Freitag, 6. Januar 2023
Aufbruch ins All -73
"Der Kontakt mit 'Reiki' sollte nur mit einer selbstlosen Lebenseinstellung erfolgen, damit der Mann nicht zur negativen Seite kippt!"

"Das ist sehr wahr!" stimme ich ihm zu. Dann erkläre ich die Anfänge weiter:

"Für das Negaigoto Nikki -'Tagebuch der Wünsche'- lässt Tatsumi-San Zeitungsberichte sammeln, die den Kampf indigener Völker gegen große Konzerne um ihren Lebensraum zum Thema haben. Eine erste Reise unternimmt Chisei Denchuu-San mit seinem Kyoshi -Schüler- Safuji-San zu den Yanomami in den Regenwald im Norden Brasiliens."

"Oh," unterbricht Mirco Myers.

Er scheint von meinen Ausführungen gefesselt. Ich gehe also bei der Erzählung noch etwas in die Tiefe:

"Sie haben sich intensiv auf die Reise vorbereitet und dafür die portugiesische Sprache und das Yanomam der Ureinwohner erlernt. Aber auch die Mythologie, Sitten und Gebräuche der Indigenen sind von Interesse gewesen, denn sie wollen sich beim Kontakt benehmen wie ihresgleichen, um ihr Vertrauen zu erlangen. Dazu gehört auch, dass sie sich wie sie kleiden, was bedeutet, dass sie sich entkleiden, sich mit Schnüren aus einem Ethnoshop behängen und mit einem Lendenschurz ihre sensiblen Körperteile verbergen. Chisei Denchuu-San hat jeden Abend von dort über die Ereignisse des Tages berichtet und ihre Entscheidungen erklärt, die den Yanomami helfen sollen, ihre angestammte Lebensweise beizubehalten. Während sie bei den Indigenen sind, haben sie noch viel mehr darüber gelernt, wie die Yanomami organisiert sind, wie sie sich ernähren und wie sie untereinander interagieren. Ob je ein Wissenschaftler so viel über das Volk erfahren hat?
Ihr Problem ist eine Minengesellschaft gewesen, die an einer geologisch vielversprechenden Stelle die Bäume gerodet hat. Dort hat die Gesellschaft den Oberboden abräumen lassen und einen Tagebau eingerichtet. Dass sie dabei die Flüsse vergiften, so dass dort keine Fischerei mehr möglich ist, soweit haben sie in Erwartung des Profits nicht gedacht.
Die Indigenen wünschen jetzt, dass sich die Weißen aus ihrem Lebensraum zurückziehen und sie ihr angestammtes Leben beibehalten können. Bisher haben sie den Weißen mit ihren archaischen Waffen nur Nadelstiche versetzen können. Just, als unsere Leute zu ihnen kommen, haben sie sich entschieden, das Gift der Limbo-Liane zu sammeln und in die Wasseraufbereitungsanlage der Mine zu schütten. Auf Nachfrage erklären die Indigenen, dass das Gift in der Verdünnung nur starke Magenschmerzen verursacht.
Anschließend erlebt Denchuu-San mit, wie Sanitäts-Hubschrauber des brasilianischen Militärs die Mine evakuieren. Nachdem die Leute aus dem Krankenhaus zurückgekommen sind, hätten sie ihren Kampf gegen die Indigenen weiter intensiviert, denn sie können natürlich Eins und Eins zusammenzählen.
Nun fordert Denchuu-San die Yanumami auf, sich auf die Beobachter-Position zurück zu ziehen und ihn und Safuji-San die Initiative zu überlassen. Da sie unter den Yanomami inzwischen großes Vertrauen genießen, gelingt es, die Leute ruhig zu halten. Denchuu-San und Safuji-San haben sich nun hingesetzt und mit Reiki -Lebenskraft- Kontakt aufgenommen und übernehmen die Gehirne der Regenwald-Insekten. Sie lassen die Wespen, Stechmücken und Fliegen in dichten Wolken gegen die Mitarbeiter der Mine vorgehen. Ab und zu fällt ihnen auch eine Vogelspinne aus dem Blattwerk auf Kopf und Schultern. Total zerstochen flüchten die Leute in die Mine zurück und kurz darauf verlassen die Weißen die Mine.
Denchuu-San und sein Schüler bleiben noch länger bei den freundlichen Leuten, um sicherzugehen, dass die Minengesellschaft nicht zurückkehrt. Aber sie haben wohl an anderer Stelle eine ebenso lukrative Mine errichtet. Erst viel später, 20 Jahre sind vergangen, wird die Mine von einer anderen Minengesellschaft wieder eröffnet. Die Fahrzeuge, Maschinen und das Camp werden erneuert, sowie ein neuer Zaun um das Gelände gezogen.
Die Yanomami informieren uns und Denchuu-San fliegt mit einem neuen Schüler aus Japan an. Diesmal besteht Denchuu-Sans Truppe aus Würgeschlangen, Raubkatzen und Riesenadlern. Die neue Minengesellschaft hat vom Vorbesitzer von den Insektenwolken erfahren und einen Hubschrauber mit Insekten-Vernichtungsmitteln bereitstehen. Sie beschäftigen aber auch Biologen, die mit Drogen experimentieren. Als Versuchskaninchen haben sie eine Yanomami-Frau entführt.
Denchuu-San und sein Schüler haben mit Hilfe der Jaguare die Frau befreit und die Harpyien haben sie in ihr Dorf zurückgeflogen. Bei dieser Aktion haben die Jaguare das Drogenlabor zerstört. Dabei sind sie allerdings mit der Droge in Berührung gekommen und zu mordlüsternen Bestien geworden, die der Kontrolle unserer Leute entglitten sind. Das hat zu Folge gehabt, dass alle Mitarbeiter der Mine von den Raubtieren getötet worden sind.
Die Minengesellschaft mit Hauptsitz in Manaus am Amazonas hat nun das Gelände der Mine wieder zum Verkauf gestellt. Bevor eine andere Minengesellschaft dort ihr Glück versucht, hat die O-Chisei das Gelände gekauft und die Besitzurkunde an die Yanomami weitergegeben. Danach sind Chisei Denchuu-San und sein Schüler noch kurze Zeit bei den freundlichen Menschen mit ihrem besonderen Humor geblieben. Die Indigenen lieben es, die Nabuh-Weißen- zu necken. Sie lachen gerne. Ein paar Wochen darauf lösen unsere Leute die Knoten, an denen ihre Hängematten befestigt sind und verabschieden sich. Es gibt ein paar Abschiedstränen, auch weil die Indigenen gegenüber vertrauten Personen ihre Gefühle selten zurückhalten.
Während der zwanzig Jahre zwischen diesen beiden Ereignissen und später auch, haben unsere Leute - immer zu zweit - Reisen in viele entlegene Weltgegenden gemacht, wo internationale Großkonzerne gemeint haben, sie können sich wie die Herren der Welt aufführen und die Indigenen wie 'Wilden' betrachten. Überall dort sind unsere Männer aufgetaucht, haben recherchiert, die Wünsche der Indigenen in Erfahrung gebracht und deren Interessen vertreten. Darüber ist das 'Tagebuch der Wünsche' stark angewachsen. Wenn Sie einmal Zeit mitbringen, Meine Herren, können Sie sich gerne darin einlesen. Sicher kann man dort eine Menge darüber lernen, wie man Menschen gegen die Konzerne hilft."

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Dienstag, 3. Januar 2023
Aufbruch ins All -72
"Interessant," meint der Schüler des Maître.

Ich lächele und führe die Information über die Anfänge weiter aus:

"Bald haben die umliegenden Bauern von Tatsumi-San und seinem Tempel erfahren. Die Ersten kommen, um vor der Buddha-Statue zu beten und ihm ihre Wünsche vorzutragen. Tatsumi-San hat ihre Wünsche in seinem Laptop notiert und sich dann zu den Leuten aufgemacht. Er hat ein paar Wochen bei ihnen gearbeitet, um das Landleben und ihre Notlage kennenzulernen.
Zurück in seinem Haus notiert er sich das Problem unter dem Wunsch und überlegt, wie er ihnen helfen kann. Anschließend begleitet er die Hilfe wenige Wochen lang, um zu sehen, ob die Hilfe ankommt und sich das Schicksal der Hilfesuchenden verbessert. All dies schreibt er in sein Negaigoto Nikki -'Tagebuch der Wünsche'-, um später bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können.
Wenn die Bauern den Jinja besuchen, um ihn um Rat zu fragen, oder vor der Buddha-Statue zu beten und einen Wunsch vorzutragen, bringen sie immer eine kleine Spende mit. Jeder gibt, was er erübrigen kann. Tatsumi-San führt diese Beträge seinem Depot zu, damit sie Ertrag abwerfen.
Irgendwann fragt ihn einer der Bauernsöhne, ob er ihn in den Jinja aufnehmen und ihn all das lehren würde, was er ihm vermitteln könne. Tatsumi-San erklärt sich dazu bereit und hat damit seinen ersten Kyoshi -Schüler-. Mit der Zeit werden es mehr. Hin und wieder geschieht es auch, dass ein junger Mann kommt und fragt, ob er eine Weile bei ihnen leben darf. Er möchte durch Meditation herausfinden, welchen Weg in die Zukunft er einschlagen soll.
Zwar ist es in der japanischen Gesellschaft auch heute noch üblich, dass die Eltern seit frühester Kindheit die Weichen für die Zukunft stellen. In der japanischen Gesellschaft herrscht das Bild vor, dass Kinder wie Pflanzen sind, die gedüngt, gestutzt und getrimmt werden müssen, um gute Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Aber es kommt doch immer wieder vor, dass junge Leute sich selbst darüber klar werden wollen.
Tatsumi-San hat die jungen Leute stets darin bestärkt, ihren Weg in die persönliche Zukunft nach ihren Fähigkeiten und Sehnsüchten zu finden. Hat er in einem der Leute gutes Potential entdeckt, eine Universität zu besuchen, hat er ihm ein Stipendium angeboten."

"Oh," macht der Maître. "Da muss das Depot schon einen großen Umfang gehabt haben."

"Na, sagen wir einmal, er hat Einzelne junge Leute unterstützt. Die mit dem größten Potential," schränke ich etwas ein. "Viele dieser jungen Menschen haben später in großen Firmen in den Ballungszentren einen gutbezahlten Job gefunden, wie Tatsumi-San zu Beginn seines Lebensweges. Einige der Stipendiaten gründen mit Kommilitonen kleine Firmen, die sich mit speziellen Bedürfnissen großer Firmen beschäftigen. Das Angebot solcher kleinen Firmen kommt vielen großen Firmen entgegen, denn diese kleinen Firmen kosten weniger als ihre aufgeblähten Abteilungen. So können die früheren Stipendiaten ihr Stipendium zurückzahlen und sie legen noch eine großzügige Spende obendrauf. Auch nehmen sie gerne Menschen als Arbeitskräfte an, die jahrelang im Jinja gelebt haben.
Als es einem der Okuden -Meister- gelingt, in seiner Meditation bis zu Reiki -allesdurchdringende Lebenskraft- vorzudringen und in die Gedankenwelt seiner Mitbrüder einbricht, spricht Tatsumi-San mit ihm ein ernstes Wort. Natürlich ist das Verhalten der Neugier geschuldet, aber er erinnert ihn, dass der Respekt es ihm gebietet, sich dort herauszuhalten. Als Alternative gibt er dem Mann vor, seine Fähigkeit in der Tierwelt zu erproben. Nach einigen Jahren der Übung erhebt er den Mann ebenfalls in den Stand des Chisei. Für sich selbst führt er den Titel des Saiko Chisei -oberster Mann mit Geisteskraft- ein, um die Führung sicherzustellen."

Der Maître nickt.

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Samstag, 31. Dezember 2022
Aufbruch ins All -71
"Nicht wirklich," meint der junge Mann. "Wir sind hierher geflogen und so direkt ins Innere gelangt."

"Das sollten Sie aber einmal machen! Nehmen Sie sich ruhig die Zeit und umrunden Sie das Bauwerk. Äußerlich sieht der Jinja aus, wie sich die Wissenschaft die 'hängenden Gärten der Semiramis' vorstellt, einem vergangenen Weltwunder aus dem antiken Irak. Genau wie in den zeitgenössischen Beschreibungen der 'hängenden Gärten' handelt es sich beim Jinja um eine weitläufige Stufenpyramide mit Bepflanzungen und Wasserspielen. Damit will die O-Chisei zeigen, dass man die Natur bewahren kann und auch in der Lage ist, Wüsten zu begrünen.
Das nötige Wasser wird erst einmal aus der Luft entnommen. Die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht in der Sahara, und der Umstand, dass Luft mit hoher Temperatur sehr viel Wasser speichert, nutzen wir um unsere Wasserrechnung so klein wie möglich zu halten.
Im Inneren des 'Schreins' befinden sich ebenerdig Säle, in denen Gläubige zu Buddha beten und verschiedene Zeremonien, wie zum Beispiel Hochzeiten feiern können. Außerdem gibt es in den Etagen darüber auch eine Schule mit allem was dazu gehört, wie Schulungsräume, Mensas, Wohnräume für Schüler und Lehrer, und Besprechungsräume sowie Säle für verschiedene schulische Zeremonien. Unter dem Dach befinden sich Hangars für Kleinflugzeuge, die Shuttle-Dienste durchführen. Auch eine eigene Werkstatt befindet sich dort. Schließlich befindet sich das digitale Archiv des Jinjas wie im japanischen Vorbild in den Kellergewölben.
Als ich damals im Jinja angekommen bin, habe ich mich ausweisen müssen und habe das Empfehlungsschreiben meines Meditationslehrers vorgelegt. Man hat mir eine Einzimmer-Wohnung zugewiesen und einen Stundenplan ausgehändigt. Ich bin als Anfänger eingestuft worden und man hat mir den japanischen Titel 'Shoden' verpasst. Dass ich hier neben der Meditation auch Kurse in waffenloser Selbstverteidigung angeboten bekomme, habe ich von Anfang an als wohltuend empfunden. Der Kurs zum Erlernen des Umgangs mit dem Nun-chaku hat meinen Ehrgeiz angestachelt. Zu Beginn habe ich mir selbst oft genug damit auf die Finger geklopft, aber mit der Zeit habe ich die beiden Hölzer virtuos bedienen gelernt. Darüber bin ich bald zum Chuden -Fortgeschrittenen- aufgestiegen und habe dann den Titel eines Okuden -Meisters- in einer Feier mit anderen erlangt. Seit ich als 'Fortgeschrittene' gegolten habe, arbeite ich im Archiv des Jinja."

"Das ist ein üblicher Werdegang innerhalb der O-Chisei!" lächelt der Maître. "Was beinhaltet das Archiv eigentlich alles?"

Ich lächele höflich zurück und erkläre ihm:
"Dort ist das gesammelte Wissen der Menschheit in unterirdischen Servern abgespeichert, um es unseren Sponsorfirmen, sowie den Chisei und Okuden nutzbar zu machen, sobald sie Informationen brauchen.
Bald nach meinem Arbeitsbeginn im Archiv bin ich auf ein Negaigoto Nikki -'Tagebuch der Wünsche'- gestoßen. Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass es sich dabei um das grundlegende Programm des Archivs handelt. Es ist so etwas wie eine Schnittstelle zwischen den abgelegten Informationen und den Informationssuchenden, aber auch zwischen den Informationsinhabern und dem Archiv. Dafür hat das Programm einen blumigen Namen bekommen, finde ich. Aber das habe ich in meinem Alltag im Jinja schon oft gedacht. Die japanische Sprache verbindet sich hier mit der orientalischen Lebensart."

"Was kann ich mir unter einem 'Tagebuch der Wünsche' vorstellen, außer dass es so etwas wie das Betriebssystem des Archives ist?" fragt Maître Myers jetzt mit gerunzelter Stirn.

"Anfangs ist es einfach der Name eines Ordners gewesen, in der der Gründer der O-Chisei Dateien abgelegt hat. Ich habe bei meiner Recherche herausgefunden, dass unsere Organisation 'O-Chisei' seit 2024 besteht. Sie wurde vor 700 Jahren von einem gewissen Tatsumi Hajime in Japan gegründet. Seine Familie hat dem japanischen Buddhismus angehört.
Tatsumi-San hat einen gutbezahlten Job gehabt. Da er noch bei den Eltern gewohnt hat, wie viele junge Japaner, hat er die Hälfte seines Einkommens in einem Depot angelegt, das er aufmerksam beobachtet und so eine Menge Geld mit der Zeit sammelt. Theoretisch hätte er schon mit 30 in Rente gehen können und sich sein Depot per Dauerauftrag Monat für Monat auszahlen lassen.
Er hat sich damals entschieden, mit einem Teil seines Geldes ein Kominka, ein altes Landhaus in den Bergen zu kaufen und für seine Bedürfnisse umzubauen. Die Betriebskosten des Hauses und seine Lebenshaltungskosten lässt er sich nun monatlich von seinem Depot auszahlen. Auch kauft er sich Kleidung der bäuerlichen Unterschicht und lernt, die Kleidung selbst zu reparieren, wenn es nötig werden sollte.
Er reduziert seine Arbeitszeit und besucht Kurse in Meditation, in Kobudou -alte Kriegskunst- mit den auf Okinawa entwickelten Bauernwaffen, dem Nun-chaku und dem Bou. Seit seiner Schulzeit kennt er sich in Ju-Jutsu aus, das in einem verpflichtenden Sportclub seiner Schule angeboten worden ist. Beim Nun-chaku handelt es sich um eine Waffe, die aus einem Dreschflegel entwickelt worden ist, während der Bou ein 1,80 Meter langer Wanderstab ist.
In seinen Meditationen hat er sich zum Ziel gesetzt, irgendwann bis zu Reiki -alles durchdringende Lebenskraft- durchzudringen. Sein Ziel ist es damals gewesen, jungen Männern, die sich ihm anschließen möchten, ebenfalls die buddhistische Meditation zu lehren, in der Hoffnung, dass einem seiner Kyoshi -Schüler- irgendwann gelingt, zu Reiki vorzudringen."

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