Montag, 14. November 2022
Aufbruch ins All -56
Ich, Chisei Myers, erinnere mich an unsere Vereinbarung mit Frau Ndluvo vom Präsidialamt hier in Olympia. Bevor wir beginnen durften, habe ich ihr versichert, dass wir sie unterrichten würden, wenn sich die Gegenseite wieder auf dem Mars zeigt. Nun sind wir in den Vorwettkämpfen auf dem ganzen Planeten herumgekommen und haben das Ringerturnier in Olympia initiiert, ohne etwas von der Space Ressource Corporation zu spüren. Sie ist auch nicht hinter Aktivitäten irgendwelcher 'Strohfirmen' zu erkennen gewesen.

Das ist sicher für den Moment ein positives Zeichen. Eigentlich könnten wir uns also still verhalten und weiterhin aus der Deckung der 'Ringer Schule Olympia' heraus beobachten. Aber ich will mich trotzdem mit meiner Kontaktperson im 'Amt' treffen, um ihr zu signalisieren, dass wir die 'Augen' offenhalten.

Also telefoniere ich mit dem 'Amt' und lasse mir einen Gesprächstermin bei Frau Ndluvo vermitteln. Zu dem Termin fahre ich schließlich mit einem Cab hin. Die Concierge bittet mich wie üblich im Foyer zu warten. Bald nach ihrem Anruf begrüßt mich die Ordonanz Frau Amahle und bringt mich zu meiner Gesprächspartnerin. Frau Ndluvo begrüßt mich herzlich und fragt mit umwölkter Stirn, ob ich schlechte Nachrichten bringe. Wir haben uns inzwischen an den Besprechungstisch gesetzt.

Ich schüttele lächelnd den Kopf und erkläre ihr:
"Wir waren während der Vorausscheidungswettbewerbe über den gesamten Planeten unterwegs. Nirgends haben wir Anzeichen verwerflicher Aktivitäten gespürt. Auch beim abschließenden Ringerturnier hier in Olympia war nichts zu erspüren. Ich kann Ihnen daher berichten, dass die Space Ressource Corporation für den Moment keinen Fuß auf den Planeten setzt.
Wir wollen trotzdem weiter wachsam bleiben und auch bei den Laufwettbewerben dabei sein, bei denen es immer wieder zu Bodychecks kommt. Damit wir nichts auslassen, verstehen Sie?"

Frau Ndluvo nickt mir zu.

"Das halte ich für sehr vernünftig," pflichtet sie mir bei.

Dann kommt sie auf unsere Organisation zu sprechen. Sie erklärt mir:

"Wir haben uns in der letzten Zeit über Ihre Organisation informiert. Es ist immer gut, sich aus verschiedenen Quellen über bisher Unbekanntes ins Bild setzen zu lassen."

Ich werde aufmerksam. Sie redet lächelnd weiter:

"Ihre Organisation O-Chisei hat sich auf der Erde gegründet und unterhält dort einen großen Stützpunkt, den sie 'Jinja' nennen. Von dort sind Mitglieder zur Venus aufgebrochen und haben die 'Schule der Fechtkunst' gegründet. Sie haben ihr Turnier gewonnen und sind Master geworden. Dann hat man Sie hierher gesandt, um auf dem Mars etwas ähnliches zu gründen.
Steckt wirklich nur der Kampf gegen die Space Ressource Corporation dahinter, oder wollen Sie Spionage betreiben?"

Nun ist es an mir, meine Stirn in Falten zu legen und meine Gesprächspartnerin ernst anzuschauen.

"Ein Spion muss in gewissen Abständen mit seinem Auftraggeber in Kontakt treten, denn er will gesammelte Daten weitergeben. Haben Sie jemals bemerkt, dass die Ringer Schule Olympia oder einer ihrer Mitglieder einen Funkspruch in den Weltraum abgesetzt hat, oder eine Rakete gestartet hätte mit einer Box voller Schriftstücke, die ein Raumschiff im Orbit eingesammelt hätte?"

Frau Ndluvo schaut mich stumm an.

"Nein!" rede ich weiter. "Wir sind loyal dem Mars verpflichtet. Ich halte mich an meine Vereinbarung und spreche in regelmäßigen Abständen mit Ihnen - gerne auch außerplanmäßig, sobald wir etwas entdecken!"

Es entsteht eine Gedankenpause.

"Dieser Sportler, dessen Sponsor Mister Armstrong ist, der durch ein Bodycheck so schwer verletzt wurde, dass er seine Karriere als Läufer aufgeben musste... Diesen Sportler haben wir zum Champion der Ringerturniers gemacht. Nun spricht wieder die ganze Welt von ihm," werfe ich ein.

Auch ihn hat sie uns damals vor Gründung der Schule ans Herz gelegt.

"Außerdem," fahre ich fort. "Ich bin ein White. Über kurz oder lang werde ich wegen der harten Strahlung an Krebs erkranken und sterben. Dann ist die Schule ganz in marsianischer Hand. Das ist mir bewusst und darauf arbeite ich hin!"

"Sie werden die Schule also irgendwann in marsianische Hände legen?" will sich Frau Ndluvo noch einmal vergewissern.

"Aber ja!" bekräftige ich.

"Okay," meint sie. "Ich sehe, Sie meinen es ehrlich."

*

Master Dayak al Tajir hat Saikou Chisei -oberster 'Mann mit Geisteskraft'- Fujiwara-Sensei - Lehrer Fujiwara- in unserem Jinja -Schrein- unser Eintreffen angemeldet. Er hat uns gleichzeitig der Flight Control des Raumhafens gemeldet und ihm wurde ein Landefeld etwas abseits der Start- und Landebahn des Nurflüglers zugewiesen.

Mein Pilot Master al Tajir zündet die Bremstriebwerke und wir tauchen in die Atmosphäre ein. Plötzlich geht ein Schlag durch die Delta-8a, der mich in die Gurte presst. Im gleichen Moment schrillt der Bordalarm und die synthetische Stimme der Bord-KI erklärt emotionslos:

"Das Heck wurde abgerissen und der Fusionsreaktor abgetrennt. Schalte auf Notstrom um."

"Delta-8a, was hat uns getroffen?"

"Eine Versorgungsrakete der Space Ressource Corporation. Ihr Raumschiff verharrt noch in der Position, die die Rakete erreichen sollte."

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