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Sonntag, 8. September 2024
Neue Philosophie -30
mariant, 10:27h
Etwa eine Woche nach dem Gespräch kommt Waitheri, meine und meiner Kleinen -Bushikas- Tochter aufgeregt zu mir. Sie streift in ihrer Freizeit öfter durch den Wald und hat diesmal etwas ungewöhnliches bemerkt.
"Papa, ich habe im Urihi -Erdenwald- zwei Männer gesehen, mit einem flachen Stein in der Hand, wie dieser hier!"
Dabei zeigt sie auf das internetfähige Handy.
"Wie waren diese Männer gekleidet?" frage ich sie.
"Sie sehen aus wie wir," meint sie, mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck. "Und einer der Beiden ist so alt wie Opa."
"Wir werden auf die Hwamape -Besucher- warten, denn anscheinend finden sie sich allein im Urihi zurecht," entscheide ich.
Gut zwei Stunden später treten sie in das Rund des Shabono -Dorfes- und werden sogleich von immer mehr Kindern umringt, die sie überall anfassen, schwatzen und lachen.
Sie lassen diese 'Begrüßung' stoisch über sich ergehen. Der Chef der Jäger, der Häuptling, die Schamanin und ich nähern uns den Ankömmlingen. Ich erkenne in den Männern die Besucher aus dem buddhistischen Kloster in Japan wieder, die uns auch damals beigestanden haben. Beide können sich mit uns auf Yanomam verständigen.
Sie werden zum Wohnsegment des Häuptlings geführt. Ich hole schnell die Steuerung der Drohne hinzu und dann spiele ich ihnen den SD-Speicher vor. Sie können auf diese Weise miterleben, was die Drohne in den letzten Wochen in Erfahrung gebracht hat. Wieder setzen sich die beiden Männer auf den Boden, schließen die Augen und beginnen mit ihrer Meditation.
Als sie sich wieder regen, haben die Frauen aus den Nachbarsegmenten Essen herübergereicht und wir lassen uns das Regenwald-Essen aus Maniok und Kochbananen, gekochten Maden und Papaya schmecken. Dabei berichten die Hwamape -Besucher- was sie während ihrer Meditation herausgefunden haben.
"Die damalige Minengesellschaft hat das Gelände mit allen Aufbauten, Fahrzeugen und Maschinen billig an einen Konkurrenten abgegeben. Sie hat allerdings auch davor gewarnt, dass in dem Gebiet Myriaden von Insekten in Wolken auftreten können. Nun haben wir es also mit einer anderen Gesellschaft zu tun, die auch noch mit modernstem Arbeitsgerät die Mine auszubeuten gedenkt."
"Sollten wir dann nicht frühzeitig gegen sie vorgehen? Bevor sie die Flüsse verseuchen..." frage ich.
Der ältere der Neuankömmlinge schaut ernst und schüttelt dann den Kopf.
"Hört mich an!" spricht nun der ältere der Mönche. "Lasst sie ihr Geld in die Renovierung der alten Mine stecken. Wenn die Mine ihre Arbeit aufnimmt, beginnen wir mit den Gegenmaßnahmen! - Unsere Philosophie ist: Jeder hat das Recht, sein Leben zu gestalten, wie er will. Erst wenn wir uns gegen die Machenschaften der Minengesellschaft verteidigen müssten, treten wir in Aktion."
*
"Papa, ich habe im Urihi -Erdenwald- zwei Männer gesehen, mit einem flachen Stein in der Hand, wie dieser hier!"
Dabei zeigt sie auf das internetfähige Handy.
"Wie waren diese Männer gekleidet?" frage ich sie.
"Sie sehen aus wie wir," meint sie, mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck. "Und einer der Beiden ist so alt wie Opa."
"Wir werden auf die Hwamape -Besucher- warten, denn anscheinend finden sie sich allein im Urihi zurecht," entscheide ich.
Gut zwei Stunden später treten sie in das Rund des Shabono -Dorfes- und werden sogleich von immer mehr Kindern umringt, die sie überall anfassen, schwatzen und lachen.
Sie lassen diese 'Begrüßung' stoisch über sich ergehen. Der Chef der Jäger, der Häuptling, die Schamanin und ich nähern uns den Ankömmlingen. Ich erkenne in den Männern die Besucher aus dem buddhistischen Kloster in Japan wieder, die uns auch damals beigestanden haben. Beide können sich mit uns auf Yanomam verständigen.
Sie werden zum Wohnsegment des Häuptlings geführt. Ich hole schnell die Steuerung der Drohne hinzu und dann spiele ich ihnen den SD-Speicher vor. Sie können auf diese Weise miterleben, was die Drohne in den letzten Wochen in Erfahrung gebracht hat. Wieder setzen sich die beiden Männer auf den Boden, schließen die Augen und beginnen mit ihrer Meditation.
Als sie sich wieder regen, haben die Frauen aus den Nachbarsegmenten Essen herübergereicht und wir lassen uns das Regenwald-Essen aus Maniok und Kochbananen, gekochten Maden und Papaya schmecken. Dabei berichten die Hwamape -Besucher- was sie während ihrer Meditation herausgefunden haben.
"Die damalige Minengesellschaft hat das Gelände mit allen Aufbauten, Fahrzeugen und Maschinen billig an einen Konkurrenten abgegeben. Sie hat allerdings auch davor gewarnt, dass in dem Gebiet Myriaden von Insekten in Wolken auftreten können. Nun haben wir es also mit einer anderen Gesellschaft zu tun, die auch noch mit modernstem Arbeitsgerät die Mine auszubeuten gedenkt."
"Sollten wir dann nicht frühzeitig gegen sie vorgehen? Bevor sie die Flüsse verseuchen..." frage ich.
Der ältere der Neuankömmlinge schaut ernst und schüttelt dann den Kopf.
"Hört mich an!" spricht nun der ältere der Mönche. "Lasst sie ihr Geld in die Renovierung der alten Mine stecken. Wenn die Mine ihre Arbeit aufnimmt, beginnen wir mit den Gegenmaßnahmen! - Unsere Philosophie ist: Jeder hat das Recht, sein Leben zu gestalten, wie er will. Erst wenn wir uns gegen die Machenschaften der Minengesellschaft verteidigen müssten, treten wir in Aktion."
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Donnerstag, 5. September 2024
Neue Philosophie -29
mariant, 10:09h
---Bei den Yanomami---
Nachdem die Minengesellschaft sich zurückgezogen hat, sind vielleicht einmal jährlich kleine Trupps der Nabuh -Weißen- auf der Straße unterwegs gewesen, die man vor Jahrzehnten von Boa Vista kommend in den Regenwald gebaut hat. Zumeist sind es nur Inspektionstrupps und kurz darauf Straßenbau-Trupps gewesen.
Aber auch Farmer haben versucht, sich anzusiedeln. Nach der Rodung einer kleinen Fläche, haben sie dem Boden eine spärliche Ernte abgetrotzt. Danach haben sie entnervt aufgegeben. Der Boden unter dem Regenwald ist nicht sehr fruchtbar!
Auch haben illegale Goldsucher-Trupps versucht in unseren Wasserläufen Gold zu waschen. Niemand hat je wieder etwas von ihnen gehört, nachdem sie Quecksilber zum Einsatz gebracht haben. Wir haben diese Leute erfolgreich abgewehrt.
Nun, fast 20 Jahre nach dem Kampf gegen die Minengesellschaft, kommen Wohn- und Lastwagen auf dem Gebiet der Mine an. Auch Fahrzeugtransporter sind darunter. Sie befreien das Minengelände von der inzwischen gewachsenen Vegetation, tragen den Zaun und das Camp ab und laden die alten Bulldozer und anderes Arbeitsgerät auf.
Ich, Sean oder 'Big Forehead', wie ich im Shabono -Dorf- genannt werde, beobachte die Aktivitäten mithilfe einer Drohne, die uns die Asiaten damals geschenkt haben. Sie haben mir neben der Steuerung auch eine Solarladestation und ein internetfähiges Handy überlassen. Mit dem Handy nehme ich nun Kontakt zu den Asiaten auf.
Zuerst ist es ein freudiges Wiedersehen und -hören per Skype über einen internetfähigen Satelliten. Ich muss ihnen berichten, was sich bei uns in den letzten beinahe 20 Jahren getan hat. Dann werde ich gefragt:
"Potter-San, was machen die Nabuh bei Ihnen?"
"Nun," antworte ich. "Viele kommen mit falschen Vorstellungen über die Fruchtbarkeit des Bodens. Sie gründen eine Farm und verlassen sie spätestens nach der dritten Missernte wieder. Jetzt tut sich allerdings etwas auf dem Gelände der Mine, nachdem sie in den letzten Jahren buchstäblich verrottet ist. Man ist dabei, sie zu modernisieren."
"Ah, der Grund ihres Anrufes ist, dass sie uns bitten, uns das Treiben auf dem Gelände der Mine genauer anzusehen."
"Ja, das wäre wirklich sehr nett, Mister!"
Mein Gegenüber nickt beruhigend und meint:
"Wir werden uns darum kümmern!"
"Vielen Dank!" sage ich noch, dann ist die Verbindung getrennt.
*
Nachdem die Minengesellschaft sich zurückgezogen hat, sind vielleicht einmal jährlich kleine Trupps der Nabuh -Weißen- auf der Straße unterwegs gewesen, die man vor Jahrzehnten von Boa Vista kommend in den Regenwald gebaut hat. Zumeist sind es nur Inspektionstrupps und kurz darauf Straßenbau-Trupps gewesen.
Aber auch Farmer haben versucht, sich anzusiedeln. Nach der Rodung einer kleinen Fläche, haben sie dem Boden eine spärliche Ernte abgetrotzt. Danach haben sie entnervt aufgegeben. Der Boden unter dem Regenwald ist nicht sehr fruchtbar!
Auch haben illegale Goldsucher-Trupps versucht in unseren Wasserläufen Gold zu waschen. Niemand hat je wieder etwas von ihnen gehört, nachdem sie Quecksilber zum Einsatz gebracht haben. Wir haben diese Leute erfolgreich abgewehrt.
Nun, fast 20 Jahre nach dem Kampf gegen die Minengesellschaft, kommen Wohn- und Lastwagen auf dem Gebiet der Mine an. Auch Fahrzeugtransporter sind darunter. Sie befreien das Minengelände von der inzwischen gewachsenen Vegetation, tragen den Zaun und das Camp ab und laden die alten Bulldozer und anderes Arbeitsgerät auf.
Ich, Sean oder 'Big Forehead', wie ich im Shabono -Dorf- genannt werde, beobachte die Aktivitäten mithilfe einer Drohne, die uns die Asiaten damals geschenkt haben. Sie haben mir neben der Steuerung auch eine Solarladestation und ein internetfähiges Handy überlassen. Mit dem Handy nehme ich nun Kontakt zu den Asiaten auf.
Zuerst ist es ein freudiges Wiedersehen und -hören per Skype über einen internetfähigen Satelliten. Ich muss ihnen berichten, was sich bei uns in den letzten beinahe 20 Jahren getan hat. Dann werde ich gefragt:
"Potter-San, was machen die Nabuh bei Ihnen?"
"Nun," antworte ich. "Viele kommen mit falschen Vorstellungen über die Fruchtbarkeit des Bodens. Sie gründen eine Farm und verlassen sie spätestens nach der dritten Missernte wieder. Jetzt tut sich allerdings etwas auf dem Gelände der Mine, nachdem sie in den letzten Jahren buchstäblich verrottet ist. Man ist dabei, sie zu modernisieren."
"Ah, der Grund ihres Anrufes ist, dass sie uns bitten, uns das Treiben auf dem Gelände der Mine genauer anzusehen."
"Ja, das wäre wirklich sehr nett, Mister!"
Mein Gegenüber nickt beruhigend und meint:
"Wir werden uns darum kümmern!"
"Vielen Dank!" sage ich noch, dann ist die Verbindung getrennt.
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Montag, 2. September 2024
Neue Philosophie -28
mariant, 09:03h
"Mein Oshe -Bruder-, ich danke dir. Dein Geist verbindet sich mit Omama -Schöpfer- und dein Körper wird Teil der Yanomami -Menschen-."
So hat es mir Mama beigebracht. Dann binde ich die Beine zusammen und lege mir meine Beute über die Schultern. Uh, ist das schwer!
Ich mache mich auf den Heimweg, als ich plötzlich ein Fauchen höre. Sofort bleibe ich stehen, lasse das Pekari fallen und nehme Pfeil und Bogen wieder in die Hand. Mich umblickend drehe ich mich um mich selbst, mit dem gespannten Bogen sichernd. Da bricht vor mir das Unheil aus. Ein Jaguar hat sich angeschlichen und setzt nun zum Sprung an.
Gerade will ich den Pfeil auf die Reise schicken, der den Jaguar für eine Weile außer Gefecht gesetzt hätte. Unsicher, ob die Zeit, in der er schläft ausgereicht hätte, das Shabono zu erreichen, warte ich vielleicht einen Bruchteil zu lange, als ein zweiter Jaguar von der Seite kommend, den ersten im Sprung trifft. Beide wälzen sich fauchend auf dem Boden. Dabei erkenne ich, dass der Zweite ein angerissenes rechtes Ohr hat.
"Kete!" rufe ich.
Aber die beiden Rishi -Doppeltiere- sind im Unterholz verschwunden. Also lade ich mir das Pekari wieder auf die Schultern und nähere mich weiter unserem Dorf. Ich habe es tatsächlich geschafft und meine erste erfolgreiche Jagd hinter mir! Gleichzeitig habe ich ein starkes Doppeltier an meiner Seite, das mich beschützt.
In der Abenddämmerung erreiche ich endlich unser Shabono. Nachdem ich das Palisadenrund hinter mir gelassen habe und auf den Zeremonienplatz schreite, kommen mir Mama und Papa entgegen. Kurz darauf sehe ich meinen Opa, den Häuptling und meine Oma, die Schamanin, sich mir nähern. Außer ihnen umschwärmen mich alle Kinder unseres Dorfes und singen.
Als mich die Erwachsenen erreicht haben, bleibe ich stehen und lasse das Pekari von meinen Schultern gleiten. In den Augen meiner Eltern funkeln Erleichterung und Stolz. Meine Großeltern zeigen ein breites Grinsen und mein Opa legt seine Hände auf meine Schultern. Dann sagt er:
"Du bist nun eine Yanomami! Du bist ein Teil des Volkes und kannst im Rat deine Stimme erheben."
Wie ein erwachsener Jäger es tun würde, bücke ich mich nun, lade mir das Pekari wieder auf die Schultern und gehe damit zum Chef der Jäger. Dort lade ich es ab und sage mit fester Stimme:
"Ich hatte eine erfolgreiche Jagd. Nehmt bitte meine Jagdbeute als Geschenk an!"
Der Mann lächelt und beglückwünscht mich nun ebenfalls zur erfolgreichen Jagd. Dabei lädt er mich und meine Eltern zum Abendessen ein. Danach feiern wir insgesamt zwei Tage lang meinen Erfolg in der Jagd und meine Aufnahme in die Gemeinschaft der Jäger.
So hat es mir Mama beigebracht. Dann binde ich die Beine zusammen und lege mir meine Beute über die Schultern. Uh, ist das schwer!
Ich mache mich auf den Heimweg, als ich plötzlich ein Fauchen höre. Sofort bleibe ich stehen, lasse das Pekari fallen und nehme Pfeil und Bogen wieder in die Hand. Mich umblickend drehe ich mich um mich selbst, mit dem gespannten Bogen sichernd. Da bricht vor mir das Unheil aus. Ein Jaguar hat sich angeschlichen und setzt nun zum Sprung an.
Gerade will ich den Pfeil auf die Reise schicken, der den Jaguar für eine Weile außer Gefecht gesetzt hätte. Unsicher, ob die Zeit, in der er schläft ausgereicht hätte, das Shabono zu erreichen, warte ich vielleicht einen Bruchteil zu lange, als ein zweiter Jaguar von der Seite kommend, den ersten im Sprung trifft. Beide wälzen sich fauchend auf dem Boden. Dabei erkenne ich, dass der Zweite ein angerissenes rechtes Ohr hat.
"Kete!" rufe ich.
Aber die beiden Rishi -Doppeltiere- sind im Unterholz verschwunden. Also lade ich mir das Pekari wieder auf die Schultern und nähere mich weiter unserem Dorf. Ich habe es tatsächlich geschafft und meine erste erfolgreiche Jagd hinter mir! Gleichzeitig habe ich ein starkes Doppeltier an meiner Seite, das mich beschützt.
In der Abenddämmerung erreiche ich endlich unser Shabono. Nachdem ich das Palisadenrund hinter mir gelassen habe und auf den Zeremonienplatz schreite, kommen mir Mama und Papa entgegen. Kurz darauf sehe ich meinen Opa, den Häuptling und meine Oma, die Schamanin, sich mir nähern. Außer ihnen umschwärmen mich alle Kinder unseres Dorfes und singen.
Als mich die Erwachsenen erreicht haben, bleibe ich stehen und lasse das Pekari von meinen Schultern gleiten. In den Augen meiner Eltern funkeln Erleichterung und Stolz. Meine Großeltern zeigen ein breites Grinsen und mein Opa legt seine Hände auf meine Schultern. Dann sagt er:
"Du bist nun eine Yanomami! Du bist ein Teil des Volkes und kannst im Rat deine Stimme erheben."
Wie ein erwachsener Jäger es tun würde, bücke ich mich nun, lade mir das Pekari wieder auf die Schultern und gehe damit zum Chef der Jäger. Dort lade ich es ab und sage mit fester Stimme:
"Ich hatte eine erfolgreiche Jagd. Nehmt bitte meine Jagdbeute als Geschenk an!"
Der Mann lächelt und beglückwünscht mich nun ebenfalls zur erfolgreichen Jagd. Dabei lädt er mich und meine Eltern zum Abendessen ein. Danach feiern wir insgesamt zwei Tage lang meinen Erfolg in der Jagd und meine Aufnahme in die Gemeinschaft der Jäger.
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