Montag, 11. Juli 2022
Aufbruch ins All -11
'Astrocrete' hat man entwickelt, um nicht Tonnen von Zement zum Mars transportieren zu müssen. Man nutzt in erster Linie Sand, den es auf dem Mars in rauen Mengen gibt. Dann muss Humanalbumin sowie Harnstoff hinzugefügt werden. Hier auf der Erde hat man Verbindung zu Viehzüchtern und Schlachtereien aufgenommen, um an Blut und Urin zu kommen, in denen die beiden Komponenten vorhanden sind.

So ist Mars City in Rekordzeit errichtet worden. Auf dem Mars wird das weit langsamer voranschreiten. Dort geht man davon aus, dass sechs Astronauten in ihrer zweijährigen Mission 500 Kilogramm des Baustoffes herstellen können und damit eine Unterkunft für sich errichten, die die nächste Mars-Mission beziehen kann, um während ihres Aufenthalts mit weiteren 500 Kilogramm Unterkünfte für weitere sechs Astronauten herzustellen.

Ich habe in den drei Monaten, die ich nun in Mars City lebe und 'arbeite', meine Freizeit dazu benutzt, alles Mögliche auszuprobieren. Zuerst einmal habe ich mir vorgenommen gehabt, meine Wohnung meinen individuellen Bedürfnissen anzupassen. Dazu gehört, dass ich mir Grafiken und Bilder gekauft habe, die nun meine Wände zieren und ein Gefühl von Heimeligkeit vermitteln. So habe ich in meiner Freizeit gerne geboxt. Also habe ich Bilder vom Boxsport an die Wände gehängt.

Die Möbel in meiner Wohnung bestehen in der Hauptsache aus Bambus. Dieses Gras will man zu diesem Zweck auch auf dem Mars kultivieren. Der Bambus wird auf die nötige Länge gebracht und mit Nut und Zapfen miteinander verbunden. Fixiert wird es mit Streifen, die wie Stricke verarbeitet werden. Aus diesen Streifen werden auch Sitzflächen, Türfüllungen und anderes geflochten.

Die Nahrungsmittel werden in Mars City selbst erzeugt, in dem einige Häuserblocks Vertical Farming praktizieren. Auch werden auf Speiseresten Mehlwürmer gezüchtet, die getrocknet und gemahlen Getreidemehl ergänzen. Ich habe mich mit dem virtuellen Begehen der Fabrikation nicht zufriedengegeben, sondern bin auch persönlich dorthin gefahren, um mir alles anzuschauen.

*

Für heute habe ich mir vorgenommen, eine Ausstellung für Glaskunst zu besuchen. Wir haben Samstag und ich habe einen freien Tag. Nachdem ich mich am Morgen frisch gemacht habe, schaue ich was der Kühlschrank hergibt und bringe das auf den Esstisch. Er hat ein Bambusgestell und darauf liegt eine rauchgraue Glasplatte. Ich habe zwei Platzdeckchen daraufgelegt, damit ich die Platte nicht verkratze und stelle das gläserne Geschirr darauf, bevor ich mich daransetze und zu frühstücken beginne.

Anschließend gehe ich vor die Tür und jogge eine Runde über den Pedway. Danach gehe ich unter die Dusche. Auf dem Mars ist Wasser ein kostbares Gut. Dementsprechend ist die Bad-Technik hier in Mars City die Gleiche, die man in der Raumfahrt verwendet. Das Wasser wird im Keller jeden Wohnblocks gereinigt und in den Kreislauf zurückgegeben.

Kurz vor der Mittagszeit fahre ich mit dem Cab zur Glaskunst-Ausstellung. Sie befindet sich im Block einer Fabrik für Gebrauchsgegenstände aus Glas. Sicher soll sie potentiellen Kunden auch Ideen geben und den Verkauf unterstützen.

Nachdem ich das Cab in der Haltespur abgestellt habe und ausgestiegen bin, kann ich gerade beobachten, wie jemand mit einem Cab aus der Haltespur startet. Wie von Geisterhand rücken nun alle dahinter wartenden Cabs um einen Platz vor.

Ich betrete das Foyer und gehe zu der Concierge.

"I want to see your Glass Art Exhibition -Ich möchte ihre Glaskunst-Ausstellung sehen-," eröffne ich der vietnamesischen Angestellten.

Wie ich von unserem Ansprechpartner von SpaceX erfahren habe, war eine der Bedingungen unter denen Mister Musk die Genehmigung für Mars City bekommen hat, dass hier vietnamesische Angestellte Arbeit finden.

"Welcome," antwortet sie mit einem bezaubernden Lächeln. "Please pay an entrance fee of 10 Dollars. -Willkommen! Zahlen Sie bitte ein Eintrittsgeld von 10 Dollar-."

Ich nicke und ziehe meine Karte aus dem Mäppchen, das ich mir besorgt habe. Sie hat ihr Handgerät eingestellt und hält es mir hin. Ich halte meine Karte in die Nähe und als es 'Ping' macht, ist die Transaktion geschehen. Nun gehe ich auf die Tür zu, die zum Innenhof hinausführt. Hier kann ich unter der Balustrade entlangwandern und mir die Schaufenster anschauen. Wenn ich etwas Interessantes sehe, betrete ich die Bunk, wie das hier heißt, die Ausstellungskoje und beginne mir die Regale anzusehen.

In der Etage darüber hat man ebenfalls eine Balustrade eingerichtet, indem man einen offenen überdachten Gang rund um den Innenhof gebaut hat. Auch hier gibt es Bunks. In einigen davon arbeiten Angestellte mit der heißen zähflüssigen Masse und zeigen das Herstellen von Glaskunst. Eine Skulptur fasziniert mich. Sie hat eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Oscar aus Hollywood. Ich beobachte die Entstehung und frage, wieviel sie mich kosten würde.

Der Mann lächelt höflich und antwortet:
"Please buy it in the shop. It take a while for this one to cool down. -Kaufen Sie sie bitte im Shop. Es dauert eine Weile bis diese hier abgekühlt ist-."

Ich nicke freundlich. Dann werde ich wohl in den Laden hinter dem Foyer gehen müssen. Jetzt meldet sich allerdings mein Magen. Deshalb schaue ich in das Prospekt, das mir die Concierge beim Betreten gegeben hat. Ich ermittele darin die Position des Kundenrestaurants und gehe dorthin. Am Eingang werde ich sogleich mit einem strahlenden Lächeln und einem "Willkommen" begrüßt.

Die junge Frau in der Kleidung des Verkaufspersonals fragt anschließend:

"How many people?"

Ich kennen das schon. Das Personal ermittelt mit der Frage, wie groß der Tisch sein muss, an den sie mich führt. Ich lächele freundlich und erwidere ihr:

"Just me."

Sie deutet mit der Hand in den Raum und wendet sich zum Gehen, also folge ich ihr. An einem kleinen Vierer-Tisch bleibt sie stehen und bietet mir mit einem gewinnenden Lächeln an:

"Please sit down here."

Während ich mich setze, nimmt sie eine Menü-Karte aus dem Halter und reicht sie mir mit den Worten:

"This is your menu. What would you like to drink?"

"One Coke, please!" antworte ich ihr.

Nun verlässt sie mich, um das bestellte Getränk zu zapfen. Kurz darauf bringt sie es mir, auf einem ovalen Serviertablett balancierend. Sie serviert mir das Glas zu meiner Rechten und fragt:

"Would you like to order?"

Ich hebe die Augenbraue und antworte höflich:
"I need some more time..."

Die Bedienung verlässt mich nun und kümmert sich um einen weiteren Gast, der mit Begleitung das Restaurant betritt. Nachdem ich mich für ein Menü entschieden habe, schaue ich mich nach ihr um. Ich hebe meine Hand und sage "Excuse me!" als sie in meiner Nähe vorbeigeht.

Kurz darauf steht sie an meinem Tisch. Ich zeige ihr das ausgewählte Menü aus der Karte und frage:

"Could I have this menu, please?"

Die Bedienung schaut auf die Karte und nennt mir die Nummer des Menüs, auf das ich zeige. Ich bestätige es ihr. Nun sagt sie zu mir:

"Okay, please wait."

Sie verlässt mich um meine Bestellung weiterzugeben. Dazu tippt sie am Tresen etwas in ein Gerät und erhält einen Bon, den sie an den Koch weitergibt. Dieser spießt ihn neben anderen auf ein Brett.

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Samstag, 9. Juli 2022
Aufbruch ins All -10
Der SpaceX-Mitarbeiter lächelt und nickt.

"Genauso ist es!" bestätigt er. "Mit dieser Mars-City wollen wir Erfahrungen sammeln und später die ersten Siedler auf ihr Leben auf dem Mars vorbereiten."

Inzwischen sind wir mit einem Aufzug auf die dritte Ebene gehoben worden, die für Fußgänger reserviert ist. Aber wir überqueren nur die Straße unter uns, betreten einen Häuserblock an seiner Ecke und stehen in einem Treppenhaus. Wir fahren mit dem Aufzug, um den sich die Treppe windet, hinunter auf die Ebene 0 und stehen in einen großen dreieckigen Saal. Auf einer Seite gibt es mehrere Sitzgruppen und gegenüber sitzt eine junge Frau hinter einem Tresen. Eine etwa anderthalb Meter breite Glastür befindet sich in der Spitze des dreieckigen Grundrisses und eine doppelt so breite Tür in der dritten und breitesten Seite des Raumes.

Beide Türen bestehen aus einem Gitter, in das farbige Butzenscheiben eingearbeitet worden sind. Unser Führer sieht unsere Blicke und erklärt:

"Die Oberfläche des Mars ist hauptsächlich von Sand bedeckt. Erhitzen Sie das Material, erhalten Sie Glas. Sie können Scheiben daraus machen, oder Skulpturen oder auch Gebrauchsgegenstände, wie Teller, Becher, Schüsseln - aber auch Bestecke. Mit diesen Glastüren wollten wir das hervorheben."

Wir nähern uns der Doppel-Tür, die von alleine zur Seite fährt und den Blick auf eine Fahrspur mit Autos freigibt. Wir werden zu den Vordersten in der Reihe geführt und dort auf zwei Fahrzeuge aufgeteilt. Der SpaceX- und der NASA-Mitarbeiter halten eine Karte an die Fahrzeugtür, die nun aufschwingt und zur Seite fährt. Wir setzen uns auf die zwei Sitzbänke und der SpaceX-Mitarbeiter im Fahrzeug, in dem ich Platz genommen habe, steckt die Karte nun in einen Karten-Slot und tippt auf dem aufleuchtenden Bildschirm herum. Danach setzt sich das Fahrzeug in Bewegung.
Es fädelt sich selbständig in den spärlichen Verkehr ein und strebt einem unbekannten Ziel zu.

"Ein selbstfahrendes Elektro-Auto!" stelle ich fest und schaue den SpaceX-Mitarbeiter lächelnd an.

Dieser nickt zustimmend und lächelt zurück.

"So sieht unser Individualverkehr aus. Waren werden von Elektro-LKWs befördert und direkt an die Rampe des Bestellers angeliefert."

"Ah," mache ich und schaue auf die Karte des Navis.

Schließlich fährt das Fahrzeug in eine ebensolche Haltespur hinein wie die, aus der wir gestartet sind, und hält hinter den wartenden Fahrzeugen. Wir steigen aus und sehen den Rest unserer Gruppe hinter uns aus einem anderen Fahrzeug aussteigen.

Wir betreten ein ebensolches Foyer wie das, wo wir die Fahrt begonnen haben. Dieses Mal gehen unsere Führer mit uns an den Tresen der Concierge. Dort fragt man uns nach unseren Ausweisen. Nach der Registrierung erhält jeder von uns seinen Ausweis zurück und zusätzlich eine Karte, mit der wir zahlen können. Unter Anderem entsperren wir damit auch ein Elektro-Cab. Am Ziel wird uns dann der entsprechende Fahrpreis abgebucht.

Das reizt mich nun doch zu der Frage nach unserem Gehalt. Der SpaceX-Mitarbeiter erklärt:

"Auf dem Mars entspräche ihre Tätigkeit dem eines Ingenieurs. Sie erhalten also etwa 5000 Dollar im Monat."

"Okay," meine ich.

Einige aus meiner Gruppe nicken anerkennend.

Danach fahren wir in den fünften Stock und gehen dort einen Gang entlang. Unser Führer öffnet eine Tür und wir betreten einen Raum, der entfernt der Flight Control der NASA ähnelt. Für jeden aus unserer Gruppe gibt es ein Tisch mit einem Control-Panel für eine bestimmte Abraum-Maschine, einen Radlader oder einen LKW. Ein kleiner Bildschirm vermittelt dem Mann, was seine Entscheidungen gerade bewirken. Ein großer Bildschirm an der Wand zeigt das Zusammenspiel aller Maschinen und Fahrzeuge in dem fiktiven Tagebau.

"Sie müssen sich das ähnlich vorstellen, wie die Steuerung der Mars-Rover heutzutage von der Erde aus. Sie sitzen hier in der Zentrale und überwachen die Arbeit von fiktiven Tagebau-Maschinen, vom Abbau der Rohstoffe, über den Transport in Fabriken, bis zum Transport der veredelten Rohstoffe in die Umlaufbahn, wo unsere Raumschiffe sie einsammeln und zur Erde bringen. Alles ist weitgehend automatisiert," meint der SpaceX-Mitarbeiter.

"So," meint nun der NASA-Mitarbeiter. "Das ist für die nächste Zeit ihr Arbeitsplatz. Machen Sie sich ruhig mit den Kontrollen vertraut. In einer Stunde holen wir Sie ab und zeigen Ihnen ihre Wohnungen."

In der nächsten Stunde probieren wir aus, was wir vor uns haben. Im Großen und Ganzen machen wir ein großes Videospiel, da es die Maschinen und Transporter in Wahrheit ja nicht gibt. Dann werden wir wieder abgeholt und zu den Cabs geführt. Zehn Minuten später halten die Fahrzeuge in der Haltespur eines Wohnblocks.

Wieder werden wir zu der Concierge geführt, müssen unsere ID-Cards abgeben und erhalten sie mit einer weiteren Karte zurück. Wie man uns erklärt, sind die neuen Karten die Schlüssel zu unseren Wohnungen. Wir gehen in die zweite Etage und beziehen dort acht identische Wohnungen nebeneinander.

Als ich meine Wohnungstür geöffnet habe, stehe ich zuerst in einer Garderobe mit Haken für Mäntel oder Jacken, eine Ablage für Schuhe und Fächer für Accessoires. Daran schließt sich ein Flur an, von dem zwei Türen abgehen. Neugierig öffne ich sie nacheinander und finde eine Gästetoilette mit WC und Waschgelegenheit, und ein Bad mit freistehender Wanne, über der ein Duschkopf schwebt, ein Waschbecken mit Spiegelschrank und Unterschrank und ein weiteres WC.

Der Gang endet vor einer Glastür, wie ich sie schon aus den Foyers im Erdgeschoß kenne. Als ich sie öffne, stehe ich in einem Wohnzimmer mit einer Polstergruppe und einem Coffeetable. An der Seitenwand befindet sich eine Küchenzeile und davor eine Esstischgruppe. So gesehen ist das Appartement voll ausgestattet. Schränke an der Wand lassen sich mit Geschirr, Bestecken, Wohntextilien, Küchen- und Badtextilien, und Bekleidung befüllen. In einem Highboard entdecke ich zwei Matratzen hochkant stehen.

Ein riesiger Bildschirm hängt gegenüber dem Sofa an der Wand und Phonogeräte füllen ein Phonomöbel. Auf dem Coffeetable liegt eine Broschüre, die ich mir als nächstes zu Gemüte führe.

So lese ich, dass hier unten, gut 500 Meter unter der Erde, kein Worldwide Web empfangen werden kann. Das sei analog zu den Lavatunneln auf dem Mars. Stattdessen gibt es ein Intranet, das über Kabel in jeden Haushalt übertragen wird. Auch unsere Handys funktionieren hier nicht. Dafür muss ich mich wieder an Telefone gewöhnen, die über Kabel funktionieren.

Ich kann das Intranet mit einer Fernbedienung auf dem großen Bildschirm einsehen. Dort gibt es Filme, Musikvideos, Nachrichten und Werbung aller in Mars City ansässigen Firmen. In jedem Wohnblock gibt es außerdem Einzelhandelsgeschäfte und Restaurants im Innenhof. Sportclubs und Musikclubs gibt es in verschiedenen Blocks, genauso wie Ausstellungen, Museen und Theater.

Nahrungsmittel- und Möbelfabriken haben ebenfalls einen Intranet-Auftritt, in denen man virtuell hindurchwandern kann, um schließlich in deren Verkaufsflächen zu landen und stöbern zu können. Ich bin beeindruckt und darüber müde geworden. Wir haben ab morgen eine Arbeitszeit von 9 bis 17 Uhr. Also hole ich Betttücher und -decken aus dem Schrank, ziehe die Liegefläche der Couch lang und mache mich für die Nacht fertig.

*

Inzwischen lebe ich schon drei Monate in Mars City unter der Erde. Ich habe herausgefunden wie man in einer Kalksteinhöhle nach der Trockenlegung und Abdichtung diese Häuserblocks bauen konnte: Eine der Firmen Elon Musks hat sich auf den Bau von Röhrenbahnen spezialisiert. Ein runder metallischer 'Maulwurf' hat sich durch den Untergrund gegraben. Auf diese Weise hat die Mars City Anschluss an Hanoi und andere große Städte Vietnams bekommen.

Die Bahnen werden in den hermetisch abgeschlossenen Röhren durch Luftdruck auf etwa 500 Stundenkilometer beschleunigt und vor dem Ziel abgebremst. Wir haben einen Rohrbahnhof an der Seite der Hang Son Doong, der Ähnlichkeiten zeigt mit dem Tempel der Hatschepsut in Ägypten, der vor Jahrtausenden dort auch in den Felsen hineingebaut wurde. Dort laden unsere LKWs die Komponenten zur Herstellung eines Baustoffes, den seine Erfinder 'Astrocrete' genannt haben.

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Donnerstag, 7. Juli 2022
Aufbruch ins All -09
Howard warnt uns:
"Auf diesem Abschnitt sind Blutegel ein echtes Problem! Steckt also eure Hosenbeine in die Socken!"

Der Dschungelpfad zum Einstieg in die ausgebaute Höhle dürfte für ungeübte ein Kraftakt darstellen, stelle ich fest. Karstfelsen und Urwald prägen den Nationalpark.

"Die Hang Son Doong -Höhle von Fluss und Berg- hatte früher nur einen Zugang durch eine andere Höhle, die Hang En. Dieser Zugang wurde mit wasserdichtem Beton geschlossen. Wir gehen zu der nächstgelegenen der beiden Dolinen. Vor einigen Millionen Jahren, als sich das Wasser des Flusses immer weiter durch den Kalkstein gefressen hatte und die Höhle wuchs, konnte irgendwann das Dach über dem gewaltigen Hohlraum sein eigenes Gewicht nicht mehr tragen und brach an zwei Stellen ein.
Unter den Einbrüchen wuchs dank einer ungewöhnlichen Mischung aus hoher Luftfeuchtigkeit, Licht von oben, Dunkelheit von unten und einer extrem großen Menge uralten Fledermaus-Guanos ein neuer Dschungel. Der tiefste Punkt der Hang Son Doong liegt 490 Meter unter der Erde und sie besitzt eine lichte Höhe von 200 Metern.
Die Doline, die unser Ziel ist, ist mit Beton von dem Rest der Höhle abgetrennt worden. Dem Regenwasser wurde eine Abflussmöglichkeit geschaffen, nicht ohne dabei wieder Turbinen zur Stromerzeugung einzubauen. Sie besitzt einen geheimen Zugang zur simulierten Marshöhle," erklärt Howard, als wir unterwegs rasten.

Immer wieder müssen wir Wasserläufe durchqueren. Selbst ein richtig großer Schritt reicht manchmal nicht, um trockenen Fußes voranzukommen. Die Begleitmannschaft spannt jedesmal ein Seil von einem Ufer zum anderen, an dem wir uns festhalten können, denn manchmal ist die Strömung schon ziemlich stark.

Howard erzählt unterwegs weiteres über unser Ziel:
"Die Höhle ist ein fast komplett gerade verlaufender Tunnel. Es gibt viel, viel längere Höhlen, als die knapp neun Kilometer. Aber die sind dann stellenweise nur ganz, ganz schmal. Die Hang Son Doong ist einfach an jeder Stelle gigantisch. Jede andere Höhle der Welt würde in sie reinpassen!"

Zur größten Höhle der Welt gelangt man nur über Umwege. Wir nehmen eine mühsame Wanderung auf uns.

Ich frage ihn:
"Dehnt sich die Mars City über die gesamte Länge der neun Kilometer aus?"

Er schüttelt den Kopf und erklärt:
"Nein, die Mars City nutzt nur den längsten Hohlraum vom Ende der Höhle bis zur zweiten Doline, von unserem Standort gezählt. Aber das sind immerhin auch vier Kilometer. An ihrer breitesten Stelle misst die Hang Son Doong 280 Meter."

Als wir die Doline endlich erreicht haben, wird es ein wenig heikel. Howard sichert uns an Seilen, bevor es ungefähr 150 Meter in die Tiefe geht. Der Stein ist rutschig. Man muss mit dem Gesicht zum Felsen gewandt absteigen, der dunklen Höhle also den Rücken kehren und trotz Helmlampe fast blind nach kleinen Stufen und Vorsprüngen im Fels tasten, die manchmal ziemlich weit auseinanderliegen.

Am Fuß der Doline, beziehungsweise auf dem Einsturzhügel, stehen wir wieder mitten im Dschungel. Über uns erkennen wir den Himmel durch das ovale Loch, durch das wir heruntergestiegen sind. Der Nebel durch die hohe Luftfeuchtigkeit lässt die Umgebung mystisch wirken. Die Sonne steht günstig. Ihre Strahlen scheinen durch das Loch über uns und durchstoßen wie ein schräger breiter Laserstrahl den Nebel. Ansonsten ist es dämmrig.

Von einem bewachsenen Felsen aus genießen wir eine überwältigende Aussicht. Wir erkennen tief unter uns einen Strand. Dorthin müssen wir hinab, bestätigt uns Howard.

"Der Strand liegt rund 300 Meter unter der Erde," klärt er uns auf.

Also steht uns eine weitere Klettertour bevor. Unten angekommen stehen wir auf feinstem Sand. Bis zum Knöchel sacken wir stellenweise in den pulverigen Boden ein.

"Merkwürdiger Sand," findet ein Mitglied unserer Gruppe.

Unser Guide kommentiert das mit den Worten:
"Kein Sand, uralter Fledermaus-Guano." Und sagt: "Wir sind da!"

Türkisgrünes Wasser liegt spiegelglatt vor dem Strand. Die Träger haben die wasserdichten Rucksäcke in den Sand gestellt. Jeder von uns öffnet nun seinen Rucksack und zieht sich seinen Neopren-Anzug an. Schuhe und Strümpfe kommen in spezielle Beutel. Taucherbrille, Schnorchel und Stirnlampe vervollständigen unser Outfit, denn wir müssen hier ins Wasser. Dann schließen wir unsere Rucksäcke wieder und hängen uns die Gurte selbst über die Schultern. Den Bauchgurt noch und dann betreten wir im Gänsemarsch hintereinander das Wasser.

Unser Guide wartet, bis jeder aus unserer Gruppe nur noch mit dem Kopf über Wasser ist, dann folgt er uns. Wir gehen in die Hocke und sehen ihn im Licht der Stirnlampen an einer Kette, die in kurzen Abständen von einer Stange gehalten wird. Er winkt uns und hangelt sich an der Kette entlang. Wir folgen ihm auf Schnorcheltiefe. Ein Mitarbeiter von ihm macht den Abschluss. Nach einigen Metern müssen wir abtauchen.

Schnell noch tief Luftholen. Dann geht es unter Wasser durch ein offenes Tor. Gleich dahinter können wir wieder auftauchen, aber nun geht es durch einen mannshohen Gang, wobei sich nur unsere Köpfe über Wasser befinden. Nach einigen Metern kommt eine Treppe, über die wir aus dem Wasser steigen und in einen Saal gelangen.

"Hier könnt ihr eure Neopren-Anzüge ausziehen und verstauen," meint Howard nun. "Willkommen in Mars City!"

Er öffnet einen Kasten an der Wand, von dem ein daumendickes Rohr abgeht und in der Decke über uns verschwindet. Er entnimmt ihm einen Handapparat, drückt einige Tasten und spricht dann hinein. Danach wendet er sich wieder uns zu und sagt:

"In wenigen Minuten werdet ihr abgeholt. Wir möchten uns schon einmal von euch verabschieden und den Rückweg antreten."

Er hat den Kasten wieder verschlossen, den Riegel umgelegt und winkt uns zu, während er und sein Mitarbeiter wieder in den überfluteten Gang hinabsteigen.

Kurz darauf hören wir ein quietschendes Geräusch. Als wir unsere Stirnlampen in die Richtung halten, sehen wir eine Tür, in deren Mitte sich ein Rad dreht.

'Wie eine Tresortür!' schießt es mir durch den Kopf.

Wir gehen darauf zu. Die Tür öffnet sich und zwei Männer, ausgerüstet mit starken Taschenlampen kommen eine kleine Treppe zu uns herunter.

"Willkommen in Mars City!" begrüßt uns einer der Beiden. "Ich bin Mitarbeiter des Personalbüros hier und gehöre zu SpaceX. Mein Begleiter ist Wissenschaftler der NASA und wird sie während ihres Aufenthalts betreuen."

Wir schütteln uns die Hände und anschließend treten wir durch die 'Tresortür' nach draußen.

Staunend stehen wir vor riesigen Wohnblocks mit breiten Straßen. Weit über uns an der Höhlendecke geben Tageslicht-Lampen ihr strahlendes Licht ab. Zwar haben wir im Vorfeld schon davon gehört, aber dies alles zu sehen hat noch einmal eine ganz andere Qualität.

Drei dreispurige Straßen umschließen zwei Reihen Häuserblocks auf zwei Ebenen. Man hat die Fahrtrichtungen voneinander getrennt, wie bei Highways und sie übereinandergelegt. Zwischen den Wohnblocks gibt es ein sieben Kilometer langes Pedway-System mittels geschlossener Fußgängertunnel, erklärt uns der SpaceX-Mitarbeiter.

"Dies ist etwas völlig anderes als die Raumstation im Orbit. Dort leben und arbeiten eine Handvoll Wissenschafts-Astronauten. Wir simulieren hier eine Mars-Station. Sie müssen sich folgendes Szenario vergegenwärtigen: Die SpaceX investiert Milliarden Dollar, um Menschen zum Mars zu bringen, die dort forschen wollen. Jedes Unternehmen ist gewinnorientiert. Der Mars besitzt Rohstoffe für Billionen Dollar. Firmen auf der Erde brauchen diese Rohstoffe. Sie sind unser Gewinn. Also muss man eine Menge Menschen und Maschinen dorthin bringen. Dafür baut man solche Städte in die Lavatunnel an den Flanken bestimmter Marsvulkane."

"Eine Stadt ist ein komplexer Organismus," gebe ich zu Bedenken. "Die Menschen, die für Sie die Rohstoffe abbauen, erhalten Lohn und Freizeit. Sie wollen wohnen und essen, sowie sich in ihrer Freizeit entspannen. Dazu sind wieder Menschen nötig, die die Nahrung erzeugen und herstellen. Möbel und anderes herstellen und Zerstreuung in Museen und Ausstellungen anbieten. In Restaurants und Theater arbeiten Menschen, um Zerstreuung zu bieten. Ein Geldkreislauf entsteht."

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