Freitag, 8. Dezember 2023
Keltische Druiden -07
Darüber muss ich nachsinnen. Ich verstumme eine ganze Weile. Nachdem eine Zeit vergangen ist, fragt mich der Niallan:

"Suki uége -Frischling- was bedrückt dich?"

"Ehrwürdiger Niallan, als ich vor dem Feuer floh, bin ich durch die Nacht gelaufen. Ich habe weder etwas gesehen noch gehört, und ich hatte Angst."

"Wovor?"

"Vor dem Tod."

"Ein Mensch, der zu leben weiß, braucht den Tod nicht zu fürchten. Er wandelt ohne Furcht vor dem Bären und dem Auerochs, ist unverwundbar im Kampf!"

"Wie kann das sein?"

"Der Auerochs wird keine Stelle finden, wohin er sein Horn stoßen kann. Der Math -Bär- findet keine Stelle für seine Kralle und keine Waffe findet eine Stelle, den Menschen zu verletzen."

"Und warum nicht, Niallan -Meister-?" frage ich und schaue ihn mit großen Augen erstaunt an.

Mein Anam Chara -spiritueller Lehrer (Seelenfreund)- erklärt mir:

"Weil bei einem Mann, der zu leben weiß, der Tod kein Tor findet, um einzutreten!"

"Was bedeutet 'zu leben wissen', ehrwürdiger Niallan?"

"Das bringe ich dir gerade bei, kleiner Suki uége -Frischling-. Präge dir alles ein und beherzige es."

Er macht eine Gedankenpause und erklärt mir dann:
"Wir haben über viele Generationen hinweg eine Methode entwickelt, die wir Wyda nennen. Es sind Übungen, die du dir von mir abschauen und selbst durchführen kannst, um deine Anam -Seele- über deinen Körper zu schulen, denn beide sind eins. Deine Gedanken richten sich an der Natur aus. Die Übungen fördern die Verbindung von Natur und Mensch, denn wir sind Teil von ihr. Jeder Übende nimmt Lebensenergie auf und kommt dabei zu der Erkenntnis, dass Mensch und Umwelt eine Einheit bilden."

"Dass wir auch als Bauern von der Natur abhängig sind, haben mir meine Eltern von klein auf vorgelebt," werfe ich ein.

"Ja," bestätigt der Niallan -Meister- und fährt fort: "Aber wir sind nicht nur abhängig von den Launen Kernunnis -Gott der allumfassenden Natur-. Ausgewählte Eingeweihte können nach jahrzehntelanger Übung auch die Lebensenergie in allem Gegenständlichen erkennen oder sogar auf magische Weise im Einklang mit der Natur verändern."

"Hm," brumme ich. "Wir verbinden unser Denken, Fühlen und Handeln mit der Natur um uns herum und trotzdem braucht es Jahrzehnte bis wir die Energie des Lebens in Allem entdecken?"

Der weise Mann lächelt mich an und meint:
"Bei dem Einen geht es schneller, Andere brauchen etwas länger und wieder andere erreichen diesen Zustand nie. Aber dennoch können sie Verbindung mit den Geschöpfen der Natur aufnehmen und die natürlichen Schwingungen wieder in geordnete Bahnen lenken. Habe also Geduld und verliere nie den Mut!"

Ich nicke. Nach einer kurzen Pause unterweist mich mein Anam Chara -spiritueller Lehrer- weiter:

"Die Menschen weichen oft von der Überzeugung ab, dass das Eingebundensein in Natur und Kosmos ihr 'Normalzustand' ist. Sie entwickeln andere als die natürlichen Bedürfnisse und bekommen dadurch oft genug Probleme im Leben. Wir Druidi wissen, dass Atmen Pflanzen, Tiere und Menschen miteinander verbindet. Wir bewegen uns im Einklang mit der Natur fort. Wir Druidi wissen, dass das Leben zumeist aus feinstofflichen Schwingungen besteht und nicht nur aus feststofflicher Materie. Es ist so, dass nicht die Anam -Seele- in deinem Körper wohnt, solange du lebst. Sondern dein Körper lebt in deiner Seele und deine Seele lebt in der Natur!"

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Dienstag, 5. Dezember 2023
Keltische Druiden -06
Er hat mir einen Wanderstab hergestellt, damit ich nicht so schnell ermüde auf unseren Wegen. Als wir auf unserer Wanderung zu einer Lichtung gekommen sind, die von einer riesigen Dair -Eiche- beherrscht wird, hat er den Wanderstock mit einem Zauberspruch und einer Kraft-Rune magisch aufgeladen. Seitdem fühle ich mich viel leichtfüßiger und sicherer.

Unterwegs zeigt er mir Wildpflanzen, von denen man sich ernähren kann. Auch führt er hin und wieder bestimmte Bewegungsfolgen aus und wirkt dann oft so entrückt, dass ich ihn gar nicht anzusprechen wage. Gemäß seinem Auftrag präge ich mir alles ein, was ich sehe und höre. Als ich ihn beim Essen von ausgegrabenen Wurzeln, die wir anschließend in einem Bach von Erde befreit haben, danach frage, erklärt er:

"Die Anam -Seele- und der Körper sind eins in jedem lebenden Wesen. Über den Körper kann man daher auch die Seele bilden. Um das zu erreichen, haben die Ahnen uns gelehrt, die Natur zu beobachten. Wir müssen uns versenken und mit der Natur eins werden.
Wenn wir das schaffen, beseitigen wir den Widerstreit in uns und entdecken die Harmonie von Körper und Seele. Es kann ein halbes Leben dauern, dies zu beherrschen!"

"Ehrwürdiger Niallan -Meister-, diese Bewegungen, die Ihr in voller Konzentration durchführt, dienen also dazu mit der Natur in Einklang zu kommen?" frage ich weiter.

"Du musst lernen, deinen Körper zu beherrschen, junger Chihn -Schüler-!" rät er mir nun. "Wenn du eine Bewegung ausführst, musst du hochkonzentriert die Bewegung verfolgen. Umso größer wird deine Kraft werden."

"Niallan Fion -Meister 'der Kenntnisreiche'-? Welche Kraft meint ihr?"

Er antwortet mir:
"Die Menschen, die ihre Körperkraft konzentriert ausbilden, finden darüber innere Kraft."

"Wird sie mich mehr schützen, als meine äußeren Kräfte ausgeführt mit den Armen und Beinen?"

Druid Fion an meiner Seite entgegnet mir nun:

"Solange das Herz furchtlos ist, gibt es keine Furcht! Wenn deine Anam -Seele- stark ist, schmilzt alle Furcht dahin, als wäre sie eine Schneeflocke, die in deine Hand fällt!"

"Ehrwürdiger Niallan -Meister-, wie kann man seine innere Stärke finden?" frage ich interessiert weiter.

"Indem man mit der Natur um uns herum eins wird."

"Aber die Natur ist wild und gefährlich! Man muss sie fürchten, haben mich meine Eltern gelehrt," rede ich dagegen.

Der ehrwürdige Niallan -Meister- antwortet mit einem wissenden Lächeln:

"Wo Math -Bär- und Mann unvereint sind, kann er sterben. Doch, wo der Bär und der Mann eins sind, gibt es keine Angst, keine Gefahr. Welche Kreatur, die eins ist mit der Natur, greift sich selbst an?"

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Samstag, 2. Dezember 2023
Keltische Druiden -05
Am folgenden Tag bleibt Rigani im Haus zurück. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass Drystan, der Hausherr, verletzt auf einem Krankenlager liegt. Rigani wird ihn pflegen, während wir anderen in aller Frühe aufbrechen, um meiner Familie die letzte Ehre zu erweisen.

Wir sind gegen Mittag an der Unglücksstelle angelangt und der Kian -weise Mann-, ein umherwandernder Druid -Wissender-, reinigt den Ort mit dem entsprechenden Ritual, wobei er spricht:

"Wind des Nordens, Wind des Südens,
Wind des Ostens und Wind des Westens.
Schützt mit euren Winden die Kinder des Lichts,
die zusammenkommen um ihren Ahnen zu huldigen.
Schütze uns vor allen bösen Mächten,
doch die Guten lasse herein, solange wir hier sind."

Nun baut er eine Verbindung zur Anderswelt auf, nachdem die jungen Männer ein Feuer angezündet haben. Da hinein lässt er eine Räuchermischung rieseln. Moja, die währenddessen leise geklagt hat, nimmt mich beiseite, stellt sich hinter mich und legt mir ihre Hände auf die Schultern. Als der Kian -weise Mann- nun die Arme gen Himmel hebt, seinen Stab in der rechten Hand haltend, beginnt sie laut zu klagen. Der weise Mann spricht:

"Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Kommt, denn es ist bereit.
Sprecht, denn wir sind bereit.
Wir öffnen uns, so öffnet euch.
Wir zeigen uns, so zeiget mir:
Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Wir sind euch ergeben
Zeiget euch! Öffnet euch!"

Ich fühle ein Kribbeln und meine, dass irgendetwas, ein Luftzug vielleicht, über meinen Kopf streicht. Meine lieben Eltern und Geschwister sind bei mir! Meine Mamaí -Mama- ist mir nah! Moja gibt mir einen kleinen Schubs. Ich gehe auf das Feuer zu und werfe eine Opfergabe hinein. Danach bedankt sich der Kian -weise Mann- bei den Geistern und schließt das Totenritual. Wir setzen uns und essen die mitgebrachten Speisen. Anschließend machen wir uns auf den Rückweg.

*

Ich fühle mich sehr geehrt, dass der weise Mann -Kian- mich zu seinem Chihn -Schüler- erwählt hat. Normalerweise hätte ich, Erin, auf dem Hof des Drystan arbeiten sollen bis ich im heiratsfähigen Alter bin. Danach wäre ich auf Brautschau gegangen und hätte mit der Erlaubnis des Gebietsherrn, eines Capallan -Reiter/Ritter-, den elterlichen Hof wieder aufgebaut.

Dadurch dass der Kian aus dem Stand der Druidi mich als sein Schüler auserkoren hat, kann ich im Laufe der Jahre zu einem Druid werden. Ob ich dann, wie der weise Mann als Wander-Druid zu den Olkani -Bauern- gehen werde oder in einem Dorf sesshaft werde, steht heute noch in den Sternen.

Der Kian ist etwa drei Wochen im Haus des Drystan geblieben, bis der Bauer sich auf seinem Stock fortbewegen konnte. Auch der Abszess seines Capall -Gaul- ist in der Zeit verheilt. Schon in dieser Zeit habe ich meine Augen und Ohren offengehalten. Diese Bedingung hat der weise Mann mir gestellt: Ich soll zuschauen und zuhören bei allem, was er macht, und das alles auswendig lernen.

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