Dienstag, 16. August 2022
Aufbruch ins All -26
Wenige Tage nachdem mich Okuden -Meister- Clark McGiven in meinem Zimmer besucht hat, lese ich im Internet auf meinem Tablet meinen Namen in der Aufstellung des Fechtturniers von Ishtar City in der diesjährigen Saison. Okuden Clark hat mich wohl dem Chisei gemeldet, der unseren Kader für das Turnier zusammenstellt. Endlich hat das Training ein Ende und ich kann zeigen, was in mir steckt.

So bin ich leicht euphorisch, als Meister Clark mich in der Mensa auffordert mit ihm zu kommen. Er bemerkt meinen Zustand und redet mir ins Gewissen. Ich soll nicht die Bodenhaftung verlieren, sondern rational in das Turnier gehen. Auf dem Weg durch die Gänge von Ishtar City zum Turnierraum redet er beruhigend auf mich ein. Schließlich erreichen wir die Umkleidekabinen.

Dort ziehe ich meine weiße Turnierkleidung an. Mein Meister kleidet sich in die weiße Sekundanten-Kleidung. Danach setzen wir uns zum Meditieren auf die Sitzbank. Meine Störgedanken sind durch meine Aufregung bedingt sehr stark. Es dauert daher etwas, bis ich zu Reiki durchgedrungen bin. Ich lasse meine Aufmerksamkeit wandern und beobachte, was sich in den anderen Umkleidekabinen tut.

Irgendwann holt mich Master Clark aus der meditativen Betrachtung und sagt:

"Florian! Du bist gleich dran."

Bei diesem ersten Wettkampf geht es noch um nichts. Die Gegner sind nach dem Zufallsprinzip ausgelost worden. Die Gewinner dieses Wettkampfes werden später in eine Gruppe zusammengefasst und genauso verfährt man mit den Verlierern. Beim nächsten Wettkampf lässt man Fechter mit der gleichen Punktzahl aus jeder Gruppe gegeneinander antreten, um eine Abstufung vornehmen zu können. Dann hat man eine erste Reihenfolge in den beiden Gruppen.

Da das Fechten in Ishtar City ein Volkssport ist, gibt es entsprechend viele Anmeldungen. Deshalb wird vom nächsten Wettkampftag das Knock-out-System angewandt: Der Unterlegene scheidet aus. Als Anerkennung werden ihm seine nächsten zehn Trainingsstunden in seinem Heimatverein von der Turnierleitung bezahlt. So hat sich nach dem zweiten Wettkampftag die Anzahl der teilnehmenden Sportler halbiert. An jedem weiteren Wettkampftag haben wir es so mit weniger Gegnern zu tun.

Am Morgen jeden Kampftages holt mich Okuden -Meister- Clark McGiven ab und macht den Weg zum Turnierraum mit mir gemeinsam. Wir rezitieren dabei unsere Turnierregeln:

"Sei frei von Zorn!" gibt er vor. Ich wiederhole den Merksatz.

"Sei frei von Sorgen!" sagt er darauf. Auch hier wiederhole ich ihn.

"Sei fair zu deinen Mitkämpfern!" spricht er weiter.

"Sei fair zu deinen Mitkämpfern!" antworte ich ihm.

"Sei dankbar für das Resultat deiner Leistung!"

Auch diesen Merksatz wiederhole ich und horche dabei in mich hinein.

Da ich mich mit Reiki -Lebensenergie, die alles durchdringt- verbinde, bevor ich auf den Platz hinaustrete, bin ich über die persönliche Verfassung meines jeweiligen Gegners informiert. Auch haben wir seine vergangenen Wettkämpfe verfolgt und analysiert.

Das Turnier läuft nun schon mehr als eine Woche. Ich habe es tatsächlich in die Spitze geschafft. Mein Gegner im Kampf um den ersten Platz ist sehr stark. Während der vergangenen Wettkampftage habe ich festgestellt, dass auch er intuitiv die richtige Reaktion im Fechtkampf zeigt.

Master Clark erklärt mir vor Kampfbeginn, dass er sich die Fechtschule des Gegners genauer angesehen hat. Dort gehören zum Fechttraining auch ein Meditationstraining und ein Kampfsport. Der Leiter der Schule, ein Senhor Gabriel da Silva, stammt aus der irdischen Region Brasilien. Seine Philosophie, die er in der Schule verbreitet ist sehr aggressiv. Er sagt, dass die Schwachen ihr Schicksal verdienen. Statt ihnen zu helfen, soll man sich um die eigene Stärke kümmern, soll man egoistisch vorgehen.

Ich kräusele die Stirn und entgegne:
"Bisher hat er sich in den Kämpfen fair gezeigt, zwar kompromisslos nach vorne gerichtet, aber fair!"

Okuden -Meister- Clark McGiven nickt.

"Ja, so kann man seinen Kampfstil beschreiben! Aber er ist hier ja auch an ein Regelwerk gebunden. Verletzt er sie, riskiert er den Ausschluss vom Turnier. Wenn du ihm außerhalb des Turniers begegnest sieht es anders aus! Trotzdem, ich werde über dich wachen. Mache dir also keine Sorgen, wenn mir gleich vor Beginn des Turniers schlecht wird und ich mich in den Umkleideraum zurückziehe. Dort werde ich mich in Meditation versenken und auf dich achten."

"Okay," antworte ich und lächele.

Als wir dran sind und den Umkleideraum verlassen, klappt Master Clark neben dem 14 Meter langen Blanche -Wettkampffeld- theatralisch zusammen. Ich beuge mich zu ihm herunter, aber da ist schon der Sanitäter heran.

Master Clark erwacht, schüttelt schwach den Kopf und lässt sich vom Sanitäter aufhelfen. Die Beiden verlassen daraufhin den Turnierraum. Der Sanitäter kommt kurz darauf alleine zurück und nickt dem Kampfrichter zu.

Der Mann schaut mich und meinen Gegner kurz an. Wir gehen in die Ausgangsposition, der Oberarm mit der Turnierwaffe ist leicht abgewinkelt, der Unterarm parallel zum Boden. Die Knie sind etwas gebeugt. Nun sagt der Kampfrichter kurz hintereinander:

"Stellung! -En garde-!"

Dabei breitet er die Arme aus.

"Fertig? -Prêtes-?... Los! -Allez!-"

Er hat die Arme wieder gesenkt und tritt nun einen Schritt zurück. Ich bin voll konzentriert. Der ganze Körper ist Trefffläche. Mein Gegner stürmt einen Herzschlag nach dem Kommando 'Allez' vor und verringert so die Mensur -Abstand zum Gegner- rapide. Ich pariere seine Flèche -Pfeil-, einen besonders schnell vorgetragenen Angriff, für den er sich mit gestreckt gehaltenem Arm blitzartig nach vorn 'wirft'.

Ich laufe ihm entgegen und führe eine Cavation durch, mit der ich seine Waffe umgehe und führe eine Riposte durch, den unmittelbaren Gegenangriff. Über eine Finte erreiche ich, dass er seine Abwehr leicht öffnet und ich meinen ersten Treffer landen kann.
"Touché -Berührung-," ruft nun der Kampfrichter aus.

Mein Gegner führt sogleich eine Battuta -Klingenschlag- durch, um nun seinerseits einen Treffer landen zu können. Dafür zeige ich nun den Filo -Gleitstoß- entlang der gegnerischen Klinge, um in seine Blöße hineinzustoßen.

Wieder ruft der Kampfrichter: "Touché -Berührung-!"
Mein Gegner bestürmt mich nun zunehmend aggressiver, nachdem er mich bisher anscheinend getestet hat. Ich bleibe dagegen konzentriert und ruhig, verwende mein Fechtkönnen und vertraue auf Reiki, das mich seine Aktionen vorausahnen lässt.

Die Dauer des Ausscheidungswettkampfes erscheint mir beinahe wie eine kleine Ewigkeit, da ich das Zeitgefühl verliere. Ich bin voll auf meinen Gegner konzentriert, der auch ein paar Treffer erzielen kann. Als der fünfzehnte Treffer registriert wird, ist der Kampf beendet und ich werde als Sieger des Turniers ausgerufen.

Ich lasse die Ehrung über mich ergehen, als gelte sie nicht mir, sondern einem Alter Ego. Es dauert eine ganze Zeit bis ich realisiert habe, dass ich das Turnier gewonnen habe. Das Blitzlichtgewitter der Fotografen bringt mich in die Wirklichkeit zurück. Einige Reporter halten mir ihre Aufnahmegeräte hin. Ich soll etwas sagen...

"Ich bin gerade der glücklichste Mensch von Ishtar City, glaube ich," spreche ich in ihre Mikrofone, dann gehe ich in meine Umkleidekabine.

Mein Meister Clark McGiven erhebt sich gerade von der Bank und umarmt mich, über das ganze Gesicht lachend. Mit einem Stoß meiner Ferse befördere ich die Tür in den Rahmen. Ein Reporter ist ihr wohl zu nahe gekommen, denn ich höre ein "Ahh!" als die Tür zufällt.

"Ist alles klar gewesen, während des Wettkampfes?" frage ich nun.

Sein Gesicht wird ernst. Er antwortet kurz angebunden: "Später!"

Ich ziehe mich also um, nehme den goldfarbenen Kranz ab, den man mir draußen zur Ehrung um den Hals gehängt hat und verstaue ihn und den Scheck in meiner Sporttasche. Danach verlassen wir das Turniergelände und gehen zügig durch die Gänge auf unsere Fechtschule zu. Trotzdem werden wir unterwegs immer wieder angehalten und ich muss Glückwünsche über mich ergehen lassen.

In der Mensa unserer Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- folgt eine weitere Feier. Am Sonntag danach habe ich einen Tag frei, um meine Eltern zu besuchen.

Nach dem Frühstück gehe ich den Weg, den ich schon lange nicht mehr gegangen bin. Einerseits fühle ich Freude. Dann ist da aber auch eine gewisse Skepsis. Was werden sie dazu sagen, warum ich mich solange nicht gemeldet habe?

Nach einer halben Stunde Fußweg stehe ich vor der Tür der Wohnung, in der ich aufgewachsen bin. Hier bin ich zuhause gewesen. Hier habe ich soviel Zuneigung erfahren, wie man es nur in seinem Zuhause fühlen kann. Von hier habe ich geträumt, wenn ich mich in meinem Zimmer in der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- einmal einsam gefühlt habe. Dennoch, meine Mitschüler und die Ausbilder möchte ich nicht mehr missen. Sie sind nun meine neue Familie. Trotzdem freue ich mich auf das Gesicht, das Mama gleich machen wird.

An der Tür angekommen, betätige ich den Signalton. Schritte nähern sich innen der Tür. Sicher bin ich jetzt im Bild der Überwachungskamera zu sehen. Kurz darauf öffnet sich die Tür und Mama breitet lächelnd die Arme aus.

"Florian! Oh, wie wundervoll, dich zu sehen! Komm herein!" ruft sie aus.

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Samstag, 13. August 2022
Aufbruch ins All -25
"Jetzt hat der Bewegungsmelder nebenan festgestellt, dass der Sanitärraum leer ist," kommentiert er das und zieht einen Bogen Papier aus seiner Mappe. "Eh' ich das vergesse: Dies ist Ihr Plan! Versuchen Sie ihn so genau wie möglich einzuhalten!"

"Okay," meine ich und schaue darauf.

Es handelt sich um eine Art Stundenplan, wie ich ihn schon aus der Schule kenne. Außen stehen die Wochentage und Uhrzeiten und innen die Kurse und Räumlichkeiten mit römischen Ziffern für Etage, Buchstaben für Gang und Nummer für Zimmertür. Während sich der Mister nun verabschiedet, lasse ich mich in den Sessel fallen und atme erst einmal tief durch. Mir ist etwas flau zumute, sicher weil für mich noch alles so neu ist.

*

Jetzt bin ich schon ein halbes Jahr in der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst-, hier in Ishtar City. Wie mir Mister Yamamoto zu Anfang gesagt hat, bieten sie Kurse an in Fechten, Meditation und Selbstverteidigung. Zuerst ist mir nicht klar gewesen, wozu ich Meditation und Selbstverteidigung gebrauchen kann. Um ehrlich zu sein, weiß ich das bis heute nicht so recht. Aber die Kurse machen mir Spaß. Und das ist das Wichtigste, denke ich.

Dann fällt mir auf, dass ich bei zunehmender Fertigkeit und Tiefe der Meditation mehr auf den Fechtgegner im parallelen Fechtkurs eingehen kann. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich seine nächste Aktion vorausahne und entsprechend schnell reagiere.

Seit ich in dieser Fechtschule begonnen habe, bin ich als Shoden -Anfänger- angesprochen worden. In den ersten Wochen hat mich der Titel etwas verstimmt, aber je länger ich dabei bin und je mehr ich über die Meditation erfahre und ihre Wirkung auf meine Fechtkunst, desto mehr habe ich ihn verstanden. Ich bin trotz meiner Fertigkeiten, die ich mir im früheren Fechtverein erworben habe, noch ein Anfänger gewesen.

Nun darf ich mit den anderen Shoden der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- einer Feierstunde beiwohnen. Zum ersten Mal seit dem Tag, an dem ich mich vorgestellt und Mister Yamamoto kennengelernt habe, betreten wir die fünfte Etage der Schule. Wir werden von unseren Lehrern in einen großen Saal geführt und sollen uns in mehreren Reihen von der Rückwand an im Schneidersitz niederlassen. Vor uns, eine Stufe tiefer, setzen sich die Chuhden -Fortgeschrittenen- der Schule. Davor, eine weitere Stufe tiefer, sitzen die Okuden -Meister-, wie man mir auf meine Nachfrage erklärt.

An der gegenüberliegenden Wand, uns zugewandt und etwas höher, sitzen zehn Männer. Es sind die Chisei, oder ausführlich 'Chiseihito' -intelligente Person-. Der Titel soll nicht bedeuten, dass sie von sich eingenommen sind und alle anderen Menschen als weniger intelligent halten. Das japanische Wort kann man auch mit 'Person mit Geisteskraft' übersetzen. Diese zehn Männer sind diejenigen, die die Schule vor zehn Jahren gegründet haben, nachdem sie Bürger von Ishtar City geworden sind.

Nachdem wir alle sitzen, erhebt Mister Yamamoto sein Wort:

"Ich grüße euch, Mitglieder unseres Dojo -heiliger Ort, an dem Kampfkünste gelehrt werden, auch: Stätte der Meditation-! Heute ist wieder ein wichtiger Tag gekommen. Einige von euch haben durch Ehrgeiz und Durchhaltevermögen einen höheren Grad erreicht. Sie haben gezeigt, dass sie Respekt, Achtsamkeit und Ehrenhaftigkeit beherzigen. Dies wollen wir heute würdigen."

Nun entsteht eine kleine Gedankenpause. Die Spannung im Saal steigt. Dann beginnt sein Nebenmann zu reden. Er spricht einen der Okuden -Meister- an und fordert ihn auf, vorzutreten. Er lobt den Meister vor allen Anwesenden und überreicht ihm einen langen Mantel mit dem Emblem der Schule auf der Herzseite. Der Mann darf sich zu den zehn Männern setzen, uns zugewandt und mit dem zusammengelegten Mantel auf seinen Oberschenkeln.

Nun meldet sich der Chisei auf der anderen Seite von Mister Yamamoto zu Wort. Er ruft drei Männer aus der Gruppe der Chuhden -Fortgeschrittenen- auf und überreicht jedem von ihnen eine Mütze mit dem Emblem der Schule. Er bedankt sich bei den Männern für ihr Engagement für die Ideale der Schule und lässt sie sich bei den Okuden -Meistern- niederlassen.

Nachdem im Saal wieder Ruhe eingekehrt ist, spricht der Chisei neben ihm. Er redet uns Shoden -Anfänger- ins Gewissen. Er bedankt sich für unser Bemühen in den Kursen und fordert uns auf, uns weiterhin anzustrengen. Dann zeigt er ein breites Lächeln und fordert einige von uns auf, vorzutreten. Ich zähle mit mir neun Anfänger, die nun nacheinander von ihm eine Garnitur neuer Kleidung erhalten. Es handelt sich um die Kleidung der Fortgeschrittenen! Das bedeutet, dass ich innerhalb der Schule eine Stufe höher gestiegen bin!

Anschließend spricht der Chisei auf der anderen Seite von Mister Yamamoto, der bisher noch nichts gesagt hat und fordert die Okuden auf, die bisher noch keinen eigenen Schüler haben, sich in den nächsten Tagen im Einvernehmen mit den Chisei jemand aus den Chuhden zu wählen.

Danach erklärt Mister Yamamoto die Veranstaltung für beendet und fordert uns auf, in die Shokudou -Mensa- der Schule zu gehen, um ein wenig zu feiern. Wir streben aus dem Saal heraus und fahren mit dem Aufzug auf die Etage mit den Kursräumen. Dort liegt auch der Speisesaal. Ich gehe aber zuerst noch in mein Zimmer, um die neue Kleidung anzuziehen, die mich als Fortgeschrittenen ausweist. Anschließend gehe auch ich in die Shokudou -Mensa-. Wir holen unsere Schälchen an der Essensausgabe ab, setzen uns an freie Plätze und beginnen zu essen.

Nach dem Essen gehe ich wieder auf mein Zimmer. Heute ist wegen der Veranstaltung am Vormittag ein kursfreier Tag. Im TV ist kein besonderes Angebot, also setze ich mich auf mein Bett im Schneidersitz, lege die Hände locker auf meine Oberschenkel und versuche zu entspannen.

Die Meditation gelingt am besten, wenn ich allein in meinem Zimmer bin. Zusammen mit zehn anderen Shoden im Kursraum habe ich nicht die Ruhe, die ich brauche. In meinem Zimmer komme ich wesentlich weiter oder tiefer in meiner Versenkung. Dennoch - diesmal ist mir die Ruhe nicht vergönnt. Etwas stört mich. Als ich die Augen öffne, erkenne ich Clark McGiven in meinem Sessel sitzen und mich beobachten. Er ist einer der Chuhden -Fortgeschrittenen-, die heute Vormittag zu Okuden -Meistern- befördert wurden. Wie ist er in mein Zimmer gekommen? Habe ich vergessen, den Schließmechanismus hinter mir zu betätigen?

Er lächelt mir aufmunternd zu und sagt:
"Ich bin bei den Chisei gewesen. Als Okuden darf ich mir ja einen Chuhden als Schüler auswählen. Dort hat man eine hohe Meinung von dir, Florian. Also bin ich auf direktem Weg zu dir gekommen, um dich zu fragen: Möchtest du mein Schüler werden?"

"Ich habe mich gefreut, heute den Status eines Fortgeschrittenen bekommen zu haben," entgegne ich ihm. "Aber ist es nicht noch zu früh? Ich habe ja noch nicht einmal meinen neuen Fortgeschrittenen-Kurs kennengelernt."

"Das Programm in den Kursen gleicht sich irgendwie. Es wird nur noch mehr Gewicht auf die Ethik gelegt, und für die Meditation erhaltet ihr kleine schalldichte Zellen. Ich muss aber feststellen, dass du dir für deine Meditation schon jetzt eine Rückzugsmöglichkeit geschaffen hast. Das ist sicher auch der Grund, weswegen die Chisei dich für etwas Besonderes halten. Du kannst die Aktionen deiner Sparringsgegner anscheinend vorausahnen und intuitiv die richtige Gegenreaktion finden und anwenden."

"Bin ich wirklich ein besonderer Schüler?" frage ich zurück. "Ich halte mich für nicht besser oder schlechter als die anderen Kursteilnehmer."

Mein Gegenüber wiegt den Kopf und fragt:
"Bist du denn damit einverstanden, mein Schüler zu werden?"

Ich nicke und meine:
"Warum nicht? Gerne. - Bedeutet das nun, dass ich den Kursplan vergessen kann? Bekomme ich von dir einen eigenen Plan?"

Clark nickt und sagt:
"Vorausgesetzt, du lässt in deinem Bemühen nicht nach, du trainierst Ju-Jutsu und Fechten weiter und meditierst aus eigenem Antrieb, dann bekommst du bald erste Sparringsgegner aus anderen Vereinen. Diejenigen aus unserer Schule kennst du inzwischen. Wir werden auf Fechtturnieren in Ishtar City auftreten. Die Termine der Turniere kannst du dir aus dem Internet herunterladen. Vielleicht erhalten wir aber auch einen Auftrag, der uns aus Ishtar-City herausführt."

"...aus Ishtar City heraus?" frage ich erstaunt. "Aber wohin denn?"

"Warte es ab, Florian. Du sollst doch geduldig sein!"

Ich lasse den Kopf sinken.

"Ja, entschuldige," antworte ich.

Clark erhebt sich und sagt zum Abschied:
"Ich melde mich beizeiten wieder. Bis dann!"

"Bis dann!"

Er verlässt mein Zimmer. Ich erhebe mich vom Bett und gehe zur Tür, die ich diesmal abschließe. Dann setze ich mich wieder auf mein Bett zurück und versuche, wieder in die Meditation zurückzufinden. Nun habe ich es irgendwie schwerer, mich zu versenken. Aber nach einer gewissen Zeit bin ich doch zum Quell meiner Gedanken vorgedrungen. Irgendwann später ist der Quell versiegt und ich sehe meine Umgebung in unterschiedlichen Farben. Ich kann meine Zimmernachbarn erspüren und beobachte interessiert die mich umgebenden Ströme der Reiki -Lebensenergie-.

*

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Mittwoch, 10. August 2022
Aufbruch ins All -24
Dabei verbeugt er sich leicht. Mister Yamamoto kommt lächelnd auf mich zu, während der junge Mann uns verlässt. Sicher wird er wieder zurück an seinen Platz im Eingang gehen.

"Hallo, Mister Myers," spricht der Schulleiter mich an und reicht mir seine Hand. "Ich habe mir ihre Referenzen durchgesehen und auch ihre bisherige Fechtschule kontaktiert. Man ist voll des Lobes, ob ihrer Leistungen, meint aber, dass diese sicherlich noch ausbaufähig sind."

Er macht eine kurze Pause und ergänzt: "Davon bin ich überzeugt! Aber sagen Sie, warum wollen Sie ihre Schule wechseln?"

Während er spricht, hat er sein Büro verlassen. Ich bin ihm gefolgt. Nun stehen wir im Gang vor dem Büro, als ich antworte:

"Ich bin ja nun mit der Schule fertig. Nun habe ich die Möglichkeit, mich auf einer Hochschule anzumelden und dafür Beihilfe zum Unterhalt zu beantragen, oder eben eine Ausbildung zu beginnen und nebenbei das Fechten weiterhin als Hobby zu betreiben. Eine dritte Möglichkeit wäre, wenn ich einen Sponsor finde, der die Kosten einer Schule trägt, damit ich in Vollzeit trainieren kann.
Meine bisherige Schule hat mir keine Ausbildung in der Verwaltung angeboten. Meine Lehrgangsgebühren wollen sie dagegen weiterkassieren. Nun habe ich mich auch bei Ihnen beworben und den Gesprächstermin erhalten."

Der Mann setzt sich in Richtung des Aufzuges in Bewegung. Ich folge ihm, auch weil er während des Spazierganges weiterredet:

"Ich biete Ihnen eine vierte Möglichkeit an. Vielleicht sagt sie ihnen ja zu: Sie werden Mitglied der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst-. Sie erhalten einen eigenen Wohnraum und Gemeinschaftsessen in einer Mensa. Daneben erhalten Sie als Ausgleich Training in Ju-Jutsu, einer leicht zu erlernenden Selbstverteidigungstechnik, sowie Meditationsübungen, die Ihnen helfen, in allen Lebenslagen achtsam und ausgeglichen zu bleiben. Ihr Fechttraining darf natürlich nicht vernachlässigt werden.
Als Abschluss dürfen Sie sich dann Chiseihito -intelligente Person-, oder eben 'Person mit Geisteskraft' bezeichnen, oder kurz 'Chisei'."

Wir sind inzwischen in der Etage über dem Eingang der Schule angekommen. Mister Yamamoto öffnet eine Tür und gibt damit den Blick in einen Trainingsraum frei.

"Ich sehe, sie haben heute ihr Equipment nicht dabei," sagt der Schulleiter nun.

Ich schüttele den Kopf und entgegne:
"Ich wollte heute erst einmal vorsprechen."

"Ich leihe Ihnen Handschuhe, Kopfschutz und Turnierdegen," sagt er und öffnet einen Wandschrank, indem er eine wandhohe Tür zur Seite schiebt.

Ihn erstaunt anschauend, greife ich zu und statte mich mit dem vorgefundenen Equipment aus. Dann folge ich ihm zur Blanche, dem Bodenbereich auf dem der Fechtkampf stattfinden soll. Ich bin so perplex, dass ich anscheinend gegen den Schulleiter antreten soll, dass ich wie automatisch reagiere. Heutzutage werden die Fechtwaffen nicht mehr in lange Kabel gesteckt, um einen Treffer anzuzeigen. Das geschieht drahtlos.

Schließlich stehen wir uns gegenüber. Mister Yamamoto zieht seinen Degen aus der Gürtelschlaufe und schaut mich aufmerksam an. Schließlich zuckt seine Waffenhand vor, aber ich habe sie souverän pariert. So geht es eine Weile hin und her. Dabei steigert sich der Schwierigkeitsgrad mehr und mehr. Irgendwann lässt Mister Yamamoto seine Turnierwaffe sinken und meint:

"Lassen wir es damit gut sein! Sie haben schon eine gute Fertigkeit erlangt, Mister Myers. Gehen Sie nachhause und berichten Sie ihren Eltern, dass die Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- Sie gerne als Mitglied annehmen würde. Kommen Sie morgenfrüh zurück und erhalten Kleidung und Wohnung, wenn auch Sie zu uns gehören wollen."

*

Meine Eltern sind schließlich einverstanden gewesen, dass ich der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- beitrete. Sie haben zwar etwas komisch geschaut, dass ich nicht wenigstens einen kleinen Betrag zur freien Verfügung habe, aber dafür erhebt die Schule zumindest keine Monatsbeiträge. Sie haben sicher ein anderes Finanzkonzept, hinter das ich bestimmt noch kommen werde.

Als ich am nächsten Tag mit einer Reisetasche und meiner Equipment-Tasche wieder vor dem Eingang der Schule stehe, telefoniert der junge Mann hinter dem Tresen im Empfangsraum und wenige Minuten später tritt ein älterer Mann aus dem Aufzug und kommt auf mich zu. Er gehört wie ich zu den Whites, trägt aber dieselbe Kleidung wie anscheinend alle hier in der Schule.

"Mister Myers?" fragt er und reicht mir die Hand.

Ich nicke lächelnd und bestätige, während wir uns die Hände schütteln:

"Ja, der bin ich."

"Okay," meint er nun. "Mein Name ist Richards. Ich bin ihr Fechtlehrer. Mister Yamamoto sagte schon, viel bräuchte ich Ihnen nicht mehr beibringen. Ein paar Finten vielleicht..."

Er hat sich dem Aufzug zugewandt, während er spricht und fordert mich mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen. Wir fahren in die dritte Etage, vom Eingang aus gezählt, und gehen einen Gang entlang. Er weist auf den Buchstaben an der Decke und meint:

"Merken Sie sich den Gang B, damit Sie sich nicht verirren."

Irgendwann bleibt er vor einer der vielen Türen stehen. Er zeigt auf die Zahl, die in Kopfhöhe auf der Tür prangt.

"Vom Aufzug aus gesehen liegen die geraden Zimmernummern rechter Hand, die ungeraden auf der linken Seite. Ihre Wohnung hat die Nummer B42, wie sie sehen."

Nun hält er eine Karte an den Schließmechanismus. Sofort klickt es leise und die Tür fährt zur Seite auf. Er gibt mir die Karte und bemerkt dabei:

"Verlieren Sie sie nicht!"

Jetzt betritt er mit mir den Raum, der etwa 2,40 Meter mal 4 Meter misst. Linker Hand sehe ich eine Reihe raumhohe Schiebetüren. Auf der rechten Seite hat man ein Bett und einen Schreibtisch eingebaut. An der gegenüberliegenden Stirnseite sehe ich einen zwei Meter breiten Monitor. So ergibt sich ein Fußraum von etwa 1,5 mal 4 Metern, in dem auch noch ein Sessel steht, um entspannt das Programm auf dem Monitor zu verfolgen.

Mister Richards öffnet nun eine der Schiebetüren und zeigt mir, dass sich dahinter ein Schrank von etwa 60 cm Tiefe befindet. Mister Yamamoto hat mir schon gesagt, dass ich bis auf genügend Unterwäsche keine Kleidung mitbringen muss. Nur meine Hygiene-Artikel noch und mein Sport-Equipment. Entsprechend wenig habe ich in der Reisetasche dabei. Stattdessen finde ich im Schrank die gleiche Kleidung, wie sie alle hier tragen. Also hänge ich nur noch meine Sportkleidung hinzu und lege den Rest fein säuberlich gestapelt in die Regale.

Mister Richards klappt im unteren Bereich einen Behälter auf und zeigt mir, dass sich darin ein Beutel befindet.

"Dies ist ihr Wäschebeutel," erklärt er. "Wenn er voll ist, stellen Sie ihn vor die Tür. In regelmäßigen Abständen wird er abgeholt und wenig später liegt die frisch gewaschene Wäsche auf dem Tisch vor ihrer Tür."

'Ah,' denke ich, 'dafür steht vor jeder Tür ein Tischchen.'

Es handelt sich um ein Möbel, etwa 40 mal 40 cm im Quadrat und 70 cm hoch mit zwei Platten untereinander. Mister Richards ist schon weitergegangen. Im hinteren Bereich des Raumes neben dem Schrank öffnet er per Knopfdruck eine weitere Tür. Dazu sagt er:

"Schauen Sie über der Tür auf das dunkle Rechteck. Wenn es Rot leuchtet ist besetzt. Wenn nicht, so wie jetzt, können Sie den Sanitärraum betreten. In der Wand gegenüber sehen sie eine weitere Tür. Sie ist jetzt gesperrt und kann erst geöffnet werden, wenn wir wieder ins Zimmer zurückgehen. Hier finden Sie Waschbecken, Toilette und Dusche. Im verspiegelten Hängeschrank können Sie auf der einen Seite ihre Hygieneartikel unterbringen. Fehlt ihnen irgendwann etwas, legen Sie ihrem Wäschebeutel eine Notiz bei. Sie erhalten dann Ersatz."

Wir gehen wieder zurück in mein Zimmer. Er deutet auf die leuchtend rote Fläche über der Tür. Dann drückt er den Knopf und die Tür fährt zu. Einige Sekunden danach hört es auf zu leuchten.

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