Mittwoch, 15. Juni 2022
Eine neue Hoffnung -12
mariant, 11:39h
"Haben Sie Unterlagen über den Mann?" fragt der Beamte.
"Ja, kommen Sie eben zum Schreibtisch," erkläre ich und erhebe mich.
Der Beamte folgt mir an den Schreibtisch. Dort rufe ich die Übersicht unserer 'Kunden' auf den Bildschirm und starte die Suchfunktion. Dann frage ich den Polizisten:
"Ist er das? Sie haben doch die Unterschrift auf dem Brief."
"Kann ich die Datei haben?" fragt er.
Ich lasse nun das Stammblatt mit allen Einträgen ausdrucken und übergebe es ihm. Dann frage ich:
"Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?"
Er nickt und schiebt den Ausdruck in seine Mappe.
"Ich würde Ihnen raten, ein paar Tage zuhause zu bleiben, oder aus Berlin wegzugehen. Vielleicht zu Ihrem Vater."
"Ich werde darüber nachdenken," verspreche ich. "Haben Sie vielen Dank!"
Er geht zur Tür und nickt mir zu.
"Auf Wiedersehen." Und zu Ashok gewandt: "Wir sprechen uns noch!"
Inzwischen ist Feierabend. Draußen auf dem Gang ist Unruhe, wie jeden Tag zu dieser Zeit. Ashok wendet sich mir zu und meint:
"Du solltest deinen Wagen stehen lassen! Wir verlassen das Gebäude über den Hinterausgang und gehen in eine Nebenstraße. Dort rufst du ein Taxi für die Heimfahrt."
"Aber warum denn?" frage ich verständnislos.
"Jemand hat sich während des Tages an deinem Auto zu schaffen gemacht. Es könnte vielleicht explodieren, wenn wir drinsitzen!"
"Woher weißt du das?" frage ich nun empört. "Sag' nicht, du hast meditiert! Erfährt man dabei so etwas?"
Ashok nickt mit ernstem Gesicht.
"Mit Meditation lässt sich vieles erreichen," erklärt er. "Im Internet steht, dass Meditation inzwischen in die westliche Medizin Einzug gehalten hat. Man wird damit ruhiger, gelassener, heißt es dort. Das stimmt auch, aber wenn man in eine tiefe Meditation geht, wenn man es schafft sich soweit 'fallenzulassen', dann kann man quasi neben sich treten und in der Umgebung umherwandern. Man kann sehen, was andere machen, aber nicht eingreifen.
Einige wenige kommen im Verlauf der Meditation mit Prana in Kontakt. So nennen wir die Lebenskraft, die alles durchdringt. Wir können sie wie Wellen sehen, die uns umwabern. Für mich sind sie bunt. Sanfte Gemüter lassen sie pastellfarben aussehen. Aggressive Gemüter leuchten rot zum Beispiel."
Meine Augen sind bei seinen Ausführungen immer größer geworden. Ich will mehr darüber wissen. Er aber schüttelt den Kopf.
"Lass uns jetzt gehen. Ich erzähle dir in Ruhe gerne mehr."
Also nehmen wir ein Taxi für die Heimfahrt. Bevor das Taxi in die Straße einbiegt, in der ich wohne, will Ashok aussteigen. Ich zahle also und führe Ashok auf seinen Wunsch hin zum Hintereingang des Hauses, den man von der Parallelstraße aus über einen Spielplatz erreichen kann.
Anschließend lege ich einen leeren Koffer auf mein Bett und beginne, einige ausgewählte Kleidungsstücke, sowie meine Unterwäsche und Hygieneartikel einzupacken.
Dabei kann ich nicht anders, als den Gedanken laut auszusprechen, der mir gerade durch den Kopf geht.
"Ich mag es nicht, mich zu verstecken!"
"Die Polizei wird sicher bald die Schuldigen verhaftet haben," versucht Ashok mich zu beruhigen.
"Ich bin jetzt drei Jahre die Nachfolgerin meines Vaters in der Geschäftsführung... Und nun soll ich mich wegducken?"
Mein Schock löst sich langsam und macht einer gewissen Erregung Platz.
"Manchmal müssen wir loslassen und tun, was von uns verlangt wird," antwortet er mir darauf mit sanfter Stimme.
Dabei schaut er mich voller Zuneigung an. Das Kleid, das ich gerade aus dem Schrank genommen habe, lege ich vorsichtig im Koffer ab. Sein Blick verwirrt mich wieder. Gefühle melden sich. Ich richte mich auf und wende mich ihm zu.
"Ashok," spreche ich ihn an.
Er schaut mich direkt an. Ich schüttele leicht den Kopf und wende meinen Blick von ihm ab.
"Bitte, Ashok!" flüstere ich. "Sieh' mich nicht so an!"
"Warum nicht?" fragt er.
"Es ist mir irgendwie unangenehm!" gebe ich zu.
Er hebt die gefalteten Hände an sein Kinn und neigt mir den Kopf mit einem feinen Lächeln leicht zu.
"Entschuldigung, verehrte Frau Mrachartz!"
Endlich kann ich den Koffer schließen. Ashok hebt den Koffer vom Bett. Ich lasse es gerne zu, dass er ihn trägt. Anschließend rufe ich wieder ein Taxi und wir gehen ihm in die Parallelstraße entgegen.
"Fahren Sie bitte zum Hauptbahnhof."
"Sehr wohl, werte Dame!" antwortet der Mann.
Wir nehmen auf der Fond-Sitzbank Platz. Als der Mann abgefahren ist, lege ich meinen Kopf an Ashoks Schulter und flüstere:
"Auf einmal habe ich Angst!"
"Keine Sorge, meine Apsara -Fee, Engel-. Es wird schon schiefgehen!"
Ich wende ihm meinen Blick zu, sehe ihn lächeln und lache befreit auf. Mit neuem Mut harre ich der Dinge, die noch kommen werden.
*
"Ja, kommen Sie eben zum Schreibtisch," erkläre ich und erhebe mich.
Der Beamte folgt mir an den Schreibtisch. Dort rufe ich die Übersicht unserer 'Kunden' auf den Bildschirm und starte die Suchfunktion. Dann frage ich den Polizisten:
"Ist er das? Sie haben doch die Unterschrift auf dem Brief."
"Kann ich die Datei haben?" fragt er.
Ich lasse nun das Stammblatt mit allen Einträgen ausdrucken und übergebe es ihm. Dann frage ich:
"Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?"
Er nickt und schiebt den Ausdruck in seine Mappe.
"Ich würde Ihnen raten, ein paar Tage zuhause zu bleiben, oder aus Berlin wegzugehen. Vielleicht zu Ihrem Vater."
"Ich werde darüber nachdenken," verspreche ich. "Haben Sie vielen Dank!"
Er geht zur Tür und nickt mir zu.
"Auf Wiedersehen." Und zu Ashok gewandt: "Wir sprechen uns noch!"
Inzwischen ist Feierabend. Draußen auf dem Gang ist Unruhe, wie jeden Tag zu dieser Zeit. Ashok wendet sich mir zu und meint:
"Du solltest deinen Wagen stehen lassen! Wir verlassen das Gebäude über den Hinterausgang und gehen in eine Nebenstraße. Dort rufst du ein Taxi für die Heimfahrt."
"Aber warum denn?" frage ich verständnislos.
"Jemand hat sich während des Tages an deinem Auto zu schaffen gemacht. Es könnte vielleicht explodieren, wenn wir drinsitzen!"
"Woher weißt du das?" frage ich nun empört. "Sag' nicht, du hast meditiert! Erfährt man dabei so etwas?"
Ashok nickt mit ernstem Gesicht.
"Mit Meditation lässt sich vieles erreichen," erklärt er. "Im Internet steht, dass Meditation inzwischen in die westliche Medizin Einzug gehalten hat. Man wird damit ruhiger, gelassener, heißt es dort. Das stimmt auch, aber wenn man in eine tiefe Meditation geht, wenn man es schafft sich soweit 'fallenzulassen', dann kann man quasi neben sich treten und in der Umgebung umherwandern. Man kann sehen, was andere machen, aber nicht eingreifen.
Einige wenige kommen im Verlauf der Meditation mit Prana in Kontakt. So nennen wir die Lebenskraft, die alles durchdringt. Wir können sie wie Wellen sehen, die uns umwabern. Für mich sind sie bunt. Sanfte Gemüter lassen sie pastellfarben aussehen. Aggressive Gemüter leuchten rot zum Beispiel."
Meine Augen sind bei seinen Ausführungen immer größer geworden. Ich will mehr darüber wissen. Er aber schüttelt den Kopf.
"Lass uns jetzt gehen. Ich erzähle dir in Ruhe gerne mehr."
Also nehmen wir ein Taxi für die Heimfahrt. Bevor das Taxi in die Straße einbiegt, in der ich wohne, will Ashok aussteigen. Ich zahle also und führe Ashok auf seinen Wunsch hin zum Hintereingang des Hauses, den man von der Parallelstraße aus über einen Spielplatz erreichen kann.
Anschließend lege ich einen leeren Koffer auf mein Bett und beginne, einige ausgewählte Kleidungsstücke, sowie meine Unterwäsche und Hygieneartikel einzupacken.
Dabei kann ich nicht anders, als den Gedanken laut auszusprechen, der mir gerade durch den Kopf geht.
"Ich mag es nicht, mich zu verstecken!"
"Die Polizei wird sicher bald die Schuldigen verhaftet haben," versucht Ashok mich zu beruhigen.
"Ich bin jetzt drei Jahre die Nachfolgerin meines Vaters in der Geschäftsführung... Und nun soll ich mich wegducken?"
Mein Schock löst sich langsam und macht einer gewissen Erregung Platz.
"Manchmal müssen wir loslassen und tun, was von uns verlangt wird," antwortet er mir darauf mit sanfter Stimme.
Dabei schaut er mich voller Zuneigung an. Das Kleid, das ich gerade aus dem Schrank genommen habe, lege ich vorsichtig im Koffer ab. Sein Blick verwirrt mich wieder. Gefühle melden sich. Ich richte mich auf und wende mich ihm zu.
"Ashok," spreche ich ihn an.
Er schaut mich direkt an. Ich schüttele leicht den Kopf und wende meinen Blick von ihm ab.
"Bitte, Ashok!" flüstere ich. "Sieh' mich nicht so an!"
"Warum nicht?" fragt er.
"Es ist mir irgendwie unangenehm!" gebe ich zu.
Er hebt die gefalteten Hände an sein Kinn und neigt mir den Kopf mit einem feinen Lächeln leicht zu.
"Entschuldigung, verehrte Frau Mrachartz!"
Endlich kann ich den Koffer schließen. Ashok hebt den Koffer vom Bett. Ich lasse es gerne zu, dass er ihn trägt. Anschließend rufe ich wieder ein Taxi und wir gehen ihm in die Parallelstraße entgegen.
"Fahren Sie bitte zum Hauptbahnhof."
"Sehr wohl, werte Dame!" antwortet der Mann.
Wir nehmen auf der Fond-Sitzbank Platz. Als der Mann abgefahren ist, lege ich meinen Kopf an Ashoks Schulter und flüstere:
"Auf einmal habe ich Angst!"
"Keine Sorge, meine Apsara -Fee, Engel-. Es wird schon schiefgehen!"
Ich wende ihm meinen Blick zu, sehe ihn lächeln und lache befreit auf. Mit neuem Mut harre ich der Dinge, die noch kommen werden.
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