Montag, 30. Januar 2023
Aufbruch ins All -81
Im selben Augenblick huschen Buchstaben über den Bildschirm.

'So kommen wir nicht weiter!' denke ich und sage "Stop!".

Sofort bleibt die Liste stehen und zeigt 40 Videotitel untereinander. Grinsend wende ich mich an Mirco.

"Du kannst es immer so machen, und einen der angezeigten Titel auswählen zum Anschauen. Du kannst auch einen angezeigten Titel markieren und die Liste weiterlaufen lassen, bis du wieder irgendwo 'Stop!' sagst, und so weiter. Du kannst auch systematischer vorgehen und dir Titel nach Alphabet zum Auswählen anzeigen lassen. Oder du erinnerst dich an ein gesehenes Video und forderst die KI einfach auf, das Video anzuzeigen. Ist es im Speicher, kannst du dein Video schauen. Das Gleiche gilt übrigens auch für Tonträger."

"Ah," meint Mirco.

Er lässt eine halblaute Hintergrundmusik abspielen und studiert nun die Betriebsanleitungen. So vergehen die fast fünf Wochen Flugzeit. Mirco probiert die Messgeräte an Bord aus. Wir bestellen bei der Künstlichen Intelligenz unsere Mahlzeiten und entnehmen sie fertig zubereitet der Ausgabe. In der freien Zeit schaut er sich Videos an.

Ich selbst verbringe meine Freizeit ein wenig anders. Mirco findet mich oft meditierend. Ich will immer schneller in die tiefe Meditation kommen und mit Reiki in Verbindung treten. Der Artikel über Chisei Liam O’Ceallaigh lässt mich nicht los. Der Mann ist vor über hundert Jahren gestorben. Daher werde ich ihn selbst wohl nicht mehr kennenlernen. Aber die Möglichkeit in Reiki aufzugehen, dabei sein Bewusstsein zu behalten und sich den Lebenden noch mitteilen zu können, ist faszinierend.

Zwischendurch fragt mich Mirco einmal:
"Warum hast du eigentlich der Automatik als Zielort den Mars angegeben?"

Ich zucke die Schultern und antworte ihm darauf ehrlich:

"Das hat sich so ergeben. Ich musste eine schnelle Entscheidung treffen. Bevor ich dem Archiv auf der Erde irgendwelche Ergebnisse funke, wollte ich das Raumschiff besser kennenlernen. Man kann sich ja viel anlesen, aber die direkte Beschäftigung damit, ist durch nichts zu ersetzen!
Wohin sollte ich also fliegen? Zum Mond hätte ich für die reine Entfernung nur anderthalb Stunden gebraucht. In der Zeit wären wir noch nicht tief in die Materie eingedrungen. Zur Venus? Das böte sich an. Schließlich stammen wir von da. Aber ich wollte die Gegenseite nicht aufmerksam werden lassen. Also der Mars. Nun ist der Mars gerade nicht in Konjunktion zur Erde. Er steht weiter weg, um nicht zu sagen, auf einem sehr weit entfernten Bahnpunkt. Daher die lange Flugzeit."

"Okay, aber der Mars hat sich vor langer Zeit von der Erde losgesagt. Ich weiß nicht, ob wir da willkommen sind."

"Die Automatik wird uns in eine weite Umlaufbahn einschwenken," meine ich. "Wir müssen ja keinen Kontakt zu den Leuten auf dem Mars aufnehmen. In der Umlaufbahn haben wir Zeit genug, uns unser nächstes Ziel auszusuchen."

"Das stimmt wohl," antwortet Mirco und widmet sich wieder seinen Geräten.

"Hinzu kommt noch," ergänze ich nach einer Weile der Stille, "dass die Marsianer sich von der Prospektoren-Gesellschaft Mars Ressource Corporation losgesagt haben, die den Mars bis dahin quasi als ihr Eigentum betrachtet hat. Es hat eine regelrechte Revolution gegeben, in deren Folge sich die Firma zurückgezogen hat und seitdem unter dem Namen 'Space Ressource Corporation' die Kleinplaneten Ceres und Vesta im Asteroidengürtel ausbeutet. Die dorthin entsandten Mannschaften sind klein. Von ihnen wird kaum ein Aufstand angezettelt werden. Sie sind von den Nachschublieferungen ihrer Firma abhängig!"

"Auf der Venus ist die 'Space Ressource Corporation' inzwischen auch aktiv!" hält mir Mirco vor.

"Ich weiß," stelle ich lächelnd fest. "Die Fechtschule meines damaligen Turniergegners wird von ihr gesponsert."

"Ist das der Grund, weshalb du so große Zurückhaltung an den Tag legst, wenn nicht gar Vorsicht, wenn von der Space Ressource Corporation die Rede ist?"

... comment