Montag, 17. Juli 2023
Neue Heimat L98 59b (54)
Ich bin etwa vier Jahre bei den Ngachi, als ich im Stammesrat anrege, dass ich in Ngachischis Begleitung auf dem Ckurrot 'zu den Himmelswesen' fliege und mit ihnen einen Friedens- und Freundschaftsvertrag schließen will. Nun sind wieder alte Ressentiments da. Aber schließlich schickt mich der Häuptling doch zu meinen Leuten.

In der Zwischenzeit ist dort eine Menge geschehen. Die Siedlung ist mithilfe von Robotern aus dem Raumschiff, das über dem Planeten kreist, fertiggestellt worden. Man hat eine Verwaltung aufgebaut, ein Fiskalsystem, und der Kommandant hat über jede Verwaltungssparte einen 'Sekretär' gestellt. Diese Verwaltungsspitze ist ihm Rechenschaft schuldig und erhält im Gegenzug Aufträge von ihm. Meine Idee der Kontaktaufnahme lässt ihn so etwas wie ein 'Außenamt' aufbauen. Wir vereinbaren einen Termin an dem er den gewählten Rat zusammenruft und wir fliegen los.

Zum Plateau müssen wir zuerst das kleine Gebirge umfliegen, dann das Seenland und landen schließlich außerhalb von Eseís. Während der Ckurrot wieder aufsteigt und wartend seine Kreise über der Stadt dreht, gehen wir auf sie zu. Die Straßen wirken wie ausgestorben. Die Leute haben Angst zur Beute des Flugsauriers zu werden.

Vor dem Rathaus werden wir vom Kommandanten empfangen. Ngachischi hat in den vergangenen Jahren von mir unsere Sprache gelernt, so hält sie selbst eine Rede, in der sie um Achtung und Respekt bittet und Gleichbehandlung einfordert, so dass gegenseitige Freundschaft aufblühen kann.

Der Kommandant verspricht ihr nach kurzer Debatte, dass er neben den Regeln des Zusammenlebens in der Gemeinschaft, den Menschen auch eine Verfassung geben will, in der die ßiche -denkenden Wesen (alle Völker des Urwaldes)- und die Menschen gleichberechtigt berücksichtigt sind.

Anschließend schlendern wir zu dritt den Weg zurück. Unterwegs habe ich eine Idee. Ich lebe nun fast zwei Jahre mit Ngachischi zusammen und wir haben noch kein gemeinsames Kind. Natürlich ist das genetisch unmöglich. Aber vielleicht können die Genetiker ja ein Wunder vollbringen. Deshalb frage ich den Kommandanten, ob wir vor dem Heimflug noch ein Gespräch mit den Wissenschaftlern führen können.

"Jetzt gleich?" fragt er zurück.

Ich nicke und meine dazu:
"Falls Sie vorhatten, ein Essen zu geben. Das wird meiner Begleiterin sehr wahrscheinlich nicht schmecken. Die Ngachi sind unverarbeitete Lebensmittel gewohnt. Wir Menschen essen dagegen hochverarbeitete Lebensmittel. Sie können den Ngachi gerne irgendwann einen Gegenbesuch abstatten. Vielleicht, wenn die besprochene Verfassung im Rat gebilligt wurde. Dann erleben Sie die Küche der Ngachi, wenn Sie mögen. An mir sehen Sie, dass diese Art zu kochen niemand umbringt. Natürlich ist es nicht jedermanns Geschmack."

"Okay," antwortet er lächelnd. "Das wäre zu überlegen."

Danach zeigt er uns den Weg zum Labor des Genetikers und verabschiedet sich dort von uns. Ich spreche mein Problem bei dem Mann an und er verspricht mir, zu schauen was er tun kann. Nun muss ich Blut und Sperma abgeben. Ngachischi schaut interessiert zu. Ich erkläre ihr, was 'unser Schamane' da gerade macht. Trotzdem ist es nicht leicht für sie, sich auf eine Liege zu legen und Betäubungsgas einzuatmen. Der Genetiker nimmt schnell Blut von ihr ab und schneidet ihr mit einem kleinen Schnitt den Bauch auf. Über ein Rohr saugt er einen ihrer Eierstöcke leer. Dann verschließt er die Wunde wieder und lässt sie aufwachen.

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Freitag, 14. Juli 2023
Neue Heimat L98 59b (53)
Ich, Jim Albright, bin jetzt zwei Jahre bei den Ngachi. In der Zeit habe ich mich in meine Lehrerin Ngachischi verliebt und es scheint, dass auch sie Zuneigung für mich spürt. In den Augen der meisten Leute aus dem Volk bin ich immer noch ein Vchhtep -Himmelswesen-. Sie begegnen mir schüchtern und zurückhaltend, denn einerseits steht der Häuptling und die Schamanin hinter mir, andererseits lehnt der Anführer der Jagdgruppe mich offen ab.

Nun habe ich mich an einen Ckurrot -Luftgeist- herangepirscht. Diese Tiere sind die größten flugfähigen Tiere, die ich kenne. Sie mögen vielleicht 12 oder 15 Meter lang werden, vom Maul bis zur Schwanzspitze. Ihre Spannweite hat wohl 15 bis 18 Meter. Es sind Flugsaurier mit Flughäuten, wie man es von Fledertieren kennt. Außerdem vermehren sie sich mittels Eiablage. Dazu bauen sie in den Wipfeln von Urwaldriesen Chock -Nester-. Das ist die einzige Zeit, in der sie Artgenossen in ihre Nähe lassen. Ansonsten sind sie Einzelgänger. Liegt ein Ei im Nest, oder später das Junge, wird es vehement gegen alles verteidigt.

Sobald das Junge flügge ist und das Nest verlassen hat, verlässt das Elterntier auch das Nest, um erst ein Jahr später zurückzukommen. Die Zeit dieses Umbruches habe ich mir zunutze gemacht. Das Elterntier ist außer Sicht gewesen, als ich das Jungtier mit einem Betäubungspfeil von dem Ast eines Nachbarbaumes geschossen habe.

Ich bin schnell vom Baum herab gestiegen und habe das Jungtier oberflächlich auf Knochenbrüche untersucht. Danach habe ich schnell ein Jonga -jagdbares Tier- geschossen, ihm gedankt, dass es sich hat schießen lassen, und zerteilt. Da ist das Jungtier schon aus der Bewusstlosigkeit erwacht.

Sofort habe ich ihm Teile des Jonga zu fressen gegeben, um sein Vertrauen zu gewinnen. Ich habe gehofft, dass es klappt und so ist es dann auch gekommen. Statt selbst jagen oder fischen zu gehen, hat sich der junge Ckurrot von mir füttern lassen. Dann habe ich den ersten Ritt auf ihm durch die Luft versucht. Der junge Ckurrot hat mich abschütteln wollen, aber ich habe ihn beruhigen können.

In der Folge habe ich ihn mit der Gabe von Fleisch dazu gebracht, meinen Signalen im Flug zu folgen. So habe ich ihn schließlich steuern können. Dann habe ich mich von ihm über dem Heimatbaum absetzen lassen. Ich habe bemerkt, dass ich entweder der Erste im Volk bin, der so etwas versucht hat, oder es ist schon Generationen her, seitdem es einmal versucht wurde. Jedenfalls bin ich in der Achtung der Ngachi sehr gewachsen. Der Anführer der Jagdgruppe hat nicht mehr dagegen geredet, als der Häuptling mich in den Stammesrat berufen und mir seine Tochter, Ngachischi, zur Frau gegeben hat.

Ich habe mir eine Signalpfeife gebastelt, mit der ich den jungen Ckurrot immer wieder gerufen habe. Dabei habe ich gesehen, wie schnell diese Wesen wachsen. Nach zwei Jahren ist er schon so groß wie ein erwachsenes Tier. Wenn er vor uns vierbeinig auf dem Boden steht, ist er jetzt bis zum Rücken etwa fünf Meter hoch. Er steht dann auf den muskulösen Hinterbeinen und stützt sich mit den Vorderpfoten vorne ab, wobei er die langen Zehen, zwischen denen die Flughäute wachsen, nach oben zusammenlegt. Wenn er vom Boden startet, geht er hinten in die Knie, springt förmlich in die Luft und breitet die Flughäute aus. Droht er am Boden, erhebt er sich auf die Hinterbeine, stützt sich mit dem Schwanz ab und ist dann sicher zehn Meter hoch.

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Dienstag, 11. Juli 2023
Neue Heimat L98 59b (52)
Mama lächelt Luke an, als sie ihn während des Essens anspricht:

"Herr Snider, darf ich fragen, wie lange sie und Padma sich schon kennen?"

Luke lächelt zurückhaltend und antwortet:
"Ich habe vor zwei Jahren ein Wochenende in den Spheren verbracht. Dabei habe ich an der Rezeption eine junge Frau kennengelernt, die mir sympathisch schien. Ich bin mit ihr ins Gespräch gekommen und sie schien nicht abgeneigt, mich in eine Ausstellung zu begleiten. Kurz darauf habe ich sie in eine von ihr vorgeschlagene Ausstellung begleitet. Wir haben viel miteinander geredet und festgestellt, dass wir verwandte Seelen sind."

"Ah," meint Mama. "Darf ich das so interpretieren, dass Sie beide gerne heiraten möchten?"

Luke schaut mich mit einem liebevollen Lächeln an, ergreift meine Hand und nickt Mama zu:

"Ja, das wäre unser Wunsch."

"Okay," sagt Mama nun, freundlich lächelnd. "Dann sollten wir bald die Verlobung feiern!"

In der nächsten Woche, als Lukes Vater Zeit hat, treffen wir uns zu viert in einem Restaurant. Beim Essen erhebt mein zukünftiger Schwiegervater das Wort:

"Unsere Kinder sind erwachsen geworden und möchten gerne gemeinsam eine eigene Familie gründen. Von meiner Seite bestehen dahingehend keine Einwände. Ich freue mich für sie!"

Mama hört aufmerksam zu und antwortet nun:
"Ich stimme Ihnen zu, Mister Snider, unsere Kinder sind erwachsen geworden. Auch ich freue mich für sie!"

Da von Seiten der Eltern also keine Einwände bestehen, kümmert sich Luke in der nächsten Zeit um einen Termin im Rathaus, bei der unsere Beziehung auch offiziell besiegelt wird. Wunderschön finde ich dabei, dass Mama sich mit Lukes Vater gut versteht. Da beide verwitwet sind, sehe ich es gern, wenn sie sich beide freundschaftlich näherkommen.

Einen Monat später feiern wir unsere Hochzeit. Nach dem offiziellen Teil im Rathaus treffen wir uns mit allen Freunden und Verwandten in einem Restaurant. Danach suchen wir eine eigene Wohnung und ziehen dort ein.

Zu diesem Zeitpunkt landet ein Flugsaurier auf der Plaza vor dem Rathaus. Erschreckt flüchten die Leute in die Häuser in der Umgebung. Währenddessen stehe ich in unserem Hotel 'Seenland' hinter dem Rezeptions-Tresen und auch Luke arbeitet im Archiv. Später lese ich in den Nachrichten, dass eine Delegation der 'Ngachi', mit denen wir befreundet sind, uns um Hilfe gebeten hat.

Der Kommandant ist inzwischen verstorben. Auch er ist dem Krebs durch die Weltraumstrahlung erlegen. Der aktuelle Premier hört sich den Wunsch der 'Ngachi' an und zuckt die Schultern, wie der Reporter schreibt. Normalerweise ist das Prinzip des Rates, dass wir uns nicht in interne Streitigkeiten der Völker um uns herum einmischen.

Nun sind die 'Ngachi' das erste Volk der Dschungelbewohner, mit denen wir in Kontakt gekommen sind. Wir sind ihnen freundschaftlich verbunden. Also können wir sie nicht einfach zurückweisen. Darum entschließt sich der Rat schließlich doch, einzugreifen.

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