Freitag, 21. Oktober 2022
Aufbruch ins All -48
Ein halbes Marsjahr später hat mich Herr Armstrong wieder ins Hospital gefahren, damit man mir das Metall aus dem rechten Bein entfernt. Er spricht dabei auch an, dass ich seit einiger Zeit unter Rückenschmerzen klage. Das wird notiert und kurz darauf stellt sich mir ein fremder Arzt vor. Er kalibriert ein Gerät und richtet zwei Laserstrahlen auf meine Beckenknochen. Dann erklärt er Mister Armstrong und mir, dass ich eine Beckenschiefstellung habe, die die Rückenschmerzen verursacht. Das könne man beheben, indem man dem rechten Schuh eine dickere Sohle verpasst oder Einlagen in den Schuh schiebt.

Nachdem ich das Hospital wieder verlassen kann, fährt Mister Armstrong mit mir zu einem Orthopäden. Dort bestellt er ein paar neue Schuhe für mich und Einlagen für meine bisherigen Schuhe. Über den hohen Preis bin ich bestürzt, aber Herr Armstrong erklärt, dass Handwerk eben seinen Preis hat. Dafür ist es Qualitätsarbeit, und wenn ich Probleme bekomme, repariert der Orthopäde es kostenlos.

Nun versuche ich mich ein wenig im Laufen. Schnell merke ich, wie sehr mein Trainingsstand gelitten hat. Mister Armstrong ermahnt mich, es langsam angehen zu lassen, damit ich nicht wieder ins Hospital muss.

Inzwischen sind weitere zwei Marsjahre ins Land gegangen und ich bin immer noch nicht aktiv in den Sport zurückgekehrt. Eines späten Nachmittages brechen die Eheleute Armstrong auf und möchten, dass ich die Tour mitmache. Wir gehen zu den Cabs, steigen ein und Herr Armstrong gibt ein Ziel an. Nachdem er seine Karte über das Lesegerät gehalten hat, geht die Fahrt los. Etwa 20 Minuten später hält das Cab in der Haltespur eines anderen Wohnblocks.

Wir steigen aus und nähern uns dem Eingang. Im Foyer wenden sie sich an die Concierge hinter dem Tresen. Über ihr hängt ein Schild von der Decke, auf dem zwei miteinander ringende Sportler graphisch abgebildet sind. Darüber prangt in einem Bogen der Schriftzug 'Ringer Schule Olympia'. Mister Armstrong fragt nach Mister Myers und die Concierge ruft eine Nummer mit dem Kommunikator vor sich an.

Anschließend schaut sie uns lächelnd an und erklärt:
"Setzen Sie sich bitte kurz. Gleich kommt jemand und bringt sie zu Mister Myers."

Wir gehen also zu der gegenüberliegenden Wand und setzen uns dort in den Wartebereich. Nicht lange danach zischt die Tür des Aufzuges neben uns und ein muskulöser, aber kleinerer Mann mit unserer Hautfarbe betritt das Foyer. Er schaut sich kurz um und kommt dann auf uns zu und legt seine rechte Hand auf sein Herz.

"Sol! Ich bin Okuden Ntuli, einer der Sportlehrer. Darf ich Sie zum Schulleiter führen?"

Mister Armstrong erhebt sich und erwidert den Gruß. Da auch Frau Armstrong aufsteht, erhebe ich mich ebenfalls. Der Mann fährt mit uns im Aufzug in die sechste Etage hoch. Dort geht er einen Gang entlang und wir folgen ihm. Fast am Ende des Ganges klopft er an eine Tür und öffnet sie.

Unser Blick fällt auf einen Mann hinter einem Schreibtisch, der bei unserem Eintreten seine Augen öffnet. Das irritiert mich zuerst etwas. Als wir alle im Büro sind, ist der Mann, ein White wie Mister Armstrong, aufgestanden und kommt freundlich lächelnd auf uns zu, um uns ebenfalls zu begrüßen. Er stellt sich als Chisei Myers vor.

''Okuden' und 'Chisei', was sind das denn für Namen?' denke ich und bin wieder irritiert.

Nun bietet er uns an, auf eine Besichtigungstour mitzukommen. Wir verlassen das Büro zu Fünft und nähern uns wieder dem Aufzug. Damit fahren wir zur ersten Etage hinunter. Unterwegs witzelt er, dass wir sicher nicht die Technik und Lagerräume auf Parterre besichtigen wollen.

Im ersten Stock öffnet er im Laufe der Erkundungstour verschiedene Räume. Wir sehen Geräte zum Training der Muskulatur und leere Räume, die mit einem federnden Parkett ausgelegt sind. Die Mehrzahl der Räume ist von der zweiten Sorte. Ihre einzige Ausstattung ist das federnde Parkett. Aber es gibt auch ganz normale Schulungsräume mit großem Bildschirm, einem Platz für den Lehrenden und im Bogen angeordnete Schülerplätze.

Auf dem Weg zurück zum Aufzug, um in die nächste Etage zu fahren, fragt mein Sponsor Mister Armstrong:

"Was in den Räumen mit den Trainingsgeräten geschieht, kann ich mir lebhaft vorstellen. Aber wie soll ich mir das Training in den leeren Räumen vorstellen?"

"Sie möchten einmal sehen, wie man miteinander ringt?" fragt Mister Myers lächelnd zurück.

"Ja!" meint Mister Armstrong. "Wenn das möglich wäre?"

"Okay," meint Mister Myers, öffnet die Tür eines Trainingsraumes und wendet sich an Mister Ntuli: "Wollen wir?"

Mister Ntuli lächelt zurück und antwortet: "Gerne."

Während wir an der Tür stehenbleiben, gehen die Beiden ins Innere des Kreises, der auf dem Boden aufgetragen ist. Nun zeigen sie uns ein paar Würfe. Anschließend meint Mister Myers:

"Sollte ihr Schützling einmal draußen angegriffen werden, sollte er sich verteidigen können. Gibt es später mehr Schüler und sie geraten draußen gemeinsam in einen Hinterhalt, sollten sie sich gegenseitig helfen können. Nur dafür ist die Verteidigungstechnik erlaubt, die wir ebenfalls im Programm haben..."

Mister Ntuli hat sich während der Ansprache etwas von Mister Myers entfernt. Jetzt läuft er mit weiten Sätzen auf Mister Myers zu, der seine Ansprache unterbricht und sich Mister Ntuli zuwendet. Was wir jetzt zu sehen bekommen hat etwas von einem Tanz. Mister Myers scheint einen Angriff abzuwehren, indem er die kinetische Energie des Angriffs ablenkt und nun seinerseits zum Angriff übergeht. Mister Ntuli wehrt den Angriff ab, aber Mister Myers hebt ihn an und wirft Mister Ntuli über seine Schultern, nachdem er sich schnell gebückt hat.

So geht es ein paar Mal hin und her, bis Mister Ntuli unter Mister Myers zu liegen kommt und dieser ihm den Arm so verdreht, dass er zur Untätigkeit verdammt ist. Besonders auch, weil Mister Myers nun auf Mister Ntuli kniet und ihn so am Boden hält.

"Diese letzte... wie sagten Sie dazu... Verteidigungstechnik... ist auch in ihrem Trainingsprogramm?" fragt Mister Armstrong.

Frau Armstrong hat sich während der Vorführungen etwas an ihrem Mann vorbei in den Raum gedrängt, um besser sehen zu können. Die beiden Männer haben sich inzwischen wieder erhoben und Mister Ntuli eröffnet:

"Ich wäre sein Lehrer für das Ju-Jutsu, das Sie soeben in einem kleinen Ausschnitt erleben durften."

"Ah, okay," antwortet Mister Armstrong.

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