Donnerstag, 23. Juni 2022
Eine neue Hoffnung -20
"Ah," mache ich und wechsele das Thema.

Wir helfen der Familie, wo wir können. Gleichzeitig ist da noch unser eigenes Problem. Ashoks Aufenthalt in Deutschland ist nur geduldet. Jederzeit kann die Duldung zurückgezogen und Ashok nach Nepal abgeschoben werden.

Ich spreche mit Papa darüber, ob er nicht intervenieren könnte, dass die Duldung aufgehoben wird und eine dauerhafte Niederlassung in Berlin akzeptiert wird. Während der Duldung ist es Ashok auch verboten, irgendeine Arbeit aufzunehmen. Papa verspricht mir, sich darum zu kümmern, sagt aber gleich, dass das nicht von Heut' auf Morgen machbar ist. Nach dem Telefongespräch fühle ich mich gleich leichter.

Ich mache mich von Terminen frei und fahre in Ashoks Begleitung zum Standesamt in unserem Stadtteil. Dort beantragen wir einen Hochzeitstermin. Gleichzeitig erkundigen wir uns in der indischen Community in Berlin nach einer Möglichkeit indisch/buddhistisch zu heiraten, da man 'indisch' eher mit hinduistisch verbindet. Wir erhalten eine Liste von Bekleidungshäusern für traditionelle indische Kleidung bis hin zu indischen Restaurants.

Damit ausgerüstet machen wir uns an die Planung des Ablaufs. Von Ashoks Seite kann niemand teilnehmen. Also vereinbaren wir, dass wir die indische Hochzeit am Samstag, zwei Tage nach der standesamtlichen Hochzeit festlegen. Wir suchen ein Restaurant, das einen Raum entsprechend ausstatten kann und an diesem Tag für uns frei hält. Diesen Raum mieten wir für den ganzen Tag an.

Eine indischstämmige Stylistin ist bereit unsere Hochzeit auszurichten. Wir vereinbaren mit ihr die Miete des seidenen Hochzeitsaris aus einem Bekleidungshaus unserer Wahl und des Brautschmucks von einem Juwelier, den sie uns vorschlägt. Diese Firma würde auch mit der Filmbranche zusammenarbeiten, erklärt sie. Trotzdem müssen wir neben der Miete auch eine Versicherung abschließen.

Meine Eltern und Lara mit Mann und den Töchtern sind am Vortag in Berlin angekommen und in einem Hotel untergekommen. Am frühen Morgen holen wir Lara mit ihrer Familie im Hotel ab. Mit dem Taxi geht es zum Bekleidungshaus, wo die Stylistin schon auf uns wartet.

Wir werden am Eingang willkommen geheißen und in einen kleinen Raum geführt. Mein Schwager hat, wie Papa, einen dunklen Anzug angezogen. Lara und Mama tragen ihr bestes Kleid. Ashok erhält einen weißen Anzug mit einem roten Schultertuch. Ich erhalte einen seidenen Sari in Weiß, auf eigenen Wunsch im Hinblick auf meine Mama, für die nur eine Hochzeit in Weiß infrage kommt. Von Seiten der Stylistin hätte ich auch verschiedene kräftige Farben wählen können. Darunter die entsprechende Unterkleidung.

Der Sari hat Lochstickereien mit Goldfäden und eine goldene Borte. Nachdem die Stylistin meine Frisur gerichtet hat, hilft sie mir in den Sari. Es ist eigentlich nur ein mehrere Meter langes Tuch, keinen Meter breit. Sie steckt mir einen Zipfel in den vorhin angezogenen Unterrock, der in der Taille einen Gummizug hat. Nun muss ich mich drehen und sie steckt die obere Kante des Stoffes immer wieder in den Gummizug. Dabei kontrolliert und korrigiert sie die Länge.

Jetzt nimmt sie den Stoff in die Hand, faltet ihn ziehharmonikaartig zusammen und steckt die Faltung so in den Gummizug, dass die Falten sichtbar fallen. Jetzt noch eine Runde hinter meinem Rücken in den Bund stecken und anschließend wird der Rest der Stoffbahn über die Schultern geworfen und vorne mit einer Nadel festgesteckt.

"Verheiratete Frauen," erklärt sie mir lächelnd, "legen sich Stoff von der Schulter über den Kopf. Aber soweit sind wir jetzt noch nicht."

Jetzt folgt der Kopf- und der Halsschmuck. Meine Nichten bekommen große Augen. Der Älteren rutscht das Wort "Prinzessin" heraus. Ich lächele sie an und meine:

"Wartet mal ab wie ihr gleich aussehen werdet!"

Denn nun, nachdem ich fertig bin, erhalten die Beiden Saris in Rosé. Lara hat ihnen dafür vorsorglich weiße Strumpfhosen untergezogen. Stolz lassen Sie sich mit mir vor dem Bekleidungshaus von ihrem Vater fotografieren, bevor das Taxi da ist, dass uns zum Restaurant bringt.

Dort hat man die Tische in Gold und Rot dekoriert. Ein sitzender Buddha thront auf einem seitlichen Tisch. Ein Mönch von der Deutschen Buddhistischen Gesellschaft steht dort und die Gäste empfangen uns vor dem Raum. Neben meiner Familie sind auch die Mitarbeiter meiner Firma eingeladen und auch die Stylistin, sowie ein professioneller Hochzeitsfotograf sind anwesend.

Nun schmückt uns die Stylistin mit einer weißen Blumengirlande und wir nähern uns dem Mönch. Er rezitiert einige buddhistische Texte. In Indien würde Ashok nun von seinen Brüdern auf ihre Schultern gehoben, damit ich zu ihm aufschauen muss. Das geht hier in der Location natürlich nicht. Ich wende mich stattdessen Ashok zu, der mich in der Hüfte fasst, während ich einen Fuß zurücksetze und mich weit nach hinten beuge, darauf vertrauend, dass Ashok mich hält. Er beugt sich nun über mich, um die Geste näherungsweise durchzuführen. Dann wende ich mich meiner älteren Nichte zu und lasse mir die Ringe geben, die ich an den Mönch weitergebe.

Dieser lässt die Schatulle aufschnappen, spricht ein paar Worte über die Ringe und hält sie uns hin, damit ich Ashok den Ring auf den Finger schiebe und er mir. Dabei sprechen wir unser Hochzeitsgelübde. Nun verlassen wir das Restaurant für das Fotoshooting. Der Fotograf hat schon mein Hintenüberbeugen fotografiert und den Ringtausch.

Jetzt bittet der Fotograf uns zu Locations, die er sich vorher angesehen hat. Wir fahren zur Heilandskirche in Sacrow. Hier führt er uns zu einem wunderschönen Garten in der Nähe der Kirche.

Zurück im Restaurant schneiden wir den Hochzeitskuchen an und verteilen die Kuchenstücke an unsere Gäste. Anschließend, der Mönch hat uns inzwischen verlassen, gießt jeder Gast uns ein paar Tropfen gesegnetes Wasser über die Hände und beglückwünscht uns zur Hochzeit.

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