Mittwoch, 28. Dezember 2022
Aufbruch ins All -70
Wir werden von etwa zwei Dutzend Chisei erwartet. Ein Saikou Chisei -oberster 'Mann mit Geisteskraft'- begrüßt uns:

"Aisatsu -Seien Sie gegrüßt-, Myers-San. Sie wurden uns also von der Venus gesandt, um unser Archiv mit Daten über die Planeten und Monde unseres Sonnensystems zu füttern."

Er lächelt uns freundlich an, während er spricht. Ich verbeuge mich leicht und bestätige ihm:

"O-Aisatsu, Fujiwara-Sensei! Genau das ist unser Auftrag."

"Sie werden mit dem neuesten Delta-8 fliegen. Machen Sie sich in den nächsten Tagen mit dem Raumfahrzeug vertraut. Es ist mit allen nötigen Instrumenten ausgerüstet. Das wird ihren Kyoshi -Schüler- interessieren."

"Vielen Dank, O-Sensei," antworte ich und verbeuge mich noch einmal.

Auch Mirco verbeugt sich. Dann sind wir entlassen. Master Dayak führt uns nun in den Wohntrakt und weist uns zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu. Mirco kommt mit zu mir in mein Zimmer. Es sieht aus, wie unsere Zimmer auf der Venus. Ich rufe nun den inneren Aufbau des Jinja -Schreins- auf den Bildschirm, damit wir uns die Wege einprägen können. So erfahren wir, dass es in jeder Wohnetage eine Mensa gibt. Der Komplex hier ist schließlich weitläufiger als die Schule auf der Venus.

Auch den Ort des Archivs erfahre ich auf diese Weise. Aber zuerst wollen wir uns in einer Shokudou -Mensa- stärken. Anschließend gehen wir ins Archiv und treffen dort auf die Meisterin Jade Dubois aus der französischen Region der Europäischen Union.

"Hallo, guten Tag, Meisterin Dubois. Wir sind Meister Florian Myers und mein Neffe und Schüler Mirco Myers. Wir haben den Auftrag Expeditionen in den interplanetaren Raum durchzuführen, um ihr Archiv mit weiteren Informationen zu füttern."

*

Mein Name ist Jade Dubois. Ich bin in der französischen Region Europas geboren und wir schreiben aktuell das Jahr 2735. Nach langer Zeit schickt unsere Organisation O-Chisei wieder ein Expeditionsteam in den Weltraum. Die Männer machen gerade ihren Antrittsbesuch bei mir. Es ist für beide Seiten von Vorteil, einander persönlich zu kennen.

Nun ist der Okuden -Meister- mir gegenüber vielleicht etwa 30 Jahre alt. Er benimmt sich einer über 70jährigen Meisterin, wie mir, etwas forsch bei der Vorstellung. Deshalb frage ich ihn, welche Erfahrungen er auf der Venus gemacht hat. Dass meine Sprachaufzeichnung mitläuft, muss ich ja nicht extra erklären.

"Ich bin zu unserer Organisation hinzugestoßen, als ich in Ishtar-City nach der Schule in die Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- eingetreten bin. Mit der Schule bin ich zum Venuschampion im Fechten geworden. Dann wurde ich zum Mentor meines Neffen, der ebenfalls in die Schule eingetreten ist."

"Ah, okay," meine ich. "Nun bin ich ja schon ein paar Tage länger Mitglied der O-Chisei. Mein Faible, schon während meiner Schulzeit, ist das Meditieren. Damals als Jugendliche hat man mir den Kurs empfohlen, um gelassener zu werden."

"Entschuldigen Sie, wenn ich fragen darf," erklärt Maître Myers Begleiter, "ich möchte lernen. Warum hatten Sie damals ein Problem mit der Gelassenheit?"

"Jaaa," dehne ich lächelnd. "Ich weiß nicht, wie ihre Altersgenossen in der Schule mit Ihnen umgegangen sind... Bei mir war es damals so, dass sie und andere Umwelteinflüsse mich viel zu oft 'auf die Palme gebracht haben'. Ich habe das Glück gehabt, dass mich ein Professeur de japonais -japanischer Lehrer- auf einen speziellen Kurs aufmerksam gemacht hat. Dazu müsse ich nach Nordafrika fliegen, hat er gesagt. Dort in der Désert du Sahara -Wüste Sahara- gibt es seit fast 200 Jahren einen großen Jinja.
Mein Lehrer in Méditation, auf Japanisch 'Meisou' -Kontemplative Versenkung- hat mich auf diesen Jinja aufmerksam gemacht und gemeint, dort gäbe es sicher einen Job, der mir gefallen könnte. Im Nachhinein muss ich immer noch schmunzeln. Damit hat er mich neugierig gemacht. Deshalb habe ich mir den Jinja zuerst im Internet angeschaut und bin virtuell durch die Innenräume gewandert. Das ist inzwischen schon vierzig Jahre her.
Ich bin damals vom Aéroport Charles-de-Gaulle bei Paris zum Aéroport Houri-Boumediene zwanzig Kilometer südöstlich von Algier geflogen. Von dort bin ich in einen Hochgeschwindigkeitszug vom Typ eines Nachfolgers des TGV umgestiegen und nach nochmaligem Umstieg am Ziel in die Metro bin ich im Jinja angekommen.
Haben Sie sich den Jinja einmal von außen angeschaut?"

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