Mittwoch, 27. September 2023
Neue Heimat L98 59b (78)
Ich schaue sie zweifelnd an. Ngachi sind ihr Leben lang barfuß. Ohne Sohlen unter meinen Füßen, komme ich sicher nicht sehr weit, bis ich mir den Fuß verletzt habe. Im Vergleich zu ihnen habe ich eher Babyfüße und meine Haut ist weich. Ihre Sohlen sind dagegen bestimmt hart wie Stein.

Ich lächele verlegen und antworte:
"Cke, chay! Chay -Nein, warte! Warte-."

Dann zeigt sie auf meine Füße und beginnt laut zu lachen, so dass ich mitlachen muss. Bald darauf lachen alle Umstehenden. Irgendwie bin ich froh, dass ich in der Lage bin, in diesem indigenen Volk für Erheiterung zu sorgen, als sie sich über meine besondere Behinderung lustig machen. Den Ngachi erscheint es ziemlich mühsam, so hinauszugehen, um im Wald nach Nahrung zu suchen. Alles was sie brauchen, ist eine Machete und ein leerer Korb.

Als wir losgehen, werde ich schnell ein Hindernis für die Anderen. Sie schwärmen aus und lassen mich mit Ckilorr allein. Fast alles im Wald hält mich auf.

'Er ist wahrlich ein Paradies für einen Biologen,' denke ich mir.

Ich muss das einmal ansprechen, wenn ich zurück bin. Jedes Blatt, jedes Insekt, Fisch, Baum, jede Nuss, Beere, all das finde ich so faszinierend. Oft stehe ich da und schaue dem emsigen Treiben der Boden-Insekten zu, oder einem Flattertier.

Ständig frage ich sie "Was ist das?", worauf aus meinem Kommunikator "Taht?" ertönt.

Sie spricht mir die Bezeichnung vor und korrigiert mich geduldig, wenn ich versuche das Ngachi-Wort nachzusprechen. Ich versuche zum Beispiel das Geräusch nachzuahmen, das das Tier macht, bevor ich die Ngachi-Bezeichnung sage. So versuche ich, mir die neue Vokabel zu merken. So sind wir einer Rotte von Tieren begegnet, die mit ihren Schnauzen den Boden umgraben, auf der Suche nach Wurzeln. Ich sage dann "rrch, rrch, rrch – Poffwam."

Immer wieder zeigen sich Ngachi zwischen den Pflanzen in unserer Nähe. Ich glaube, an diesem Tag bringen die Leute nur ein Bruchteil der Lebensmittel nachhause, die sie sonst im Wald sammeln oder fischen. Sie lachen und sind ein tolles Publikum für meine Stand-Up-Comedy. Fast jedes Geräusch des Dschungels, das ich nachahme oder Bewegung, die ich mache, ist der Hit für sie.

Ihre Reaktion lässt mich immer mehr machen. Sie animieren mich regelrecht dazu, mich auf diese Art zu produzieren. In dieser Zeit lerne ich viel über die Ngachi, ihre Sprache, ihre Mystik und fühle mich bald als ein Teil von ihnen.

Die Art, wie sie sich barfuß und nur mit einem Lendenschurz bekleidet durch den Wald bewegen, Pilze ernten, Fische und Krabbenartige fangen, ist beeindruckend und wunderschön. Ich beobachte so viele der täglichen Rituale wie möglich und stelle Fragen dazu.

Längst habe ich vergessen, wie lange ich schon bei den Ngachi bin. Meine Cloud muss schon gewaltig angewachsen sein. Zwischen den Ngachi und mir ist Zuneigung entstanden und eine Freundschaft gewachsen. Irgendwann haben Ckilorr und ich uns verliebt.

Sie hat mich ermutigt, mit dem Häuptling, mit ‚Schimm‘ darüber zu reden. Also habe ich Mister Albright eines Abends darauf angesprochen. Seine Frau, Ngachischi, schmunzelt und nickt mir aufmunternd zu.

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