Freitag, 4. August 2023
Neue Heimat L98 59b (60)
In der Anmeldung des Rathauses lasse ich mir den Weg zum Büro des Premiers erklären. Dann nehmen wir die Treppe und hetzen höher, mehrere Stufen auf einmal nehmend. Beim Büro angekommen, klopfe ich und höre sogleich "Herein".

Wir betreten das Büro und begrüßen den Premier. Anschließend schildere ich ihm die Lage und bitte um Hilfe. Der Premier erklärt mir:

"Unser oberstes Prinzip sollte sein, uns nicht in die Händel der Indigenen einzumischen. Genau wie wir es mit der gesamten Natur halten. Wir beobachten nur, lassen aber geschehen was geschieht!"

"Okay," meine ich. "Durch die Ngachi, oder präziser: durch Ngachischi haben sie viel von der Anatomie der Indigenen erfahren. Ein Mischling wurde geboren. Sind die Menschen ihnen gegenüber nun nicht verpflichtet, wenn sie bedroht sind?"

"Wie soll denn die Hilfe ihrer Meinung aussehen?" fragt er zurück.

"Schicken Sie den Lander über den Wald. Wir fliegen zurück und zeigen der KI wo sie hinfliegen muss. Sie kann ja meine Position anpeilen. Lassen sie dort eine Hundertschaft Roboter absetzen. Der Lander kann durch die Vegetation hindurchsehen und so eine größere Gruppe Indigener entdecken. Diese Informationen erhalten die Roboter, die die Indigenen einkreisen. Den Robotern können weder Pfeile, noch Macheten etwas anhaben.
Meine Tochter wurde entführt. Wir müssen sie befreien. Nachdem wir ihre Siedlung gefunden haben, sollten wir das ganze Volk 1000km weiter versetzen. Wenn die feindlichen Männer ihre Siedlung nicht bekannt geben, werden sie halt alleine versetzt und so von ihren Frauen getrennt."

"Okay, ich werde es versuchen," antwortet er diplomatisch.

Das klingt wenig überzeugend, also versucht es nun auch Ngachischi bei ihm. Dann frage ich nach einem frischen Akku für meinen Kommunikator. Er telefoniert und erklärt, dass ich ihn unten bei der Anmeldung abholen kann.

Wir laufen anschließend wieder auf die Plaza hinaus, wo ich den Ckurrot zu mir rufe. Nachdem sich der Luftgeist auf den Boden geduckt hat, können wir aufsteigen. Danach streckt er seine Gliedmaßen wieder, hüpft und breitet die Hautflügel aus. Kurz darauf befinden wir uns in der Luft und auf dem Heimweg.

Unterwegs überlege ich das weitere Vorgehen und spreche mit Ngachischi darüber. Irgendwie müssen wir auch selbst aktiv werden. In der Nähe des Heimatbaumes ruft Ngachischi ihren Luftgeist mit ihrer Flöte, die einen etwas anderen Ton besitzt. Sie wechselt auf ihren Ckurrot und wir fliegen zum Ort der Entführung.

Dort folgen wir der Spur im Unterholz, indem wir die Churrot spiralförmig kreisen lassen. Bald sehe ich einen riesigen dunklen Schatten über uns. Aus ihm fallen eine Menge Roboter, die mit Jetpacks ausgerüstet sanft auf dem Waldboden landen und die Schneise der feindlichen Männer von der Vegetation freiräumen, um besser voran zu kommen.

Kurz darauf meldet sich mein Kommunikator:
"Hier Lander Eins. Eine größere Anzahl Personen befindet sich voraus auf einer Insel in einem kleinen See. Der Umkreis und auch der Seegrund scheinen morastig zu sein. Gefahr zu versinken!"

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Dienstag, 1. August 2023
Neue Heimat L98 59b (59)
Piongschi wurde von einem erneuten Weinkrampf geschüttelt. Um uns herum wird es still. Das Flüstern der Neugierigen hat aufgehört. Ich meine, auch Ischl, der Windgott, hält den Atem an. Schauer laufen mir den Rücken herunter und ich habe das Gefühl, mir wird gleichzeitig heiß und kalt. Erst allmählich dämmert mir, was Piongschis Bericht bedeutet.

Der Anführer der Jagdgruppe bringt seine Tochter zu ihrer Mutter. Ich bleibe an Ort und Stelle stehen. In mir reift ein Gedanke. Die Angreifer wissen nicht, wo unser Heimatbaum steht. Wenn sie unser Volk angreifen und unsere Frauen entführen wollen, müssen sie versuchen Ngamlorr auszuhorchen. Wie sie das machen, weiß ich nicht. Dass mein Mädchen einer Folterung nicht lange standhält, kann ich mir denken. Der Gedanke behagt mir nun ganz und gar nicht!

Ich gehe in den Wald und versuche, den Weg zu finden, den Piongschi in Panik gelaufen ist. Zwei Stunden später sehe ich zwei zusammengebundene Jonga auf dem Boden liegen. Sie gehörten wohl einem der Mädchen. Wahrscheinlich Pionga, denn ich kann keine Kampfspuren entdecken. Ngamlorr wird sich bestimmt gewehrt haben. Also suche ich im Zickzack weiter. Schließlich finde ich eine Stelle, an der die Vegetation ziemlich niedergetrampelt ist. Hier liegt ein geschossenes Jonga, von der Sorte, die in Rudeln nach Wurzeln suchen. Was ich sehe, macht mich stolz auf Ngamlorr. Von dieser Stelle aus gibt es eine breite Schneise im Unterholz, weg vom Heimatbaum. Dort werden sie mein Mädchen verschleppt haben. Dass sie die Smahh -Jagdbeute- liegengelassen haben, statt es als Nahrung mitzunehmen, lässt mich wütend auf sie werden, zusätzlich zu den Sorgen um mein Mädchen.

Wenn es ja nur um mein Mädchen gehen würde, wäre ich der Spur gefolgt. Vielleicht ist das aber das Kalkül der Entführer: Die Männer von ihrer Siedlung weglocken, um die Siedlung dann anzugreifen.

Ich hetze zum Heimatbaum zurück, informiere Ngachischi schnell über mein Vorhaben und bitte sie, mich zu unterstützen. Dann klettern wir den Heimatbaum hoch und ich puste im Wipfel des Baumes in die Flöte. Kurz darauf umkreist uns der Ckurrot und ich klettere mit Ngachischi in die äußeren Äste des Wipfels.

Als der Luftgeist langsam segelnd unter uns vorbeizieht, lasse ich mich fallen. Ich greife den Haltegriff und schwinge mich mit gegrätschten Beinen in den Sattel auf seinem Rücken. Danach stecke ich meine Beine in die Schlaufen und gebe Ngachischi ein Zeichen. Sie springt, als der Ckurrot wieder unter ihr vorbeisegelt. Ich warte, bis auch sie einen sicheren Sitz hat, dann lenke ich den Luftgeist vom Heimatbaum weg, um das Gebirge herum und über die weite Hochebene auf Eseís zu.

Als ich voraus die Plaza erkennen kann, gebe ich dem Luftgeist das Zeichen, dort zu landen. Wir springen ab und laufen auf das Rathaus zu. In den Augenwinkeln kann ich erkennen, dass die Menschen um uns herum in Panik in die Hauseingänge flüchten. Der Ckurrot wartet lieber in der Luft, als am Boden. Er wird also aufsteigen und über Eseís seine Kreise ziehen, bis ich wieder flöte.

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Samstag, 29. Juli 2023
Neue Heimat L98 59b (58)
Wir Männer sind von einer erfolgreichen Jagdexpedition nachhause gekommen und haben die Jagdbeute geteilt. Während wir nun im Kreis beisammensitzen, erzählen wir Anekdoten von der Jagd und spotten freundschaftlich über einzelne Teilnehmer der Jagdexpedition. Die Frauen und die kleinen Kinder sitzen dabei. Die Frauen erhalten das aus der Haut geschabte Fleisch, um es zu kochen. Dabei wird viel gelacht, über die Erzählungen der Männer, die Einige mit Vorführungen noch lustiger machen.

So hören wir zuerst gar nicht, was sich am Rand unserer Siedlung unter dem Heimatbaum zuträgt. Plötzlich hebt einer der Männer den Kopf und wedelt mit den Händen, was bedeutet, wir sollen ruhig sein. Das Gelächter erstirbt und die Männer hören auf zu erzählen. Dann hören wir die Schreie. Sie zeigen große Panik an. Wir greifen unsere Waffen, springen auf und schauen in die Richtung, aus der die Schreie kommen.

Dann erkennen wir Piongschi, die mit Bögen in beiden Händen auf uns zu hetzt. Der Anführer der Jagdgruppe und einige der Männer, darunter auch ich, 'Schimm', laufen ihr entgegen. Sie fällt ihrem Vater kraftlos in die Arme und lässt dabei die Waffen fallen. Wieso hat sie zwei Bögen in den Händen? Sie hat auch zwei Dolche am Gürtel und zwei Köcher mit Pfeilen um die Schultern gehängt!

Die anderen Männer ziehen sich langsam zurück. Ihre Haut signalisiert ihre Entspannung. Sie denken sicher 'Es ist ja nichts weiter passiert'. Nun stellt sich Piongschi wieder auf ihre eigenen Füße und beginnt stammelnd zu berichten:

"Ngam... Ngamlorr ist... ist entführt... ist entführt worden!"

Weitere Worte gehen in Weinkrämpfen und Stottern unter, doch es reicht um mich völlig in Panik zu versetzen. Ich beuge mich zu ihr auf Augenhöhe und fasse sie an den Schultern.

"Wo ist das passiert? Entführt von wem?"

Der Anführer der Jagdgruppe legt mir nun seine Hand auf die Schulter und versucht, mich ein wenig von Piongschi wegzudrücken, doch mein Adrenalinspiegel ist in die Höhe geschnellt und er kann es nachvollziehen. So etwas ist seit langem nicht mehr geschehen. Eigentlich, seit ich bei den Ngachi lebe, ist so etwas noch nie vorgekommen.

Ngachischi, meine liebe Frau und Mutter von Ngamlorr, hat mir vor Jahren einmal berichtet, dass die ßiche -denkenden Wesen- auf diesem Planeten nicht ganz so friedlich sind, wie es den Anschein hat. Aber immer geht es in den Händeln um Frauen.

Die Völker leben weitgehend isoliert voneinander, und so kann es zur Inzucht kommen, was Erbkrankheiten zur Folge haben kann. Darum wird es gefördert, dass sich Frauen auf die Wanderschaft begeben, um bei anderen Völkern einen Mann zu finden. Hin und wieder kann es jedoch vorkommen, dass die Männer eines Volkes auf eine spezielle Jagdexpedition gehen. Ihr Ziel ist es, keine Ssmah -Jagdbeute- nachhause zu bringen, sondern -Engoff- Frauen.

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