Freitag, 30. September 2022
Aufbruch ins All -41
Ich nicke ihm zu und sage: "Okay, vielen Dank."

Er lässt uns eintreten. Wir stehen nun in einer Garderobe, von der mehrere Türen abgehen und eine Treppe nach oben führt. Thato betritt die Treppe nach oben und wir folgen ihm. Oben kommen wir in einen größeren Wohnraum mit Sitzgarnitur, Unterhaltungselektronik und einem Essplatz. Anschließend zeigt er uns noch zwei Schlafzimmer und ein Bad in der darüberliegenden Etage. Die Suite könnte auch eine Familie beherbergen. Platz genug wäre vorhanden.

Er erklärt uns noch die Armaturen im Bad und ich frage ihn nach Wassersparmöglichkeiten. Das erscheint mir wichtig auf dem Mars. Thato schüttelt lächelnd den Kopf und erklärt, dass das verbrauchte Wasser in Frischwasser umgewandelt und in den Wasserkreislauf zurückgeführt wird.

Danach gehen wir wieder hinunter in den Wohnraum. Der junge Mann zeigt uns eine Menükarte auf dem Esstisch und erklärt uns dazu:

"Wenn Sie in Ihrer Suite speisen möchten, dann suchen Sie sich einfach etwas daraus aus und informieren mit diesem Kommunikator die Rezeption. Sie wird alles weitere veranlassen!"

"Okay, vielen Dank!" antworte ich noch einmal und lächele ihn an.

"Darf ich mich dann jetzt zurückziehen?" fragt er nach.

"Aber gerne," bestätige ich lächelnd. "Möge Ihre Lebenskraft Sie immer begleiten!"

Thato verbeugt sich leicht und betritt die Treppe nach unten. Kurz darauf hören wir die Eingangstür leise ins Schloss fallen.

Ich gehe zur Sitzgruppe und nehme das Gerät auf dem Couchtisch in die Hand. Damit schalte ich den großen Bildschirm ein und schaue mir das Internetangebot und die Filmtitel an. Mirco setzt sich hinzu und schaut mir eine Weile zu. Plötzlich fragt er:

"Wie lange werden wir wohl hier auf eine Reaktion aus dem 'Amt' warten müssen?"

Ich wende mich ihm zu und sage:
"Sei gelassen und geduldig, Mirco. Zu gegebener Zeit werden wir es erfahren!"

"Aber nur untätig herumsitzen, möchte ich auch nicht. Wir befinden uns weder in Quarantäne noch im Gefängnis. Gibt es hier keine Ladenpassage, wo wir uns die Auslagen anschauen können? Die Läden werden sicher von Restaurants und Clubs aufgelockert. Auch Sportclubs würden uns das Warten verkürzen."

"Du magst dich in so einer Suite also nur zum Schlafen aufhalten? Statt dir das Internet-Angebot anzusehen, Dokus und Spielfilme anzuschauen, virtuell durch Ausstellungen zu schlendern, möchtest du lieber vor die Tür?"

"Ja, natürlich, Florian. Wir waren in der Quarantäne zur Bewegungslosigkeit verdammt. Das muss sich jetzt nicht hier fortsetzen!"

"Hier begegnen wir aber auch keinem Marsianer! Ich denke mal, nicht alle Menschen haben einen guten Charakter. Manche könnten sich Chancen ausrechnen, bei uns etwas abzustauben. Natürlich können wir uns wehren! Aber die Anderen haben den Vorteil, dass ihnen die geringere Schwerkraft vertraut ist. Uns kann die geringere Schwerkraft erst von Nutzen sein, wenn wir gelernt haben, damit umzugehen. Ich möchte nicht, dass die Regierung uns Wachen zur Seite stellt. Das würde zwielichtige Gestalten geradezu anziehen, die warten bis sie uns allein irgendwo antreffen."

"Und was ist mit Fujiwara-Sensei? Wir sind jetzt schon drei Wochen abgängig. Er wird sich fragen, was uns passiert ist. Nicht, dass eine Raumschiffflotte hier auftaucht und Aufklärung von der Regierung verlangt."

"Ach, Mirco! Jetzt fahr' aber mal 'runter! Du kannst in unserer Hierarchie nicht aufsteigen, wenn du keine Gelassenheit und Geduld zeigst! Möglicherweise ist Master Dayak inzwischen bei unserer 'Delta' angekommen und hat nachgetankt. Er wird nun dort draußen sitzen und meditieren. Vielleicht hat er uns schon gefunden und beobachtet uns. Er wird Fujiwara-Sensei im Jinja informieren und bestätigen, dass es uns wohlergeht."

Mirco schaut mich zweifelnd an, sagt aber nichts mehr. Wir schauen uns als erstes die kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, Ausstellungen und Museen im Internet an. Letztere können wir virtuell durchwandern, oder auch an einer 'Koje' stehenbleiben und uns das Ausstellungsstück genauer anschauen, bevor wir weitergehen.

In den nächsten Tagen haben wir nur Kontakt zu einem Zimmermädchen. Die Maid putzt, wischt, macht die Betten, bringt uns das bei ihr bestellte Essen, nimmt die Schmutzwäsche mit und bringt sie schrankfertig zurück.

*

Nach vier Tagen werden wir von der Rezeption benachrichtigt, dass die junge Frau aus dem Amt soeben eingetroffen ist, um uns wieder dorthin zu bringen. Wir verlassen unsere Suite und fahren mit dem Aufzug zum Foyer hinunter. Dort finden wir Amahle wartend in der Sitzgruppe vor. Ich begrüße sie herzlich, dann verlassen wir mit ihr das Hotel.

Zurück im 'Amt' führt sie uns in das Büro von Frau Ndluvo und zieht sich danach zurück. Frau Ndluvo begrüßt uns herzlich und bietet uns Sitzplätze am Konferenztisch an. Anschließend erhält jeder ein Getränk und Frau Ndluvo beginnt:

"Ihre Organisation, O-Chisei, möchte uns also vor einer neuerlichen Infiltration der Space Ressource Corporation mit aggressiver gewordenen Geschäftsmethoden schützen, sagten Sie bei unserem letzten Gespräch, Excellenz."

"Ja, ich habe mich in den letzten Tagen im Internet schlau gemacht. Ihre Sportvereine und -clubs bieten eine ganze Palette von Sportarten an. Die bei weitem publikumswirksamste Sportart bei Ihnen ist das Laufen. Es gibt hier zwei Arten. Einmal geht es darum, fair ins Ziel zu kommen. Bei der anderen Art zu laufen, bei dem Bodychecks erlaubt sind, kommt dagegen nicht jeder ins Ziel. Auf meinem Heimatplaneten würden sich nun Firmen bei den Sportlern als Sponsoren anbieten, damit diese der breiten Masse ihre Produkte anbieten, nach dem Motto 'Wenn ihr unsere Produkte kauft, werdet ihr selbst ein Star'. Was natürlich eine Werbelüge ist."

"Sie haben sich im Internet informiert! Dann wissen Sie auch, dass unsere Sportler ebenso Sponsoren bekommen."

Ich nicke und meine:
"Ja, nur bei Ihnen ist das ein wenig anders. Ihre Sponsoren sind zumeist Privatleute, die genug Geld fürs Sponsoring haben. Sie unterstützen die Sportler, um sich in deren Glanz zu sonnen. Zwischen Sponsor und Sportler baut sich oft eine romantische Beziehung auf. Sie mögen sich und zeigen das auch. Ich sagte romantische Beziehung, weil zwischen Sponsor und Sportler gibt es keinen Sex, nur eine enge Freundschaft."

"Das stimmt wohl," pflichtet die Dame mir bei. "Passt unser System denn in Ihr Konzept?"

"Nicht UNSER Konzept," korrigiere ich sie höflich. "Es ist das Konzept, wie es auf meinem Heimatplaneten, der Venus, praktiziert wird. Niemand will es dem Mars überstülpen! Ihr Konzept ist nicht gut geeignet, die Strahlkraft eines Gewinners, bei einem Lauf zum Beispiel, in der Öffentlichkeit auf den Sponsor überstrahlen zu lassen. Die Sponsoren werden wohl genannt. Man weiß von ihnen aber nur, wenn man das Profil eines Sportlers aufmerksam durchliest."

"Welchen Schluss ziehen Sie daraus für ihr Projekt?"

"Wenn ich die Charakteristik der SRC auf ihren Sport übertrage, denke ich, die aggressiveren Läufe, die mit Bodycheck, würde die SRC anziehen. Allerdings würden sie Läufern bald ihre Unterstützung entziehen, die statt ins Ziel, in die Sanitätsstation kommen.
Haben Sie keine Sportart, die ebenfalls viele Zuschauer anzieht und vor dem Bildschirm zuhause versammelt, die sich aber ein ähnlich strenges Regelwerk gegeben hat, wie zum Beispiel das Fechten?"

"Entschuldigung, Excellenz. Da muss ich noch Erkundigungen einziehen. Aber warum versuchen Sie denn nicht, das Fechten hier auf dem Mars populär zu machen?"


"Natürlich wäre das auch eine Überlegung wert. Ich sehe das Fechten aber eher als letzten Ausweg, wenn sich sonst gar nichts mehr findet. Eher präferiere ich eine Sportart, die so ganz anders ist, als in meiner Heimat. Mir fällt da spontan Boxen oder Ringen ein. Hier gibt es wieder ein Regelwerk. Wer sich aggressiv zeigt und die Regeln verletzt, um den Gegner zu besiegen, erhält Minuspunkte oder wird gar gesperrt."

... link (0 Kommentare)   ... comment