Freitag, 15. September 2023
Neue Heimat L98 59b (74)
Am nächsten Tag fahre ich nach dem Mittagessen mit der Einschienen-Hochbahn ins Seenland und steige im Haltepunkt des dortigen Hotels aus. Auf meiner Armbanduhr lese ich 13:35 Uhr. Ich gehe die Treppe hinunter ins Foyer des Hotels und schaue durch die Tür auf die grasbewachsene Ebene hinaus.

Gegen Viertel nach zwei Uhr verdunkelt sich Ilios, wie wir unsere Sonne hier nennen, für einen kurzen Moment. Dann landet ein Flugsaurier nicht weit entfernt, faltet die Hautflügel zusammen und klappt sie senkrecht hoch. Er beugt die vorderen und hinteren Gliedmaßen, so dass sein Bauch im hohen Gras verschwindet.

Nun dreht sich ein Indigener zu mir um und rutscht aus dem Ledersattel. Ich bin nach draußen gegangen, obwohl an der Tür ein dreieckiges Schild mit der Aufschrift 'DANGER' davor warnt. Wir gehen auf einander zu. Als ich einen Meter Abstand von ihm habe, sagt mein Gegenüber:

"Ngati meh!"

Mein Kommunikator übersetzt das als "Ich sehe dich!" Das ist also die Begrüßung dieser Leute, weiß ich inzwischen. Ich wiederhole den Satz und mein Kommunikator übersetzt "Ngati meh!"

Mein Führer wendet sich um und geht auf den Flugsaurier zu, der immer noch mit dem Bauch im Gras liegt. Das Tier hebt den Kopf, der auf einem langen Hals sitzt und schaut uns entgegen. Der Reiter des Flugsauriers klopft dem Tier auf den Hals und sagt "Nganurr, ßerri, nganurr!", die der Kommunikator als "Ruhig, Mädchen. Ruhig!" übersetzt.

Ich bin ihm gefolgt, halte mich aber schräg hinter ihm, so dass er zwischen mir und dem Maul des Sauriers steht. Der Mann wendet sich nun zu mir um und fordert mich mit den Worten "Ffecke rrusch!" auf, den Rücken des Tieres zu klettern. Mein Kommunikator übersetzt die Worte mit "Aufsteigen bitte!"

Ich schaue mich um und entdecke ein paar Schlaufen in dem Leder, das auf den Rücken des Flugsauriers geschnallt ist. Danach greifend spüre ich, dass der Mann mich von hinten schiebt. Schließlich sitze ich rittlings auf dem Schultergürtel des Tieres. Der Mann zeigt auf mein Bein und eine der Schlaufen. Ich soll wohl das Bein hineinstecken. Nachdem ich beide Beine gesichert habe halte ich mich an dem Griff vor mir fest.

Der Mann schwingt sich elegant vor mich auf den Sattel. Danach drückt er mit der Ferse gegen den Hals des Tieres. Es erhebt sich und stellt sich auf alle Viere. Der Blick aus meiner jetzigen Position gleicht dem Blick von einem Balkon im ersten Stock eines Hauses in Eseís. Dann sinkt das Tier in seinen Hinterbeinen etwas ein und macht einen Hüpfer. Gut, dass ich meine Beine in den Schlaufen stecken habe und mich an dem Griff vor mir festhalte.

Während das Tier hüpft, breitet es seine riesigen Hautflügel aus und schlägt damit. Langsam kommen wir vom Boden los und steigen höher in die Luft. Der Flugsaurier schraubt sich mit Kreisen immer höher. Als das Hotel unter mir nur noch wie ein Kinderspielzeug aussieht, geht der Saurier in einen Geradeaus-Flug über und hält auf den linken Rand des Gebirges vor uns zu.

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