Sonntag, 5. Juni 2022
Eine neue Hoffnung -02
mariant, 12:12h
"Das ist 'Hammer'! Schau mal, Emma!" entfährt es mir und ich rüttele meine Freundin wach.
Sie schaut mich mit kleinen Augen an und riskiert dann auch einen Blick aus dem Fenster. Ihre mürrische Stimmung ist wie weggeblasen.
"Sheesh!" lässt sie sich vernehmen.
Wir hängen mit den Blicken an den Berggipfeln bis die Maschine landet und wir aufstehen müssen. Nun warten wir noch einmal etwa zwei Stunden bis jeder seinen Koffer hat. Anschließend gehen wir langsam auf den Ausgang zu. Frau Müller schaut sich suchend um. Endlich hat sie den einheimischen Kontaktmann gefunden, der auch unser Guide sein wird.
Er führt uns nach draußen auf den Parkplatz. Viele Motorradrikschas kurven hier herum und suchen nach Fahrgästen. Der Mann führt uns zu einem bunt bemalten Bus. Wir sollen unsere Koffer abgeben und der Guide wuchtet sie zusammen mit dem Busfahrer auf das Dach des Busses. Dort gibt es auf voller Länge einen Gepäckträger. Zum Abschluss wird darüber ein Netz gespannt. Nun dürfen wir einsteigen. Bevor wir abfahren, hält neben uns ein Motorrad mit gasbefeuertem Ofen vor der Lenkstange. Der Mann verkauft warme Speisen für umgerechnet wenige Cent. Dann kurvt der Bus vom Parkplatz herunter.
Angesichts der Bilder vor den Busfenstern beginnt Frau Müller einen kleinen Vortrag. Wir sollen ja nicht denken, dass wir hier Urlaub machen. Sie erklärt:
"Kathmandu hat gut 1 Million Einwohner und liegt in einem breiten Tal. Wie ihr sehen könnt, hier ist alles staubig - und bunt! Elektrokabel hängen wie Spinnweben zwischen den Häusern, die weder Frischwasser- noch Abwasserleitungen haben. Wer es sich leisten kann, lässt sich einmal im Monat den Haustank mit Frischwasser per Lastwagen füllen.
Trinkbares Wasser wird in Plastikflaschen verkauft.
2015 hat es in Kathmandu ein schweres Erdbeben gegeben, dessen Zerstörungskraft man heute noch sehen kann. Das Land erholt sich nur sehr langsam davon.
An jeder Ecke wird etwas verkauft oder steht ein Tempel für einen der vielen buddhistischen oder hinduistischen Götter. Nur wenige Völker der Welt feiern so viele Feste wie die Nepalesen."
Dann haben wir die Stadt mit ihrem Gehupe auf den Straßen verlassen. Unser Ziel ist der Chitwan Nationalpark. Fast sieben Stunden soll die Fahrt von Katmandu dorthin dauern, erklärt unser Guide.
Sehr schnell ändert sich schon nach wenigen Kilometern die Landschaft. Eben sind wir noch im Herzen der quirligen Großstadt beinahe im Schritt vorwärtsgekommen. Neben der Straße fließt nun ein malerischer Bach einher, der aber schnell zu einem reißenden Strom wird. Wie der Guide erklärt, handelt es sich dabei um den River Trishuli.
Das Gelände, durch das die Straße dem Fluss folgt, wird immer grüner und hügeliger. Kleine Bananenplantagen säumen die Hänge und Reisfelder liegen in Terrassen daran. Die Sonne spiegelt sich in dem Wasser auf den Feldern. Kleine Dörfer und Hütten säumen das Ufer des Flusses, der hier und da von Hängebrücken überspannt wird.
Auf unserem Weg nach Süden, die Hänge des Himalaya hinunter, fährt der Bus durch Serpentinen. Einige Straßenabschnitte haben auf der einen Seite himmelhohe Felswände und auf der anderen Seite steile Abgründe. Andere Straßenabschnitte sind eng und ungesichert. Der Bus fährt sehr langsam, so dass ich allmählich ein sicheres Gefühl bekomme. Das Vertrauen in das Können des Fahrers wächst.
Immer wieder begegnen uns bunte Lkw mit Gardinen hinter den Scheiben, an denen alle Handbreit eine Bommel baumelt. Wenn sie an uns vorbeifahren, von Indien kommend oder dorthin fahrend, sind oft nur wenige Zentimeter Platz, aber die Fahrer sind das gewohnt und meistern solche Situationen gekonnt.
Je weiter südlich wir kommen, desto grüner wird die Landschaft und desto höher wachsen die Pflanzen. Es fühlt sich mehr und mehr nach Dschungel an. Auch das Thermometer klettert über 30 Grad. Die Luftfeuchtigkeit steigt in Bereiche, in denen nichts mehr trocken bleibt.
Gegen Abend haben wir endlich unser Ziel erreicht. Der Bus hält in einem Dorf der Tharu. Wir steigen aus und recken unsere Glieder. Der Fahrer und der Guide kümmern sich um das Abladen des Gepäcks. Ich nehme meinen Koffer in Empfang. Dann kommt auch schon eine Frau in einem bestickten Sari aus einem Haus auf unsere Reisegruppe zu. Wir werden zu Zweit auf die Gastfamilien aufgeteilt und zu ihnen hingeführt. Dort gibt es ein schüchternes "Hello".
Die Familien haben strohgedeckte Hütten neben die ihren errichtet mit angeschlossenem Badezimmer. Diese Bezeichnung mag auf Europäer vielleicht hochtrabend wirken, denn fließendes Wasser findet man hier in keiner Hütte. Ansonsten gibt es bequeme Betten, Moskitonetze und Deckenventilatoren. Die Toiletten sind Plumpsklos an der Hüttenwand.
Bald werden wir in die Hütten zu den Familien eingeladen und setzen uns im Kreis auf den Boden. Ich sehe, dass die Menschen den Schneidersitz bevorzugen und setze mich genauso hin. Dann erhält jeder eine Schale mit Reis, Hähnchenfleisch und einer scharfen Soße. Aufschauend erkenne ich, dass die Leute mit den Fingern Reisbällchen formen und sie dann in ihren Mund befördern.
Mit der Zeit werden meine Finger klebrig davon, aber nach der Mahlzeit erhält jeder eine Schale Wasser und ein Gästetuch. Danach wird hier geschlafen. Die Abenddämmerung hat auch schon eingesetzt und das Geräusch des Dschungels ändert sich allmählich. Wir gehen in unsere Hütte und lassen das Moskitonetz herunter. Bald bin ich eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wecken mich die lauten Geräusche des erwachten Dschungels. Lange sträube ich mich dagegen, aber irgendwann öffne ich doch die Augen. Wir kleiden uns an, nachdem eine junge Frau zur Tür unserer Hütte hereingeschaut hat. Sie hat irgendetwas auf Nepali gesagt, oder ist es Hindi gewesen? Hier im Grenzgebiet bin ich mir nicht sicher. Dabei hat sie die gefalteten Hände zum Kinn gehoben und mit dem Kopf lächelnd genickt.
Sie schaut mich mit kleinen Augen an und riskiert dann auch einen Blick aus dem Fenster. Ihre mürrische Stimmung ist wie weggeblasen.
"Sheesh!" lässt sie sich vernehmen.
Wir hängen mit den Blicken an den Berggipfeln bis die Maschine landet und wir aufstehen müssen. Nun warten wir noch einmal etwa zwei Stunden bis jeder seinen Koffer hat. Anschließend gehen wir langsam auf den Ausgang zu. Frau Müller schaut sich suchend um. Endlich hat sie den einheimischen Kontaktmann gefunden, der auch unser Guide sein wird.
Er führt uns nach draußen auf den Parkplatz. Viele Motorradrikschas kurven hier herum und suchen nach Fahrgästen. Der Mann führt uns zu einem bunt bemalten Bus. Wir sollen unsere Koffer abgeben und der Guide wuchtet sie zusammen mit dem Busfahrer auf das Dach des Busses. Dort gibt es auf voller Länge einen Gepäckträger. Zum Abschluss wird darüber ein Netz gespannt. Nun dürfen wir einsteigen. Bevor wir abfahren, hält neben uns ein Motorrad mit gasbefeuertem Ofen vor der Lenkstange. Der Mann verkauft warme Speisen für umgerechnet wenige Cent. Dann kurvt der Bus vom Parkplatz herunter.
Angesichts der Bilder vor den Busfenstern beginnt Frau Müller einen kleinen Vortrag. Wir sollen ja nicht denken, dass wir hier Urlaub machen. Sie erklärt:
"Kathmandu hat gut 1 Million Einwohner und liegt in einem breiten Tal. Wie ihr sehen könnt, hier ist alles staubig - und bunt! Elektrokabel hängen wie Spinnweben zwischen den Häusern, die weder Frischwasser- noch Abwasserleitungen haben. Wer es sich leisten kann, lässt sich einmal im Monat den Haustank mit Frischwasser per Lastwagen füllen.
Trinkbares Wasser wird in Plastikflaschen verkauft.
2015 hat es in Kathmandu ein schweres Erdbeben gegeben, dessen Zerstörungskraft man heute noch sehen kann. Das Land erholt sich nur sehr langsam davon.
An jeder Ecke wird etwas verkauft oder steht ein Tempel für einen der vielen buddhistischen oder hinduistischen Götter. Nur wenige Völker der Welt feiern so viele Feste wie die Nepalesen."
Dann haben wir die Stadt mit ihrem Gehupe auf den Straßen verlassen. Unser Ziel ist der Chitwan Nationalpark. Fast sieben Stunden soll die Fahrt von Katmandu dorthin dauern, erklärt unser Guide.
Sehr schnell ändert sich schon nach wenigen Kilometern die Landschaft. Eben sind wir noch im Herzen der quirligen Großstadt beinahe im Schritt vorwärtsgekommen. Neben der Straße fließt nun ein malerischer Bach einher, der aber schnell zu einem reißenden Strom wird. Wie der Guide erklärt, handelt es sich dabei um den River Trishuli.
Das Gelände, durch das die Straße dem Fluss folgt, wird immer grüner und hügeliger. Kleine Bananenplantagen säumen die Hänge und Reisfelder liegen in Terrassen daran. Die Sonne spiegelt sich in dem Wasser auf den Feldern. Kleine Dörfer und Hütten säumen das Ufer des Flusses, der hier und da von Hängebrücken überspannt wird.
Auf unserem Weg nach Süden, die Hänge des Himalaya hinunter, fährt der Bus durch Serpentinen. Einige Straßenabschnitte haben auf der einen Seite himmelhohe Felswände und auf der anderen Seite steile Abgründe. Andere Straßenabschnitte sind eng und ungesichert. Der Bus fährt sehr langsam, so dass ich allmählich ein sicheres Gefühl bekomme. Das Vertrauen in das Können des Fahrers wächst.
Immer wieder begegnen uns bunte Lkw mit Gardinen hinter den Scheiben, an denen alle Handbreit eine Bommel baumelt. Wenn sie an uns vorbeifahren, von Indien kommend oder dorthin fahrend, sind oft nur wenige Zentimeter Platz, aber die Fahrer sind das gewohnt und meistern solche Situationen gekonnt.
Je weiter südlich wir kommen, desto grüner wird die Landschaft und desto höher wachsen die Pflanzen. Es fühlt sich mehr und mehr nach Dschungel an. Auch das Thermometer klettert über 30 Grad. Die Luftfeuchtigkeit steigt in Bereiche, in denen nichts mehr trocken bleibt.
Gegen Abend haben wir endlich unser Ziel erreicht. Der Bus hält in einem Dorf der Tharu. Wir steigen aus und recken unsere Glieder. Der Fahrer und der Guide kümmern sich um das Abladen des Gepäcks. Ich nehme meinen Koffer in Empfang. Dann kommt auch schon eine Frau in einem bestickten Sari aus einem Haus auf unsere Reisegruppe zu. Wir werden zu Zweit auf die Gastfamilien aufgeteilt und zu ihnen hingeführt. Dort gibt es ein schüchternes "Hello".
Die Familien haben strohgedeckte Hütten neben die ihren errichtet mit angeschlossenem Badezimmer. Diese Bezeichnung mag auf Europäer vielleicht hochtrabend wirken, denn fließendes Wasser findet man hier in keiner Hütte. Ansonsten gibt es bequeme Betten, Moskitonetze und Deckenventilatoren. Die Toiletten sind Plumpsklos an der Hüttenwand.
Bald werden wir in die Hütten zu den Familien eingeladen und setzen uns im Kreis auf den Boden. Ich sehe, dass die Menschen den Schneidersitz bevorzugen und setze mich genauso hin. Dann erhält jeder eine Schale mit Reis, Hähnchenfleisch und einer scharfen Soße. Aufschauend erkenne ich, dass die Leute mit den Fingern Reisbällchen formen und sie dann in ihren Mund befördern.
Mit der Zeit werden meine Finger klebrig davon, aber nach der Mahlzeit erhält jeder eine Schale Wasser und ein Gästetuch. Danach wird hier geschlafen. Die Abenddämmerung hat auch schon eingesetzt und das Geräusch des Dschungels ändert sich allmählich. Wir gehen in unsere Hütte und lassen das Moskitonetz herunter. Bald bin ich eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wecken mich die lauten Geräusche des erwachten Dschungels. Lange sträube ich mich dagegen, aber irgendwann öffne ich doch die Augen. Wir kleiden uns an, nachdem eine junge Frau zur Tür unserer Hütte hereingeschaut hat. Sie hat irgendetwas auf Nepali gesagt, oder ist es Hindi gewesen? Hier im Grenzgebiet bin ich mir nicht sicher. Dabei hat sie die gefalteten Hände zum Kinn gehoben und mit dem Kopf lächelnd genickt.
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