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Samstag, 31. Dezember 2022
Aufbruch ins All -71
mariant, 11:15h
"Nicht wirklich," meint der junge Mann. "Wir sind hierher geflogen und so direkt ins Innere gelangt."
"Das sollten Sie aber einmal machen! Nehmen Sie sich ruhig die Zeit und umrunden Sie das Bauwerk. Äußerlich sieht der Jinja aus, wie sich die Wissenschaft die 'hängenden Gärten der Semiramis' vorstellt, einem vergangenen Weltwunder aus dem antiken Irak. Genau wie in den zeitgenössischen Beschreibungen der 'hängenden Gärten' handelt es sich beim Jinja um eine weitläufige Stufenpyramide mit Bepflanzungen und Wasserspielen. Damit will die O-Chisei zeigen, dass man die Natur bewahren kann und auch in der Lage ist, Wüsten zu begrünen.
Das nötige Wasser wird erst einmal aus der Luft entnommen. Die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht in der Sahara, und der Umstand, dass Luft mit hoher Temperatur sehr viel Wasser speichert, nutzen wir um unsere Wasserrechnung so klein wie möglich zu halten.
Im Inneren des 'Schreins' befinden sich ebenerdig Säle, in denen Gläubige zu Buddha beten und verschiedene Zeremonien, wie zum Beispiel Hochzeiten feiern können. Außerdem gibt es in den Etagen darüber auch eine Schule mit allem was dazu gehört, wie Schulungsräume, Mensas, Wohnräume für Schüler und Lehrer, und Besprechungsräume sowie Säle für verschiedene schulische Zeremonien. Unter dem Dach befinden sich Hangars für Kleinflugzeuge, die Shuttle-Dienste durchführen. Auch eine eigene Werkstatt befindet sich dort. Schließlich befindet sich das digitale Archiv des Jinjas wie im japanischen Vorbild in den Kellergewölben.
Als ich damals im Jinja angekommen bin, habe ich mich ausweisen müssen und habe das Empfehlungsschreiben meines Meditationslehrers vorgelegt. Man hat mir eine Einzimmer-Wohnung zugewiesen und einen Stundenplan ausgehändigt. Ich bin als Anfänger eingestuft worden und man hat mir den japanischen Titel 'Shoden' verpasst. Dass ich hier neben der Meditation auch Kurse in waffenloser Selbstverteidigung angeboten bekomme, habe ich von Anfang an als wohltuend empfunden. Der Kurs zum Erlernen des Umgangs mit dem Nun-chaku hat meinen Ehrgeiz angestachelt. Zu Beginn habe ich mir selbst oft genug damit auf die Finger geklopft, aber mit der Zeit habe ich die beiden Hölzer virtuos bedienen gelernt. Darüber bin ich bald zum Chuden -Fortgeschrittenen- aufgestiegen und habe dann den Titel eines Okuden -Meisters- in einer Feier mit anderen erlangt. Seit ich als 'Fortgeschrittene' gegolten habe, arbeite ich im Archiv des Jinja."
"Das ist ein üblicher Werdegang innerhalb der O-Chisei!" lächelt der Maître. "Was beinhaltet das Archiv eigentlich alles?"
Ich lächele höflich zurück und erkläre ihm:
"Dort ist das gesammelte Wissen der Menschheit in unterirdischen Servern abgespeichert, um es unseren Sponsorfirmen, sowie den Chisei und Okuden nutzbar zu machen, sobald sie Informationen brauchen.
Bald nach meinem Arbeitsbeginn im Archiv bin ich auf ein Negaigoto Nikki -'Tagebuch der Wünsche'- gestoßen. Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass es sich dabei um das grundlegende Programm des Archivs handelt. Es ist so etwas wie eine Schnittstelle zwischen den abgelegten Informationen und den Informationssuchenden, aber auch zwischen den Informationsinhabern und dem Archiv. Dafür hat das Programm einen blumigen Namen bekommen, finde ich. Aber das habe ich in meinem Alltag im Jinja schon oft gedacht. Die japanische Sprache verbindet sich hier mit der orientalischen Lebensart."
"Was kann ich mir unter einem 'Tagebuch der Wünsche' vorstellen, außer dass es so etwas wie das Betriebssystem des Archives ist?" fragt Maître Myers jetzt mit gerunzelter Stirn.
"Anfangs ist es einfach der Name eines Ordners gewesen, in der der Gründer der O-Chisei Dateien abgelegt hat. Ich habe bei meiner Recherche herausgefunden, dass unsere Organisation 'O-Chisei' seit 2024 besteht. Sie wurde vor 700 Jahren von einem gewissen Tatsumi Hajime in Japan gegründet. Seine Familie hat dem japanischen Buddhismus angehört.
Tatsumi-San hat einen gutbezahlten Job gehabt. Da er noch bei den Eltern gewohnt hat, wie viele junge Japaner, hat er die Hälfte seines Einkommens in einem Depot angelegt, das er aufmerksam beobachtet und so eine Menge Geld mit der Zeit sammelt. Theoretisch hätte er schon mit 30 in Rente gehen können und sich sein Depot per Dauerauftrag Monat für Monat auszahlen lassen.
Er hat sich damals entschieden, mit einem Teil seines Geldes ein Kominka, ein altes Landhaus in den Bergen zu kaufen und für seine Bedürfnisse umzubauen. Die Betriebskosten des Hauses und seine Lebenshaltungskosten lässt er sich nun monatlich von seinem Depot auszahlen. Auch kauft er sich Kleidung der bäuerlichen Unterschicht und lernt, die Kleidung selbst zu reparieren, wenn es nötig werden sollte.
Er reduziert seine Arbeitszeit und besucht Kurse in Meditation, in Kobudou -alte Kriegskunst- mit den auf Okinawa entwickelten Bauernwaffen, dem Nun-chaku und dem Bou. Seit seiner Schulzeit kennt er sich in Ju-Jutsu aus, das in einem verpflichtenden Sportclub seiner Schule angeboten worden ist. Beim Nun-chaku handelt es sich um eine Waffe, die aus einem Dreschflegel entwickelt worden ist, während der Bou ein 1,80 Meter langer Wanderstab ist.
In seinen Meditationen hat er sich zum Ziel gesetzt, irgendwann bis zu Reiki -alles durchdringende Lebenskraft- durchzudringen. Sein Ziel ist es damals gewesen, jungen Männern, die sich ihm anschließen möchten, ebenfalls die buddhistische Meditation zu lehren, in der Hoffnung, dass einem seiner Kyoshi -Schüler- irgendwann gelingt, zu Reiki vorzudringen."
"Das sollten Sie aber einmal machen! Nehmen Sie sich ruhig die Zeit und umrunden Sie das Bauwerk. Äußerlich sieht der Jinja aus, wie sich die Wissenschaft die 'hängenden Gärten der Semiramis' vorstellt, einem vergangenen Weltwunder aus dem antiken Irak. Genau wie in den zeitgenössischen Beschreibungen der 'hängenden Gärten' handelt es sich beim Jinja um eine weitläufige Stufenpyramide mit Bepflanzungen und Wasserspielen. Damit will die O-Chisei zeigen, dass man die Natur bewahren kann und auch in der Lage ist, Wüsten zu begrünen.
Das nötige Wasser wird erst einmal aus der Luft entnommen. Die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht in der Sahara, und der Umstand, dass Luft mit hoher Temperatur sehr viel Wasser speichert, nutzen wir um unsere Wasserrechnung so klein wie möglich zu halten.
Im Inneren des 'Schreins' befinden sich ebenerdig Säle, in denen Gläubige zu Buddha beten und verschiedene Zeremonien, wie zum Beispiel Hochzeiten feiern können. Außerdem gibt es in den Etagen darüber auch eine Schule mit allem was dazu gehört, wie Schulungsräume, Mensas, Wohnräume für Schüler und Lehrer, und Besprechungsräume sowie Säle für verschiedene schulische Zeremonien. Unter dem Dach befinden sich Hangars für Kleinflugzeuge, die Shuttle-Dienste durchführen. Auch eine eigene Werkstatt befindet sich dort. Schließlich befindet sich das digitale Archiv des Jinjas wie im japanischen Vorbild in den Kellergewölben.
Als ich damals im Jinja angekommen bin, habe ich mich ausweisen müssen und habe das Empfehlungsschreiben meines Meditationslehrers vorgelegt. Man hat mir eine Einzimmer-Wohnung zugewiesen und einen Stundenplan ausgehändigt. Ich bin als Anfänger eingestuft worden und man hat mir den japanischen Titel 'Shoden' verpasst. Dass ich hier neben der Meditation auch Kurse in waffenloser Selbstverteidigung angeboten bekomme, habe ich von Anfang an als wohltuend empfunden. Der Kurs zum Erlernen des Umgangs mit dem Nun-chaku hat meinen Ehrgeiz angestachelt. Zu Beginn habe ich mir selbst oft genug damit auf die Finger geklopft, aber mit der Zeit habe ich die beiden Hölzer virtuos bedienen gelernt. Darüber bin ich bald zum Chuden -Fortgeschrittenen- aufgestiegen und habe dann den Titel eines Okuden -Meisters- in einer Feier mit anderen erlangt. Seit ich als 'Fortgeschrittene' gegolten habe, arbeite ich im Archiv des Jinja."
"Das ist ein üblicher Werdegang innerhalb der O-Chisei!" lächelt der Maître. "Was beinhaltet das Archiv eigentlich alles?"
Ich lächele höflich zurück und erkläre ihm:
"Dort ist das gesammelte Wissen der Menschheit in unterirdischen Servern abgespeichert, um es unseren Sponsorfirmen, sowie den Chisei und Okuden nutzbar zu machen, sobald sie Informationen brauchen.
Bald nach meinem Arbeitsbeginn im Archiv bin ich auf ein Negaigoto Nikki -'Tagebuch der Wünsche'- gestoßen. Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass es sich dabei um das grundlegende Programm des Archivs handelt. Es ist so etwas wie eine Schnittstelle zwischen den abgelegten Informationen und den Informationssuchenden, aber auch zwischen den Informationsinhabern und dem Archiv. Dafür hat das Programm einen blumigen Namen bekommen, finde ich. Aber das habe ich in meinem Alltag im Jinja schon oft gedacht. Die japanische Sprache verbindet sich hier mit der orientalischen Lebensart."
"Was kann ich mir unter einem 'Tagebuch der Wünsche' vorstellen, außer dass es so etwas wie das Betriebssystem des Archives ist?" fragt Maître Myers jetzt mit gerunzelter Stirn.
"Anfangs ist es einfach der Name eines Ordners gewesen, in der der Gründer der O-Chisei Dateien abgelegt hat. Ich habe bei meiner Recherche herausgefunden, dass unsere Organisation 'O-Chisei' seit 2024 besteht. Sie wurde vor 700 Jahren von einem gewissen Tatsumi Hajime in Japan gegründet. Seine Familie hat dem japanischen Buddhismus angehört.
Tatsumi-San hat einen gutbezahlten Job gehabt. Da er noch bei den Eltern gewohnt hat, wie viele junge Japaner, hat er die Hälfte seines Einkommens in einem Depot angelegt, das er aufmerksam beobachtet und so eine Menge Geld mit der Zeit sammelt. Theoretisch hätte er schon mit 30 in Rente gehen können und sich sein Depot per Dauerauftrag Monat für Monat auszahlen lassen.
Er hat sich damals entschieden, mit einem Teil seines Geldes ein Kominka, ein altes Landhaus in den Bergen zu kaufen und für seine Bedürfnisse umzubauen. Die Betriebskosten des Hauses und seine Lebenshaltungskosten lässt er sich nun monatlich von seinem Depot auszahlen. Auch kauft er sich Kleidung der bäuerlichen Unterschicht und lernt, die Kleidung selbst zu reparieren, wenn es nötig werden sollte.
Er reduziert seine Arbeitszeit und besucht Kurse in Meditation, in Kobudou -alte Kriegskunst- mit den auf Okinawa entwickelten Bauernwaffen, dem Nun-chaku und dem Bou. Seit seiner Schulzeit kennt er sich in Ju-Jutsu aus, das in einem verpflichtenden Sportclub seiner Schule angeboten worden ist. Beim Nun-chaku handelt es sich um eine Waffe, die aus einem Dreschflegel entwickelt worden ist, während der Bou ein 1,80 Meter langer Wanderstab ist.
In seinen Meditationen hat er sich zum Ziel gesetzt, irgendwann bis zu Reiki -alles durchdringende Lebenskraft- durchzudringen. Sein Ziel ist es damals gewesen, jungen Männern, die sich ihm anschließen möchten, ebenfalls die buddhistische Meditation zu lehren, in der Hoffnung, dass einem seiner Kyoshi -Schüler- irgendwann gelingt, zu Reiki vorzudringen."
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Mittwoch, 28. Dezember 2022
Aufbruch ins All -70
mariant, 10:50h
Wir werden von etwa zwei Dutzend Chisei erwartet. Ein Saikou Chisei -oberster 'Mann mit Geisteskraft'- begrüßt uns:
"Aisatsu -Seien Sie gegrüßt-, Myers-San. Sie wurden uns also von der Venus gesandt, um unser Archiv mit Daten über die Planeten und Monde unseres Sonnensystems zu füttern."
Er lächelt uns freundlich an, während er spricht. Ich verbeuge mich leicht und bestätige ihm:
"O-Aisatsu, Fujiwara-Sensei! Genau das ist unser Auftrag."
"Sie werden mit dem neuesten Delta-8 fliegen. Machen Sie sich in den nächsten Tagen mit dem Raumfahrzeug vertraut. Es ist mit allen nötigen Instrumenten ausgerüstet. Das wird ihren Kyoshi -Schüler- interessieren."
"Vielen Dank, O-Sensei," antworte ich und verbeuge mich noch einmal.
Auch Mirco verbeugt sich. Dann sind wir entlassen. Master Dayak führt uns nun in den Wohntrakt und weist uns zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu. Mirco kommt mit zu mir in mein Zimmer. Es sieht aus, wie unsere Zimmer auf der Venus. Ich rufe nun den inneren Aufbau des Jinja -Schreins- auf den Bildschirm, damit wir uns die Wege einprägen können. So erfahren wir, dass es in jeder Wohnetage eine Mensa gibt. Der Komplex hier ist schließlich weitläufiger als die Schule auf der Venus.
Auch den Ort des Archivs erfahre ich auf diese Weise. Aber zuerst wollen wir uns in einer Shokudou -Mensa- stärken. Anschließend gehen wir ins Archiv und treffen dort auf die Meisterin Jade Dubois aus der französischen Region der Europäischen Union.
"Hallo, guten Tag, Meisterin Dubois. Wir sind Meister Florian Myers und mein Neffe und Schüler Mirco Myers. Wir haben den Auftrag Expeditionen in den interplanetaren Raum durchzuführen, um ihr Archiv mit weiteren Informationen zu füttern."
*
Mein Name ist Jade Dubois. Ich bin in der französischen Region Europas geboren und wir schreiben aktuell das Jahr 2735. Nach langer Zeit schickt unsere Organisation O-Chisei wieder ein Expeditionsteam in den Weltraum. Die Männer machen gerade ihren Antrittsbesuch bei mir. Es ist für beide Seiten von Vorteil, einander persönlich zu kennen.
Nun ist der Okuden -Meister- mir gegenüber vielleicht etwa 30 Jahre alt. Er benimmt sich einer über 70jährigen Meisterin, wie mir, etwas forsch bei der Vorstellung. Deshalb frage ich ihn, welche Erfahrungen er auf der Venus gemacht hat. Dass meine Sprachaufzeichnung mitläuft, muss ich ja nicht extra erklären.
"Ich bin zu unserer Organisation hinzugestoßen, als ich in Ishtar-City nach der Schule in die Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- eingetreten bin. Mit der Schule bin ich zum Venuschampion im Fechten geworden. Dann wurde ich zum Mentor meines Neffen, der ebenfalls in die Schule eingetreten ist."
"Ah, okay," meine ich. "Nun bin ich ja schon ein paar Tage länger Mitglied der O-Chisei. Mein Faible, schon während meiner Schulzeit, ist das Meditieren. Damals als Jugendliche hat man mir den Kurs empfohlen, um gelassener zu werden."
"Entschuldigen Sie, wenn ich fragen darf," erklärt Maître Myers Begleiter, "ich möchte lernen. Warum hatten Sie damals ein Problem mit der Gelassenheit?"
"Jaaa," dehne ich lächelnd. "Ich weiß nicht, wie ihre Altersgenossen in der Schule mit Ihnen umgegangen sind... Bei mir war es damals so, dass sie und andere Umwelteinflüsse mich viel zu oft 'auf die Palme gebracht haben'. Ich habe das Glück gehabt, dass mich ein Professeur de japonais -japanischer Lehrer- auf einen speziellen Kurs aufmerksam gemacht hat. Dazu müsse ich nach Nordafrika fliegen, hat er gesagt. Dort in der Désert du Sahara -Wüste Sahara- gibt es seit fast 200 Jahren einen großen Jinja.
Mein Lehrer in Méditation, auf Japanisch 'Meisou' -Kontemplative Versenkung- hat mich auf diesen Jinja aufmerksam gemacht und gemeint, dort gäbe es sicher einen Job, der mir gefallen könnte. Im Nachhinein muss ich immer noch schmunzeln. Damit hat er mich neugierig gemacht. Deshalb habe ich mir den Jinja zuerst im Internet angeschaut und bin virtuell durch die Innenräume gewandert. Das ist inzwischen schon vierzig Jahre her.
Ich bin damals vom Aéroport Charles-de-Gaulle bei Paris zum Aéroport Houri-Boumediene zwanzig Kilometer südöstlich von Algier geflogen. Von dort bin ich in einen Hochgeschwindigkeitszug vom Typ eines Nachfolgers des TGV umgestiegen und nach nochmaligem Umstieg am Ziel in die Metro bin ich im Jinja angekommen.
Haben Sie sich den Jinja einmal von außen angeschaut?"
"Aisatsu -Seien Sie gegrüßt-, Myers-San. Sie wurden uns also von der Venus gesandt, um unser Archiv mit Daten über die Planeten und Monde unseres Sonnensystems zu füttern."
Er lächelt uns freundlich an, während er spricht. Ich verbeuge mich leicht und bestätige ihm:
"O-Aisatsu, Fujiwara-Sensei! Genau das ist unser Auftrag."
"Sie werden mit dem neuesten Delta-8 fliegen. Machen Sie sich in den nächsten Tagen mit dem Raumfahrzeug vertraut. Es ist mit allen nötigen Instrumenten ausgerüstet. Das wird ihren Kyoshi -Schüler- interessieren."
"Vielen Dank, O-Sensei," antworte ich und verbeuge mich noch einmal.
Auch Mirco verbeugt sich. Dann sind wir entlassen. Master Dayak führt uns nun in den Wohntrakt und weist uns zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu. Mirco kommt mit zu mir in mein Zimmer. Es sieht aus, wie unsere Zimmer auf der Venus. Ich rufe nun den inneren Aufbau des Jinja -Schreins- auf den Bildschirm, damit wir uns die Wege einprägen können. So erfahren wir, dass es in jeder Wohnetage eine Mensa gibt. Der Komplex hier ist schließlich weitläufiger als die Schule auf der Venus.
Auch den Ort des Archivs erfahre ich auf diese Weise. Aber zuerst wollen wir uns in einer Shokudou -Mensa- stärken. Anschließend gehen wir ins Archiv und treffen dort auf die Meisterin Jade Dubois aus der französischen Region der Europäischen Union.
"Hallo, guten Tag, Meisterin Dubois. Wir sind Meister Florian Myers und mein Neffe und Schüler Mirco Myers. Wir haben den Auftrag Expeditionen in den interplanetaren Raum durchzuführen, um ihr Archiv mit weiteren Informationen zu füttern."
*
Mein Name ist Jade Dubois. Ich bin in der französischen Region Europas geboren und wir schreiben aktuell das Jahr 2735. Nach langer Zeit schickt unsere Organisation O-Chisei wieder ein Expeditionsteam in den Weltraum. Die Männer machen gerade ihren Antrittsbesuch bei mir. Es ist für beide Seiten von Vorteil, einander persönlich zu kennen.
Nun ist der Okuden -Meister- mir gegenüber vielleicht etwa 30 Jahre alt. Er benimmt sich einer über 70jährigen Meisterin, wie mir, etwas forsch bei der Vorstellung. Deshalb frage ich ihn, welche Erfahrungen er auf der Venus gemacht hat. Dass meine Sprachaufzeichnung mitläuft, muss ich ja nicht extra erklären.
"Ich bin zu unserer Organisation hinzugestoßen, als ich in Ishtar-City nach der Schule in die Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- eingetreten bin. Mit der Schule bin ich zum Venuschampion im Fechten geworden. Dann wurde ich zum Mentor meines Neffen, der ebenfalls in die Schule eingetreten ist."
"Ah, okay," meine ich. "Nun bin ich ja schon ein paar Tage länger Mitglied der O-Chisei. Mein Faible, schon während meiner Schulzeit, ist das Meditieren. Damals als Jugendliche hat man mir den Kurs empfohlen, um gelassener zu werden."
"Entschuldigen Sie, wenn ich fragen darf," erklärt Maître Myers Begleiter, "ich möchte lernen. Warum hatten Sie damals ein Problem mit der Gelassenheit?"
"Jaaa," dehne ich lächelnd. "Ich weiß nicht, wie ihre Altersgenossen in der Schule mit Ihnen umgegangen sind... Bei mir war es damals so, dass sie und andere Umwelteinflüsse mich viel zu oft 'auf die Palme gebracht haben'. Ich habe das Glück gehabt, dass mich ein Professeur de japonais -japanischer Lehrer- auf einen speziellen Kurs aufmerksam gemacht hat. Dazu müsse ich nach Nordafrika fliegen, hat er gesagt. Dort in der Désert du Sahara -Wüste Sahara- gibt es seit fast 200 Jahren einen großen Jinja.
Mein Lehrer in Méditation, auf Japanisch 'Meisou' -Kontemplative Versenkung- hat mich auf diesen Jinja aufmerksam gemacht und gemeint, dort gäbe es sicher einen Job, der mir gefallen könnte. Im Nachhinein muss ich immer noch schmunzeln. Damit hat er mich neugierig gemacht. Deshalb habe ich mir den Jinja zuerst im Internet angeschaut und bin virtuell durch die Innenräume gewandert. Das ist inzwischen schon vierzig Jahre her.
Ich bin damals vom Aéroport Charles-de-Gaulle bei Paris zum Aéroport Houri-Boumediene zwanzig Kilometer südöstlich von Algier geflogen. Von dort bin ich in einen Hochgeschwindigkeitszug vom Typ eines Nachfolgers des TGV umgestiegen und nach nochmaligem Umstieg am Ziel in die Metro bin ich im Jinja angekommen.
Haben Sie sich den Jinja einmal von außen angeschaut?"
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Sonntag, 25. Dezember 2022
Aufbruch -69
mariant, 11:00h
Er und Frau Ndluvo stöpseln ihre Geräte zusammen und Ramaphosa startet die Übermittlung. Danach bedankt sie sich und ruft Amahle hinzu, die uns zum Foyer begleiten soll. Ich kenne den Weg inzwischen aber auch und führe Okuden Ntuli, während Ramaphosa und Amahle uns mit einigem Abstand folgen. Den Beiden gönne ich ihre aufkeimende Beziehung.
--Tagebuch der Wünsche--
Wir sind von der Venus kommend in der Orbitalstation über der Erde angekommen. Mich befallen melancholische Gefühle. Der wunderschöne blaue Planet unter uns ist die Wiege der Menschheit. Hier haben die Menschen gelebt, sich gestritten und geliebt, bevor sie vor etwa 700 Jahren damit begonnen haben, den Weltraum zu erkunden.
Der Hangar der Orbitalstation wird gegen den Weltraum abgeschottet und mit Atmosphäre gefüllt. Jetzt dürfen wir das Raumschiff verlassen und wechseln nach dem üblichen Medi-Check zur Dockingstation des Shuttles mit dem wir den Abstieg zur Erdoberfläche vornehmen wollen. Wir, das sind mein Neffe Mirco Myers, ein Astrogeologe und Chuhden -Fortgeschrittener-, und ich. Mein Name ist Florian Myers. Ich bin Venuschampion im Fechten und stehe in unserer Organisation im Rang eines Okuden -Meisters-, wohl weil ich in meinen Meditationen Kontakt zu Reiki -alles umfassende Lebenskraft- aufzunehmen vermag.
In der Dockingstation besteigen wir einen dreieckigen 'Nurflügler' und setzen uns in unsere Sitze. Drei Stunden nach dem Abdocken landet das Shuttle auf einer mehrere Kilometer langen Landebahn. Nun müssen wir das übliche Prozedere über uns ergehen lassen, mit Feststellen der Personalien und einen erneuten Medicheck in keimfreier Umgebung. Nachdem alles erledigt ist, wenden wir uns in Richtung einer überdimensionalen Metro-Station.
Plötzlich werden wir von einem Mann in der Kleidung eines Chuhden -Fortgeschrittenen- angesprochen.
"Master Myers?"
"Ja, der bin ich," antworte ich, freundlich lächelnd.
"Darf ich sie bitten mitzukommen," fordert er uns nun höflich auf.
Er führt uns zur Seite und stellt uns seinem Master vor.
"Dies ist Master Dayak. Master Dayak, dies ist der angekündigte Master Myers."
Master Dayak begrüßt uns mit "Selam -Friede-!"
Er berührt mit den zusammengelegten Daumen-, Zeige- und Mittelfingerkuppen seine Stirn, Mund und Herz, während er sich verbeugt. Ich wiederhole die Geste. Sie scheint in dieser Gegend auf der Erde üblich zu sein. Der Raumhafen liegt mit den wichtigsten Verwaltungsgebäuden des irdischen Staatenbundes in der Sahara. Irgendwann in den letzten 700 Jahren ist die UNO von New York in die Nähe des Raumhafens gezogen. Auch der Toppu-Jinja -Haupt-Schrein- unserer Organisation steht dort.
Wir folgen den Männern auf den Vorplatz des Flughafengebäudes. Dort stehen unzählige dieser Mantelschrauber, die von Elektromotoren angetrieben werden. Wir nehmen hinten Platz und die Männer setzen sich an die Kontrollen. Kurz darauf hebt das Fluggerät ab und steuert den Jinja -Schrein- an. Die Gründer haben den Bau vor Jahrhunderten nach den japanischen Shinto-Schreinen benannt, obwohl er in Aussehen und Funktion eine andere Bedeutung hat. Das hat damals sicher nostalgische Gründe gehabt. Inzwischen hat sich der Name unter uns eingebürgert.
Wir landen auf der obersten Plattform, die sich sofort absenkt und eine Ebene tiefer zum Stillstand kommt. Dort führen uns die Männer in einen Besprechungsraum, der ausgestattet ist, als befände er sich in einem orientalischen Palast: Viele Rundbögen und Kuppeldecken. Große Fenster lassen Licht herein und es scheint, als ob die Vegetation von draußen hereindrängen will.
--Tagebuch der Wünsche--
Wir sind von der Venus kommend in der Orbitalstation über der Erde angekommen. Mich befallen melancholische Gefühle. Der wunderschöne blaue Planet unter uns ist die Wiege der Menschheit. Hier haben die Menschen gelebt, sich gestritten und geliebt, bevor sie vor etwa 700 Jahren damit begonnen haben, den Weltraum zu erkunden.
Der Hangar der Orbitalstation wird gegen den Weltraum abgeschottet und mit Atmosphäre gefüllt. Jetzt dürfen wir das Raumschiff verlassen und wechseln nach dem üblichen Medi-Check zur Dockingstation des Shuttles mit dem wir den Abstieg zur Erdoberfläche vornehmen wollen. Wir, das sind mein Neffe Mirco Myers, ein Astrogeologe und Chuhden -Fortgeschrittener-, und ich. Mein Name ist Florian Myers. Ich bin Venuschampion im Fechten und stehe in unserer Organisation im Rang eines Okuden -Meisters-, wohl weil ich in meinen Meditationen Kontakt zu Reiki -alles umfassende Lebenskraft- aufzunehmen vermag.
In der Dockingstation besteigen wir einen dreieckigen 'Nurflügler' und setzen uns in unsere Sitze. Drei Stunden nach dem Abdocken landet das Shuttle auf einer mehrere Kilometer langen Landebahn. Nun müssen wir das übliche Prozedere über uns ergehen lassen, mit Feststellen der Personalien und einen erneuten Medicheck in keimfreier Umgebung. Nachdem alles erledigt ist, wenden wir uns in Richtung einer überdimensionalen Metro-Station.
Plötzlich werden wir von einem Mann in der Kleidung eines Chuhden -Fortgeschrittenen- angesprochen.
"Master Myers?"
"Ja, der bin ich," antworte ich, freundlich lächelnd.
"Darf ich sie bitten mitzukommen," fordert er uns nun höflich auf.
Er führt uns zur Seite und stellt uns seinem Master vor.
"Dies ist Master Dayak. Master Dayak, dies ist der angekündigte Master Myers."
Master Dayak begrüßt uns mit "Selam -Friede-!"
Er berührt mit den zusammengelegten Daumen-, Zeige- und Mittelfingerkuppen seine Stirn, Mund und Herz, während er sich verbeugt. Ich wiederhole die Geste. Sie scheint in dieser Gegend auf der Erde üblich zu sein. Der Raumhafen liegt mit den wichtigsten Verwaltungsgebäuden des irdischen Staatenbundes in der Sahara. Irgendwann in den letzten 700 Jahren ist die UNO von New York in die Nähe des Raumhafens gezogen. Auch der Toppu-Jinja -Haupt-Schrein- unserer Organisation steht dort.
Wir folgen den Männern auf den Vorplatz des Flughafengebäudes. Dort stehen unzählige dieser Mantelschrauber, die von Elektromotoren angetrieben werden. Wir nehmen hinten Platz und die Männer setzen sich an die Kontrollen. Kurz darauf hebt das Fluggerät ab und steuert den Jinja -Schrein- an. Die Gründer haben den Bau vor Jahrhunderten nach den japanischen Shinto-Schreinen benannt, obwohl er in Aussehen und Funktion eine andere Bedeutung hat. Das hat damals sicher nostalgische Gründe gehabt. Inzwischen hat sich der Name unter uns eingebürgert.
Wir landen auf der obersten Plattform, die sich sofort absenkt und eine Ebene tiefer zum Stillstand kommt. Dort führen uns die Männer in einen Besprechungsraum, der ausgestattet ist, als befände er sich in einem orientalischen Palast: Viele Rundbögen und Kuppeldecken. Große Fenster lassen Licht herein und es scheint, als ob die Vegetation von draußen hereindrängen will.
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