Samstag, 5. November 2022
Aufbruch ins All -53
Anfangs hat mir Master Ntuli erklärt, dass Ringen zu den ältesten Sportarten der Menschen gehört. Zuerst hat das Ringen wohl noch zur Vorbereitung auf kriegerische Auseinandersetzungen von Clans und Stämmen gehört. Vor etwa 3000 Jahren haben die Griechen in Europa damit begonnen, ihre Kräfte und Geschicklichkeit zu Ehren der Götter zu messen. In Japan hat das Sumo-Ringen heute noch diese Intention.

Das Ringen, das heutzutage in Sportclubs ausgeübt wird, ist ein Freizeit- und Wettkampfsport, den man von klein auf ausüben kann. Ein allgemeingültiges Regelwerk sorgt für faire Wettkämpfe. Ziel des Ringkampfes ist es, den Gegner mit beiden Schultern auf die Matte zu bringen. Schläge und Tritte, sowie Hebel- und Würgetechniken sind verboten.

Master Ntuli hat mir dazu ein verbales Bild gezeichnet: Er hat gesagt, ich solle mir vorstellen, einen hohen und schweren Schrank zu umklammern und mühsam über den Boden zu schieben. Das käme in etwa dem Widerstand gleich, den ein Ringer gegenüber seinem Gegner entwickelt. Wenn dieser Schrank nun ins Rutschen gerät und damit meiner Kontrolle entgleitet, könnte ich mir vorstellen wie ein Ringer seinen Gegner überraschend ins Leere laufen lässt. Stürzt der Schrank dann um und kommt auf mir zu liegen, wäre das vergleichbar mit der Beherrschung durch den Gegner im Bodenkampf.

Ich habe ihm mit immer größer werdenden Augen zugehört, das Bild vom Kampf mit einem schweren Schrank im Kopf, den ich auf einen anderen Platz versetzen will. Master Ntuli meint nun:

"Hier heißt es, sich aus der Bodenlage zu befreien und sich bestenfalls wieder in den Stand hoch zu kämpfen, was der Gegner natürlich verhindern will. Steht man sich wieder gegenüber, beginnt die ganze Aktion wieder von vorne."

Irgendwann besucht er mich in meinem Zimmer und trifft mich beim Meditieren an. Er hat sich ruhig in den Sessel gesetzt und gewartet, bis ich aus der Meditation erwache. Ich habe wieder fasziniert das Wallen der 'Lebenskraft, die alles durchdringt' betrachtet und dadurch die Annäherung von Master Ntuli bemerkt. Neugierig habe ich mich von Reiki gelöst, wie die Master die Lebenskraft nennen und die Augen geöffnet.

Er dreht sich im Sessel zu mir und eröffnet mir, dass er mich zu einem Wettkampf mit einem Gegner in einem anderen Ringerclub in Olympia angemeldet hat. Danach geht es Schlag auf Schlag. Einmal pro Woche fährt er mit mir in der Rohrbahn von einem Ringerclub zum nächsten über den ganzen Mars. Dies dient meinem Training, hat er mir erklärt.

Da das Ringen auf dem Mars bisher als Freizeitsport gegolten hat, wird unsere Tournee von den Medien interessiert verfolgt. Dadurch entsteht ein Hype in der Bevölkerung, der den Ringerclubs mehr Beachtung schenkt. Auch steigt nun die Zahl der Ringer marsweit. Die Clubs überlegen, eine Meisterschaft einzuführen und legen die Regeln dafür fest.

Nach einem weiteren Marsjahr haben wir ein Fernsehteam mit ihrem ganzen Equipment in der 'Ringer Schule Olympia'. Wir haben in einem Motel eine Menge Zimmer bereitstellen lassen für die Sportteams, die von überall auf dem Mars in die Hauptstadt strömen. Dann beginnt der mehrtägige Wettkampf, aus Platzmangel unter Ausschluss der Öffentlichkeit, jedoch im TV übertragen.

Als ich in Begleitung von Master Ntuli zum Trainingsraum gehe, in dem die TV-Teams ihre Kameras aufgebaut haben, bin ich in Vorfreude auf das Turnier. Master Ntuli bemerkt es und redet mir ins Gewissen. Ich soll nicht die Bodenhaftung verlieren, sondern rational in das Turnier gehen. Schließlich erreichen wir die Umkleidekabinen. Wir betreten meine Kabine und ich wechsele in das dort liegende rote Trikot. Also wird mein Gegner blau tragen, habe ich in den vergangenen Wettkämpfen gelernt.

Meister Ntuli geht hinaus und setzt sich an die Wand des Turnierraumes. Er wird zuschauen und mir Bescheid geben, wenn ich an der Reihe bin. Ich setze mich in Meditationshaltung auf mein Handtuch und versuche mich zu versenken. Trotz meines Trainings kann ich eine gewisse Aufregung nicht leugnen. Daher dauert es etwas, bis ich zu Reiki durchgedrungen bin.
Nun lasse ich meine Aufmerksamkeit zu den Teams wandern und beobachte, was sich um mich herum tut.

Irgendwann betritt Master Ntuli den Umkleideraum. Schnell schlage ich die Augen auf und wende mich ihm zu.

"Ramaphosa, du bist gleich dran!" bemerkt er und holt mich vollends in die Realität.

Beim ersten Durchgang geht es noch um nichts. Unsere Gegner sind ausgelost worden. Aus den Gewinnern und den Verlierern dieses ersten Wettkampfes werden dann zwei Gruppen gebildet. Die Gruppe der Verlierer kann man als die Leichtere bezeichnen, gegenüber der Gruppe der Gewinner.

Im zweiten Durchgang treten die Sportler der Gruppen untereinander an. Die erzielten Punkte ergeben dann eine gewisse Hierarchie. Ich habe mich durch einen Schulterwurf meines Gegners in die Gruppe der Verlierer einsortieren lassen. Meine Gegner in den nächsten Wettkämpfen sind dadurch einfach.

So gleicht der Wettkampf eher einem Training als einem Turnier, während die Gruppe der Gewinner mit Ehrgeiz und Siegeswillen gegeneinander kämpft. Den Siegeswillen möchte ich den Ringern in meiner Gruppe natürlich nicht absprechen, aber es ist für mich ein Leichtes mich an die Spitze vorzukämpfen, da die meisten meiner Gegner in der Gruppe Freizeitsportler sind.

Dann beginnt das K.O.-System. Nun muss ich mich mehr konzentrieren, denn der Verlierer scheidet aus dem Wettkampf aus. Auf diese Weise reduziert sich die Zahl der teilnehmenden Sportler bis am Ende in jeder Gruppe nur noch ein Sportler auf der Matte steht.
Nachdem das Turnier nun schon eine Woche läuft, muss ich heute gegen den Gewinner der anderen Gruppe den Endkampf bestreiten. Wie immer, holt mich Master Ntuli in meinem Zimmer ab und begleitet mich zum Turnierraum.

... link (0 Kommentare)   ... comment