamouni -Siddharta-! Mein Prinz!"

In den folgenden Wochen unternehmen wir viel gemeinsam. Am witzigsten und zugleich emotionalsten habe ich darunter den Besuch in einer Karaoke-Bar in Honolulu empfunden. Er betritt die Bühne und sucht eine Melodie heraus. Dann erklärt er vor allen Leuten:

"Dieses Lied widme ich der schönsten und liebenswertesten Frau, die ich kenne!"

Danach singt, oder besser: grölt er mein Lieblingslied. Das Publikum in der Bar geht lachend mit und mimt die Background-Sänger. Anschließend klatscht der ganze Saal.

Wir schlafen schon längst im breiten Bett meines Schlafzimmers zusammen. Anfangs hat er mich schüchtern gestreichelt. Ich habe seine Hand geführt. Irgendwann rückt er nahe an mich heran und legt seine Hand um meine Schultern. Ich flüstere:

"Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass mich jemand so lieb festgehalten hat."

Er legt seine Wange an meine und antwortet:
"Du siehst wunderschön aus!"

Da Noah damit offensichtlich an mir vorbeiredet und mir doch dabei ein liebes Kompliment macht, muss ich lachen. Ich drehe mich auf den Rücken und gebe ihm einen Kuss.

*

Ein halbes Jahr später komme ich gerade von der Untersuchung bei meinem Frauenarzt, der meinen Verdacht bestätigt hat. Noah steht im Eingang der Villa, als ich aus dem Wagen steige. Wir laufen aufeinander zu, umarmen und küssen uns.

Nachdem er mich losgelassen hat, streichele ich ihn zärtlich. Mir kommen nur die Worte "Oh, Noah!" über die Lippen. Ich schaue ihn unsicher an. Er drückt mich stumm an sich. Schließlich kann ich es doch aussprechen:

"Noah, ich bin schwanger!"

Er hebt mich an und dreht sich mit mir um seine Achse. Dabei lächelt er glücklich und hat feuchte Augen.

"Das ist... Das... Oh, das ist wunderschön!" stammelt er.

Ich schaue ihn mit ängstlichen Augen an und flüstere:
"Was sollen wir jetzt bloß machen?"

Noah lacht glücklich und antwortet:
"Auf keinen Fall werden wir uns jetzt Sorgen machen! Einverstanden?"

Wieder fallen wir uns in die Arme und küssen uns. Tränen der Erleichterung laufen mir über die Wangen und werden von seinen Lippen aufgefangen.

*

In den folgenden Wochen planen wir unsere Hochzeit. Dazu gehört in den USA auch ein Notar, der gegenüber dem Standesamt die Heirat bezeugen muss. Ebenso beantragen wir für Noah die US-Staatbürgerschaft. Ich bin der Meinung, dass das für unsere Zukunft von Vorteil sein wird.

Auch benötigen wir vor der Hochzeit eine Heirats-Lizenz. Bei der zuständigen Behörde beantragen wir die Lizenz, mit der wir beurkunden, dass wir aus freien Stücken heiraten wollen. Dazu müssen wir persönlich vor dem Beamten erscheinen, der die Lizenz ausstellt.

Schließlich informieren wir unsere Eltern und machen einen Termin fest. Eine Woche vorher wollen sie kommen und insgesamt drei Wochen bleiben. Ich schwebe in höheren Sphären in den Wochen bis dahin.
Eine kleine Privatmaschine meines Unternehmens wird die insgesamt 20 Hochzeitsgäste über New York und San Franzisko zu uns nach Hawaii fliegen. Die Gästevilla, in der wir seit über einem halben Jahr wohnen, schenkt mir mein Arbeitgeber zur Hochzeit.

Dann ist der Tag gekommen, an dem unsere Eltern, Großeltern und Noahs Patenfamilie ankommen sollen. Wir fahren mit einem gemieteten Bus zu dem kleinen Sportflughafen und warten im Abfertigungsgebäude. Heute ist ein schöner Tag. Nur wenige Wolken sind am Himmel zu sehen. Plötzlich erkennen wir aus der angekündigten Anflugrichtung einen Feuerball, der schnell größer wird.

Ich schreie auf und sinke Noah haltlos schluchzend in die Arme. Wenige Minuten später kommt eine Angestellte des Flugplatzes auf uns zu und sagt:

"Es tut uns leid, aber wir haben die Maschine im Landeanflug verloren... Alles Nötige zur Aufklärung wurde schon in die Wege geleitet. Warten Sie bitte zuhause auf weitere Details. Sobald wir mehr wissen, werden wir Sie informieren!"

In der nächsten Zeit ist Noah ganz besonders bemüht um mich. Er begleitet mich überall hin. Anfangs haben wir Angst gehabt, dass wir unser Kind verlieren, aber der Arzt kann uns beruhigen.

Mein Chef, der durch den Flugzeugabsturz mit meinem ehrenwerten Vater auch einen guten Freund verloren hat, ist uns bei allem behilflich. Er ist wie ein Vater für mich. Wir heiraten in ganz kleiner Runde in unserem festlich geschmückten Living-Room. Der Notar, der danach das Registry Office -Standesamt- informiert, nimmt uns das Eheversprechen ab. Unsere Bediensteten, der Gärtner und die Köchin, sind unsere Trauzeugen. Mein Arbeitgeber ist natürlich anwesend und auch meine Freundinnen aus der Zeit meiner Ausbildung hier auf Hawaii. Dass die jungen Frauen mit ihren Männern gekommen sind, freut mich besonders und lässt mich etwas zur Ruhe kommen.

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